Ursachen und Auswirkungen des Home Bias bei der Portfolio-Entscheidung


Diplomarbeit, 2007

56 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

1. Einleitung und Überblick

2. Die Portfoliotheorie
2.1 Die klassische Portfoliotheorie nach Markowitz
2.2 Ermittlung des Tangentialportfolios
2.3 Das traditionelle Capital Asset Pricing Model (CAPM)
2.4 Das International Asset Pricing Model (IAPM)
2.5 Vorteilhaftigkeit internationaler Diversifikation

3. Allgemeines zum Home Bias 11
3.1 Home Bias in Portfoliobeständen
3.2 Quantifizierung des Home Bias
3.3 Einfluss von Humankapital auf den Home Bias

4. Ursachen für den Home Bias 17
4.1 Rationale Perspektive
4.1.1 Transaktionskosten
4.1.2 Regulative Investitionsbarrieren
4.1.3 Hedging von Inflationsrisiko
4.1.4 Asymmetrische Informationsverteilung
4.1.5 Politische Risiken
4.2 Irrationale Perspektive
4.2.1 Ambiguitätsaversion von Anlegern
4.2.2 Verfügbarkeitsheuristik
4.2.3 Commitment und Normabweichung
4.3 Kritische Würdigung der Ursachen

5.Auswirkungen des Home Bias 32
5.1 Das Untersuchungsdesign
5.1.1 Währungsrisiken
5.1.2 Risikoadjustierung
5.2 Ergebnisse der Studie
5.3 Darstellung der Länderunterschiede

6. Zusammenfassung und Ausblick 40

Literaturverzeichnis 41

Tabellenverzeichnis

Tabelle (1): Implizierte reale Aktien-Renditen in Prozent

Tabelle (2): Ursachen für den Home Bias

Tabelle (3): Vergleich der länderspezifischen Renditeverluste zu der relativen Marktkapitalisierung und dem Entwicklungsgrad des einheimischen Kapitalmarkts

Abbildungsverzeichnis

Abbildung (1): Tangentialportfolio, Kapitalmarktlinie, Effizienter Rand

Abbildung (2): Vergleich von tatsächlichem und optimalem Investment in heimische Aktien

Abbildung (3): Excess-Investment in einheimische Aktien in Prozentpunkten

Abbildung (4): Ermittlung des Renditeunterschieds

Abbildung (5): Auswirkung des Home Bias auf die Sharpe Ratio

Abbildung (6): Renditeeinbußen durch den Home Bias

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung und Überblick

Trotz der Globalisierung des letzten Jahrhunderts und der daraus resultierenden Verflechtung nationaler Volkswirtschaften sowie der damit einhergehenden intensiven Vernetzung der nationalen Kapitalmärkte ist aus empirischen Studien bekannt, dass Anleger in ihren Portfolio-Entscheidungen einen überproportionalen Anteil ihres Vermögens in heimische Werte investieren, obwohl einem international diversifizierten Portfolio ein geringeres Risiko innewohnt als einem vergleichbaren national diversifizierten.[1]

Dieses Phänomen der überproportionalen Gewichtung in einheimische Anlagen wird allgemein als „Home Bias“ bezeichnet, wobei in der Literatur synonym auch von „Home Equity Bias“ bzw. „Domestic Bias“ die Rede ist. Definiert wird der Home Bias als die Abweichung zwischen realisierten und optimalen Anteilen heimischer Wertpapiere im Portfolio eines Landes. Nach dem International Asset Pricing Model (IAPM) bestimmt sich der optimale Anteil an heimischen Werten nach dem Verhältnis der Marktkapitalisierung der jeweiligen Länder.[2] Demnach müssten deutsche Anleger ca. 4 Prozent in deutsche Werte investieren, weil das den Anteil an der Weltmarktkapitalisierung widerspiegelt.[3] Tatsächlich werden jedoch von deutschen Privatanlegern immer noch mehr als 60 Prozent deutsche Investments in den Aktiendepots gehalten.[4] Ähnliche Portfoliostrukturen wie in Deutschland, mit überragendem Anteil des Heimatmarktes, finden sich auch in den USA, Kanada, Japan und den übrigen Staaten Europas wieder, so dass es sich beim Home Bias nicht um ein typisch deutsches Phänomen handelt.[5] Zudem betrifft es nicht nur private Anleger, sondern auch institutionelle Investoren.[6] Da der Home Bias in Bond-Portfolios weniger ausgeprägt ist als in Aktien-Portfolios, beschränkt sich die Analyse sowohl in der ökonomischen[7] als auch finanzwissenschaftlichen[8] Literatur auf den Home Bias in Aktien-Portfolios.

