Die Baubeteiligten in England. Eine Darstellung struktureller Unterschiede zwischen der englischen und deutschen Bauwirtschaft


Diplomarbeit, 2003

255 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverz eichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Struktur der englischen Bauwirtschaft
1.3 Umgang mit englischen Fachbegriffen

2 Rechtliche Grundlagen
2.1 Rechtswesen in Deutschland
2.1.1 Gerichtsbarkeit und Gerichtsverfassung
2.1.2 Rechtsquellen
2.1.2.1 Das geschriebene Recht (Gesetz)
2.1.2.2 Rechtsprechung
2.1.2.3 Gewohnheitsrecht
2.1.3 Privatrecht
2.1.4 Öffentliches Recht
2.2 Baurecht in Deutschland
2.2.1 BGB — Werkvertrag
2.2.2 Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB)
2.2.3 Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Recht)
2.2.4 Architekten- und Ingenieurverträge
2.2.5 Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI)
2.3 Rechtswesen in England
2.3.1 Rechtsquellen
2.3.1.1 Case Law
2.3.1.2 Statute Law / Legislation
2.3.2 Gerichtsbarkeit und Gerichtsverfassung
2.3.2.1 Ordentliche Gerichtsbarkeit
2.3.2.2 Adjudication and Arbitration
2.4 Baurecht in England
2.4.1 Vertragsrecht
2.4.2 Unfair Contract Terms
2.4.3 Standardvertragsbedingungen

3. Projektabwicklungsformen / Procurement Systems
3.1 Begriffsdefinition
3.2 Projektabwicklungsformen in Deutschland
3.2.1 Deutsche Baubeteiligte
3.2.1.1 Bauherr / Auftraggeber
3.2.1.2 Planer
3.2.1.3 Bauausführende Unternehmer / Auftragnehmer
3.2.1.4 Projektsteuerer
3.2.2 Einzelvergabe
3.2.3 Schlüsselfertige Vergabe
3.2.3.1 Generalunternehmer / Generalübernehmer
3.2.3.2 Totalunternehmer / Totalübernehmer
3.2.4 Auswahlkriterien
3.3 Procurement Systems in England
3.3.1 Englische Baubeteiligte
3.3.2 Separated and co-operative Procurement Systems: Traditional Method
3.3.3 Integrated Procurement Systems
3.3.3.1 Design and Build
3.3.3.2 Turnkey
3.3.3.3 Package Deal
3.3.4 Management-Orientated Procurement Systems
3.3.4.1 Management Contracting
3.3.4.2 Construction Management
3.3.4.3 Design and Manage Methods
3.3.5 Auswahlkriterien
3.4 Hauptbeteiligte bei den englischen Projektabwicklungsformen
3.5 Gegenüberstellung der Projektabwicklungsformen

4 Vergabeverfahren / Tendering Procedures
4.1 Vergabeverfahren in Deutschland
4.1.1 Grundsätze der Vergabe
4.1.2 Arten der Vergabe
4.1.2.1 Öffentliche Ausschreibung
4.1.2.2 Beschränkte Ausschreibung
4.1.2.3 Freihändige Vergabe
4.1.3 Deutsches Standard-Vergabeverfahren
4.2 Empfehlungen und Vergabeverfahren in England
4.2.1 Grundsätze der Vergabe
4.2.2 Arten der Vergabe
4.2.2.1 Competitive Tendering
4.2.2.2 Negotiated Tendering
4.2.3 Englisches Standard-Vergabeverfahren
4.3 Exkurs: Zukünftige Bedeutung der Beschränkten Vergabe in Deutschland..

5 Englische Standardbauverträge und ihre Herausgeber
5.1 JCT - Standardvertragsbedingungen
5.1.1 Die Organisation JCT als Herausgeber
5.1.2 Die Entstehung und Entwicklung des JCT—Vertragswerkes
5.1.3 Die Struktur der wichtigsten JCT—Verträge
5.1.3.1 JCT 98
5.1.3.2 IFC 98
5.1.3.3 MW 98
5.1.3.4 WCD 98
5.1.3.5 MC 98
5.1.3.6 CM 02
5.2 ICE - Standardvertragsbedingungen
5.2.1 Die Herausgeber der ICE Conditions of Contract
5.2.2 Die Entstehung und Entwicklung des ICE—Vertragswerkes
5.2.3 Die Struktur der wichtigsten ICE—Verträge
5.2.3.1 ICE 7
5.2.3.2 D&C 2
5.3 NEC - Standardvertragsbedingungen
5.3.1 Die Entstehung und Entwicklung des NEC—Vertragswerkes
5.3.2 Die Struktur des NEC Engineering and Construction Contract
5.4 FIDIC - Standardvertragsbedingungen
5.4.1 Die Organisation
5.4.2 Die Entstehung und Entwicklung des FIDIC—Vertragswerkes
5.4.3 Die Struktur der FIDIC—Vertragsfamilie
5.4.3.1 Orange Book
5.4.3.2 Red Book
5.4.3.3 Yellow Book
5.4.3.4 Silver Book
5.4.3.5 Green Book

6 Die Baubeteiligten in England
6.1 Employer/Client
6.1.1 Public Sector Clients
6.1.2 Private Sector Clients
6.2 Professional Services Team
6.2.1 Architect
6.2.1.1 Tätigkeitsfeld im Rahmen der Traditional Method
6.2.1.2 Contract Administrator
6.2.1.3 Tätigkeitsfeld im Rahmen der alternativen Projektabwicklungsformen
6.2.2 Consulting Engineers — Designer’s Consultants
6.2.2.1 Structural Engineer
6.2.2.2 Building Services Engineers
6.2.2.3 Other Consultants
6.2.3 Quantity Surveyor
6.2.4 Clerk of Works
6.2.5 Engineer
6.2.5.1 Tätigkeitsfeld im Rahmen der Traditional Method
6.2.5.2 Tätigkeitsfeld im Rahmen der alternativen Projektabwicklungsformen
6.2.6 Besonderheiten im NEC
6.3 Construction Team
6.3.1 Contractors and Subcontractors
6.3.2 Suppliers
6.4 Management Consultants
6.4.1 Construction Manager
6.4.2 Project Manager
6.5 Dispute Resolution
6.5.1 Adjudicator
6.5.2 Dispute Adjudication Board
6.5.3 Arbitrator
6.5.4 Streitbeilegung in Deutschland
6.6 Local Authorities and Public Utilities Service Organisations
6.6.1 Local Authorities and Other Departments
6.6.2 Public Utilities Service Organisations

7 Zusammenfassung und Ausblick

Anhang
A.1 Glossar
A.2 FIEC - Bauen in Europa mit einem Generalunternehmen
A.3 FIEC - Europäische Prinzipien für den GU-Vertrag
A.4 FIEC - Europäische Charta der Generalunternehmer
A.5 Selecting the appropriate JCT contract
A.6 Korrespondenz mit Dr. Will Hughes bezüglich DL&E Survey
A.7 ICE Amendment (Reference: ICE/D&C/Pub/September 1998)
A.8 FIDIC Code of Ethics
A.9 RIBA Plan of Work
A.10 RICS Checklist of Services - Quantity Surveyor

Literaturverzeichnis

Quellenverzeichnis

Verzeichnis der englischen Standardvertragsbedingungen

Verzeichnis der englischen Gesetze

Vorwort des Verfassers

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Gliederung des deutschen Rechts

Abbildung 2: Traditionelle Projektabwicklungsformen in Deutschland

Abbildung 3: Grundform Projektorganisation — Dreiecksverhältnis AG, Planer & AN

Abbildung 4: Deutsche Projektabwicklungsform ‘Einzelvergabe’

Abbildung 5: Deutsche Projektabwicklungsform ‘GU / GÜ’

Abbildung 6: Deutsche Projektabwicklungsform ‘TU / TÜ’

Abbildung 7: Procurement systems in England

Abbildung 8: Die englischen Baubeteiligten bei building works und civil engineering works

Abbildung 9: Nachunternehmereinsatz in England: Beziehung client—contractor—subcontractor

Abbildung 10: Englische Projektabwicklungsform "Traditional Method’

Abbildung 11: Englische Projektabwicklungsform ‘Design and Build’

Abbildung 12: Beeinflussbarkeit der Projektkosten in Abhängigkeit von der Projektdauer

Abbildung 13: Englische Projektabwicklungsform Management Contracting

Abbildung 14: Englische Projektabwicklungsform ’Construction Management’

Abbildung 15: Englische Projektabwicklungsform ’Design and Manage (contractor)’

Abbildung 16: Englische Projektabwicklungsform ’Design and Manage (consultant)’

Abbildung 17: Gegenüberstellung der Projektabwicklungsformen

Abbildung 18: Zusammensetzung des JCT

Abbildung 19: Historische Entwicklung der JCT-Verträge

Abbildung 20: Die JCT-Vertragsfamilie

Abbildung 21: Hauptbeteiligte und ihre Verträge bei der Verwendung des JCT 98

Abbildung 22: Hauptbeteiligte und ihre Verträge bei der Verwendung des WCD 98

Abbildung 23: Hauptbeteiligte und ihre Verträge bei der Verwendung des MC 98

Abbildung 24: Hauptbeteiligte und ihre Verträge bei der Verwendung des CM 02

Abbildung 25: Struktur des CCSJC

Abbildung 26: Historische Entwicklung der ICE·-Verträge

Abbildung 27: Hauptbeteiligte und ihre Verträge bei Verwendung des ICE 7

Abbildung 28: Hauptbeteiligte und ihre Verträge bei Verwendung des D &C 2

Abbildung 29: NEC ECC2 - main and secondary options

Abbildung 30: Hauptbeteiligte und ihre Verträge bei Verwendung des NEC ECC2

Abbildung 31: Historische Entwicklung der FIDIC-Verträge

Abbildung 32: Hauptbeteiligte und ihre Verträge bei Verwendung des FIDIC Orange Book

Abbildung 33: Hauptbeteiligte und ihre Verträge bei Verwendung des FIDIC Red Book

Abbildung 34: Hauptbeteiligte und ihre Verträge bei Verwendung des FIDIC Yellow Book .

Abbildung 35: Baumarktbeteiligte im UK.

