Die tiefenpsychologische Deutung der Wunder Jesu bei Eugen Drewermann


Examensarbeit, 2007

42 Seiten, Note: 13,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Ein Porträt zur Person Drewermanns und seinen Werken

3. Die Angst als zentraler Schlüsselbegriff in Drewermanns Werken

4. Zum Begriff der Tiefenpsychologie - Eine Einführung10
4.1 Die tiefenpsychologische Exegese nach Eugen Drewermann
4.2 Die Verbindung von Tiefenpsychologie und Drewermanns biblischer Exegese

5. Drewermanns tiefenpsychologische Exegese der Wunder Jesu – Eine Darstellung anhand einiger ausgewählter Wundertaten
5.1 Die Heilung der Schwiegermutter des Petrus
5.2 Die Heilung eines Blinden bei Jericho
5.3 Die Speisung der Fünftausend
5.4 Die Tochter des Jairus
5.5 Der reiche Fischfang
5.6 Der Seewandel Petri
5.7 Ein Taubstummer
5.8 Ein Aussätziger

6. Die traditionelle Deutung der Wunder Jesu im Kontrast zur tiefenpsychologischen Exegese Drewermanns

7. Fazit

8. Literatur

1. Einleitung

Von Wundern, genauer gesagt von Vorgängen, die den gewöhnlichen

Erfahrungen und den Naturgesetzen widersprechen, ist im Neuen Testament vielfach die Rede. Diese Ereignisse, die das übliche Maß der menschlichen Vorstellungskraft weit übertreffen und deren Zustandekommen oftmals nicht erklärbar sind, lösen Verwunderung und Erstaunen aus.

Die neuzeitliche liberale Theologie interpretiert biblische Wunder auch im übertragenden Sinne: z.B. jemandem die Augen und Ohren öffnen, weil er blind und taub ist gegenüber der Rede Jesu vom Reich Gottes, das zum eigentlichen Menschsein und Gottvertrauen befreit. In diesem Sinne werden Wunder gattungsgeschichtlich als eine Form betrachtet, wie zum Beispiel bei Gerd Theißen, der besonders die Charakteristik Jesu hervorhebt, die darin besteht, dass er dem Glauben selbst die Kraft zur Heilung zuspricht.[1]

Eugen Drewermann gibt bei seinen Deutungen der Wunder Jesu klar zu verstehen, dass die Menschen durch die Wunder oder vielmehr durch die Wunderberichte - die die Wunder bei genauerer Betrachtungsweise im eigentliche Sinne darstellen - dazu angehalten sind, die Aussage und den Gehalt der Texte in einem umfassenden Sinn zum Schutz ihrer eigenen Existenz wahrzunehmen und im menschlichen Miteinander für andere wahr zu machen. Eugen Drewermann ist schier verzweifelt an der historisch-kritischen Exegese. Seiner Meinung nach habe sie die Unwahrheit der biblischen Texte versucht zu zeigen und sei seelenlos. Es klingt nach dem Aufschrei eines frommen Theologen, dem die Wissenschaft zu gottlos ist. Dieser Ansatz regt zum Nachdenken an: Die Botschaft der Bibel heute wieder zur Geltung zu bringen, welcher Theologe wünscht sich das nicht? Doch was fängt Drewermann mit diesem Gedankengut an? Für ihn spricht die Bibel nicht mehr von einem tatsächlich existierenden, persönlichen Gott. Für ihn sind es archetypische Lebenserfahrungen, die über die Lebenswelt von Menschen Auskunft geben. Bibeltexte beschreiben keine greifbare Realität, sondern eine ganz andere Realität: Die Realität der