Ziel der folgenden Arbeit ist es, die verschiedenen Ursachen solcher „Aktien-Home-Bias“ zu analysieren und die ökonomischen Auswirkungen offen zu legen. Dabei wird zunächst die Portfoliotheorie erläutert und die Vorteilhaftigkeit einer internationalen Diversifikation aufgezeigt. Mit einer näheren Betrachtung des Home Bias in Portfoliobeständen sowie der Quantifizierung und dem Einfluss von Humankapital auf den Home Bias wird sich im dritten Teil auseinandergesetzt. Anschließend folgt im vierten Abschnitt die ausführliche Analyse der Ursachen des Home Bias, welche in eine rationale und eine irrationale Perspektive unterteilt werden. Resultierend aus dieser Analyse rundet eine kritische Würdigung der Ursachen diesen Abschnitt ab. Im fünften Kapitel werden die wirtschaftlichen Auswirkungen des Home Bias durchleuchtet, wobei im Zentrum die Studie von von Nitzsch und Stotz[9] steht, die sich auf alle Investoren in den G7-Ländern konzentriert. Abschließend folgen eine Zusammenfassung der Arbeit sowie ein Ausblick.

2. Die Portfoliotheorie

Die Theorie der Portfolioauswahl (Portfolio Selection) ist in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts von Markowitz entwickelt und im Laufe der Zeit durch eine Vielzahl von Beiträgen ergänzt worden.[10] Markowitz wollte eine Methode bereitstellen, mit der sich unter Risiko die optimale Zusammensetzung eines Wertpapier-Portfolios bestimmen lässt. Die zentrale Idee dabei war es, Risikoreduktion durch Diversifikation zu erzielen. Diese Theorie wurde später insbesondere von Tobin und Sharpe weiter verbessert. Heutzutage gehört die Portfolio Selection zu den grundlegenden Konzepten der Investitionsplanung unter Risiko und bildet den Ausgangspunkt für die jüngere Kapitalmarkttheorie, wobei sie insbesondere als Fundament für ihr Kernmodell, das Capital Asset Pricing Model (CAPM), dient.

Im Rahmen des vorliegenden Kapitels wird ausgehend von der klassischen Portfoliotheorie nach Markowitz das Tangentialportfolio ermittelt und anschließend auf das traditionelle Capital Asset Pricing Model sowie auf das International Asset Pricing Model eingegangen. Abschließend steht die Analyse der Vorteilhaftigkeit der internationalen Diversifikation von Aktienportfolios im Fokus.

2.1 Die klassische Portfoliotheorie nach Markowitz

Die auf Markowitz[11] zurückgehende Portfoliotheorie aus dem Jahre 1952 basiert auf der Erkenntnis, dass Investoren durch eine geschickte Kombination von Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten risikobehafteten Wertpapieren ihr Portfoliorisiko, im Vergleich zu einzelnen, isoliert gehaltenen risikobehafteten Finanzanlagen, reduzieren können.

Die zentrale Frage der Portfoliotheorie ist somit, wie sich das „optimale“ Portfolio (unter einigen vereinfachenden Annahmen) für einen Investor rational ermitteln lässt.