Abbildung 36: Struktur der englischen Baubeteiligten

Abbildung 37: Das Professional Services Team

Abbildung 38: Aufgabenbereiche des architect gemäß RIBA plan of work and JCT 98

Abbildung 39: Aufgabenbereiche des quantity surveyor

Abbildung 40: Der engineer als contract administrator (traditionelles Aufgabengebiet)

Abbildung 41: Unternehmensstruktur im Bauhauptgewerbe 1997

Abbildung 42: Potentielle Projekt-Team Struktur bei der Einschaltung von Management Consultants

Tabellenverzeichnis

Überblick über die verschiedenen Formen von GU nach FIEC-Definition

Deutsche Projektabwicklungsformen — Bewertungsmatrix

Standardvertragsbedingungen - Traditional Method.

Standardvertragsbedingungen - Design and Build

Standardvertragsbedingungen - Management Contracting

Standardvertragsbedingungen - Construction Management

Englische Projektabwicklungsformen - Bewertungsmatrix

Matrix der Verantwortlichkeiten bei den verschiedenen

Projektabwicklungsformen

Die Verwendung von /CT-Standardvertragsbedingungen im UK

Vergleich der TTT-Terminologie in den unterschiedlichen Standardvertragsbedingungen

1 Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

Die deutsche Bauwirtschaft befindet sich nach dem Höhepunkt des Baubooms Mitte der 1990er Jahre derzeit in einer tiefen Rezession und schweren Krise. Die dramatische Talfahrt auf dem inländischen Baumarkt und der daraus resultierende Rückgang der nationalen Bauleis­tung veranlassen die großen deutschen Bauunternehmen zu einer Forcierung ihres Auslands­geschäftes. Diese Internationalisierung wird insbesondere auch einhergehend mit der Harmo­nisierung des europäischen Baumarktes in den kommenden Jahren weiter voranschreiten.

Infolgedessen werden die deutschen Unternehmen in zunehmendem Maße mit den Baubetei­ligten und Vertragsstrukturen aus dem englischen Raum konfrontiert, da weite Teile des inter­nationalen Baugeschehens und vor allem das internationale Vertragswesen stark angelsäch­sisch geprägt sind. Aber nicht nur die Unternehmen, sondern auch die deutschen Bauherren treffen bei der Vergabe von Planungs- und Bauleistungen immer häufiger auf ausländische Vertragspartner und deren Art der Projektorganisation. Beide Parteien — Unternehmen wie Bauherren — stoßen dabei mitunter auf andere Denk- und Handlungsweisen.

Probleme ergeben sich daraus, dass die Baumarktbeteiligten in England zumindest teilweise einen anderen Aufgaben- und Verantwortungsbereich haben als ihre deutschen Pendants und außerdem neue Berufsbilder, z. B. der so genannte quantity surveyor., hinzutreten. Es besteht die Gefahr, dass deutsche Auftraggeber und Auftragnehmer einen formal korrekt übersetzten Begriff in der gewohnten Weise verwenden, nach englischem Verständnis diesem Begriff je­doch ein anderer Inhalt zugewiesen wird.

Ziel dieser Arbeit ist es daher, die Beteiligten am Bauprozess in England nach den wichtigsten englischen Standardvertragsbedingungen und in Abhängigkeit von den verschiedenen Projekt­abwicklungsformen zu untersuchen, deren Aufgaben- und Verantwortungsbereiche detailliert zu beschreiben sowie die sich daraus ergebenden strukturellen Unterschiede zwischen der englischen und der deutschen Bauwirtschaft darzustellen.

Dazu werden zunächst in beiden Ländern die (bau)rechtlichen Grundlagen betrachtet und im Anschluss die verschiedenen, potentiellen Projektabwicklungsformen mit ihren jeweils wech­selnden Beteiligten bzw. veränderlichen Vertragsbeziehungen untersucht und miteinander verglichen. Es folgt eine Beschreibung der unterschiedlichen Vergabeverfahren sowie die Vor­stellung der wichtigsten englischen Standardbauverträge und ihrer Herausgeber. Dabei werden insbesondere die vertraglichen und koordinativen Beziehungen sowie einzelne Aufgabenberei­che der jeweiligen Beteiligten dargestellt. Abschließend werden die Hauptbeteiligten des engli­schen Baumarktes und ihre Rolle ausführlich erläutert und den deutschen Beteiligten gegen­übergestellt.

1.2 Struktur der englischen Bauwirtschaft

In der englischen Bauwirtschaft wird traditionell — und zwar stärker als in Deutschland — zwi­schen den beiden Kategorien building works und civil engineering works unterschieden. Dabei um­fasst der Bereich building works den allgemeinen Hochbau, der etwa 80 % des gesamten Bauvo­lumens ausmacht, und civil engineering works den Ingenieurbau, also z. B. den Straßen-, Brücken- und Tunnelbau, mit einem Anteil von 20 %o am Gesamtbauvolumen. Diese Differenzierung gilt für den gesamten englischen Baubereich, d. h., dass jeweils getrennt für building works oder civil engineering works verschiedene Organisationen, Berufsverbände, Regelwerke und Standard­vertragsbedingungen[1] existieren. Daher ist auch bei der Betrachtung der Baubeteiligten und deren Rollen innerhalb des englischen Baumarktes diese Unterscheidung notwendig. Einzel­nen Beteiligten werden jeweils unterschiedliche Funktionen, Rechte und Pflichten zugewiesen bzw. diese von verschiedenen Personen wahrgenommen.

1.3 Umgang mit englischen Fachbegriffen

Die in dieser Arbeit verwendeten englischen Fachbegriffe werden durch Kursivschrift hervorge­hoben und — soweit möglich — unter Zuhilfenahme der im Literaturverzeichnis angegebenen Wörterbücher übersetzt (vgl. hierzu das Glossar im Anhang A.1). Teilweise ist die unübersetz- te Verwendung der englischen Originalterminologie allerdings mangels einer adäquaten Über­setzbarkeit in das Deutsche bzw. wegen inhaltlicher Unterschiede unumgänglich. Ein Beispiel für einen solchen Fall sind die in Kapitel 3.3 behandelten englischen Projektabwicklungsfor­men traditional method., design and build, design and manage, management contracting oder construction management. Dies sind feststehende Begriffe, die ganz bestimmte Vertragsbeziehungen der Baubeteiligten beschreiben und deren exakte Begrifflichkeit bei einer Übersetzung in das Deutsche verloren ginge. Gleiches gilt auch für einzelne Beteiligte, u. a. für den englischen engineer.; der ein wesentlich umfassenderes Aufgabengebiet als ein deutscher Beratender Inge­nieur hat.

In diesem Zusammenhang ist ferner die Klärung des Begriffes England wichtig. Sofern nicht ausdrücklich vom United Kingdom (UK), bestehend aus England, Schottland, Wales und Nordir­land, oder von Great Britain (GB), bestehend aus England, Schottland und Wales, gesprochen wird, beziehen sich die Aussagen dieser Arbeit ausschließlich auf England. Dies ist zwar nicht so sehr im Hinblick auf die Baubeteiligten, aber insbesondere in dem (bau) rechtlichen Teil (Kapitel 2) und damit auch bei den Standardvertragsbedingungen (Kapitel 5) von Bedeutung, da das UK zu den so genannten ‘Mehrrechtsstaaten’ gehört und in den einzelnen Staaten z. T. unterschiedliche Rechtsordnungen gelten.

2 Rechtliche Grundlagen

Das englische Rechtssystem unterscheidet sich grundlegend von dem deutschen, weshalb zu­nächst für das weitere Verständnis und zur Schaffung einer Vergleichsbasis eine genaue Defi­nition der Unterschiede notwendig ist. Schwerpunktmäßig wird dabei in dieser Arbeit das Bauvertragsrecht und hier insbesondere das Vergabe- und Vertragsrecht in England und Deutschland behandelt. Vorangestellt ist jedoch noch ein kurzer Einblick in die allgemeinen Rechtsstrukturen beider Länder.

Während das englische Recht geprägt ist von jahrhundertealtem Fallrecht der oberen Ge­richtsinstanzen und Gesetzestexte nur gelegentlich — meist in von der Rechtssprechung bereits behandelten Bereichen — Anwendung finden, geht man in Deutschland den genau umgekehr­ten Weg. Hier interpretieren die Gerichte schon vorhandene Gesetzestexte auf den jeweiligen Streitfall bezogen.[2]

So ist der Bauvertrag nach deutschem Recht als eine spezielle Form der Werkverträge im Werkvertragsrecht des BGB[3] geregelt, im englischen Recht hingegen ist er ursprünglich gar nicht gesetzlich geregelt, sondern Bestandteil des common law[4].

2.1 Rechtswesen in Deutschland

Das deutsche Recht lässt sich in zwei große Rechtsgebiete einteilen, die sich durch verschie­dene Rechtsgrundsätze und Gerichtsbarkeiten unterscheiden, das Privatrecht und das öffentli­che Recht.

Das Privatrecht regelt dabei die Rechtsbeziehungen zwischen einander gleichgestellten Rechts subjekten und hat die Aufgabe, die rechtlichen Belange des Einzelnen zu schützen. Dies geschieht insbesondere durch das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB). Auch staatliche Insti­tutionen können dabei den privatrechtlichen Vorschriften unterliegen, sofern sie auf der Basis der Gleichberechtigung mit anderen Parteien Verträge abschließen.

Das öffentliche Recht ist das Recht des Staates als Träger hoheitlicher Gewalt. Es regelt in erster Linie die Rechtsverhältnisse zwischen Staat und Bürger unter dem Gesichtspunkt der Unterordnung des Einzelnen unter das Gemeinwesen. Zum öffentlichen Recht gehören u. a. das Baugesetzbuch, die Zivilprozess- und Strafprozessordnung, das Strafgesetzbuch und die Steuergesetze. Abbildung 1 vermittelt einen Überblick über die Gliederung des Deutschen Rechts.[5] [6]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Gliederung des deutschen Rechts

2.1.1 Gerichtsbarkeit und Gerichtsverfassung

In Deutschland hat der Staat das Rechtsprechungsmonopol. Träger der Gerichtsbarkeit, der Tätigkeit der Rechtsprechung und Rechtspflege, deren Organe die Gerichte sind, sind der Bund und die Länder. Die Aufgabe der Gerichte bzw. der Richter als deren Sprecher ist es, wie bereits erwähnt, schon vorhandene Gesetzestexte auf den jeweiligen Streitfall bezogen zu interpretieren. Dabei sind die Richter bei ihren Entscheidungen sachlich und persönlich unab­hängig und nur dem Gesetz unterworfen[7].