Mythen und der Märchen. Doch entspricht das der biblischen Botschaft? Lebt die Bibel nicht von der Tatsächlichkeit eines Gottes, der die Erde schuf, der selbst Mensch geworden ist? An dieser Stelle muss man sich auch die Frage stellen, ob es überhaupt ein Christentum als Mythos gibt. Hat die Bibel keinen anderen Stellenwert als z.B. das Märchen „ Der Kleine Prinz“, das er tiefenpsychologisch gedeutet hat?[2] Eine - falsch verstandene, weil zum Teil von falschen Voraussetzungen ausgehende - historisch-kritische Wissenschaft hat angeblich die Unwahrheit biblischer Texte gezeigt. Eugen Drewermann macht es vor, wie man faktisch Unwahres persönlich wahr werden lassen kann. Im Fokus seines Denkens und Forschens steht der einzelne Mensch, der in einer Welt lebt, in der er auf der Suche nach zweckfreien Räumen ist, der jenseits aller genormten Bewertungen sein Selbstwertgefühl zu finden sucht und der den Sinn seiner Existenz zu entdecken sucht.

Was Drewermann in diesem Zusammenhang von der Religion einfordert, ist die Fähigkeit, therapeutisch auf die Gläubigen einzuwirken und es ihnen zu erleichtern, ein selbst bestimmtes Leben zu führen. Ein Leben, das ihnen nicht die Religion diktiert, sondern ein Leben, das sie aus ihrem Inneren heraus leben und gestalten können – nach ihren eigenen Vorstellungen.

Um der Vielfältigkeit Drewermanns gerecht zu werden und die Problematik, die sich mit seiner Person ergibt, zu verdeutlichen, sowie dem Leser einen Einblick in das breite Feld seines Wirkens zu ermöglichen, bildet die vorliegende Arbeit einen Einblick in die tiefenpsychologische Arbeit Eugen Drewermanns und die damit verbundene Art und Weise der Bibelexegese. Anhand einiger konkreter Beispiele wird die tiefenpsychologische Wunderexegese Drewermanns aufgezeigt.

2. Porträt zur Person Drewermanns und seinen Werken

Eugen Drewermann – ein Name, der für kontroverse Diskussionen

sorgt. Als Kirchenrebell verschrien, ist er der katholischen Kirche ein Dorn im Auge; als Psychotherapeut Vielen eine Stütze bei ihren alltäglichen Problemen.

Genauso wie seine Person polarisieren auch seine Werke.[3] Von seinen Anhängern zu einem der meist gelesenen Theologen unserer Zeit erhoben, stoßen seine Schriften bei seinen Gegnern und Kritikern auf Ablehnung, bis hin zum Aufruf zum Boykott.[4]

Zu welcher Fraktion man sich selbst rechnet, bleibt jedem selbst überlassen. An Eugen Drewermann scheiden sich die Geister: Die einen halten ihn für den größten Reformer seit Martin Luther, reisen ihm in die deutschen Vortragssäle hinterher und hängen gebannt an seinen Lippen, wenn er ihnen die Bibel auslegt; für die anderen ist er nichts weiter als ein Häretiker zweiter Klasse. Seine Wirkung auf viele Menschen geht nicht zuletzt von einer charismatischen Redebegabung aus, die bei seinen Vorträgen spürbar wird. Ohne Manuskript vermag er es, über einen längeren Zeitraum frei zu referieren und seine Zuhörerschaft zu unterhalten.

So ist er zum Beispiel auf Tagungen von Lehrerverbänden und bei renommierten internationalen Kongressen ein gern gesehener und immer noch polarisierender Redner.[5]

Eugen Drewermann wurde am 21.06.1940 in Bergkamen im Ruhrgebiet geboren. Er studierte katholische Theologie in Paderborn[6] - dort, wo er auch heute noch wohnhaft ist - Philosophie in Münster und Psychoanalyse in Göttingen. 1966 wurde er zum Priester geweiht, ab 1972 war er als Studentenseelsorger tätig. In den Jahren

1979-1991 lehrte er an der Katholisch-Theologischen Fakultät in Paderborn als Privatdozent für systematische Theologie.[7]

Beeinflusst von Carl Gustav Jung[8] legt Drewermann biblische Texte vornehmlich tiefenpsychologisch aus, wovon auch sein Buch "Tiefenpsychologie und Exegese" aus dem Jahr 1988 zeugt.

