Tiergestützte Therapie. Rex, Flipper und Co. Die Therapeuten der Zukunft?

Eine empirische Arbeit über den Trend zum Einsatz von Tieren in den Therapieprozess, sowie dessen Relevanz für Berufsfelder der Sozialen Arbeit


Diplomarbeit, 2007

157 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Mensch – Tier – Beziehung in der Geschichte

3 „Tiergestützten Therapie“ – Was ist das eigentlich?
3.1 Begriffsbestimmung
3.2 Entwicklung
3.3 Stand der Wissenschaft
3.4 Theoretische Erklärungsansätze
3.4.1 Tiefenpsychologie
3.4.2 Entwicklungspsychologie
3.4.3 Lerntheorie
3.4.4 Realitätstherapie
3.4.5 Du Evidenz
3.4.6 Analoge Kommunikation
3.4.7 Biophile-Hypothese
3.4.8 Physiologische Erklärung
3.5 Kritik
3.5.1 Messung der Wirksamkeit
3.5.1.1 Schwierigkeit
3.5.1.2 Kritik
3.5.1.3 Methodenmodelle
3.5.2 Hygiene
3.5.3 Burn out und Misshandlung der Tiere
3.6 Kostenübernahme
3.6.1 Blindenführhunde
3.6.2 Therapeutisches Reiten
3.6.3 Delfintherapie

4 Grundsätzliche Wirkung des Tieres auf den Menschen
4.1 Soziale Wirkung
4.2 Physiologische Wirkung
4.3 Psychologische Wirkung
4.4 Pädagogische Wirkung
4.5 Kognitive Wirkung

5 Die Tiere und ihre Therapien
5.1 Delfine
5.1.1 Zielgruppen
5.1.2 Therapiekonzept
5.1.3 Ergebnisse
5.1.4 Kritik
5.2 Pferde
5.2.1 Hippotherapie
5.2.2 Heilpädagogisches Reiten und Voltegieren
5.2.3 Reiten als Behindertensport
5.3 Weitere Tiere
5.3.1 Hunde
5.3.2 Katzen
5.3.3 Vögel
5.3.4 Nagetiere
5.3.5 Lamas und Alpakas
5.3.6 Ziegen, Schafe und andere Nutztiere
5.3.7 Aquarien

6 Einsatzbereiche
6.1 Kinder
6.1.1 In Schulen und Tagesstätten
6.1.2 In Heimen
6.1.3 Mit auffälligem Verhalten
6.1.4 In der Psychiatrie
6.2 Senioren
6.2.1 Problematik des Älterwerdens
6.2.2 Positive Auswirkung von Tieren
6.2.3 Geeignete Tierarten
6.3 Psychisch Kranke
6.4 Krankenhaus
6.5 Arbeit mit Suchtpatienten
6.6 Arbeit im Strafvollzug
6.7 Menschen mit Behinderungen

7 Projektvorstellungen
7.1 Unser Klassenhund Charlie
7.2 Senioren- und Pflegeheim „Haus Müller“
7.3 Green Chimneys

8 Fazit

9 Literaturverzeichnis

10 Anhang

Abkürungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Moderne Probleme und Lösungen durch die Katzenhaltung

Quelle: Mensch und Tier, Ausgabe 04/06, Seite 5

1 Einleitung

„Haustiere fördern die Selbstheilungskräfte von Körper und Seele“ (Vital, 11/06, Seite 42).

„Hunde beschleunigen Patienten-Genesung“ (Mensch und Heimtier, 04/06, Seite 4).

„Nervenstarke Hunde für hyperaktive Kinder“ (Helfer auf vier Pfoten, Seite 10).

„Heimtiere zur Steigerung des Wohnbefindens“ (Zufrieden und gesund mit Katz und Hund, Seite 6).

„Treuer Gefährte mit pädagogischen Talenten“ (Vital 11/06, Seite 45)

„Katzenschnurren gegen Knochenschwund“ ( Mensch und Heimtier, 02/06, Seite 3)

„Ziervögel im Einsatz gegen Depressionen“ ( Mensch und Heimtier, 01/06, Seite 1)

In den letzten Jahren hörte man immer häufiger Nachrichten wie die obenstehenden, die den positiven Wirkungseffekt von Tieren auf die menschliche Gesundheit und Psyche hervorheben. Doch was steckt wirklich dahinter? Kann es tatsächlich sein, dass Tiere dort weiterhelfen können, wo Ärzte, Psychologen und Sozialarbeiter an ihre Grenzen stoßen? Sind Tiere eventuell die besseren Therapeuten?

Für viele scheint dieser Gedanke völlig absurd zu sein. Sie sehen in Tieren eine dem Menschen untergeordnete Lebensform, die ihm als Erbringer von Arbeitsleistung, Nahrung und Kleidung von Nutzen sind, jedoch niemals geistige oder mentale Unterstützung bieten könnten. Wie sich im Verlauf dieser Arbeit jedoch noch herausstellen wird, ist diese Überlegung gar nicht so abwegig wie es zunächst scheinen mag. Wie in der Praxis nämlich bereits belegt wurde, können Tiere sowohl psychosoziale als auch gesundheitliche Hilfestellung bieten – einer Unterstützung, der Klienten der Sozialen Arbeit häufig bedürfen. Hier liegt die Schnittstelle der Einsatzgebiete von tiergestützter Therapie und Sozialer Arbeit. Als angehende Sozialarbeiterin finde ich die Überlegung, Tiere hier als präventive und intervenierende Maßnahme einzusetzen, spannend. Von den positiven Auswirkungen tiergestützter Therapie, die bereits von Ärzten, Psychologen, Ergo- und Physiotherapeuten sowie Lehrern, Erziehern und Heilpädagogen festgestellt wurden, würden auch Klienten von Sozialarbeitern profitieren. In diesem Zusammenhang soll außerdem geklärt werden, wie sich das Potenzial, das in einer Mensch-Tier-Beziehung steckt, nutzen lässt.

Die Arbeit beginnt mit einem Überblick über den kultur-geschichtlichen Wandel der Mensch-Tier-Beziehung, wonach Kapitel drei mit der theoretischen Abhandlung bezüglich Begrifflichkeit, Entwicklung, Wissenschaftlichkeit, Wirksamkeit und Problematik der tiergestützten Therapie in das eigentliche Thema eingeleitet wird. Das Kapitel endet mit der Erläuterung der Rechtslage bezüglich einer Kostenübernahme von tiergestützten Hilfsmaßnahmen in Deutschland anhand von drei ausgewählten Beispielen.

In Kapitel vier folgt eine ausführliche Beschreibung der positiven Wirkungen, die Tiere im Alltagsbeleben sowie im therapeutischen Kontext haben. Es wird hierbei insbesondere auf soziale, physiologische, psychologische, pädagogische und kognitive Aspekte eingegangen, die durch Erfahrungsberichte aus der Praxis bestätigt werden.

Ab dem fünften Kapitel beginnt die Vorstellung der verschiedenen Tiere, die in der therapeutischen Praxis bereits Einzug gehalten haben. Während in Kapitel 5.1 und 5.2 sowohl das Tier als auch ihre spezielle Therapie vorgestellt werden, beziehen sich die nächsten sieben Unterkapitel nur auf die Beschreibung der Tierart und ihr Einsatzbereich, da es sonst zu inhaltlichen Überschneidungen mit Kapitel sechs kommen würde.

In dem besagten Kapitel sechs geht es um Konzepte der Praxisfelder, die bereits Tiere als Co.-Therapeuten einsetzen und damit schon positive Therapieerfolge verzeichnen konnten. Die in Kapitel 5.3.1 – 5.3.7 erwähnten Tiere sind hier wiederzufinden.

Den Abschluss der Arbeit bildet die Vorstellung dreier Projekte, von denen zwei in Deutschland und eines in den USA durchgeführt werden, zum Abschluss kommen.