Es haben sich mehrere Zweige der Gerichtsbarkeit entwickelt, die jeweils ein unterschiedliches Aufgabenspektrum abdecken. So gibt es die ordentliche Gerichtsbarkeit, die Arbeitsge­richtsbarkeit, die Verwaltungsgerichtsbarkeit, die Sozialgerichtsbarkeit, die Finanzgerichtsbar­keit und die Verfassungsgerichtsbarkeit.[8]

2.1.2 Rechtsquellen

Was als Recht anzusehen ist und wie geltendes Recht entsteht, kann den so genannten Rechtsquellen entnommen werden. Die Rechtsquellen sind also die Ursprungsorte der Rechtsvorschriften. Sie lassen sich in Deutschland in Anlehnung an Robbers[9] im Wesentlichen in die drei Bereiche geschriebenes Recht, Rechtsprechung und Gewohnheitsrecht einteilen, die nachfolgend erläutert werden.

2.1.2.1 Das geschriebene Recht (Gesetz)

Die deutsche Rechtsordnung ist in erster Linie geprägt von geschriebenem Recht, dem Ge­setz, welches somit die wichtigste Rechtsquelle in Deutschland darstellt. Das Gesetz ist Aus­druck und Voraussetzung der Allgemeinheit des Rechts, also der grundsätzlich gleichen Ge­ltung des Rechts für jedermann. Ebenso steht es für die Öffentlichkeit der Rechtsordnung als wesentlicher Bedingung seiner demokratisch begründeten Geltung. Das Gesetz stellt dabei eine unverzichtbare Grundlage verlässlichen Rechts dar, das Orientierungssicherheit verschaf­fen soll und das für eine unbestimmte Vielzahl von Fällen, nicht bloß für einen Einzelfall gilt.

Die verschiedenen Gesetze und Normtypen stehen nach herkömmlichem Verständnis unte­reinander in einem klaren und strengen hierarchischen Verhältnis, dem so genannten Stufen­bau der Rechtsordnung. Dabei besteht eine Rangordnung der Normen. Die jeweils rangniede­re Norm muss mit der ranghöheren Norm vereinbar sein. Die oberste deutsche, geschriebene Norm ist die Verfassung, auf der Ebene der Bundesrepublik Deutschland das Grundgesetz[10]. Es folgen das vom Parlament erlassene formelle Gesetz, die Rechtsverordnung und die Sat­zung. Eine zusätzliche Komplexität besteht durch die Struktur der Bundesrepublik Deutsch­land als Bundesstaat. Die Erfüllung der staatlichen Bestimmungen ist in erster Linie Aufgabe der Länder. Dabei gilt: Das Bundesrecht geht dem Landesrecht vor (Art. 31 GG).

2.1.2.2 Rechtsprechung

Neben der Gesetzesform, die weite Teile des deutschen Rechts prägt, gibt es auch in der deut­schen Rechtsordnung das Richterrecht, d. h. die in der Rechtsprechung entwickelten und konkretisierten Rechtssätze. Die Notwendigkeit, das Gesetzesrecht auszulegen und zu konkre­tisieren, weil es niemals alle in der Praxis möglichen Fälle vorausdenken kann, und der be­wusste Mangel an allzu konkret formulierten Texten durch den Gesetzgeber machen dies er­forderlich.

Man unterscheidet eine Reihe verschiedener Auslegungsmethoden, die allerdings ohne Rei­henfolge oder Rangordnung bleiben. Die Wortlautinterpretation fragt nach dem gegenwärti­gen möglichen Sinn des Wortlautes der Norm. Die grammatische Auslegung betrachtet den grammatischen Aufbau, wobei oft die Stellung eines Kommas den Sinn eines Satzes völlig verändern kann. Die systematische Interpretation stellt die Norm in die Systematik des Geset­zes als Ganzem. Die genetische Interpretation sucht Auslegungshinweise aus der unmittelba­ren Entstehungsgeschichte der Bestimmung mit dem Ziel, den subjektiven Willen des Gesetz­gebers zu erforschen[11]. Die historische Auslegung stellt die Norm in den Horizont geschichtli­cher Abläufe und die teleologische Auslegung, die in der gängigen deutschen Rechtspraxis gegenüber den anderen einen gewissen Vorrang besitzt, fragt schließlich nach dem Sinn und Zweck der Norm.

Das System der in der Rechtsprechung entwickelten und konkretisierten Rechtssätze ist trotz wichtiger Bedeutung in Deutschland bei weitem nicht so ausgeprägt wie in England, wo das so genannte case law den ersten Rang unter den Rechtsquellen einnimmt und Gesetze, wie bereits erwähnt, nur eine ergänzende Funktion haben[12].

2.1.2.3 Gewohnheitsrecht

Das Gewohnheitsrecht beruht als ungeschriebene Rechtsnorm auf einer langandauernden praktischen Übung und der Überzeugung von der Rechtmäßigkeit dieser Übung bei den Be­troffenen. Es ist Konsequenz der rechtsbildenden Kraft faktischer Umstände, besonders der Gewohnheit, der Tradition und des Herkommens und ist als Rechtsquelle anerkannt. Im Ge­gensatz zum englischen Recht, wo es auch im Privatrecht heutzutage noch von großer Bedeu­tung ist, besitzt das Gewohnheitsrecht in Deutschland heute angesichts der weit fortgeschrit­tenen gesetzlichen und richterrechtlichen Durchbildung der Rechtsordnung nur noch eine sehr eingeschränkte Bedeutung. Hier wird es vornehmlich in den weithin nicht kodifizierten Rechtsgebieten wie Völkerrecht und Verwaltungsrecht angewandt.

2.1.3 Privatrecht

Das Privatrecht lässt sich, wie in Abbildung 1 gezeigt, im Wesentlichen in die zwei Bereiche ‘bürgerliches Recht’ und ‘besondere Privatrechtsgebiete’ aufteilen. Dabei stellt das im Bürger­lichen Gesetzbuch zusammengefasste bürgerliche Recht den größeren und bedeutenderen Teil dar. Es enthält Rechtsnormen, die für alle Bürger und Unternehmen in gleicher Weise gelten und die dazu bestimmt sind, die verschiedenen Bereiche des bürgerlichen Rechtsverkehrs zu regeln. In dem zweiten Teil lassen sich einige besondere Privatrechtsgebiete zusammenfassen,

die aus - gegenüber dem BGB - weitgehend verselbständigten Spezialgebieten bestehen, al­lerdings in dieser Arbeit unbehandelt bleiben.[13]

Das BGB ist in fünf Abschnitte, die so genannten „Bücher“, gegliedert:

- 1. Buch — Allgemeiner Teil (§§ 1 bis 240 BGB)
- 2. Buch — Recht der Schuldverhältnisse (§§ 241 bis 853 BGB)
- 3. Buch — Sachenrecht (§§ 854 bis 1296 BGB)
- 4. Buch — Familienrecht (§§ 1297 bis 1921 BGB)
- 5. Buch — Erbrecht (§§ 1922 bis 2385 BGB)

Für die in dieser Arbeit behandelten Themen sind vorrangig die ersten beiden Bücher von Bedeutung, weshalb auf die anderen an dieser Stelle nicht genauer eingegangen wird.

Der Allgemeine Teil des BGB, also das erste Buch, befasst sich mit rechtlichen Grundbegrif­fen, auf die die Vorschriften der folgenden Bücher aufbauen. Er enthält Regelungen über die Geschäftsfähigkeit, die dem Rechtsgeschäft und dem Vertrag zu Grunde liegenden Willenser­klärungen, das Zustandekommen des Vertrages, die Vertretungsmacht sowie die Verjährung.[14]

Das Recht der Schuldverhältnisse befasst sich mit den meist vertraglichen Beziehungen zwi­schen den Personen, die der Vermittlung wirtschaftlicher Leistungen dienen. Dabei enthält der vorangestellte, in sieben Abschnitte gegliederte, allgemeine Teil des Schuldrechts Regelungen, die auf alle Schuldverhältnisse anwendbar sind, so z. B. die Frage der Art und Weise der Leis­tungserbringung, die Gestaltung rechtsgeschäftlicher Schuldverhältnisse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die Rechtsfolgen bei nicht ordnungsgemäßer Erbringung der Leistung, die Erfüllung schuldrechtlicher Verpflichtungen, die Grundsätze der Schadenser­satzpflicht, die Beteiligung Dritter am Schuldverhältnis sowie die Mehrheit von Gläubigern und Schuldnern. Erst im achten Abschnitt wird auf besondere, typische Schuldverhältnisse eingegangen. Hier ist im Wesentlichen eine Reihe von Typenverträgen zusammengestellt, wie z. B. der Kauf-, der Dienst-, der Werk- und der Darlehensvertrag sowie die Bürgschaft. Darü­ber hinaus sind die Bereiche der ungerechtfertigten Bereicherung und der unerlaubten Hand­lung geregelt.[15]

2.1.4 Öffentliches Recht

Das öffentliche Recht wird beherrscht von dem Über-/Unterordnungsprinzip, welches insbe­sondere in den Bereichen Staatsrecht, Verwaltungsrecht, Strafrecht, Finanz- und Steuerrecht sowie Prozessrecht deutlich wird (vgl. Abbildung 1). Im Rahmen dieser Arbeit wird in Kapi­tel 2.2 aus dem Bereich des öffentlichen Rechts lediglich ein Teil des Verwaltungsrechts, und zwar das öffentliche Baurecht, näher betrachtet.

2.2 Baurecht in Deutschland

Ebenso wie sich das deutsche Recht als Ganzes in das Privatrecht und das öffentliche Recht aufteilt, lässt sich das deutsche Baurecht in privates und öffentliches Baurecht untergliedern. Während das öffentliche Baurecht die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit von Bauvorhaben und deren ordnungsgemäße Errichtung im Interesse der Allgemeinheit und der Nachbarn regelt[16], geht es im privaten Baurecht um das gleichberechtigte Rechtsverhältnis der am Bau Beteilig­ten, also insbesondere um das Bauvertragsrecht. Hier ist stellvertretend z. B. das Verhältnis zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber zu nennen[17]. Öffentliches Baurecht ist zwingend einzuhalten, privates Baurecht hingegen bietet gewisse Dispositionsmöglichkeiten der Ver­tragsgestaltung. Es grenzt die Vertragsgestaltung nur im Rahmen des Grundsatzes von Treu und Glauben nach den §§ 157, 242 BGB ein[18]. Juristisch gesehen handelt es sich bei dem pri­vaten Baurecht um reines Privatrecht, bei dem zwei gleichberechtigte Partner einen Vertrag schließen. Dies gilt ebenfalls, wenn einer der Vertragspartner ein öffentlicher Auftraggeber ist, da dieser bei der Beauftragung öffentlicher Bauten gegenüber dem Geschäftspartner nicht in hoheitlicher Funktion, sondern als gleichberechtigter Partner auftritt[19].