Die Portfoliotheorie greift dabei auf das Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten-Prinzip als Entscheidungsprinzip unter Unsicherheit zurück. Diese Anwendung erfordert die eindeutige Charakterisierung und präzise Quantifizierung eines jeden Wertpapiers durch zwei Zielgrößen:

1. Einen „Gewinnwert“, wie den Erwartungswert der Rendite Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.
2. Eine „Risikomaßzahl“, wie die Standardabweichung Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten (bzw. Varianz Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten) vom Erwartungswert Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Investoren bewerten somit nicht die gesamte Wahrscheinlichkeitsverteilung der möglichen Renditen eines Wertpapiers, sondern greifen stattdessen stellvertretend auf die Parameter Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten zurück, um so ihre Kalküle zu vereinfachen. Darüber hinaus basiert das Grundmodell der Portfoliotheorie auf weiteren Annahmen zum Kapitalmarkt bzw. über das Verhalten der Investoren. So bestehen auf dem Kapitalmarkt nur entscheidungsneutrale Steuern und keine Transaktionskosten, alle Wertpapiere sind beliebig teilbar und Leerverkäufe sind zugelassen. Zudem beträgt der Planungshorizont genau eine Periode Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Unter den Investoren herrscht vollständige Konkurrenz, alle Investoren sind risikoavers und verhalten sich rational. Außerdem maximiert jeder Investor den erwarteten Nutzen aus dem Endvermögen Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und es bestehen subjektive Wahrscheinlichkeitsvorstellungen bzgl. der Parameter Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.[12]

Die erwartete Rendite eines Portfolios Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten lässt sich folgendermaßen darstellen:

(1) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, mit Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Hierbei stellt Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten den prozentualen Anteil der Aktie Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten am Gesamtportfolio Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten die erwartete Rendite der Aktie Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten dar.

Für das Portfoliorisiko, gemessen in der Portfolio-Standardabweichung Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten gilt:

(2) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Dabei stellt Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten den prozentualen Anteil der Aktie Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten den prozentualen Anteil der Aktie Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten am Gesamtportfolio Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten dar. Durch Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten werden die Varianzen (falls Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten) bzw. Kovarianzen (falls Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten) widergespiegelt.

Das Risiko eines Portfolios Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ist somit abhängig von den Varianzen der Renditen der einzelnen Wertpapiere, ihren Kovarianzen (bzw. den Korrelationen) und den Anteilen, mit denen die einzelnen Wertpapiere im Portfolio vertreten sind. Wie zu erkennen ist, stellt sich das Portfoliorisiko nicht einfach nur als reine Addition seiner Einzelrisiken dar. Entspräche das Risiko eines Portfolios generell seinem Durchschnittsrisiko, wäre eine Portfoliobildung für risikoaverse Investoren wenig interessant. Alle finanziellen Mittel würden in die Aktie investiert werden, welche die höchste erwartete Rendite im Verhältnis zu ihrem Risiko besitzt. Das über Streuung erzeugte Portfolio geht jedoch mit einem geringeren konsolidierten Risiko einher, als die Summe der Einzelrisiken insgesamt ausmacht. Damit ist das Risiko eines Portfolios, außer im Extremfall vollkommen positiver Korrelation zwischen den Renditen, stets kleiner als das mit den Portfolioanteilen gewogene Mittel der Standardabweichungen der einzelnen Wertpapiere im Portfolio. Folgende Beziehung lässt sich festhalten: Je geringer die Korrelation zwischen den Wertpapieren ist, desto geringer ist die Standardabweichung (Varianz) im Portfolio, d.h. das Risiko. Es können also durch Diversifikation Risikoniveaus erreicht werden, die unter dem niedrigsten Risiko aller einzelnen Wertpapiere liegen. Zudem dürfen bei gleichem Risiko höhere Renditen erwartet werden.

Von einem effizienten Portfolio ist die Rede, wenn es kein anderes Portfolio gibt, das entweder bei gleichem Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ein höheres Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten oder bei gleichem Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ein niedrigeres Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten aufweist (bzw. ein höheres Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten bei niedrigerem Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten aufweist). Effizient ist somit ein Portfolio, wenn es von keinem anderen zulässigen Portfolio bzgl. der Parameter Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten oder Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten dominiert wird.