2 Mensch – Tier – Beziehung in der Geschichte

Seit jeher bestand zwischen Tieren und Menschen aller Rassen und Kulturen eine Verbindung, die sich in verschiedene Lebensbereiche Einfluss verschaffte.

Die Geschichte der Mensch – Tier – Beziehung kann man grob in zwei Zeitabschnitte einteilen. Jürgen Köhler benennt diese, indem er sagt: „Die Geschichte der Beziehung zwischen Mensch und Tier bewegt sich zwischen diesen beiden Polen: der Verwendung, der Kontrolle einerseits und der Sehnsucht nach dem ‘Bruder-Tier’, der Hingabe andererseits” (zitiert von Olbrich, „Tiere in der Therapie Zur Basis einer Beziehung und ihrer Erklärung“, Seite 17).

Die erste Zeit zeichnete sich durch ein respektvolles Miteinanders aus sowie eine „spirituell geprägte Beziehung“.

So wurden in Kulturkreisen alter Zeit Tiere als Wesen betrachtet, die ihre übernatürlichen Kräfte zum Nutzen oder zum Schaden der Menschen verwenden konnten. Man errichtete Altäre mit tiergestaltigen Götzen, die angebetet und denen Gaben geopfert wurden. Dadurch wollte man böse bzw. gute Mächte, für die die Tiere standen, veranlassen, Gunst zu erweisen und Unglück fernzuhalten.

In der Jäger-Sammler-Kultur glaubte man an eine geheimnisvolle Solidarität zwischen verschiedenen Lebenswelten. Daher fühlten sich ihre Anhänger eng mit anderen Lebewesen verbunden. Man war der Ansicht, dass eine Kommunikation zwischen der menschlichen und nichtmenschlichen Welt möglich sei. Zauberer oder Medizinmännern waren, so glaubte man, in der Lage, die Sprache der Tiere zu verstehen, sich mit tierischen Seelen in Verbindung zu treten und an deren okkulten Kräften teilzuhaben, um sich von diesem leiten zu lassen.

Insbesondere die Jagdvölker entwickelten einen besonderen Tierkult. Obwohl sie die Tiere verspeisten und aus ihren Bestandteilen Werkzeuge, Kleidung und ähnliches herstellten, hatten sie große Achtung vor ihnen, da diese dem Mensch an Schnelligkeit, Stärke und Wahrnehmungsvermögen weit überlegen waren. Ihren Respekt und ihre Verehrung drückten sie durch eindrucksvolle Höhlenmalereien sowie durch Grabbeigaben aus. In diesen Höhlen sollten die Seelen der Tiere nun ihre neue Heimat finden. Die spirituelle Bedeutung der Tiere stiegt so weit, dass sich jedes Volk ein eigenes Tier auserkor, das sie als ihren Seelebruder betrachteten, und es aufgrund dessen nicht mehr jagten, sondern in Ehren hielten und als ihren Stammesgründer und Gott anbeteten.

Später nahmen Tiere immer weniger Bedeutung in der Götterverehrung ein. Zunächst entstanden aus den Tiergottheiten Mensch-Tier-Gottheiten, d. h. dass Götter als Menschen mit Tierkopf dargestellt wurden und schließlich waren Tier nur noch sichtbare Repräsentanten von Göttern, die in Menschengestalt existierten.

Während die geistige und religiöse Bedeutung der Tiere immer weiter nachließ und die Menschen zum Ackerbau übergingen, kam die Wende zum zweiten Abschnitt in der Geschichte der Mensch – Tier – Beziehung. „Der Preis, den der Mensch für Kultur und Zivilisation (allerdings) zu zahlen hatte, war die Auflösung dieser Bindung, die zerrissen werden musste, um dem Menschen die Freiheit des Willens zu geben“ (K. Lorenz; zit. von. Greiffenhagen 1991, Seite 236).

Da die Tiere dem Menschen aufgrund ihrer Eigenschaften, sensiblen Sinne, Fähigkeiten und Talenten auf verschiedenen Gebieten hilfreich und überlegen schienen, wurden sie, wie Körner es ausdrückte, „verwendet“, instrumentalisiert. Hühner, Schweine und Kühe dienten beispielsweise als Nahrungslieferanten für Fleisch, Milch und Eier. Anfallende „Abfallstoffe“ wie Leder, Wolle, Fell und Federn wurden zur Herstellung von Kleidung und Decken genutzt. Pferde, Ochsen und Elefanten erleichterten die Arbeit auf dem Feld oder im Wald, indem sie schwere Lasten zogen. Andere dienten als schnelles Transportmittel oder Lastenträger (Kamele, Esel, Pferde). Katzen sorgten dafür, dass unerwünschte Schädlinge von den Essensvorräten fernblieben. Die Domestikation des Wolfen zum Hund stellte sich als äußerstnützlich heraus, da er als Jagdgehilfe, Wach- und Hütehund, Beschützer und Weggefährt diente (vgl. Olbrich, „Tiere in der Therapie -

Zur Basis einer Beziehung und ihrer Erklärung“, Kapitel 5).

Erstaunlicherweise hat sich diese Nutzen-Gemeinschaft zwischen Mensch und Tier bis ihn die heutige, moderne Zeit fortgesetzt. Hunde werden zur Bewachung in Hochsicherheitszonen oder zur Suche von verunglückten Personen und Drogen eingesetzt. Polizeipferde kommen zum Einsatz, wenn aufgrund großer Menschenmenschen ein Durchkommen mit dem Streifenwagen nicht mehr möglich ist. Und neuerdings werden verschiedene Tiere auch in den therapeutischen Kontext miteinbezogen.

Leider ist in der heutigen Industriegesellschaft dennoch ein großer Teil des Respekts, der Achtung, der Ehrfurcht und des Solidaritätsgefühl gegenüber Tieren verloren gegangen. Man braucht nur Stichwörter wie „Massenviehhaltung“, „Tiertransporte“, „Legebatterien“ und „Tierversuche“ zu nennen. Tiere werden durch Maschinen ersetzt und werden aus Prestige-, Ruhm-, Status-, Macht- und Geldgier gehalten. Rodeoreiten, Schoßhund in der Handtasche, Kamelrennen bei 40°Celsius, millionenteure Adelspferde sowie Stier-, Hahnen- und Hundekämpfe sind nur einige Beispiele.

Erfreulicherweise ist aber auch ein gegenläufiger Trend zu verzeichnen. Vor allem im Privatleben sieht man, dass Tiere nicht mehr neben dem Menschen, sondern mit dem Menschen leben – aus jenen Arbeit- und Nutztieren wurden Haustieren. Laut Wissenschaftlern sein durch diese Entwicklung der ursprüngliche Zusammenhangen alles Lebendigen in einer zweckfreier Gemeinschaftchen zurückerworben worden. Die Voraussetzung für solche eine Gemeinschaft ist die sogenannte Du-Evidenz (Siehe Kapitel 3.3.2).

Ohne die veränderte Sicht zur Mensch-Tier-Beziehung wäre es kaum vorstellbar gewesen, Tiere therapeutisch und pädagogisch einzusetzen. In Kapitel 3.2 wird auf den weiteren geschichtlichen Verlauf zur Entwicklung tiergestützter Therapiekonzepte näher eingegangen.

Doch zuvor noch ein paar allgemeine Anmerkungen zum Thema „tiergestützte Therapie“.

3 „Tiergestützten Therapie“ – Was ist das eigentlich?

3.1 Begriffsbestimmung

„Unter tiergestützter Therapie versteht man alle Maßnahmen, bei denen durch den gezielten Einsatz eines Tieres positive Auswirkungen auf das Erleben und Verhalten von Menschen erzielt werden sollen. Das gilt für körperliche wie für seelische Erkrankungen“ (Forschungsinstitut Kindertraum, Factsheet 04/06, Seite 2).

Im englischsprachigen Raum werden des Weiteren zwei Teilbereiche tiergestützter Therapie (engl. „pet-facilitated therapy“), unterschieden.