In den achtziger Jahren kam es zu einer wachsenden Entfremdung Drewermanns von der römisch-katholischen Kirche und vom überlieferten christlichen Glauben im Allgemeinen, vor allem auf dem Feld des Bibelverständnisses und der Christologie, aber auch der katholischen Moral- und Amtsauffassung.[9] Vorladungen, Lehrgespräche und ein lang andauernder Briefwechsel, insbesondere mit Erzbischof Degenhardt, führten zu keiner Einigung.[10]

Dem vorausgegangen war ein längerer Streit über das rechte Glaubensverständnis. Hier wurde insbesondere die Frage aufgeworfen, inwieweit biblische Erzählungen, wie z.B. die Jungfrauengeburt, die von Drewermann offiziell anzweifelt wird, objektiv im naturwissenschaftlichen Sinn als wahr geglaubt werden müssen, um im Einklang mit der katholischen Lehre zu bleiben.

Ebenso wurde Drewermann die Aussage, dass das Zölibat der psychischen Gesundheit der katholischen Priester schade und nur auf neurotischen Vorraussetzungen beruhe, zum Verhängnis.[11] Der Keil zwischen ihm und der katholischen Kirch wurde dadurch so groß, dass er sogar als „Nestbeschmutzer“ betitelt wurde.

Dadurch kam es zum öffentlichen Streit mit der katholischen Amtskirche.[12] Drewermanns überaus weit gefasster Begriff des Christentums brachte ihn in einen unüberbrückbaren Gegensatz zur Kirchenobrigkeit und so kam es vor sechzehn Jahren zum Bruch: Am 8. Oktober 1991 entzog ihm der Erzbischof von Paderborn, Johannes Joachim Degenhardt, die kirchliche Lehrerlaubnis. Im Januar 1992 erhielt Drewermann das Predigtverbot[13] und ein kirchliches Strafverfahren wurde gegen ihn eingeleitet. Er durfte fortan nicht mehr als Theologe unterrichten und nicht mehr in katholischen Kirchen predigen. Deshalb musste sich Drewermann andere Foren suchen, die er auch alsbald in großer Zahl fand. Seitdem ist er als freiberuflicher Schriftsteller und Psychotherapeut tätig[14] ; als ein gern gesehener Gast wurde er lange in Fernseh-Talkshows eingeladen und zu Vorträgen im ganzen deutschsprachigen Raum.[15] Gerade durch seinen öffentlich ausgetragenen Konflikt mit der Amtskirche ist Drewermann, der vorher allenfalls in Theologen- und Psychologenkreisen mit seinen umfangreichen Schriften wie "Strukturen des Bösen" oder "Tiefenpsychologie und Exegese" als ein höchst eigenwilliger Denker aufgefallen war[16], im gesamten deutschen Sprachraum bekannt geworden. Auch seine Werke konnten so einer breiten Leserschaft zugängig gemacht werden. Bis heute werden seine Schriften in einer hohen Auflagenzahl gedruckt.

Seit dem Predigtverbot 1992 ist Eugen Drewermann als freier Schriftsteller tätig und erhielt einen Lehrauftrag für Soziologie und Kulturanthropologie an der Gesamthochschule in Paderborn.