In Deutschland ist der Bauvertrag also Bestandteil des privaten Baurechts und als solcher in §§ 631 — 651 BGB und vor allem auch in ergänzenden Bedingungen, insbesondere der VOB/B, geregelt, die nachfolgend erläutert werden.17

2.2.1 BGB - Werkvertrag

Im Bürgerlichen Gesetzbuch existiert der besondere Typus des ‘Bauvertrages’ nicht. Er unter­liegt als Werkvertrag den Grundsätzen des Werkvertragsrechts der §§ 631 — 651 BGB und ist damit zugleich ein Schuldvertrag mit gegenseitigen Rechten und Pflichten. Gemäß § 631 BGB schuldet der Unternehmer[20] als Vertragsleistung einen Erfolg — die Herstellung des Werkes —, nicht bloße Arbeit[21]. Im Gegenzug ist der Besteller20 zur Entrichtung der vereinbarten Vergü­tung verpflichtet. Für den Bauvertrag nach BGB gelten im Übrigen, wie für alle anderen Ver­träge, die allgemeinen Grundsätze des Vertragsrechts, wie sie im allgemeinen Teil des BGB (§§ 1 - 240 BGB) und des Schuldrechts des BGB (§§ 241 - 853 BGB) geregelt sind. Dabei wird das Vertragsrecht von den drei folgenden Grundsätzen beherrscht:[22]

- der Abschlussfreiheit,
- der Gestaltungsfreiheit und
- der Formfreiheit

Die Abschlussfreiheit beinhaltet das allgemeine Recht, frei zu entscheiden, ob und mit wem ein Vertrag abgeschlossen wird. Daraus ergibt sich, dass Vertragsangebote beliebig abgegeben, angenommen oder abgelehnt werden können. Im Wesentlichen gilt dies auch für den Bausek­tor, allerdings mit zwei Ausnahmen. Einerseits kann für den Abschluss eines Bauvertrages gemäß VOB/A[23] ein bestimmtes Vergabeverfahren vorgeschrieben sein, andererseits hat der Auftraggeber, bei Vereinbarung der VOB/B23, ein einseitiges Anordnungsrecht im Hinblick auf erforderliche Zusatzleistungen (§ 1 Nr. 4 S. 1 VOB/B) oder Änderungen (§ 1 Nr. 3 VOB/B) jeweils mit den entsprechenden Vergütungsfolgen (§ 2 Nr. 6 bzw. § 2 Nr. 5 VOB/B).[24]

Die Gestaltungsfreiheit gibt den Vertragsparteien das Recht, den Vertragsinhalt beliebig zu bestimmen. Dabei steht es ihnen frei, individuell gestaltete Verträge zu schließen oder aber Formularverträge, wie sie beispielsweise von Verbänden, von Interessensgemeinschaften oder öffentlich-rechtlichen Körperschaften verfasst werden, zu benutzen. Hierunter fallen insbe­sondere auch die Regelungen der VOB/B. Allerdings wird die Gestaltungsfreiheit im Bauwe­sen ebenfalls durch gewisse Grenzen eingeengt. Indirekt durch das für öffentliche Auftragge­ber in §§ 97 ff GWB, der VgV und in der VOB/A vorgeschriebene Vergabeverfahren sowie die für Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen geltenden Vorschriften des AGB- Gesetzes a. F., heute §§ 305 ff. BGB n. F.[25], im Einzelfall auch durch Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB).[26]

Die Formfreiheit besagt, dass Verträge grundsätzlich ohne Einhaltung einer bestimmten Form, also z. B. auch mündlich oder gar durch schlüssiges Verhalten, abgeschlossen werden können, allerdings mit dem Nachteil der schwierigen Beweisbarkeit. Auch dieser Freiheit sind gesetzliche Grenzen vorgegeben[27], wobei aber im privaten Baurecht formbedürftige Verträge nur selten zu finden sind.[28]

Für den Bauvertrag empfiehlt sich generell die Schriftform. Nicht der Rechtswirksamkeit we­gen, sondern vielmehr im Hinblick auf die Nachvollziehbarkeit und die Beweisbarkeit des bei Bauverträgen relativ umfangreichen Vertragsinhaltes, also der gegenseitigen Rechte und Pflichten und insbesondere des Bausolls. Das Bausoll wird dabei durch die Leistungsbeschrei­bung sowohl in Textform als auch in Form von Zeichnungen und Berechnungen und ggf .noch durch Zusätzliche, Besondere oder Allgemeine Vertragsbedingungen[29] sowie durch die gewerbliche Verkehrssitte bestimmt.[30]

Das Zustandekommen eines Vertrages beruht nach allgemeinem Vertragsrecht auf einer über­einstimmenden Willenserklärung der Vertragsschließenden. Diese für den Vertragsabschluss erforderlichen Willenserklärungen wird Angebot und Annahme genannt. Auch wenn der Ver­trag erst durch die Annahme eines Angebotes zustande kommt und erst dann vertragliche Verpflichtungen auslöst, so ist, im Gegensatz zum englischen Recht, nach deutschem Recht die Abgabe eines Angebotes nach § 145 BGB in aller Regel für den Anbieter bindend[31]. Daher finden sich in Angeboten regelmäßig ausdrückliche Bindefristen, innerhalb derer sich der Auf­traggeber entscheiden kann, ob er ein Angebot annimmt oder nicht[32]. Neben der rechtzeitigen Annahme des Angebotes innerhalb der Bindefrist setzt der Abschluss eines Bauvertrages auch die inhaltlich uneingeschränkte Annahme dieses Angebotes voraus. Der Vertrag kommt nicht zustande, wenn die Annahme Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstige Änderungen enthält. Dies ist dann kraft Gesetzes (§ 150 Abs. 2 BGB) als neues Angebot mit diesem so veränderten Inhalt zu verstehen, das seinerseits angenommen, erneut verändert oder abgelehnt werden kann.[33]

Der Abschluss eines Bauvertrages nach den Regeln des BGB (§§ 145 ff. BGB) ist also im All­gemeinen dreistufig:[34]

- Der Bauunternehmer wird vom Auftraggeber aufgefordert, anhand einer Baubeschrei­bung ein Angebot für die ausgeschriebenen Leistungen abzugeben.
- Durch die Zusendung eines Angebotspreises unterbreitet der Bauunternehmer im Sin­ne der §§ 145 ff. BGB dem Auftraggeber sein Angebot.
- Der Auftraggeber nimmt das Angebot des Bauunternehmers unverändert an oder er­teilt ihm den Auftrag entsprechend seinem Angebot.

2.2.2 Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB)

Da das BGB-Werkvertragsrecht der §§ 631 ff BGB lediglich allgemeine Regeln für die Rechtsbeziehungen zwischen dem Besteller und dem Unternehmer enthält und in keiner Wei­se auf die spezifischen Bedürfnisse und Besonderheiten eines Bauvertrages eingeht, wurde bereits im Jahre 1926 die erste Fassung der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) veröffentlicht[35]. Ihre Aufgabe ist es, einen der Eigenart des Bauvertrages angepassten, gerechten Ausgleich zwischen den konkurrierenden Interessen des Auftraggebers und des Auftragnehmers zu schaffen[36]. Dazu “fasst [sie] zusammen, was im Bauverdingungs- und Bauvertragswesen aufgrund allgemeiner Erfahrungen als zweckdienlich und als gerecht emp­funden wird”[37].

Im Gegensatz zum BGB ist die VOB aber mangels hoheitlicher Anordnung weder Gesetz noch ist sie, wegen fehlender Allgemeingültigkeit, Rechtsverordnung, da Bauverträge auch nach dem BGB abgeschlossen werden können. Ebenso ist ihr Inhalt nicht im Sinne des Art. 2 EGBGB gewohnheitsrechtlich anerkannt, weil sich trotz ihrer weiten Verbreitung noch nicht die Überzeugung durchgesetzt hat, dass das Geübte Recht sein soll.[38] Im Hinblick auf die Vielzahl privater Auftraggeber reicht die regelmäßige Anwendung durch die öffentlichen Auftraggeber allein nicht aus, um ihre Geltung kraft Gewohnheitsrecht anzunehmen.

Bei den verschiedenen Teilen der VOB — sie gliedert sich in die drei Teile A, B und C — han­delt es sich um DIN-Vorschriften, also um privatrechtliche Regelungen, die, um Vertragsbe­standteil zu werden, ausdrücklich zwischen den Vertragsparteien vereinbart werden müssen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass öffentliche Auftraggeber durch Erlass zur Anwendung der VOB verpflichtet sind.

Die VOB regelt allerdings nur Bauausführungsleistungen, so dass sie auf Planungsleistungen jeder Art von Architekten und Ingenieuren nicht angewandt werden kann[39], da Planungsleis­tungen keine Arbeiten im Sinne des § 1 Nr. 1 VOB/A darstellen[40]. Vielmehr sind der Archi­tekten- und der Ingenieurvertrag nach einer Grundsatzentscheidung des BGH[41] als Werkver­trag anzusehen. Dabei ist es unerheblich, ob der Architekt mit der Planung allein, mit Planung und Bauüberwachung oder nur mit der Bauüberwachung beauftragt wurde.[42]

VOB/A

Die VOB Teil A (DIN 1960) enthält die “Allgemeinen Bestimmungen für die Vergabe von Bauleistungen”. Sie regelt den gesamten Geschehensablauf und die Randbedingungen von der Ausschreibung bis zum Abschluss des Bauvertrages und liefert darüber hinaus wesentliche Begriffsbestimmungen, die auch für die VOB/B von Bedeutung sind. Während öffentliche Auftraggeber und solche, die mit diesen aufgrund ihrer Marktstellung vergleichbar sind[43], zur Anwendung der VOB/A verpflichtet sind, sind private Auftraggeber nicht an die VOB/A gebunden[44].