Zum einen spricht man von dem Begriff „animal - assisted therapy“ (AAA) und zum anderen von „animal – assisted therapy“ (AAT). „AAA unterstützt Gelegenheiten für motivierende, erzieherische, erholende und therapeutische Vorteile, um die Qualität des Lebens zu heben. AAA wird in einer Vielzahl von Einrichtungen durch speziell trainierte Professionisten, Amateuren und Freiwilligen angeboten.“ Diese Aktivitäten werden häufig in Form von Tierbesuchsdienste in Einrichtungen wie z.B. Kliniken, Alten- und Kinderheime, Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen sowie Schulen, Kindergärten und Jugendhäusern durchgeführt.

AAT hingegen „ist eine zielgerichtete Intervention, in der ein Tier, welches spezielle Kriterien erfüllt, ein integraler Teil des Behandlungsprozesses ist. AAT ist geleitet oder wird im entsprechenden Fachbereich durch Fachkräfte aus dem Bereich der Humanmedizin mit speziellen Kenntnissen angeboten.“ Sie können im Rahmen somatischer, sozialer, psychosomatischer und psychotherapeutischer Maßnahmen durchgeführt werden

Der eigentliche Unterschied besteht grundsätzlich aus drei Punkten:

1. AAT wird grundsätzlich durch Professionisten im Gesundheits- und Erziehungsbereich (Ärzte, Physiotherapeuten, Therapeuten mit einer Spezialausbildung, Lehrer, Krankenschwestern, Sozialarbeiter, Sprachheillehrer, Psychologen) geleitet. Um von AAT sprechen zu dürfen, muss das Therapietier als „Teil der Spezialbehandlung“ einsetzen werden. Zum Beispiel setzt ein Sozialarbeiter ein Tier in Verbindung mit sozialer Arbeit ein.
2. AAT ist zielgerichtet; d. h. durch die Arbeit mit dem Tier wird ein klar definiertes Ziel angestrebt. Das kann positive Effekte auf körperliche Gesundheit, Psyche, Befindlichkeit, Lernverhalten und -fähigkeit, Kommunikation, Sozialverhalten, Entwicklung, Aktivität, Reaktionsvermögen, Aufmerksamkeit, Aufnahmefähigkeit, Kontaktaufnahme zur Umwelt oder Steigern der Frustrationstoleranz beinhalten.
3. Jede Sitzung der AAT wird wie andere Therapieformen als Akte dokumentiert, worin Fortschritt und Aktivität notiert werden.

(vgl. Olbrich, „Tiere in der Therapie – zur Basis einer Beziehung und ihrer Bedeutung“, Kapitel 3; vgl. Hollik 2003, Kapitel C).

Selten enthalten Therapiekonzepte ausschließlich tiergestützte Elemente. Durch den Einsatz von Tieren soll vielmehr die Wirkung der eigentlichen Behandlung verstärkt oder überhaupt erst einmal eine Basis für eine Therapie geschaffen werden.

Grundsätzlich kann eine tiergestützte Therapie mit fast jedem Tier durchgeführt werden. Bis zu den 90er Jahren gebrauchte man häufig Tiere aus Tierheimen. Später betrachtete man diese Vorgehensweise allerdings als kritisch, da hier selten etwas über Vorgeschichte, Gesundheitszustand und Verhalten bekannt ist. Daher wurden sogenannte Screening - Programme eingeführt, die die eingesetzten Tiere nach aufgestellten Richtlinien prüfen sollten. Darunter fallen unter anderem Wesens- und Gesundheitstests. Des Weiteren werden je nach Zielgruppe und Therapieziel geeignete Tiere ausgewählt. Daneben gibt es noch die Tiere, die speziell für den therapeutischen Einsatz ausgebildet wurden. Näheres hierzu wird in Kapitel 5 behandelt.

3.2 Entwicklung

Die ältesten historischen Aufzeichnungen, die über den Versuch, durch Tiere den Gesundheitszustand positiv zu beeinflussen, Auskunft geben, reichen in das erste Jahrhundert. Der römische Schriftsteller Plinius der Ältere (23 – 79 n. Chr.), der für seine naturwissenschaftlichen Werke bekannt war, berichtete von einer Heilungsmethode, bei der junge Hunde an den menschlichen Körper gepresst wurden, um den Menschen zu heilen.

In der griechischen Antike versuchte man in einem Krankenhaus die Patienten mit Hilfe von Hunden zu heilen.

Genauso glaubte man in der frühen Christenheit an die Heilkraft von Hunden. Auf Bildern wird der heilige Rochus mit seinem Hund gezeigt, der ihm die Pest „weggeleckt“ haben soll (http://www.kuhhund.de/therapie_2.php).

Im 8. Jahrhundert gab es dann erste Ansätze, bei denen Tieren in einfacher Form therapeutisch eingesetzt wurden. Durch das Zusammenleben mit Tieren konnte bei manchen Menschen die Kompensation kognitiver Beeinträchtigungen oder die Milderung des Erlebens von psychischen Störungen erzielt werden.

Im 9. Jahrhundert entstand in Gheel in Belgien die sogenannte “therapie naturelle“. Hierbei wollte man sozioökonomisch benachteiligten Menschen durch Landarbeit mit Tieren eine bessere Lebensbasis sowie eine höhere Lebenszufriedenheit ermöglichen (Olbrich, „Tiere in der Therapie -

Zur Basis einer Beziehung und ihrer Erklärung“, Seite 14).

In der Literatur taucht der Ansatz erst wieder im 18. Jahrhundert auf. Es wird berichtet, dass William Tuke, ein englischer Quäker, im Jahr 1792 eine Anstalt für psychisch kranke Menschen mit Namen „York Retreat“ gründete. Er wollte mit der traditionellen Behandlungsform, die in Psychiatrien damals üblich war, aber eher an eine Strafvollzugsanstalt als an ein Krankenhaus erinnerte, brechen. Seine Idee war, eine angenehme Aufenthaltsstätte für kranke Menschen zu schaffen, die sich durch einen christlichen, toleranten und freundlichen, aber zugleich rationalen Umgang mit psychisch Kranken auszeichnen sollte. Heilung oder zumindest Besserung der Krankheit hatte oberste Priorität.

Die 30 dort untergebrachten Menschen wurden niemals aus disziplinarischen Gründen geschlagen oder eingesperrt. Sie sollten sich wohlfühlen. Darin lag nach Tukes Auffassung die wichtigste Voraussetzung für den Heilungsprozess. Um diese wohlfühlende Atmosphäre zu schaffen, wurden unter anderem die Anstaltsuniformen abgeschafft und jeder Patient wurde zu sinnvoller Arbeit wie Lesen, Schreiben, Hand- oder Gartenarbeit sowie zum Versorgen der Tiere ermuntert. Die Tiere vermittelten den Menschen das Gefühl, gebraucht zu werden, und machten konkrete Ergebnisse erkennbar, die eine Bestätigung von noch verfügbaren Kompetenzen gaben, was ihr Selbstwertgefühl steigerte. Die Tiere konnten aber auch Nähe, Akzeptanz ohne Bewertung oder Abwertung vermitteln (Olbrich, „Tiere in der Therapie -

Zur Basis einer Beziehung und ihrer Erklärung“, Seite 14).

Die Mönche, die dort als „Klinikpersonal“ arbeiteten, stellen ebenfalls den positiven Effekt der Tiere fest. Sie beschrieben es folgendermaßen: „Den in der Seele und am Körper Beladenen hilft ein Gebet und ein Tier“ (Greiffenhagen 1991, Seite 14).

Leider konnte sich das „unwissenschaftliche“ Konzept Tukes nicht durchsetzten. Neue medizinisch physiologische Therapien wurden entwickelt und tiergestützte Therapie verlief sich im Sand.