2.2 Ermittlung des Tangentialportfolios

Zusätzlich zu Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten riskanten Anlagen steht dem Anleger nun eine risikolose Anlage mit konstanter Rendite Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten zur Verfügung, zu der beliebig Kapital angelegt und aufgenommen werden kann. Seien Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten der Anteil einer sicheren Anlage in ein Portfolio Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten der Anteil einer risikobehafteten Anlage in ein Portfolio Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten mit Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten riskanten Wertpapieren. Man erhält dann die Rendite Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten gemäß:

(3) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Es folgt für den Erwartungswert:

(4) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

sowie für die Varianz:

(5) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Wird die Gleichung (5) nach Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten aufgelöst und in (4) eingesetzt dann folgt:

(6) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Die ermittelte Gleichung (6) wird als Kapitalmarktlinie bezeichnet und stellt einen linearen Zusammenhang zwischen Rendite und Standardabweichung her. Die Kapitalmarktlinie tangiert den effizienten Rand für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten riskante Wertpapiere in genau einem Punkt. Das in diesem Punkt liegende Portfolio wird als Tangentialportfolio (Marktportfolio) bezeichnet. Da alle effizienten Punkte auf der Kapitalmarktlinie liegen und Kombinationen aus der risikolosen Anlage und dem Tangentialportfolio darstellen, ist das Tangentialportfolio das einzige effiziente Portfolio, das nur aus riskanten Wertpapieren zusammengesetzt ist und wird von allen Anlegern gehalten, unabhängig vom Grad der Risikoaversion (Tobin-Separation). Die individuelle Risikoeinstellung kommt nur in der Kombination dieses effizienten Portfolios mit der sicheren Anlage oder einer Verschuldung zum Ausdruck. Man bezeichnet dieses modelltheoretische Ergebnis als „Separationstheorem“, weil sich das Entscheidungsproblem in die erläuterten zwei Phasen trennen lässt.[13] Dieser Zusammenhang wird in Abbildung (1) graphisch dargestellt. Zudem lässt die Abbildung (1) erkennen, dass alle Portfolios, die nicht auf dem „Effizienten Rand“ - d.h. auf dem Ast oberhalb des global varianzminimalen Portfolios - liegen ineffizient sind, weil sie bei gleichem Risiko eine geringere Rendite erwarten lassen. Somit sind diese Portfolios sofort auszuschließen.

Abbildung (1): Tangentialportfolio, Kapitalmarktlinie, Effizienter Rand

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.3 Das traditionelle Capital Asset Pricing Model (CAPM)

Entwickelt wurde das CAPM von Sharpe, Lintner und Mossin.[14] Grundannahme aller Asset-Pricing-Theorien ist die Existenz eines effizienten Marktes, der dadurch gekennzeichnet ist, dass die Marktpreise aller Anlagen zu jedem Zeitpunkt sämtliche verfügbaren Informationen widerspiegeln. Jede neue Information würde sich sofort in den Preisen zeigen.[15] Der Markt des CAPM ist ebenfalls frei von Transaktionskosten, Steuern sowie Leerverkaufsbeschränkungen und es wird auch von beliebiger Teilbarkeit aller Assets und vollständiger Konkurrenz ausgegangen (siehe 2.1). Zudem können alle Investoren ebenfalls zu einem einheitlichen risikolosen Zinssatz beliebig Mittel anlegen und aufnehmen (siehe 2.2). Hinzu kommt die folgende zentrale Annahme:[16]

- Die Investoren haben homogene Erwartungen, d.h. alle Investoren sind sich über die Erwartungswerte, Standardabweichungen und Kovarianzen aller Wertpapiere einig.