Die VOB/A ist in vier Abschnitte eingeteilt. Der erste Abschnitt umfasst die Basisparagra­phen, die die nationale Bauvorgabe durch öffentliche Auftraggeber unterhalb des ‘Schwellen­wertes’ von derzeit 5 Mio. Euro betreffen. Abschnitt 2 enthält die Basisparagraphen und die ‘a-Paragraphen’. Er gilt für Aufträge öffentlicher Auftraggeber, die den Schwellenwert von 5 Mio. Euro überschreiten. Der dritte Abschnitt besteht aus den Basisparagraphen und den ‘b-Paragraphen’ und gilt als Umsetzung der EG-‘Sektorenrichtlinie’ für Aufträge in den Berei­chen Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie Telekommunikation. Abschnitt 4 enthält ‘großzügigeres Vergaberecht’, insbesondere das ‘Verhandlungsverfahren’[45], ebenfalls nach der EG-‘Sektorenrichtlinie’ und verpflichtet nicht nur die öffentlichen Auftraggeber, sondern auch die privaten aus den genannten Bereichen Wasser-, Energie- und Verkehrsver­sorgung sowie Telekommunikation[46].

Für die Ausführung der Bauleistungen sind gemäß § 10 Nr. 1 Abs. 2 VOB/A die VOB/B und die VOB/C zu vereinbaren.

VOB/B

Die VOB Teil B (DIN 1961) enthält die “Allgemeinen Vertragsbedingungen für die Ausfüh­rung von Bauleistungen”. Sie regelt die rechtlichen Beziehungen der Vertragspartner nach Abschluss des Bauvertrages bis zu dessen vollständigen Abwicklung, einschließlich Schluss­zahlung und Gewährleistung. Die Vorschriften der VOB/B sind allerdings nicht automatisch gültig, sondern sie müssen bei jedem Vertrag als Abweichung vom gesetzlichen Werkvertrags­recht des BGB (§§ 631-651) neu vereinbart werden.[47] Die Regelungen der VOB/B präzisieren dabei im Hinblick auf die besonderen Belange der Bauwirtschaft vielfach die gegenseitigen Rechte und Pflichten nach BGB-Werkvertragsrecht, wandeln sie ab oder verändern sie.

Ist die VOB vereinbart, treten die gesetzlichen Vorschriften des BGB überall dort zurück, wo die VOB/B abweichende Regelungen enthält. In diesem Fall ist, unter der Voraussetzung, dass die VOB als Ganzes vereinbart ist, auch sichergestellt, dass nicht gegen Bestimmungen des AGB-Rechts[48] verstoßen wird[49], da die VOB als Ganzes ausgewogene Regelungen für Auftraggeber und Auftragnehmer enthält.[50]

VOB/C

Teil C der VOB umfasst die “Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen für Bauleistun­gen (ATV)” mit DIN-Vorschriften für die wichtigsten Gewerke. Neben der DIN 18299 “All­gemeine Regelungen für Bauarbeiten jeder Art”, einer generellen Norm für alle Gewerke, be­inhaltet die VOB/C 57 weitere DIN-Normen für die verschiedenen unterschiedlichen Leis­tungsbereiche eines Bauvorhabens. Hauptbestandteil dieser DIN-Normen sind technische Bestimmungen. Es sind aber auch noch weitere Ergänzungen zum Vertragsrecht enthalten, z. B. über Nebenleistungen, besondere Leistungen oder über Aufmaßregeln. Die technischen Bestimmungen der VOB/C gelten zugleich als Teil der allgemein anerkannten Regeln der Technik. Die VOB Teil C wird nach § 1 Nr. 1 Satz 2 VOB/B automatisch Vertragsbestandteil, wenn die VOB/B vereinbart ist.[51]

Alle 58 DIN-Normen der VOB/C sind in die sechs nachfolgend beschriebenen Abschnitte gegliedert. Abschnitt 0 enthält Hinweise für das Aufstellen der Leistungsbeschreibung, die zwar nicht Vertragsbestandteil werden, aber deren Beachtung für eine ordnungsgemäße Leis­tungsbeschreibung gemäß § 9 VOB/A Vorraussetzung ist. Abschnitt 1 legt für jede Norm den Geltungsbereich fest und gibt ihr jeweils Vorrang vor den allgemeineren Regelungen der DIN 18299. In Abschnitt 2 werden die Anforderungen an Stoffe und Bauteile im Wesentlichen in Form von Verweisen auf die entsprechenden DIN-Normen aufgeführt und in Abschnitt 3 die Anforderungen an die Ausführung beschrieben. Abschnitt 4 definiert Nebenleistungen und Besondere Leistungen, stellt sie einander gegenüber und grenzt sie gegeneinander ab. Ab­schnitt 5 behandelt die Abrechnung ergänzend zur ATV DIN 18299.

2.2.3 Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB-Recht)

Das AGB-Recht ist für Bauverträge von besonderer Bedeutung, da diese fast ausschließlich mittels vorformulierter Vertragsbedingungen, also Allgemeinen Geschäftsbedingungen, abge­schlossen werden. Seit 1977 war das AGB-Recht durch ein eigenes Gesetz geregelt, das “AGB-Gesetz” (AGBG). Dessen Bestimmungen sind durch das Schuldrechtsmodernisie­rungsgesetz zum 1.1.2002 unter den §§ 305-310 BGB in das BGB übernommen worden. In­haltlich haben sich dadurch keine gravierenden Änderungen ergeben[52].

Gemäß § 1 AGBG a. F. bzw. § 305 Abs. 1 BGB n. F. sind Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) “alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt”. Dabei werden Allgemeine Geschäftsbedingungen allerdings nur Vertragsbestandteil, wenn sie in den Vertrag schriftlich oder mündlich einbezogen werden. Sie gelten also nicht automa- tisch[53]. Außerdem muss der Verwender der AGB gemäß § 2 AGBG a. F. bzw. § 305 Abs. 2 BGB n. F. auf sie vor oder bei Vertragsabschluss ausdrücklich hinweisen, dem anderen Ver­tragspartner die Möglichkeit verschaffen, in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen, und der Vertragspartner muss mit ihrer Anwendung einverstanden sein.

Regelmäßig werden Allgemeine Geschäftsbedingungen von dem wirtschaftlich stärkeren Ver­tragspartner in dem Bestreben verwendet, Risiken auf seinen Vertragspartner abzuwälzen und die eigene Position im Vertrag zu verbessern. Durch das AGB-Recht soll dies verhindert wer­den und sichergestellt werden, dass ein Vertragspartner durch vorformulierte Vertragsbedin­gungen keine ungünstigere Stellung hat als in den sonstigen gesetzlichen Normen und Be­stimmungen vorgesehen ist. So sind z. B. nach der Generalklausel des § 9 AGBG a. F. bzw. § 307 BGB n. F. die Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertrags­partner des Verwenders entgegen den Grundsätzen von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

Bei Verträgen in der Bauwirtschaft tritt im Gegensatz zu anderen Wirtschaftsbereichen in aller Regel nicht der Unternehmer oder Bieter als Verwender von AGB in Erscheinung, sondern eher der Auftraggeber, und zwar dadurch, dass er seiner Ausschreibung bereits vorformulierte Vertragsbedingungen beifügt und den Unternehmer zur Abgabe eines Angebotes auf dieser Grundlage auffordert. Bei der Beauftragung von Teilleistungen an Nachunternehmer wird allerdings üblicherweise auch der Bauunternehmer auf die Verwendung von AGB zurückgrei- fen[54].[55]

Zu den Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Bauverträgen zählen alle Vertragsunterlagen, die vom Verwender bei einer Vielzahl von Verträgen eingesetzt werden. Insbesondere sind das die VOB/B[56], die VOB/C, Zusätzliche Vertragsbedingungen und Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen.

2.2.4 Architekten- und Ingenieurverträge

Der Architekten- und Ingenieurvertrag ist, wie in Kapitel 2.2.2 bereits erwähnt, ein Werkver­trag und findet seine Grundlagen in den §§ 631 ff. BGB, nicht in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI). Der Architekt schuldet als Erfolg eine dauerhaft geneh­migungsfähige Planung und die Erstellung eines mangelfreien, vertragsgerechten Bauwerkes entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen[57]. Ist dieser Erfolg eingetreten, hat er Ans­pruch auf das Honorar, wobei sich die Höhe des Honoraranspruches dann nach der HOAI richtet. Welche Leistungen konkret dem Bauherrn gegenüber geschuldet werden, ergibt sich ausschließlich aus dem individuell zwischen dem Bauherrn und dem Architekten bzw. Inge­nieur abgeschlossenen Vertrag. Die HOAI ihrerseits enthält nur Preisrecht, so dass die in § 15 HOAI aufgeführten Leistungen nur dann zu erbringen sind, wenn diese vertraglich ver­einbart oder für die mangelfreie Erstellung des Bauwerkes notwendig sind. Im Übrigen gelten auch für den Architekten- und Ingenieurvertrag die Grundsätze des Vertragsrechts wie sie in Kapitel 2.2.1 bereits erläutert wurden sowie das Gebot einer möglichst detaillierten Leistungs- beschreibung.[58] Dabei wird gemäß § 2 HOAI unterschieden zwischen so genannten Grund­leistungen, d. h. “Leistungen, die zur ordnungsgemäßen Erstellung eines Auftrags im Allge­meinen erforderlich sind” und Besonderen Leistungen, die im Einzelfall “zu den Grundleis­tungen hinzu- oder an deren Stelle treten”. Für den Fall der Architektenleistungen bei Gebäu­den, Freianlagen und raumbildenden Ausbauten definiert § 15 HOAI die Grundleistungen in die folgenden neun Leistungsphasen:

Leistungsphase 1 Grundlagenermittlung

Leistungsphase 2 Vorplanung

Leistungsphase 3 Entwurfsplanung

Leistungsphase 4 Genehmigungsplanung

Leistungsphase 5 Ausführungsplanung

Leistungsphase 6 Vorbereitung der Vergabe

Leistungsphase 7 Mitwirkung bei der Vergabe

Leistungsphase 8 Objektüberwachung

Leistungsphase 9 Objektbetreuung

Dabei bleibt es dem Bauherrn überlassen, ob eine umfassende Beauftragung aller Grundleis­tungen, nur die Beauftragung mit einzelnen Grundleistungen oder eine stufenweise Beauftra­gung erfolgt[59]. Ferner sollte der Bauherr im Sinne einer möglichst detaillierten Leistungsbe­schreibung seine individuellen Wünsche im Architektenvertrag weiter konkretisieren, da eine bloße Festlegung von Leistungsphasen für die vom Architekten zu erbringende Leistung in der Regel nicht ausreichend ist[60].