Bis Ende des 19. Jahrhunderts wurde auch den Deutschen der positive Effekt, den Tiere auf kranke Menschen haben können, bewusst. Im Epilepsiezentrum „Bethel“ in Bielefeld, wo auch Menschen mit geistigen und körperlichen Behinderungen behandelt wurden, setzte man daher von Anfang an unterschiedliche Tierarten in die Therapie ein. Das Konzept der sogenannten „Institution ohne Mauern“ sah vor, dass Patienten, die dazu in der Lage waren, für die Pflege und Versorgung der Tiere selbstständig zu sorgen hatte. Dazu gehörten Hunde, Katzen, Schafe, Ziegen und später auch Pferde, Hirsche und Rehe.

Als letztes Beispiel sei hier noch das 1942 gegründete Pawling Army Airforce Convalescent Hospital in New York erwähnt. Die Klinik behandelte Kriegsopfer des 2. Weltkrieges, die sich dort von ihren körperlichen und psychischen Wunden erholen konnten. Man legte große Hoffnung in das neue Verfahren der tiergestützten Psychotherapie. Den Patienten wurde durch den klinikeigenen Bauernhof, wo Pferde, Kühe, Hühner und Gänse gehalten wurden, und die natürliche Umgebung des Klinikgeländes, in der viele freilebende Tiere zu beobachten waren, der Kontakt mit den Tieren ermöglicht. Auf Beobachtung und Versorgung der Tiere hielt man genauso große Stücke, wie auf andere Behandlungsmethoden. Nach Kriegsende wurde die Klinik jedoch geschlossen und geriet bald in Vergessenheit.

All die oben aufgeführten Beispiele frühen Einsatzes tiergestützter Therapien haben für die Nachwelt keine schriftlichen Dokumentationen der Konzepte oder des physiologischer und psychischer Effektes hinterlassen. Damals stand die Behandlung, nicht die Forschung, im Blickfeld. Solange es den Patienten gut ging, war man zufrieden. Über das wie und warum macht man sich keine Gedanken.

Doch ab Ende der sechziger Jahre sollte sich das ändern.

Den entschiedenen Anstoß zur Systematisierung und zur Untersuchung der hilfreichen Effekte von Tieren für Menschen gab eine Beobachtung von Boris Levinson aus dem Jahre 1961. Nachdem er schon länger mit einem sozial gestörten Jungen gearbeitet hatte, bemerkte es, dass einst zurückhaltende und schweigsame Junge sehr spontan mit Jingles, dem Hund von Levinson, der er an dem besagten Tag in der Praxis dabei hatte, sprach. Durch weitere Untersuchungen erkannte er, dass Hunde den sozialen und verbalen Kontakt zu einem immer größer werdenden Kreis von Menschen ermöglichten können. Daraufhin befragte er über 400 seiner Kolleginnen und Kollegen, ob sie schon einmal Tiere als therapeutische Helfer eingesetzt hätten. Ein Drittel bestätigte dies (Olbrich, „Tiere in der Therapie - Zur Basis einer Beziehung und ihrer Erklärung“, Seite 14, 15).

Sein 1969 herausgegebene Buch, in dem der Kinderpsychotherapeut das Thema „Tiere als Co – Therapeuten“ analysierte, brachte eine Welle an Forschungsprojekten, Versuchsreihen, Dokumentationen und Experimenten der verschiedensten wissenschaftlichen Disziplinen ins Rollen. Vor allem im angelsächsischen Raum überschlugen sich die neuen Erkenntnisse und Erfolge im tiertherapeutischen Bereich. „Pet facilitated therapy“ war in aller Mund und es entstand daraus sogar ein neuer Wissenschaftszweigs.

Weitere führende Verfechter der tiergestützten Therapie waren die Psychologen Sam und Elisabeth Corson. Sie beobachteten beispielsweise, dass introvertierte, von der Umwelt abgekapselte Personen auf Kontakte mit Hunden äußerst positiv reagierten. Den psychischen und sozialen Effekt beschrieben sie folgendermaßen: „Im Grunde geht es bei der tiergestützten Therapie darum, ein unbedrohliches, liebevolles Heimtier als Katalysator für die Entwicklung adaptiver und zufriedenstellender sozialer Interaktionen einzuführen. Der Patient setzt sich häufig durch nonverbale und taktile Interaktionen positiv in eine Beziehung zum Tier. Dieser Kreis sozialer Interaktionen weitet sich dann allmählich aus. Die anfänglich nonverbalen Formen der Interaktion werden nach und nach bereichert und verstärkt durch verbale Kommunikation und den gesundem Ausdruck von Gefühl und von Wärme". Ihrer Auffassung nach sei ein Tier in der Lage, den Interaktions- und Kommunikationsraum so weit zu öffnen, dass schließlich der Therapeut einen Zugang zu den Patienten finden könnte.

Eine weitere Vertreterin der tiergestützten Therapie, die Soziologin Erika Friedmann, kam durch ihre Studie mit Herzinfarktpatienten zu dem Schluss, dass Haustiere auf den Genesungsprozess ihrer Besitzer einen positiven Einfluss nehmen. Interessanterweise waren unten den 92 Patienten 53 Tierbesitzer. Von der Gruppe der Nicht-Tierhalter starben 28%, von den Tierhaltern nur 6%. Dabei spielte weder die Art des Haustieres, noch der Schweregrad der Erkrankung eine Rolle (vgl. Ruckick 2006, Kapitel 4.2).

Gemeinsam mit dem Mediziner A. Katcher gehörten sie zu einem Forscherkreis, der sich mit der Wirkung auf den menschlichen Organismus auseinandersetzte. Es konnte bei Untersuchungen unter verschiedenen Umwelteinflüssen empirisch nachgewiesen werden, dass Tiere einen blutdrucksenkenden und Stress reduzierenden Effekt haben.

Diese positiven Forschungsergebnisse trugen dazu bei, dass ab 1973 immer mehr Organisationen entstanden, die mit sogenannten „Pet-mobiles“ in Heime oder Familien gingen, um dort eine Mensch – Tier – Begegnung zu ermöglichen.

1977 wurde eine Gesellschaft aus Medizinern, Verhaltensforschern, Psychologen, Psychotherapeuten und Gerontologen gegründet, die sich der Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung verschrieben. Heute umfasst die Delta society fünf weitere Unterorganisationen in den USA, Großbritannien, Australien, Frankreich und Österreich. Ihre internationalen Symposien haben wohl dazu beigetragen, dass der erst neubegründete Wissenschaftszweig immer größere Wellen schlug und die wissenschaftliche Forschung auf diesem Gebiet ins Rollen brachte.

Ende der 80er Jahre führten das National Institute of Health zusammen mit den National Institutes on Aging eine Konferenz durch, die gesundheitsfördernde Auswirkungen des Zusammenlebens von Menschen mit Tieren und deren Beiträge zur Prävention, Rehabilitation und Therapie prüfte und bestätigte. Dies kann im Kontext mit der kurz darauf vom US-Kongress befürworteten Einführung neuer Formen der Gesundheitsfürsorge gesehen werden, die beispielsweise mit der Gründung eines Office of Alternative Medicine institutionalisiert wurden.

Darauf wurde 1990 die „International Association of Human-Animal Interaction Organizations” (IAOHAIO) gegründet, die einen Zusammenschluss von Organisationen aus aller Welt bildet, die im Bereich der Mensch-Tier-Beziehung tätig sind. Sie bietet die Möglichkeit des Austauschs von praktischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen zwischen den Mitgliedsorganisationen.

In Deutschland gab es von Anfang an wenig Vertreter der tiergestützten Therapie. Einige der Wissenschaftlern auf diesem Gebiet sind Prof. Dr. S. Greiffenhagen, S. de Smet, Prof. Dr. phil. R. Bergler, Prof. Dr. E. Olbrich und Dr. C. Otterstedt.