Im CAPM bestimmen alle Investoren ihre Nachfrage für jedes Asset über eine Erwartungswert-Varianz-Optimierung. Die Nachfrage aller Investoren wird zur Gesamtnachfrage aggregiert und mit dem Angebot an Anlagemöglichkeiten (ihrer Marktkapitalisierung) gleichgesetzt. Das Nettoangebot der risikolosen Anlage wird mit Null angenommen. Das normative Ergebnis des CAPM besagt analog zu Tobins Separationstheorem (siehe 2.2), dass alle Investoren das gleiche Portfolio (Marktportfolio) riskanter Wertpapiere halten und dieses je nach individueller Risikopräferenz mit der risikolosen Anlage kombinieren. Im Gleichgewicht muss die erwartete Rendite eines Wertpapiers Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten der Summe aus dem risikolosen Zins Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten und einer Marktrisikoprämie Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten entsprechen. Die Größe Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten beschreibt das Verhältnis der Kovarianz zwischen Wertpapier- und Marktrendite und der Varianz der Marktrendite. Für Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten gilt somit: Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Damit ist Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ein Maß für die Sensitivität, mit der die Assetrendite auf Marktbewegungen reagiert. Für die erwartete Rendite Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten des Wertpapiers Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ergibt sich:

(7) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten.

Für die Marktrisikoprämie Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten gilt: Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten. Wobei Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten die erwartete Rendite des Marktportfolios M darstellt. Es besteht also für alle Assets ein linearer Zusammenhang zwischen ihrer erwarteten Rendite und ihrer Sensitivität auf Marktbewegungen. Die durch (7) beschriebene Gerade wird auch Wertpapiermarktlinie genannt. Es besteht also keine lineare Beziehung zwischen erwarteter Rendite und dem gesamten Risiko Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten eines Assets, sondern nur zu einem Teil des Gesamtrisikos. Das Gesamtrisiko lässt sich in zwei Komponenten aufspalten:[17] Zum einen in das systematische Risiko (marktbezogene Risiko), welches auch bei einer Diversifikation erhalten bleibt, und zum anderen in das unsystematische Risiko (wertpapierspezifische Risiko), welches durch Diversifikation vermieden werden kann.[18] Aus dieser Unterscheidung folgt, dass nur für das systematische Risiko eine Risikoprämie anzusetzen ist. Wer das unsystematische Risiko dennoch freiwillig trägt, da kein diversifiziertes Portfolio gehalten wird, wird dafür nicht entlohnt.

2.4 Das International Asset Pricing Model (IAPM)

Das CAPM hätte auch in einem internationalen Kontext Geltung, wenn man von zwei unrealistischen Annahmen ausgeht: Es müssen weltweit identische Konsumstrukturen und identische reale Konsumgüterpreise (unter Berücksichtigung von Inflation) vorliegen[19]. In solch einer Welt wären Wechselkurse reine Transfergrößen, ein wirkliches Währungsrisiko bestünde nicht. In diesem Fall wäre das Marktportfolio aus allen Anlagemöglichkeiten weltweit, gewichtet mit ihrer Marktkapitalisierung, zusammengesetzt.

Jedoch müssen in ein realitätskonformes Pricing-Modell Währungskomponenten miteinbezogen werden. Als erster begründet Solnik ein IAPM unter Berücksichtigung von Wechselkursrisiken und unterschiedlichen Zinssätzen in den verschiedenen Ländern.[20] Gestützt auf eine Erweiterung des CAPM auf mehrere Perioden[21] entwickelt Solnik ein intertemporales internationales Modell. Dabei werden die Annahmen des CAPM wie folgt erweitert, um den Besonderheiten des Kapitalmarktes gerecht zu werden:[22]

1. Es existiert in jedem Land ein risikoloser Zinssatz Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, zu dem alle Investoren beliebig Kapital in der jeweiligen Währung anlegen und aufnehmen können, wobei der Zinssatz von Land zu Land verschieden sein kann.
2. Der Handel von Wertpapieren und Devisen findet kontinuierlich statt. Das impliziert flexible Wechselkurse.
3. Alle Investoren haben homogene Erwartungen über die Verteilung von Wechselkursen und Wertpapierrenditen in lokaler Währung.
4. Es existieren keine Beschränkungen der internationalen Kapitalströme.
5. Der Konsum der Investoren ist beschränkt auf ihr Heimatland.