2.2.5 Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI)

Die HOAI[61] hat neben dem Werkvertragsrecht des BGB erhebliche Bedeutung für die Ab­wicklung von Planungs- und Ingenieurleistungen. Sie beschreibt die verschiedenen Leistungs­bilder von Architekten und Ingenieuren und legt für die Leistungen Mindest- und Höchstsätze der Honorare fest. Ihr zwingender Anwendungsbereich ergibt sich aus § 1 HOAI. Allerdings ist die HOAI, wie bereits erläutert, reines Preisrecht und insofern, außer im Hinblick auf die Bemessung des Honorars, ohne allgemeine Auswirkung auf den Inhalt des Architektenvertra­ges an sich. Die weiteren Rechte und Pflichten der am Architektenvertrag Beteiligten werden durch die HOAI also nicht berührt, sondern müssen gesondert vereinbart werden[62]. In wel­cher Weise die Vertragsparteien das Architektenhonorar vereinbaren, schreibt die HOAI dabei grundsätzlich nicht vor[63]. Wohl aber liefert sie den Honorarrahmen mit den an­gesprochenen Mindest- und Höchstsätzen, die grundsätzlich nicht unter- bzw. überschritten werden dürfen.[64]

Trotz ihres eigentlich ausschließlich preisrechtlichen Charakters wird die HOAI in der jünge­ren Rechtsprechung zunehmend auch als Basis für ein allgemeines Architekten- und Inge­nieurrecht verwendet. So werden die generell bestehenden gegenseitigen Rechte und Pflichten der Planer aus den Bestimmungen der in den verschiedenen Leistungsbereichen beschriebe­nen Leistungsbilder ermittelt.[65]

2.3 Rechtswesen in England

Zunächst einmal ist der Begriff des ‘englischen Rechts’ zu erläutern und abzugrenzen. Das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland gehört, wie beispielsweise auch die USA, zu den so genannten ‘Mehrrechtsstaaten’. Das bedeutet, dass es in diesen Ländern keine einheitliche Privatrechtsordnung gibt. Das ‘englische Recht’ im engeren Sinne findet vielmehr seine Anwendung nur in England und Wales, während in Nordirland und Schottland ein an­deres Recht gilt.[66]

Allerdings haben die Rechtsordnungen des englischen Rechtskreises[67] trotz ihrer unterschied­lichen Erscheinungsformen grundlegende Gemeinsamkeiten, die sich deutlich von dem deut­schen Recht unterscheiden. Zum einen steht der Richter und nicht der Gesetzgeber im Mit­telpunkt des Rechtsdenkens und zum anderen fehlt, als Folge daraus, ein vollständiges syste­matisches Gesetzeswerk, das etwa mit dem deutschen BGB vergleichbar wäre. Das englische Rechtssystem ist somit in erster Linie (historisch bedingt) fallrechtlich ausgebildet, das richter­liche Urteil also der Hauptgegenstand der juristischen Analyse und Tätigkeit.

Eine Unterteilung in Privatrecht (private law) und öffentliches Recht (public law) lässt sich zwar ebenso wie im deutschen auch im englischen Recht vornehmen[68], dennoch ist diese Unter­scheidung in der Praxis eher von geringer Bedeutung. Ferner taucht der Begriff des Schuld­rechts in der englischen Systematik nicht auf.

Vielmehr ist das englische Recht, das, in Abgrenzung zum civil law kontinental-europäischer Staaten, auch als common law bezeichnet wird, unter dem Aspekt der Rechtsquellen und ihrer Bedeutung genauer zu betrachten.[69] [70]

2.3.1 Rechtsquellen

Das englische Recht gliedert sich im Wesentlichen in die zwei Bereiche case law (Fall- bzw. Richterrecht), d. h. die jahrhundertealte, durch Gerichtsentscheidung entstandene Rechtspre­chung, und statute law (Gesetzesrecht) bzw. legislation (Gesetzgebung), also das von der Legisla­tive geschaffene Recht. Dabei wird letzteres allerdings nur als Rechtsquelle zweiten Ranges betrachtet, da es lediglich die Aufgabe hat, den Normenkomplex des case law zu ergänzen oder durch die im Laufe der Zeit entstandenen Veränderungen der Umstände notwendige Korrek­turen vorzunehmen. In der Hierarchie steht das statute law dennoch über dem case law, da die Richter bei ihren Entscheidungen die Gültigkeit eines Gesetzes nicht in Frage stellen kön-nen.

Weitere Rechtsquellen im englischen Recht sind das Gewohnheitsrecht (custom)Leistungsphase, die Vernunft (reason), die Lehrmeinungen (books of authority), die Normen des Völkerrechts und - seit dem Beitritt Großbritanniens zur Europäischen Gemeinschaft — auch die europäischen Normen.[71] [72]

Die wichtigsten Rechtsquellen für das englische Vertragsrecht sind in der heutigen englischen Rechtspraxis allerdings nur das case law und das statute law bzw. die legislation. Daher werden diese nachfolgend genauer betrachtet.

2.3.1.1 Case Law

Das case law, als von Gerichten geschaffenes Recht, baut darauf auf, dass sich eine richterliche Entscheidung grundsätzlich und verbindlich an einer vorangegangenen Entscheidung in einem ähnlichen Fall, einem so genannten Präzedenzfall (precedent case) zu orientieren hat. Der engli­sche Richter muss also bei der Entscheidung in einem aktuellen Rechtsfall zurückschauen, wie ähnliche Fälle in der Vergangenheit von anderen Richtern entschieden worden sind. An diese Entscheidung ist er gebunden. Das besagt die so genannte Stare Decisis Doctrine. Untere Gerich­te müssen sich dabei den Entscheidungen höherer Gerichte anschließen, und zwar solange wie diese Entscheidungen nicht außer Kraft gesetzt (overruled) werden. Ein overruling, also ein Um­stoßen des Urteils, ist nur durch ein höher stehendes Gericht oder die Gesetzgebung (legislati­on) möglich oder auch durch die Aufhebung einer früheren Entscheidung, wenn das Gericht nicht grundsätzlich an diese Entscheidung gebunden ist[73]. Wenn ein Urteil overruled wird, so gilt dies allerdings nur für den neuen aktuell zu verhandelnden Fall, der dann zu einem neuen Präzedenzfall für zukünftige vergleichbare Fälle wird, aber nicht nachträglich für den alten Präzedenzfall, es sei denn, es handelt sich um einen Fall, der in Revision verhandelt wurde.

Bei der Verkündung eines Urteils durch den Richter sind im case law im Hinblick auf die Be­deutung als Präzedenzfall zwei Fälle zu unterscheiden. Zum einen ‘ratio decidendi’ und zum an­deren ‘obiter dicta’. ‘Ratio decidendi’ bezeichnet den Teil der Urteilsbegründung, der bindend für alle weiteren vergleichbaren Fälle im Sinne des case law ist. ‘Obiter dicta’ hingegen sind Äußerun­gen des Richters, die nebenbei erwähnt werden, aber nicht relevant sind für ähnliche Fälle. Nur wenn auf den aktuell zu behandelnden Fall das ‘ratio decidendi’ eines früheren Falles passt, ist dieser frühere Fall als Präzedenzfall anzusehen. Ansonsten ist der Fall wie ein neuer Fall zu betrachten, zu dem es in der bisherigen Rechtsprechung noch keinen vergleichbaren Fall gibt. Er ist also neu zu verhandeln.

Es liegt auf der Hand, dass das case law-System steht oder fällt mit einer zuverlässigen Bericht­erstattung über die zahlreichen Entscheidungen. Als Folge der Anwendung des case law gibt es daher in England eine unvorstellbar große Sammlung von richterlichen Entscheidungen, den so genannten law reports, in denen die Präzedenzfalle von mehreren Jahrhunderten verzeichnet sind. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass erst mit Erscheinen der von dem Incorpo­rated Council of Law Reporting herausgegebenen halbamtlichen law reports (L. R.) im Jahre 1865 die Berichterstattung vereinheitlicht wurde. Vorher gab es lediglich eine Vielzahl privater Ent­scheidungssammlungen von unterschiedlicher Qualität und Autorität. Diese privaten Samm­lungen sind jedoch seit Beginn des 20. Jahrhunderts in den English Reports (E. R.) in 178 Bän­den zusammengefasst und dadurch auch der breiten Öffentlichkeit zugänglich. Sie beinhalten die meisten der zwischen 1220 und 1865 gefällten Entscheidungen. Seit 1866 berichtete der oben genannte council zunächst in den Weekly Notes of Cases (W. N.), die seit 1953 von den Weekly Law Reports (W. L R.) abgelöst wurden. Diese W. L. R. sind für die aktuelle englische Rechtsprechung eine der wichtigsten Quellen.

Einen geeigneten Kurzüberblick über die Urteile eines Rechtsgebietes liefern die so genannten case books, in denen die wichtigen Entscheidungen eben nur eines Rechtsgebietes übersicht­licher zusammengestellt sind als in den law reports. Mehrere Firmen und Organisationen haben sich dabei auf eine Sammlung von Fällen, die die englische Bauindustrie betreffen, speziali­siert, so dass diese Präzedenzfälle dort leichter und schneller zu finden sind. Außerdem gibt es hierfür seit 1976 die Building Law Reports (Build. L. R.) und seit den 1980er Jahren die Constructi­on Law Reports (Const. L. R.).[74]

2.3.1.2 Statute Law / Legislation

Das statute law bzw. die legislation, also das in Gesetzen verankerte Recht, ist die zweite wichtige Rechtsquelle im englischen Recht und steht dem case law gegenüber. Es hat die Aufgabe, das case law zu ergänzen, wo dieses aufgrund neuerer Gesellschaftsstrukturen veraltet und nicht mehr zeitgemäß ist und spielt, auch wenn Bernstorff und Blumenwitz es als Rechtsquelle zweiten Ranges betrachten, dennoch eine nicht unerhebliche Rolle in der heutigen englischen Rechtsprechung. Insbesondere steht das statute law, wie bereits erwähnt, über dem case law, wenn diese beiden Rechtsquellen aufeinander stoßen.

Die Gesetze sind in parlamentarische und nicht parlamentarische statutes zu unterscheiden. Die parlamentarischen statutes werden als Acts of Parliament und die nicht parlamentarischen als delegated legislation bezeichnet.