Die frühen therapeutischen Einsätze erfolgten als Besuchsdienste in Alten- und Pflegeheime, Krankenhäuser oder Psychiatrien. Außerdem wurden Streichelzoos für Großstadtkinder errichtet und Tiere an einsame und kranke Menschen vermittelt. Mit der Zeit wurden sogenannte Service-Hunde ausgebildet, die meist körperlich Behinderten im alltäglichen Leben zu Diensten sein sollen.

Therapeutisches Reiten, Schulzoo, Tiere in Altenheimen, Krankenhäusern, psychiatrischen Kliniken und Strafvollzugsanstalten folgten.

Was die wissenschaftliche Erforschung der Mensch-Tier-Beziehung anbetrifft, hinkt sie der Praxis noch immer weit hinterher. Dazu mehr in Kapitel 3.3.

3.3 Stand der Wissenschaft

Die Idee vom förderlichen Einsatz von Tieren wird bereits immer häufiger von verschiedenen Berufsgruppen aufgegriffen, darunter Ärzte, Therapeuten, Psychologen, Krankenpfleger, Sozialarbeiter und Lehrer. Sogar im deutschsprachigen Raum, wo man dem Ganzen eher skeptisch gegenübergestanden hat, gibt es mittlerweile einige Vereine, Hochschulen und andere Institutionen, die Fort- und Weiterbildungen für therapeutisches Arbeiten mit Tieren in den verschiedensten Fachgebieten anbieten.

Viele Wissenschaften sind sich des Wertes tiergestützter Therapie bewusst. Dennoch fühlte sich bislang keine der großen, alten Professionen für ihre Erforschung zuständig, weshalb den Forschungsergebnissen der verhältnismäßig kleinen Anzahl an Männern und Frauen, die sich aus Überzeugung diesem Wissenschaftszweig verschrieben haben, kaum Beachtung geschenkt wurde.

Empirischen Untersuchungen, die die Wirksamkeit des Einsatzes von tierischen Co-Therapeuten bestätigen, sind zahlreich vorhanden. Doch Veröffentlichungen, in denen gesundheitsbezogene, psychosoziale und psychologische Wirkungsweisen und Wirkungsfaktoren genau herausgearbeitet werden, sind rar; von Hypothesen- und Theorieentwürfen ganz zu schweigen. Die Forschung steckt im Vergleich zur Praxis noch in den Kinderschuhen. Doch ohne eindeutige wissenschaftlich fundierte Ergebnisse besteht keine Chance auf Anerkennung.

Die bereits erwähnte IAOHAIO hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, die Forschung im Bereich der pädagogischen und praktischen Entwicklung zu fördern, ein Forum für den Austausch von Ideen und von Informationen zwischen den Mitgliedsorganisationen zur Verfügung zu stellen und Politiker auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene von dem Wirksamkeit von Mensch-Tier-Interaktionen zu überzeugen. Dazu führt sie regelmäßig interdisziplinäre Wissenschaftliche Kongresse durch, bei denen neuste wissenschaftliche und empirische Erkenntnisse ausgetauscht und diskutiert werden (Olbrich, „Tiere in der Therapie - Zur Basis einer Beziehung und ihrer Erklärung“, Seite 16; http://www.iahaio.org).

Einige der mittlerweile herausgearbeiteten wissenschaftlichen Erklärungsversuche werden im folgenden Kapitel näher erläutert.

3.4 Theoretische Erklärungsansätze

Es gibt viele Forschungsergebnisse, die den positiven Einfluss von Tieren auf die körperliche und geistige Gesundheit und Heilung nachweisen. In diesem Kapitel wird nun diese therapeutische Wirksamkeit mit verschiedenen Theorien begründet.

3.4.1 Tiefenpsychologie

Einer der Pioniere auf dem Gebiet der tiergestützten Therapie war der

amerikanische Psychologe Levinson. Er „begründet die heilsame Wirkung von Tieren auf Menschen mit einem tief in der menschlichen Seele verwurzelten Bedürfnis nach Nähe zum Tier. Dass eine ursprüngliche Nähe von Menschen und Tieren besteht, leitet Levinson aus der Tatsache ab, dass das Tier die gesamte Symbolwelt des Menschen - vor allem der Kinder - erfülle“ (Greiffenhagen 1991, Seite 181). Eine gesunde Gefühlswelt könne nur im Einklang mit der Natur, am besten mit Tieren, entwickelt werden. Daher wäre für den Gewinn eines seelischen Gleichgewichts der Einsatz von Tieren, besonders für Kinder, körperlich, psychisch Kranke, äußerst sinnvoll.

Kinder in therapeutischer Behandlung haben in der Regel eine misstrauische Grundhaltung gegenüber ihrem Therapeuten. Eine Vertrauensbeziehung herzustellen ist extrem schwierig. Ein Tier kann hierbei unterstützend wirken, da Kinder zu Tieren eine relativ angstfreie Beziehung eingehen und sich leicht mit ihnen identifizieren können. Die positiven Erfahrungen werden mit er Zeit auf den Therapeuten übertragen und dann auch immer mehr andere menschliche „Objekte“. So wird eine Grundlage für eine erfolgreiche Therapie geschaffen.

Außerdem schrieb er dem Kontakt mit Tieren eine Art "Übertragungsfunktion" zu. In diesem Rahmen könnten Interaktionen wiederholt und geübt werden, was wiederum im zwischenmenschlichen Kontakt positive Ergebnisse erzielen würde. An die Stelle des Menschen tritt das Tier, an dem nach psychoanalytischer Vorstellung nun bewusst oder unbewusst seelische Anteile übertragen werden. So können im therapeutischen Kontext Verhaltensweisen wiederholt und nach individuellen Bedürfnissen durchgearbeitet werden. Da v. a. Kinder zu Tieren eine relativ angstfreie Beziehung eingehen und sich leicht mit ihnen identifizieren können, ist der Lernprozess im Gegensatz zu traditionellen Formen deutlich schneller, als bei menschlichen Interaktionspartnern.

3.4.2 Entwicklungspsychologie

Die psychosoziale Entwicklungstheorie nach E. Erikson besagt, dass die Meisterung verschiedener „Krisen“ (damit sind grundlegende psychosoziale Probleme gemeint) zur Bildung einer persönlichen Identität beiträgt. Es gibt in den acht Phasen jeweils zwei Extreme für den Ausgang einer Krise. Je nachdem, wie diese bewältigt wird, kommt es zum Fortschritt oder zur Regression.

In diesem Zusammenhang stellte der Psychologe Olbrich die These auf, dass „Tiere in allen Stadien der kindlichen Entwicklung (1. – 5. Phase) zur Verbesserung der Kompetenzkognitionen des Kindes beitragen können“ (zitiert von Otterstedt 2001, Seite 46).

1. Krise „Urvertrauen / Misstrauen“ (1. Lebensjahr)

In dieser Phase soll ein Tier dazu beitragen, dass das Kind positive Erfahrungen mit der Umwelt macht und ein empathisches Miteinander mit dem Tier erlebt.

2. Krise „Autonomie / Selbstzweifel“ (ab dem 2. Lebensjahr)

Das Kind beginnt, durch den Einsatz seiner zunehmenden geistigen und motorischen Fähigkeiten sich kontrolliert zu bewegen (Kopf heben, Sitzen, Laufen, Greifen). Sie Fähigkeiten können auch im Kontakt mit dem Tier geübt werden, wodurch die Autonomie gefördert wird.

3. Krise „Initiative / Schuldgefühl“ (3. bis 5. Lebensjahr)

Die Aktivität in Bezug auf die Außenwelt wird nun größer. Zum einen wird die Umwelt durch den zunehmenden Spracherwerb erfraget, zum anderen durch Aktivität erkundet. Im zweiten Fall könnten Tiere als „Forschungsobjekte“ dienen.