Da Drewermann nicht mehr offiziell predigen darf[17], hält er wöchentlich Wortgottesdienste in einem Paderborner Gymnasium ab und bietet im Rahmen seiner psychotherapeutischen Arbeit kostenfreie Einzelgespräche an. Das Instrumentarium der Psychoanalyse stellt für ihn ein Hilfsmittel dar, die menschlichen Nöte und Bedürfnisse aufzudecken und zu heilen.[18]

Seine rund achtzig Buchveröffentlichungen[19] aus den letzten fünfundzwanzig Jahre handeln unter anderem von Moraltheologie und Bibelexegese, tiefenpsychologischen Märcheninterpretationen, Kriegen und Umweltkrisen, sowie von den Naturwissenschaften.[20] So fassen die letzten drei Bände seiner umfangreichen Trilogie "Glauben in Freiheit", seinem theologisch-systematischen Grundlagenwerk, welches er quasi als "Anti-Dogmatik"[21] dem veralteten Welt- und Menschenbild der Kirchenlehre entgegenstellt, die neuesten Erkenntnisse der Anthropologie[22], der Biologie und der Kosmologie zusammen, welche eng mit theologischen und religiösen Fragestellungen verknüpft werden. Der Abschlussband dieser Reihe ist im Oktober 2002 unter dem Titel "Im Anfang... - Die moderne Kosmologie und die Frage nach Gott" erschienen.

Da der Dialog zwischen Naturwissenschaft und Religion mittlerweile auch auf der Ebene der Neurobiologie stattfindet, beschäftigt sich Drewermanns auf zwei Bände ausgelegtes Grundlagenwerk mit der modernen Neurologie und der Frage nach Gott.

Einen Tag vor seinem 65. Geburtstag, also am 20.06.2005, ist Eugen Drewermann nach eigenen Angaben offiziell aus der katholischen Kirche ausgetreten.

3. Die Angst als zentraler Schlüsselbegriff in Drewermanns Werken

Der Begriff der Angst[23] spielt bei Drewermanns Analysen eine zentrale Rolle. Nach Drewermann erfährt sich der Mensch als ein ständig von Angst bedrängtes Wesen. Diese Angst ist in den verschiedensten Formen erlebbar und ereignet sich meistens auf einer Ebene, in der wir Gott aus den Augen verloren haben.[24]

Wie ein roter Faden durchzieht der Grundkonflikt zwischen Angst und Vertrauen Drewermanns frühes dreibändiges Werk "Strukturen des Bösen", in dem er die jahwistische Urgeschichte exegetisch, psychoanalytisch und philosophisch deutet.[25] Vereinfacht lässt sich Drewermanns Anliegen so zusammenfassen: Der "Mythos vom Sündenfall" ist ein hervorragendes Bild für den Menschen, der sich seines Wesens, seines Ausgeliefertseins an das Dasein und seines Ungenügens bewusst wird.[26] Seine Existenz wird bestimmt von einer Angst, die wir nie ganz ablegen können[27]: Angst vor der eigenen Minderwertigkeit und dem Versagen, Angst vor einem strafenden Gott[28], Angst vor der Vergänglichkeit und dem Nichts. Um gegen diese Angst anzugehen, liefert sich der Mensch der Schlange[29] aus, und das heißt: dem Trieb und der Versuchung, die anderen zu beherrschen und auch Herr über Gott sein zu wollen. Dadurch aber wächst die Angst noch mehr, denn "der Mensch, der aus Angst in die Sünde hineingerät, hat nach und in der Sünde noch größere Angst vor Gott". Immer tiefer stürzt er in die Verzweiflung und Neurose hinein und wird unentrinnbar in den "Strukturen des Bösen"gefangen.[30] Es gibt nur einen Weg zur Befreiung: das Vertrauen auf Gottes Liebe, der dem Menschen seine Schuld vergibt[31]. Gott muss eine Person sein, die dem Menschen gegenübertritt und ihm einen angstfreien Raum eröffnet, in dem er zu Gott und zu sich selbst finden kann. Gott muss sich auch zur Verfügung stellen, damit der Mensch – wie bei der psychoanalytischen Übertragung – seine neurotischen Hassimpulse auf ihn abladen kann, ohne Angst vor ihm haben zu müssen. Dies ermöglicht nach Eugen Drewermann die Gottesvorstellung des christlichen Glaubens.[32]