Bei den Acts of Parliament beginnt das Verfahren der Gesetzgebung mit dem Einbringen eines Gesetzentwurfes (draft bill) im Parlament, welches aus den beiden Kammern House of Commons (Unterhaus) und House of Lords (Oberhaus) besteht[75]. Die Gesetzentwürfe werden durch den Sprecher des House of Commons je nachdem ob sie sich mit Angelegenheiten öffentlichen Inter- esses oder mit örtlich begrenzten Themen befassen, in Public Bills und Private Bills unterteilt. Beide Arten von Gesetzentwürfen müssen dann im Parlament sechs Stationen durchlaufen bevor sie schließlich mit der königlichen Genehmigung (Royal Assent) zum Act of Parliament werden[76].

Zu den nicht parlamentarischen Gesetzen zählen orders in council., d. h. Rechtsverordnungen (meist staatsrechtliche Verordnungen), die vom Privy Council (eine dem Kronrat angegliederte letzte Appellationsinstanz) erlassen wurden, statutory rules and orders, also Regierungsverordnun­gen, die rules of court., die das Gerichtsverfahren ordnen, und die so genannten by-laws, autono­me und lokale Satzungen und Verordnungen. Diese nicht parlamentarischen Gesetze sind nicht mehr gerichtlich angreifbar, es sei denn, sie sind durch nicht zuständige Organe erlassen worden oder infolge fehlerhafter Verfahrensweisen zustande gekommen.

Wie im deutschen Recht, so ist auch im englischen Recht die Notwendigkeit vorhanden, das Gesetzesrecht auszulegen und zu konkretisieren sowie den Willen des Gesetzgebers zu inter­pretieren. Dazu stehen hier ebenfalls verschiedene Auslegungsmethoden und Hilfsmittel zur Verfügung, von denen an dieser Stelle nur die bedeutsamsten genannt werden. Das vielleicht wichtigste Hilfsmittel im englischen Recht ist das so genannte Interpretation Act von 1978, das für die wichtigsten und typischen vom Parlament erlassenen Gesetze Interpretationen enthält. Häufig geben auch die einzelnen Gesetze selbst durch einleitende Definitionen eine Interpre­tationshilfe. Die so genannte mischief rule ist eine englische Besonderheit. Sie wird angewandt bei Fällen, bei denen Unterschiede zwischen dem common law und dem statute law aufgetaucht sind und fragt danach, welchen Missstand (mischief) das common law nicht beheben konnte bzw. welche Abhilfe das Parlament durch ein Gesetz vorgeschlagen hat. Die literal interpretation hat bei den deutschen Auslegungsmethoden gleich mehrere Pendants. Sie vereinigt die Wortlaut­interpretation, die grammatische Auslegung sowie die genetische Interpretation. Hier sucht man nach dem Wortlaut und dem grammatikalischen Sinn, und zwar insbesondere nach dem Sinn eines Ausdruckes, welchen er zum Zeitpunkt des Erlasses eines Gesetzes hatte. Schließ­lich ist noch die so genannte golden rule zu nennen, die die literal interpretation dahingehend ein­schränkt, dass bei der Auslegung vom Wortlaut abgewichen werden darf, wenn dieser zu Wi­dersprüchen innerhalb des Gesetzestextes führen würde.

Bei der Arbeit mit Gesetzestexten, insbesondere bei Gesetzesänderungen, ist in England im Übrigen noch eine Besonderheit zu beachten. Im englischen Recht arbeitet man, im Gegen­satz zu Deutschland, wo ein Gesetzestext immer in der aktuellen Verfassung verwendet wird, mit dem alten Originalgesetzestext. Alle später publizierten Gesetze einer ähnlichen Materie sind dann zusätzlich hinzuzuziehen, da sie möglicherweise einzelne Vorschriften des in Frage stehenden Gesetzes abändern oder aufheben. Ähnliches gilt für die in Kapitel 5 behandelten Standardverträge. Zu den Ursprungsverträgen gibt es, sofern Verbesserungen notwendig wer­den, so genannte amendments, die als Ergänzungen zu berücksichtigen sind.[77]

2.3.2 Gerichtsbarkeit und Gerichtsverfassung

Streitfälle werden in England entweder vor ordentlichen Gerichten oder aber in nicht öffentli­chen Streitschlichtungs- oder Schiedsverfahren verhandelt.

In der ordentlichen englischen Zivilgerichtsbarkeit gibt es dabei drei Instanzen. Zunächst fin­det eine Anhörung und Verhandlung in Abhängigkeit vom Streitwert entweder im County Court oder im High Court of Justice statt. Wenn ein Einspruch gegen ein hier gefälltes Urteil eingelegt wird, ist der Court of Appeal, die nächst höhere Instanz, zuständig. Falls es auch dort nicht zu einer Entscheidung oder zu einer erneuten Revision kommt, ist die letzte Rechtsmittelinstanz das House of Lords.

Eine Besonderheit im englischen Rechtswesen stellen die angesprochenen Streitschlichtungs­und Schiedsverfahren dar, die hier wesentlich populärer sind und häufiger angewandt werden als in Deutschland[78]. Sie werden als adjudication bzw. arbitration bezeichnet und spielen beson­ders in den englischen Standardbauverträgen eine wichtige Rolle. Sofern eines dieser Verfah­ren in Übereinstimmung beider Parteien vertraglich vereinbart ist, kann es eine ordentliche Gerichtsverhandlung unter gewissen Umständen vollständig ersetzen.

Für das bessere Verständnis und aufgrund der stellenweise vorhandenen Unterschiede zu dem deutschen Rechtswesen werden nachfolgend die einzelnen Instanzen der ordentlichen Ge­richtsbarkeit sowie die Streitschlichtungs- und Schiedsverfahren in England ausführlich be­schrieben.

2.3.2.1 Ordentliche Gerichtsbarkeit County Court

Die County Courts wurden 1846 durch das County Courts Act für zivilrechtliche Streitigkeiten von geringem Streitwert geschaffen. Sie haben den Zweck, den Parteien für die Beilegung der Streitigkeit ein schnelles und daher kostengünstiges Verfahren vor einem für sie leicht erreich­baren Gericht zur Verfügung zu stellen. Dazu gibt es heute etwa 400 County Courts, die gleich­mäßig über das Land verteilt sind. Die Gerichte sind mit Einzelrichtern besetzt, die für mehre­re County Courts in einem der 60 landesweiten Gerichtsbezirke (circuit) zuständig sind und in regelmäßigen Abständen, mindestens einmal pro Monat, ihre Sitzungen abhalten. Bei Klagen aus Vertragsverletzung oder unerlaubter Handlung darf der Streitwert für eine Verhandlung vor einem County Court £ 5.000 nicht überschreiten[79]. Bei größeren Streitwerten ist in der Regel der High Court of Justice zuständig.

Die Entscheidungen der County Courts entfalten keinerlei Bindungswirkung für andere Gerich­te, da sie selbst zu den untersten Gerichten gehören. Ihre Entscheidungen werden gewöhnlich nicht publiziert, es sei denn, sie betreffen einen erstmals gerichtlich verhandelten Sachverhalt.

The High Court of Justice

Der High Court of Justice wurde durch die Judicature Acts 1873-1875 gegründet und ist das Zent­ralgericht für ganz England mit Sitz in London. Er ist erstinstanzlich zuständig für zivilrechtli­che Streitigkeiten von höherem Streitwert und Rechtsmittelinstanz für die Untergerichte. Es gibt drei Abteilungen (divisions) mit jeweils unterschiedlichen Zuständigkeiten: die Queen’s Bench Division, die Chancery Division und die Family Division. Die Queen’s Bench Division ist mit derzeit 64 Richtern die größte Abteilung. Sie behandelt common law Angelegenheiten, sofern diese nicht ausdrücklich in die Zuständigkeit einer der beiden anderen Abteilungen fallen, und hier insbe­sondere Schadensersatzleistungen, die auf eine Vertragsverletzung oder auf eine unerlaubte Handlung gestützt sind. Eine Unterabteilung der Queen’s Bench Division ist der Technology and Construction Court, vor dem in aller Regel Fälle, die die Bauindustrie betreffen, verhandelt wer- den[80]. Die Chancery Division ist derzeit mit 17 Richtern besetzt und zuständig für Klagen auf Vertragserfüllung, Finanz- und Patentgerichtsbarkeit sowie Erbschafts- und Nachlassgericht. In Family Division schließlich, bestehend aus 15 Richtern, werden Familienangelegenheiten, insbesondere Scheidungsverfahren verhandelt.

Die Entscheidungen des High Court of Justice binden die County Courts. An seine früheren Ent­scheidungen fühlt sich der High Court of Justice allerdings nicht gebunden.

The Court of Appeal

Der Court of Appeal ist Appellationsgericht für England und Wales in Zivil- und Strafsachen und in die zwei Abteilungen civil division und criminal division unterteilt. Er ist zuständig für Be­rufungen gegen Urteile des High Court of Justice und der County Courts. Hier sitzen dem Verfah­ren in der Regel drei Richter vor.

Die Entscheidungen des Court of Appeal binden alle niedrigeren Gerichte, also den High Court of Justice und die County Courts. Seit 1944 fühlt sich dieses Gericht an seine eigenen precedents hin­sichtlich der zivilrechtlichen Entscheidungen gebunden, jedoch nicht in Strafsachen.

The House of Lords

Das House of Lords, soweit es als Gericht und nicht als zweite Kammer des englischen Parla­ments tätig wird, ist letzte Rechtsmittelinstanz. Es gibt neun bis zwölf Richtern, wobei ein Fall von drei oder fünf Richtern mit Mehrheitsentscheidung entschieden wird. An diesem Gericht werden in der Regel nur Revisionen zugelassen, die vom Court of Appeal kommen und von wichtiger rechtlicher Bedeutung sind. Jedoch werden hier keine Sachentscheidungen getrof­fen, sondern die Revision lediglich für begründet oder unbegründet erklärt und der Streitfall dann zur Sachentscheidung an das erstinstanzliche Gericht zurückverwiesen.