4. Krise: „Überlegenheit / Unterlegenheit“ (6. bis 12. Lebensjahr)

In dieser Phase entwickelt das Kind einen starken Tätigkeitsdrang und will erfahren, was es schon leisten kann. Es braucht Erfolgserlebnisse, um kein Unterlegenheitsgefühl gegenüber der Außenwelt zu erfahren. Im Umgang mit dem Tier erlebt es die Konsequenzen seines Handelns. Wenn es das Tier gut behandelt und sich mit ihm beschäftigt, werden Erfolgserlebnisse nicht lange auf sich warten lassen. Dadurch werden seine Kompetenzen und Kompetenzkognitionen erweitert und es erlebt, dass es schon als Kind konkrete Dinge erreichen kann.

5. Krise: „Identität / Rollenverwechslung“ (ab der Pubertät)

Der Jugendliche kann während seiner Identitätssuche weitere Kompetenzen entwickeln und bestärken, z. B. die Kompetenz, längerfristig zu planen, Entscheidungen zu treffen und verantwortlich zu handeln.

3.4.3 Lerntheorie

Der Psychologe Clark Brickel war Vertreter der lernpsychologische Theorie für die Wirksamkeit tiergestützer Therapie.

Laut lerntheoretischen Ansätzen werden belohnte und gelobte Verhaltensweisen wiederholt, unbelohnte werden aus dem Verhaltensrepertoire entfernt.

Dieser Mechanismus führt bei verhaltensauffälligen Menschen häufig dazu, dass die Krankheit verstärkt, statt geheilt wird. Ein Beispiel: „Ein Mensch, der sich vernachlässigt fühlt, verhält sich eines Tages, vielleicht eher zufällig als bewusst, besonders auffällig; er schreit laut, schlägt mit den Armen um sich, wirft sich auf den Boden, nässt ein. Nun steht er im Mittelpunkt und bekommt alle Aufmerksamkeit, die er vorher vermisst hat. Was ist die Folge? Das auffällige Verhalten wurde bekräftigt d.h. belohnt. Er wird diesen Trick immer wieder einsetzen, wenn er das Interesse seiner Mitwelt auf sich lenken will. Er hat das Verhalten gelernt und kennt schließlich keine andere Möglichkeit mehr zu kommunizieren, als mittels solcher unsinnigen aber probaten Methoden“ (Greiffenhagen 1991, Seite 182, 183).

Solch eingefahrene Verhaltensmuster sind schwer zu brechen. Man hat allerdings festegestellt, dass Tiere als „Belohnung“ für angebrachtes Verhalten sehr effektiv sind. Nicht selten wird die Aufmerksamkeit des Tieres höher bewertet als die der Pflegeperson. Arbeitet man auf dieser Grundlage weiter, kann der Patient sein unangebrachtes Verhalten (schreien, einnässen), das bisher die Aufmerksamkeit der Pflegeperson erregt hat, auf das Tier jedoch abschreckend wirkt, abgebaut werden.

Auch bei verhaltenstherapeutischen Behandlungen, z. B. bei Phobien oder Angstzuständen, konnte man große Erfolge verzeichnen. Im Zuge der systematischen Desensibilisierung, bei der die Angstzustände stufenweise gelöscht werden sollen, wird neben der Stimulation des Angst einflößenden Reizes ein anderer starker und stärkender Reiz eingesetzt. Da das Tier ein idealer Ablenker von dem Angstobjekt ist, kann durch seine wohltuende Gemeinschaft Anstoß für Löschungseffekte gegeben werden.

3.4.4 Realitätstherapie

Der erste Vertreter dieser Theorie ist William Glasser. Sein Augenmerk legte er auf die „eigenen Verantwortlichkeit eines Patienten für seine Krankheit““. Der Therapeut ist ausschließlich an der Gegenwart und der Zukunft interessiert. Die Vergangenheit spielt keine Rolle. Er sieht sich als Lehrer und Trainer, nicht als Beobachter oder „Übertragungsfigur“. Seine Auffassung wird offen geäußert und die Moralität des Verhaltens wird bewertet. Der Patient wird unter die Pflicht gestellt, sich zwischen Recht oder Unrecht zu entscheiden. Außerdem sieht der Therapeut seinen Patienten als zumindest mitverantwortlich an seiner Erkrankung und demzufolge auch an seiner Heilung. Traumata, schwierige Umstände oder Mitmenschen, die an seiner Erkrankung schuld sein könnten, werden nicht berücksichtigt. Der Patient hat die Verantwortung für seine Krankheit und sein Schicksal selbst zu übernehmen (Greiffenhagen 1991, Seite 184).

„Eines der wichtigsten Ziele der Realitätstherapie besteht deshalb darin, im Kranken das Gefühl der Verantwortlichkeit für eine kleine tägliche Pflicht, einen anderen Menschen und letztlich für seine eigene Krankheit und sich selbst zu wecken“ (Greiffenhagen 1991, Seite 185).

Als Training für Verantwortungsübernahme und Wirklichkeitssinn dient das Tier. Sieht der Patient die eigene Leistung – Gassi gehen, füttern, spielen mit dem Tier – werden Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein gesteigert. Außerdem zeigt ihm der Kontakt mit dem Tier, dass des für ein gutes Miteinander Grenzen einzuhalten gilt. Hält er diese nicht ein, wird er die Konsequenzen zu spüren bekommen. Er soll erkennen, dass ein gutes Miteinander stets Geben und Nehmen erfordert.

3.4.5 Du Evidenz

Die Du-Evidenz ist die unumgängliche Voraussetzung dafür, dass Tiere therapeutisch und pädagogisch helfen können. Sie stellt die Fähigkeit dar, in dem Gegenüber, auch in einem Tier, ein „Du“ wahrzunehmen und zieht die Möglichkeit einer Beziehung zwischen Mensch und Tier in Betracht. Dabei ist es nicht entscheidend, „ob die Weise der Wahrnehmung oder der emotionalen Zuwendung objektiv das Wesen des als ´Du´ adressierten Partners trifft, sondern einig und allein die subjektive Gewissheit, es handele sich bei einer solchen Beziehung um Partnerschaft“ (Greiffenhagen 1991, Seite 26).

Erkennbar ist die tierische Du-Evidenz daran, dass dem Tier menschliche Qualitäten zugeschrieben werden. Durch die Namensgebung hebt man es aus der Menge der Artgenossen heraus, verleiht ihm eine Individualität. Es wird Familienmitglied, Ansprechpartner und „Person“ mit eigenen Bedürfnissen, Empfindungen und Rechten, denen Rechnung zu tragen ist (Greiffenhagen 1991, Seite 26, 28)

Nur auf dieser Grundlage kann das vertraute Tier als Sozialpartner fungieren, mit dem ein wechselseitiger Austausch an emotionaler Nähe und Wärme besteht. Diese Nähe wiederum begünstigt eine emotionale Beziehung zu dem Tier, ohne die keine psychische Unterstützung empfangen werden kann.

3.4.6 Analoge Kommunikation

Ein weiterer Erklärungsansatz für die positiven Auswirkungen, die der Kontakt zum Tier hat, ist die analoge Kommunikation des Tieres.

Zunächst möchte ich den Unterschied zwischen analoger und digitaler Kommunikation erklären.

Der Begriff „digitale Kommunikation“ bezieht alles ein, was mit menschlicher, verbaler Sprache zu tun hat – Worte und ihre Bedeutung, die nach Regeln der Logik und des Syntax festgelegt wurde. Wird einem Sachverhalt oder einem Objekt ein Name gegeben bzw. ein Symbol zugewiesen, nennt man das digitale Kommunikation. „Namen sind also Worte, deren Beziehung zu dem eigentlichen Objekt eine willkürlich festgelegte ist.“ Ein Beispiel: „Es gibt keinen Grund, warum die fünf Buchstaben k, a, t, z, und e in dieser Reihenfolge ein bestimmtes Tier benennen sollen. Es besteht lediglich ein semantisches Übereinkommen für diese Beziehung zwischen Wort und Objekt“ (http://www.kramer-consulting-berlin.de/artikel/digitalekommunikation.pdf). Durch diese Kommunikationsform werden Wissen, Informationen und Sachverhalte übermittelt.