Bei seinen Abhandlungen über die „Spirale der Angst“ nimmt der Theologe und Psychoanalytiker Eugen Drewermann den Gedanken der Existentialphilosophie[33] auf. Für ihn steht fest: Wenn Angst konstitutiv zum Menschsein gehört, dann ist der Angstbegriff der Psychoanalyse zu kurz gegriffen. Laut Drewermann orientiert sie sich nur an empirisch messbaren Formen der Angst. Zwar habe gerade die Psychoanalyse gezeigt, dass jeder Reifungsschritt des Heranwachsenden mit Angst verbunden sei, aber insgesamt werde mit psychoanalytischen Argumenten immer wieder die Forderung erhoben, Angst im privaten wie im öffentlichen Leben möglichst zu vermeiden. Man denke nur an das Schlagwort „angstfreie“ Erziehung. In diesem Zusammenhang werde übersehen, dass Angst wesentlich zum Menschsein dazu gehöre und auf Abruf bereit liege.[34] Drewermann bemerkt, dass ein Mensch ohne Angst kein Mensch mehr ist.[35] Denn wollte man dem Menschen nach dem Konzept einer rein äußerlichen Angsttheorie die Möglichkeit zur Angst nehmen, so müsste man ihm letztlich das Kostbarste nehmen, was er als Mensch besitzt: sein Bewusstsein und seine Freiheit.[36]

Die Existentialphilosophie ist also darauf ausgelegt, die Angst anzunehmen, sie zu würdigen als ein kostbares Gut und sie nicht zu beseitigen.[37] Mit Hilfe der Angst sind die Menschen in der Lage, die Freiheit ihrer Möglichkeiten zu erfahren und sich ihres menschlichen Geistes bewusst zu werden.[38] Dabei ist es von Bedeutung, dass das Leben jedes einzelnen Menschen einen Sinn in sich selber gewinnt, da wir nur so das Gefühl der Sinnlosigkeit der Existenz auf Erden überwinden können.[39]

4. Zum Begriff der Tiefenpsychologie – Eine Einführung

Mit dem Begriff können alle die Theorien und Methoden zusammengefasst werden, die sich von der Psychoanalyse ableiten lassen - einer vor allem von Sigmund Freud (1856 - 1939) begründeten Lehre von der Bedeutung unbewusster Ereignisse in der frühen und frühesten Kindheit und vom lebenslangen Einfluss krankhaft verdrängter Erlebnisse aus dieser Zeit.[40] Was insbesondere in den ersten drei Lebensjahren nicht in einem Menschen vor allem an seelischen Eigenschaften gefestigt oder gar zerstört wurde, lässt sich laut Tiefenpsychologie später nie oder nur mit großen Anstrengungen wieder nachholen oder gut machen, das gilt insbesondere für die Fähigkeit zu harmonischen Beziehungen zu anderen Menschen und damit insbesondere für die Liebe. Psychologen, die die Tiefenpsychologie vertreten, sehen so auch in unbewussten frühkindlichen oder sogar vorgeburtlichen Erlebnissen die tiefsten Ursachen späterer seelischer und - sich davon ableitend - körperlicher Erkrankungen. In der Psychoanalyse gelten unbewältigte Konflikte in der Kindheit als die Ursache psychischer Störungen.