Im IAPM spielen die risikolosen Anlagemöglichkeiten in den einzelnen Ländern mehrere Rollen. Zum einen repräsentieren sie die risikolosen Wertpapiere für die jeweiligen lokalen Investoren und zum anderen sind sie aber auch Anlagealternativen für alle Investoren, die eine Absicherung des Wechselkursrisikos erlauben.[23]

Die optimale Strategie ist wie im CAPM für jeden Investor eine Kombination aus zwei Anlagen: Ein riskantes Portfolio, welches für alle Anleger weltweit identisch ist, und ein individuelles Hedge-Portfolio.[24] Alle Investoren sollten somit eine Kombination aus dem risikolosen Titel in ihrer Heimatwährung und dem teilweise gegen Währungsrisiken abgesicherten Weltmarktportfolio halten.

Die Risiko-Pricing-Beziehung muss im Kontext des Währungsrisikos um zusätzliche Risikoprämien erweitert werden, welche die Kovarianz des Assets mit den jeweiligen Wechselkursen repräsentieren. Analog zum Beta-Faktor werden „Währungs-Betas“ Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten definiert, die die Sensitivität des Assets Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten in Bezug auf die Währung Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten angeben. Existieren weltweit Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Währungen, so muss die Risiko-Pricing-Beziehung um Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Währungsrisikoprämien Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten erweitert werden. Daraus folgt:

(8) Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Annahme, dass die nationalen Regierungen oder Notenbanken die Höhe der risikolosen Zinssätze beeinflussen können ist in einem Gleichgewichtsmodell problematisch.[25] Daher wird wie im nationalen CAPM das Nettoangebot der risikolosen Anlage mit Null angenommen. So lassen sich Beziehungen zwischen den weltweiten Zinssätzen als eine Funktion des nationalen Wohlstandes, der nationalen Investitionsmöglichkeiten und Wechselkursbeziehungen herleiten. Die Zinsdifferenz zwischen zwei Ländern entspricht der erwarteten Wechselkursrendite zuzüglich eines Terms, der von Wechselkurskovarianzen abhängt.

Als Kritik ist festzuhalten, dass das IAPM nur auf einem vollständig integrierten weltweiten Kapitalmarkt gilt, wobei Märkte als integriert bezeichnet werden, wenn Assets mit denselben Risikocharakteristika auf verschiedenen Märkten gleiche Preise aufweisen.[26] Die Anwendbarkeit des IAPM wird daher durch Faktoren wie z.B. Transaktionskosten, gesetzliche Beschränkungen, Steuern, Währungsrisiken oder psychologische Effekte, die das Entstehen eines integrierten Kapitalmarkts behindern, eingeschränkt (mehr zu diesen Faktoren in Kapitel 4).[27] Während all diese Gesichtspunkte die Effizienz des internationalen Kapitalmarkts einschränken, scheinen sie doch keine entscheidende Bedeutung zu haben, da das Gewinnpotential durch eine internationale Diversifikation weit höher sein sollte als die Mehrkosten.[28]