Im Gegensatz dazu sind analoge Anteile einer Kommunikation Gestik, Mimik, Stimmlage, Sprachrhythmus und Körperhaltung. Durch sie werden Bezogenheiten, Stimmungen und Emotionen ausgedrückt.

Diese Formen können in einer Kommunikationsphase in eine Diskrepanz kommen, d. h. die verbalen (digitalen) und nonverbalen (analogen) Informationen stimmen nicht überein. In solch einer Situation sprich man von „double - bind – Botschaft“. Beim Kommunikationspartner entsteht dadurch unangenehmes und verunsicherndes Gefühl. Im Kontakt mit einem Tier, der beinahe ausschließlich analog verläuft, kommen solche paradoxen Botschaften kaum vor. Sie drücken durch Laute, Bewegung und Mimik das aus, was sie wirklich empfinden. Sie „lügen“ nicht. Die Botschaften werden als stimmig und authentisch erlebt. Der Lerneffekt solcher Erfahrungen besteht darin, dass die Person zum einen positive Kommunikationssituationen erlebt und so die Unsicherheit abnimmt, und zum anderen dass sie selbst authentische analoge Signale zu senden weiß.

Das Tier, das fast ausschließlich nur auf analoge Kommunikation reagiert, verlangt unmissverständlich von seiner Bezugsperson analoge Signale. Diese übt dadurch eine Abstimmung zwischen Gefühlen, Bewusstsein und Kommunikation. „Nach den Ausführungen Olbrichs ist also das Zurückfinden in Interaktionen, die „...ein freundliches Gespräch zwischen den bewussteren und den tieferen Schichten der Person.“ erfordern, fördernd für die Persönlichkeit des Menschen und kann heilsam wirken“ (http://www.tu-berlin.de/umweltbildung/anette/mentier.html).

Durch das Erlernen einer stimmigen Kommunikation, in denen analoge und digitale Anteile Platz haben, fühlen sich die Personen in ihrer Umwelt integriert und angenommen. Außerdem lernt sie im Umgang mit einem Tier die richtige Abstimmung von Sach- und Beziehungsaspekt

3.4.7 Biophile-Hypothese

1984 wurde E. O. Wilson mit seiner biophilen Hypothese bekannt. Er ging davon aus, dass „sich die Menschen aufgrund der ihnen angeborenen Biophilie zu anderen Lebewesen hingezogen fühlen und diesen Kontakt mit der Natur auch in einem ausreichenden Maße brauchen, um gesund zu bleiben, um den Sinn ihres Lebens zu finden und sich zu verwirklichen.“ Biophilie heißt: „Liebe zu allem Leben". (http://www.wilkau.li/webseiten/biophilie.pdf).

Dieses angeborene Interesse an Lebendem wird in der tiergestützten Therapie dazu genutzt, Patienten dazu zu motivieren, an einer Therapie aktiv teilzunehmen, teilzunehmen sowie eine sogenannte „Therapiemüdigkeit“ zu überwinden.

3.4.8 Physiologische Erklärung

Man hat herausgefunden, dass im menschlichen Körper ‚interne Opiate’ gibt, die zum neuroendokrinen Regelmechanismus gehören, sind. Die Enkephaline Neurotransmittoren, spezifischer Neuronensysteme im Hirn, vermitteln die Integration von sinnlichen Wahrnehmungen, die mit Schmerz und Gefühlsverhalten zu tun haben. Wenn durch psychosoziale Belastungen einer neuroendokrinen Stressreaktion entsteht, werden diese „Opiate“ ausgeschüttet.

Eine andere morphinartige Substanz ist das Beta-Endorphin. Es wird in Stresssituationen ausgeschüttet, um die Belastung zu senken. Diese Substanzen sollen nach neusten Erkenntnissen besonders durch Lachen ausgeschüttet werden. Das wird dadurch bestätigt, dass ein schwer Kollagenkranker zwei Stunden keine Schmerzen verspürte, nachdem er zehn Minuten herzlich gelacht hatte. Diese Endorphine veranlassen außerdem dazu das Leben leichter, weniger verbissen und entspannter zu betrachten“ (Michaela Holz in: „HundeLobby-Kiel“ - Schriftenreihe 1, August 2006 – Seite 2). Da Haustiere oft Grund für Freude und Lachen sind, können sie auch diesen gesundheitsförderlichen Effekt erzeugen.

3.5 Kritik

3.5.1 Messung der Wirksamkeit

Einer der am häufigsten erwähnten Einwände gegen tiergestützter Therapie ist das Problem, fassbare Beweise für ihre Effektivität zu liefern. Was die Messung so schwierig macht, was Kritiker an den durchgeführten Messungen genau bemängeln und welche Messungsmethoden es mittlerweile gibt, soll nun weiter ausgeführt werden.

3.5.1.1 Schwierigkeit

Die die Schwierigkeit darin, überhaupt einmal Kriterien, die einen Erfolg kennzeichnen, zu definieren und für diese Kriterien entsprechende Messungsmethoden zu erarbeiten. Bisweilen gibt es fast keine objektiven, zuverlässigen und validen Instrumente, um Messungen von zwischenmenschlichen Beziehungen vorzunehmen, wie viel weniger für die Messung der Mensch-Tier-Beziehung.

Vor allem, was den psychologischen Bereich angeht, ist das Aufstellen von Erfolgskriterien und Messwerten äußerst komplex. Wo man im medizinischen Bereich immerhin noch Daten über Blutdruck, Herzfrequenz, Medikamenteneinnahme oder Arztbesuche erheben und diese vergleichen kann, stößt man auf der psychologischen Wirkungsebene an seine Grenzen, weil es keine chemischen oder physikalischen Messwerte gibt.

Fragen wie „An was erkenne ich Selbstvertrauen, Lebensfreude oder Sinn im Leben. Wie messe ich sie? In was für Einheiten beschreiben ich sie, um sie vergleichen zu können? Und ab wann ist ein Erfolg zu verzeichnen?“ müssen beantwortet werden, ehe man eine wissenschaftliche Erfolgsmessung durchführen will.

Die andere Schwierigkeit besteht darin, den sogenannten „Erfolg“ in kausalen Zusammenhang mit der Maßnahme zu bringen. In der Regel werden neben tiergestützter Therapie noch weitere Therapien durchgeführt. Daher kann man nie sagen, welche Therapie oder welche Therapiekombination den Erfolg ausgemacht haben, und ob nicht unberücksichtigte, äußere Einflüsse auch eine Rolle gespielt haben.

3.5.1.2 Kritik

Aufgrund dieser Schwierigkeiten basiert die Mehrheit an bisherigen Forschungsergebnissen auf „intuitiven Methoden“, wie sie B. Levinson bezeichnete (Beobachtungen, Fallstudien und Interviews sämtlicher Beteiligten), oder einfach auf Plausibilität. Wissenschaftlichen Ansprüchen wird man durch diese Methode allerdings nicht gerecht.

Große Teile der Forschungsergebnisse stammen aus dem Arbeitsbereich mit psychisch kranken und alten Menschen. Doch der Einsatzbereich für tiergestützte Therapien ist viel weitreichender, weshalb die Ergebnisse nicht ohne weiteres auf andere Bereiche übertragbar sein und man generell von einer „erfolgreichen Therapie durch Tiere“ sprechen kann.

Ein weiterer Kritikpunkt liegt darin, dass der Stichprobenumfang zu gering sei, um als repräsentativ zu gelten. Selten werden die Studien institutionsübergreifend durchgeführt, sodass ausgeschlossen werden könnte, dass der positive Effekt nicht von anderen Auslösern herrühren kann, die eine Institution von einer anderen unterscheidet. Auch die Zeitspanne der Studien sein in einigen Fällen zu kurz, um genaue Daten erheben zu können.