Diese Kindheitserlebnisse sollen unerkannt im Unbewussten weiterwirken und sich in den verschiedensten Symptomen bei den Erwachsenen ausdrücken. Freud hat frühkindliche Triebkonflikte[41] und Triebfixierungen auf verschiedenen sexuellen Entwicklungsstufen -oral, anal, genital - als Ursachen der Neurosenentstehung angenommen. Modernere psychoanalytische Krankheitstheorien, wie die so genannte Objektbeziehungstheorie[42] , sehen die Ursache von psychischen Störungen weniger in Triebkonflikten, als in der gestörten Beziehung des Kindes zu zentralen Bezugspersonen während der ersten Lebensjahre. Die Behandlung psychischer Störungen soll durch Bewusstmachen der unbewussten Konflikte und durch die Einsicht in die lebensgeschichtliche Bedeutung der Symptome erreicht werden. Durch die Methoden der freien Assoziation, der Traumanalyse, der Widerstandsanalyse und der Übertragungsanalyse soll der Zugang zum Unbewussten ermöglicht werden. Es wird angenommen, dass durch Erinnern, Wiederholen und Durcharbeiten diese Konflikte nachträglich verarbeitet werden können. Die klassische Psychoanalyse dauert deshalb so lang, weil angenommen wird, dass die langwierige Entwicklung, Durcharbeitung und Auflösung einer Übertragungsneurose (= künstliche Neurose, die durch die Übertragungsbeziehung entsteht[43] ) die Voraussetzung für eine tief greifende Persönlichkeitsveränderung oder Heilung ist. Heilungschancen für diese Erkrankungen sind am wahrscheinlichsten, wenn sich die betroffenen Menschen mit Hilfe der Tiefenpsychologen durch Psychoanalyse später dieses Unbewusste bewusst machen[44], damit sie es aufarbeiten können um so zu einer Erlösung von ihrem Leiden zu gelangen.

[...]


[1] Gerd Theißen: Das Neue Testament, 2. durchgesehene Auflage, C.H. Beck, München 2004, S.31.

[2] Felizitas von Schönborn: Eugen Drewermann. Rebell oder Prophet?, Ullstein Verlag, Frankfurt am Main 1995, S.51.

[3] Thomas Schweer: Drewermann und die Folgen. Vom Kleriker zum Ketzer? Stationen eines Konflikts, Heyne Verlag, München 1992, S.255.

[4] Uwe Birnstein; Klaus-Peter Lehmann: Phänomen Drewermann. Politik und Religion einer Kultfigur, Vito von Eichborn GmbH & Co. Verlag KG, Frankfurt am Main 1994, S.19.

[5] www.150jahre.ethz.ch/program/others/veranstaltungen/Referenten/Drewermann

[6] Jörg Frey: Eugen Drewermann und die biblische Exegese. Eine methodisch-kritische Analyse, wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament, 2. Reihe 71, hg. v. Martin Hengel und Otfried Hofius, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen 1995, S.9f.

[7] Bernhard Lang: Eugen Drewermann. Kleines Porträt eines Romantikers, Paderborner Universitätsreden, hrsg. v. Peter Freese, PUR 78, Paderborn 2001, S.6.

[8] Tiefenpsychologische Deutung des Glaubens? Anfragen an Eugen Drewermann, hg. v. Albert Görres und Walter Kasper, Quaestiones disputatae 113, Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 1988, S.69.

[9] Lang: Eugen Drewermann. Kleines Porträt eines Romantikers, S.8.

[10] Schweer: Drewermann und die Folgen, S.43ff.

[11] Sudbrack: Eugen Drewermann…um die Menschlichkeit des Christentums, S.95.

[12] Josef Sudbrack: Eugen Drewermann…um die Menschlichkeit des Christentums, Echter Verlag, Würzburg 1992, S.24.

[13] Eugen Drewermann: Worum es eigentlich geht. Protokoll einer Verurteilung, 2. Aufl., München 1992, S.453.

[14] Birnstein, Lehmann: Phänomen Drewermann, S.21.

[15] Schönborn von: Eugen Drewermann. Rebell oder Prophet?, S.16.

[16] Jürgen Jeziorowski: Eugen Drewermann - der Streit um den Glauben geht weiter, Gütersloher Taschenbücher; 1301, Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn, Gütersloh 1992, S.66.