2.5 Vorteilhaftigkeit internationaler Diversifikation

Zwar hat die zunehmende Integration der Kapitalmärkte in den letzten Jahrzehnten in den entwickelten Ländern zu einem Anstieg der Marktkorrelationen geführt, als Beispiel seien hier die steigenden Abhängigkeiten nationaler Wirtschaftskreisläufe, die Angleichung nationaler Rechnungslegungsstandards oder die verstärkte Zusammenarbeit internationaler Börsenplätze genannt, trotzdem besteht weiterhin die Möglichkeit durch eine internationale Diversifikation, die risikoadjustierte Rendite eines Portfolios nachhaltig zu steigern. Dieser Zusammenhang ist seit Begründung der Portfoliotheorie in einer Vielzahl an Studien belegt worden.[29] Lewis gibt beispielsweise an, dass die Nutzenzuwächse zwischen 20 und 100 Prozent des Gesamtlebenskonsums ausmachen.[30] Argumente für die Vorteilhaftigkeit internationaler Diversifikation basieren auf der Erweiterung des ursprünglichen Diversifikationsarguments der Portfoliotheorie. So werden nationale Anlagen durch gemeinsame nationale Parameter, wie z.B. politische Entscheidungen, Zinssätze oder eine nationale Branchenspezialisierung, beeinflusst. Das aus diesen nationalen Einflüssen resultierende Gesamtrisiko kann durch Diversifikation auf das systematische Marktrisiko reduziert werden. Dies wurde erstmalig von Grubel herausgearbeitet, der Renditereihen von elf Aktienmärkten über die Jahre 1959-1966 betrachtet und für die Investoren eines jeden Landes die regionale Zusammensetzung des jeweils effizienten Portfolios bestimmt. Seine Daten belegen substanzielle Diversifikationspotentiale der internationalen Aktienanlage.[31]

[...]


[1] Vgl. French/Poterba (1991).

[2] Vgl. Solnik (1974).

[3] Vgl. von Nitzsch/Stotz (2006), S. 106.

[4] Vgl. Rouette (2005).

[5] Vgl. Schiereck/Weber (2000), S. 11.

[6] Vgl. von Nitzsch/Stotz (2006), S. 106.

[7] Vgl. French/Poterba (1990); Baxter/Jermann (1997).

[8] Vgl. Britten-Jones (1999); Pastor (2000).

[9] Vgl. von Nitzsch/Stotz (2006), S. 109 ff.

[10] Vgl. Markowitz (1952); Tobin (1958); Sharpe (1964); Lintner (1965); Mossin (1966).

[11] Vgl. hierzu und im Folgenden Markowitz (1952).

[12] Vgl. hierzu und im Folgenden Kruschwitz (2005).

[13] Vgl. Tobin (1958); Kruschwitz (2005).

[14] Vgl. Sharpe (1964); Lintner (1965); Mossin (1966).

[15] Vgl. Solnik (2000), S. 155.

[16] Vgl. Sharpe (1964), S.433 f.

[17] Vgl. Sharpe (1964).

[18] Vgl. Fischer/Keber (1997), S. 338.

[19] Vgl. Solnik (2000), S. 165.

[20] Vgl. Solnik (1974).

[21] Vgl. Merton (1971, 1973).

[22] Vgl. Solnik (1974), S. 502.

[23] Vgl. Solnik (1974), S. 515.

[24] Vgl. Solnik (2000), S. 165.

[25] Vgl. hierzu und im Folgenden Solnik (1974), S. 515-520.

[26] Vgl. Solnik (2000), S. 169.

[27] Vgl. Fischer/Keber (1997), S. 357; Solnik (2000), S. 138 ff.

[28] Vgl. Solnik (2000), S. 141.

[29] Vgl. Levy/Sarnat (1970); Solnik (1974); Solnik (2000), S.129 ff.

[30] Vgl. Lewis (1999), S.583.

[31] Vgl. Grubel (1968).

Ende der Leseprobe aus 56 Seiten

Details

Titel
Ursachen und Auswirkungen des Home Bias bei der Portfolio-Entscheidung
Hochschule
Technische Universität Berlin  (Institut für Betriebswirtschaftslehre )
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
56
Katalognummer
V88323
ISBN (eBook)
9783638028134
ISBN (Buch)
9783638926690
Dateigröße
679 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ursachen, Auswirkungen, Home, Bias, Portfolio-Entscheidung
Arbeit zitieren
Stephan Dürr (Autor:in), 2007, Ursachen und Auswirkungen des Home Bias bei der Portfolio-Entscheidung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88323

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