Die Genauigkeit durchgeführter Studien wurde auch deshalb in Frage gestellt, weil es selten Kontrollgruppen gab, die Vergleichsmöglichkeiten zwischen der Versuchs- und Kontrollgruppe eröffnet hätten.

Außerdem wird kritisiert, dass bei den Studien kein sauberes Forschungs-Design zugrunde liegt. Mit Forschungs-Design ist ein Plan gemeint, der den genauen Ablauf aller einzelner Schritte des Versuches beinhaltet. Diese Vorgehensweise war allerdings kaum möglich, da meistens zufällig eine überraschende Reaktion auf ein anwesendes Tier beobachtet wurde. Für größere Versuchsreihen gab es dann keine Zeit.

In der Zwischenzeit wurden allerdings einige Messungsmethoden erarbeitet, die die Wirksamkeit von Tiere auf dem Menschen feststellen sollen. Im folgenden Kapitel will ich diese kurz vorstellen.

3.5.1.3 Methodenmodelle

„Für eine Erfassung ist es notwendig, die Beziehungsqualität zum Tier, den sozioökonomischen Status des Menschen, die Lebensumstände und den Einfluss von sozialer Unterstützung einzubeziehen“ (Bergler, zitiert von Forman 2005, Seite 26)

In den Methoden wurde versucht, die oben genannten Bedingungen zu erfüllen.

1. Pet Attitude Scale (PAS)

Sie wurde 1981 von Templer, Salter, Dickey und Baldwin entwickelt. Sie enthält 18 Items, die je drei Subskalen untergliedert sind: 1. Liebe und Interaktion, 2. Tiere zu Hause, 3. Freude am Tierbesitz.

2. Companion Animal Bonding Scale

Ihre Begründer sind Poresky, Hendrix, Mosier und Samuelson, die 1987 durch diese Methode besonderes Augenmerk auf die Kind-Heimtier-Beziehung legten. Sie besteht aus acht Items. Es gibt zwei Fragearten. Zum einen Fragen in Vergangenheitsform, um rückblickend die kindlichen Aktivitäten zu erfragen. Zum anderen Fragen in Gegenwartsform, um das momentane Ausmaß der Kind-Tier-Aktivität zu messen.

3. Pet Relationship Scale

Das 1988 entwickelte Modell von Lago, Kafer, Delany und Connell ist eine Erweiterung des Pet Attitude Scale. Sie enthält 22 Items, die in drei Subskalen „affectionate companionship“, „equal family member status“ und „mutual physical activity“ gegliedert ist. Sie erhebt Daten über den Tierbesitz allgemein.

Dazu kommen aus der überarbeiteten PAS 7 Items aus der Subscala „Allgemeine positive Beziehung zum Tier“ und 3 Items aus der Subscala „Ablehnung von Heimtierhaltung“. Hierbei geht es speziell um die Pflege und Versorgung von Tieren.

4. Pet Attitude Inventory (PAI)

Erarbeitet wurde diese Skale 1987 von Wilson, Netting und New. Ihre 50 Items beziehen sich auf die Bereiche Tierbesitz, Einstellung und die Beziehung zum Tier.

3.5.2 Hygiene

Was viele außerdem kritisch betrachten, ist, dass durch den Aufenthalt eines Tieres nicht mehr die gleichen Hygienestandards erreicht werden können wie ohne Tiere. Dass dies den Tatsachen entsprich, ist klar.

Es gibt über 200 Zoonosen, „vom Tier auf Menschen übertragbare Infektionen“ (Forman 2005, Seite 41), die durch Einschleppen von Schmutz, Haaren, Ausscheidungen, von Krankheitserregern oder durch Verletzungen erstehen.

Dass es Risikogruppen gibt, die vor Krankheitserregern besonders geschützt werden müssen und daher in Bezug auf den Kontakt große Bedenken bestehen, soll hier nicht in Abrede gestellt werden. Und auch dass Menschen, die in stationären Einrichtungen leben, häufig krankheitsanfälliger sind als andere, mag Vorsichtsmaßnahmen berechtigen. Dennoch gilt abzuwägen, ob das Risiko, das von sogenannten Zoonosen ausgeht, das laut dem Facharzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie und Sachverständigen für Krankenhaushygiene Andreas Schwarzkopf jedoch relativ gering ist, nicht durch die positiven seelischen Aspekte aufgewogen wird (http://www.gbe-bund.de/gbe10/abrechnung.prc_abr_test_logon?p_uid=gastg&p_aid=&p_knoten=FID&p_sprache=D&p_suchstring=8809).

Laut Gero-Care ist „die Ansteckungsgefahr mit einem Grippevirus durch Besucher (jedoch)… wesentlich höher, als die Ansteckungsgefahr durch ein Tier“ (zitiert von C. Müller 2001, Seite 71). Auch der ehemalige ärztliche Direktor des Klinikums Erlangen H. K. Schneider sieht in Fragen der Hygiene keine Gefahr. „In den zehn Jahren, in denen Tiere als therapeutische Begleiter im Klinikum Erlangen eingesetzt wurden, gab es … weder ein Problem mit der Hygiene noch eine Ansteckung eines Patienten oder eines Mitarbeiters durch ein Tier“ (Otterstedt 2001, Seite 108).

Man mag sich außerdem einmal vor Augen halten, wie weitrechend eine strikte Vermeidung von Tierkontakten für Menschen wäre, die dauerhaft oder zeitweise in einer Institution sind, z. B. Psychiatrie, Wohnheim für Menschen mit Behinderung, Schule oder Altenheim. Da die „Gefahr“, gewollt oder ungewollt in Kontakt mit Tieren zu treten, außerhalb der Einrichtung sehr hoch ist, müsste man ihnen generell verbieten, nach draußen zu gehen. Keiner würde jedoch auf diese Idee kommen. Es stellt sich daher die Frage: Worin liegt der Unterschied, wenn eine ältere Dame beim allwöchentlichen Sonntagsspaziergang mit den Kindern deren Hund streichelt oder wenn sie den Wellensittich im Aufenthaltsraum des Heimes füttert?

Natürlich müssen einige Vorüberlegungen getroffen und Hygieneregeln aufgestellt werden. Im Vorhinein muss ein Hygienegutachten durchgeführt werden und nach § 36 IfSG ein Hygienekonzept erstellt werden. Außerdem ist es sinnvoll, zu ermitteln, ob es bekannte Allergien unter den Betroffenen gibt bzw. einen Allergietest mit allen durchzuführen. Hat jemand große Ängste vor einer bestimmten Tierart, sollte man auch diese ausschließen. Um Unfälle und Verletzungen zu vermeiden, sollten alle über den artgerechten Umgang informieren. Einfach Regeln, wie Händewaschen und sich nicht vom Tier an Wunden oder im Gesicht ablecken lassen, gewährleisten schon einen bestimmten Schutz. Wird das Tier tierärztlich überwacht und gut gepflegt wird das Erkrankungsrisiko für Tier und Mensch weiter reduziert.

[...]

Ende der Leseprobe aus 157 Seiten

Details

Titel
Tiergestützte Therapie. Rex, Flipper und Co. Die Therapeuten der Zukunft?
Untertitel
Eine empirische Arbeit über den Trend zum Einsatz von Tieren in den Therapieprozess, sowie dessen Relevanz für Berufsfelder der Sozialen Arbeit
Hochschule
Fachhochschule Heidelberg
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
157
Katalognummer
V88465
ISBN (eBook)
9783638028349
ISBN (Buch)
9783656207856
Dateigröße
1084 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Flipper, Therapeuten, Zukunft, Tiertherapie, tiergestützte Therapie, Hippotherapie, Delphintherapie, Delfintherapie
Arbeit zitieren
Janine Lösche (Autor:in), 2007, Tiergestützte Therapie. Rex, Flipper und Co. Die Therapeuten der Zukunft?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88465

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