[17] Der Spiegel 52/1991: Jesus wollte diese Kirche nicht, vom 23.12.1992, S.74.

[18] Theologien der Gegenwart. Eine Einführung, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2006, S.55.

[19] ebd. S.56.

[20] Lang: Eugen Drewermann. Kleines Porträt eines Romantikers, S.11f.

[21] ebd. S.22.

[22] ebd. S.12f.

[23] Gregor Fehrenbacher: Drewermann verstehen. Eine kritische Hinführung, Walter-Verlag, Olten und Freiburg im Breisgau 1991, S.105.

[24] Eugen Drewermann, Jürgen Jeziorowski: Gespräche über die Angst, Gütersloh 1991, S.78.

[25] Fehrenbacher: Drewermann verstehen, S.103.

[26] ebd.S.106

[27] Goldegger Dialoge: Lebensängste - Ängste leben, hrsg. Kulturverein Schloss Goldegg, Tagungsband 25.-27. Mai 1989, S.42.

[28] Eugen Drewermann: Strukturen des Bösen. Teil 2:Die jahwistische Urgeschichte in psychoanalytischer Sicht, hrsg. v. Remigius Bäumer, Josef ernst, Heribert Mühlen, Bd.5, München, Paderborn, Wien 1977, S.221.

[29] Fehrenbacher: Drewermann verstehen, S.73.

[30] ebd. S.560.

[31] Drewermann, Jeziorowski: Gespräche über die Angst, S.80.

[32] Drewermann: Strukturen des Bösen, S.538f.

[33] Eugen Drewermann: Hat der Glaube Hoffnung? Von der Zukunft der Religion am Beginn des 21. Jahrhunderts, 2. Aufl., Walter Verlag, Zürich und Düsseldorf 2001, S.166.

[34] Fehrenbacher: Drewermann verstehen, S.203.

[35] Eugen Drewermann: Psychoanalyse und Moraltheologie, Bd. 1: Angst und Schuld, Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz 1982, S.134.

[36] Goldegger Dialoge: Lebensängste – Ängste leben, S.31.

[37] Sudbrack: Eugen Drewermann…um die Menschlichkeit des Christentums, S.55.

[38] Fehrenbacher: Drewermann verstehen, S.106.

[39] Eugen Drewermann: …und es geschah so. Die moderne Biologie und die Frage nach Gott. Glauben in Freiheit, Bd.3, Zürich und Düsseldorf 1999, S.420.

[40] Tiefenpsychologische Deutung des Glaubens?, S.139f.

[41] Thomas Schnelzer: Archetyp und Offenbarung. Die Archetypenlehre C.G. Jungs im Rahmen von E. Drewermanns Offenbarungskonzeption, Abhandlungen zur Philosophie, Psychologie, Soziologie der Religion und Ökumenik, hrsg. v. Heinrich Petri, Heft 49 der Neuen Folge, Ferdinand Schöningh, Paderborn 1999, S.136.

[42] Siegfried Elhardt: Tiefenpsychologie. Eine Einführung, Bd.136, 16.Aufl., Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart 2006, S.71f.

[43] ebd. S.159.

[44] Josef Rattner und Gerhard Danzer: Grundbegriffe der Tiefenpsychologie und Psychotherapie, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2000, S. 40.

Ende der Leseprobe aus 42 Seiten

Details

Titel
Die tiefenpsychologische Deutung der Wunder Jesu bei Eugen Drewermann
Hochschule
Universität des Saarlandes  (Institut für Katholische Theologie)
Note
13,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
42
Katalognummer
V88514
ISBN (eBook)
9783638028394
ISBN (Buch)
9783638926744
Dateigröße
625 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Deutung, Wunder, Jesu, Eugen, Drewermann
Arbeit zitieren
Marion Schmelzer-Darani (Autor:in), 2007, Die tiefenpsychologische Deutung der Wunder Jesu bei Eugen Drewermann, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88514

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