Entscheidungen des House of Lords binden alle englischen Gerichte. Etwa seit Mitte des 19. Jahrhunderts fühlte sich das House of Lords an seine höchstrichterlichen Entscheidungen grundsätzlich gebunden. Seit 1966 weicht es allerdings bei bestehender Notwendigkeit von diesem Grundsatz ab.[81]

2.3.2.2 Adjudication and Arbitration

Neben den (meist teuren) Gerichtsverhandlungen sind in den englischen Standardbauvertrags­bedingungen bei Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien zunächst andere Arten der Streitlösung durch unabhängige, unparteiische Schlichter oder Schiedsmänner vorgesehen. Diese Verfahren heißen, wie bereits erwähnt, adjudication (Schlichtungsverfahren) oder arbitrati­on (Schiedsverfahren), die Schlichter bzw. Schiedsmänner dementsprechend adjudicator (Schlichter) oder arbitrator (Schiedsmann). Sie werden nachfolgend erläutert.

Die Hauptvorteile des adjudication- oder arbitration-Verfahrens liegen im Vergleich zu dem her­kömmlichen Weg über die Gerichte in einer meist schnelleren und deshalb kostengünstigeren Konfliktlösung bereits während der Bauzeit, also in einem sehr frühen Stadium. Dabei wird eine zügige Streitbeilegung durch vorgegebene Fristen für die Entscheidungen gewährleistet. Außerdem handelt es sich bei den adjudicators/arbitrators üblicherweise um ausgewiesene Ex­perten — zumeist Ingenieure — mit höherem technischem Sachverstand als ein Richter. Ferner sind die Verfahren nicht öffentlich[82] und Ort und Zeit sind in gegenseitigem Einvernehmen frei wählbar. Nachteilig kann sich dagegen der — im Vergleich zu einem Richter — geringere juristische Sachverstand eines adjudicator oder arbitrator auswirken. Außerdem ist ein adjudicator oder arbitrator immer nur ein Vermittler zwischen zwei Parteien. Er kann im Gegensatz zum Richter nicht eine dritte Partei gegen ihren Willen in das Verfahren mit einbeziehen. Sollten also mehrere Parteien in den Streitfall verwickelt sein, ist in der Regel eine herkömmliche Ge­richtsverhandlung zu bevorzugen.

Adjudication

Das adjudication-Verfahren ist erstmals Mitte der 1970er Jahre in England eingeführt worden und war zunächst beschränkt auf Konflikte zwischen dem main contractor., d. h. dem Hauptun­ternehmer, und einem von ihm beauftragten Nachunternehmer (directly employed or domestic sub­contractor). Mittlerweile ist es aber auch ein fester Bestandteil in den main contracts zwischen dem employer (Bauherr) und dem main contractor. Seit 1996 ist durch das Housing Grants,Construction and Regeneration Act 1996 sogar gesetzlich verankert, dass das adjudication-Verfahren anzuwenden ist, sobald eine Partei dies wünscht[83]. Das Urteil des adjudicator ist bindend. Beide Parteien haben aber die Möglichkeit zur Revision, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen. In diesem Fall wird entweder ein arbitrator oder ein herkömmliches Gericht angeruien. Als adjudicator kommen in der Regel der Vorsitzende oder der stellvertretende Vorsitzende des Royal Institution of British Architects (RIBA), des Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS), der Construction Confederation (CC) oder der National Specialist Contractors Council (NSCC) in Frage. Die Vertragspartner können sich aber auch gemeinsam auf eine andere Person verständigen. Gemäß dem JCT 98 und den ICE 7th [84] hat der adjudicator., nachdem ihm das Anliegen schrift­lich vorgetragen worden ist, 28 Tage Zeit, eine Entscheidung zu fällen und diese den Parteien wiederum schriftlich mitzuteilen. Eine Verhandlung, in der sich, wie vor einem ordentlichen Gericht, beide Parteien noch einmal zum Sachverhalt äußern, ist bei diesem Verfahren nicht vorgesehen. Jede Partei kommt bei dem adjudication-Verfahren üblicherweise für die eigenen entstandenen Kosten selbst auf. Es besteht aber für den adjudicator auch die Möglichkeit, eine Partei zur Übernahme der Gesamtkosten zu verurteilen. Das Honorar des adjudicator wird ge­teilt.

Arbitration

Das arbitration-Verfahren ist eine weitere Alternative zur Gerichtsverhandlung. Es ist im Ver­gleich zum adjudication-Verfahren langwieriger und kostspieliger, aber immer noch schneller, unkomplizierter und billiger als eine Verhandlung vor einem ordentlichen Gericht. Während der adjudicator schon beim Vertragsabschluss benannt werden kann, wird der arbitrator in der Regel erst, in Übereinstimmung beider Parteien, ausgewählt und angerufen, sobald eine Strei­tigkeit auftritt. Dabei sind seine besonderen technischen Kenntnisse im Bereich des zu behan­delnden Falles ein wichtiges Auswahlkriterium. Ferner ist der arbitrator vertraut mit dem cons­truction law (Baurecht) und ist üblicherweise ein Mitglied fellow)[85] des Chartered Institute of Arbit­rators (CIArb), d. h. mit besonderer Qualifikation ausgestattet. Die Vorschriften für den Ablauf des arbitration-Verfahrens und die Befugnisse des arbitrator ergeben sich aus den Arbitration Acts von 1979 und 1996[86]. Das arbitration-Verfahren ist vom Ablauf her in etwa mit einer Gerichts­verhandlung vergleichbar. Beide Parteien müssen ihre Anliegen schriftlich fixieren und offen legen, bevor eine Verhandlung (hearing) stattfindet und der arbitrator schließlich sein Urteil (award) fällt. Dieses ist, sofern vereinbart, in jedem Falle bindend[87] und notfalls gerichtlich einklagbar. Die Verfahrenskosten und sämtliche sonstigen Kosten trägt normalerweise die unterlegene Partei.

Alternative Dispute Resolution

Ashworth beschreibt ferner noch eine weitere Alternative zu dem adjudication larbitration­Verfahren bzw. zur litigation, die so genannte Alternative Dispute Resolution (ADR), die noch schneller und wirtschaftlicher zu einem Ergebnis in einem Streitfall führen soll. Dieses in den USA entwickelte Verfahren hat allerdings trotz seiner anfänglichen Beliebtheit in der engli­schen Bauindustrie wieder an Bedeutung verloren und wird daher in dieser Arbeit nicht näher erläutert.[88]

2.4 Baurecht in England

Im Gegensatz zu Deutschland, wo das Recht kodifiziert ist und somit ein im BGB gesetzlich geregeltes und durch die VOB/B konkretisiertes, einheitliches und allgemeines Bauvertrags­recht existiert, fehlt in England eine vergleichbare gesetzliche Rechtsgrundlage für Verträge im Bauwesen nahezu vollkommen. Im englischen common law gibt es keine festgelegten Vertrags­typen, bei denen die Parteien nur einzelne Punkte zu regeln brauchen und die restlichen Ver­tragsbedingungen von der Rechtsordnung bereitgestellt werden. Das common law regelt die Rechtsbeziehungen vielmehr nur sehr einzelfallbezogen und lässt dadurch mehr Freiraum für Kautelarjurisprudenz[89]. (Bau)Verträge sind hier so detailliert wie möglich zu regeln und in um­fangreichen Vertragsbedingungen niederzuschreiben.

In England sind daher, je nach Anforderung an die Bauaufgabe (building works oder civil enginee­ring works) und in Abhängigkeit der unterschiedlichen Projektabwicklungsformenformen[90], zahlreiche verschiedene Standardvertragsbedingungen entwickelt worden, von denen die wich­tigsten in Kapitel 5 dieser Arbeit vorgestellt werden.

Neben dem erhöhten Regelungsbedarf hat außerdem der historisch begründete starke Einfluss der zahlreichen unterschiedlichen Berufs- und Standesorganisationen einen erheblichen Anteil an der Entwicklung und Etablierung mehrerer Standardvertragsbedingungen anstelle eines einheitlichen Bauvertragsrechts.[91]

Bevor ausführlich auf die Grundstrukturen der Standardvertragsbedingungen eingegangen werden kann, sind zunächst einige Grundlagen des englischen Vertragsrechts (law of contract oder contract law) zu erläutern.

2.4.1 Vertragsrecht

Auch wenn das englische common law keine festgelegten Vertragstypen wie das deutsche Recht kennt, so gibt es dennoch auch in England einige grundlegende gesetzliche Regelungen zum Vertragsrecht.

Das Vertragsrecht ist Teil des Zivilrechts. Es werden zwei Möglichkeiten des Vertragsab­schlusses unterschieden: contracts under seal und simple contracts. Dabei bezeichnen erstere schrift­liche, mit einem Siegel versehene Verträge. Die simple contracts sind dagegen einfache, formfreie Verträge, die z. B. auch mündlich abgeschlossen werden können. Ein wesentlicher Unter­schied ist neben der Form die Verjährungsfrist, innerhalb der rechtliche Einsprüche geltend gemacht werden können. Sie ist bei contracts under seal durch das Limitation Act 1980 gesetzlich auf zwölf Jahre festgesetzt, während sie bei simple contracts nur sechs Jahre beträgt.[92]

Bauverträge werden in der Regel als simple contracts abgeschlossen[93]. Sie sind daher grundsätz­lich formfrei, jedoch empfiehlt sich aus Gründen der Klarheit und einer eventuell erforderli­chen Beweisbarkeit die Schriftform. Bei Verwendung der Standardvertragsbedingungen, was die gängige Praxis ist, ergibt sich dies ohnehin.

Ein Vertrag im Sinne eines simple contract wird definiert als eine rechtsverbindliche Überein­kunft zwischen zwei oder mehr Parteien, insbesondere als ein gegenseitiges Versprechen, eine Leistung gegen eine Gegenleistung (consideration) zu liefern. Beim Bauvertrag ist dies die Vergü­tung als Gegenleistung für die Ausführung der Arbeiten. Erst das Prinzip der Gegenleistung lässt das Leistungsversprechen rechtswirksam werden. Der Vertrag kommt nach englischem Recht ebenso wie in Deutschland durch die uneingeschränkte Annahme (acceptance) eines An­gebotes (offer) zustande. Dies wird als agreement bezeichnet und ist mit der im deutschen Recht erforderlichen übereinstimmenden Willenserklärung vergleichbar. Wichtig ist, dass das agree­ment eindeutig und unmissverständlich definiert ist und somit von beiden Parteien in gleicher Weise verstanden wird, da sonst die Rechtskräftigkeit des Vertrages angezweifelt werden kann.

Anders als in Deutschland, wo Angebote in der Regel bindend sind, kann nach englischem Recht ein Angebot jederzeit frei widerrufen werden, solange noch keine Annahme erfolgt ist. Das gilt selbst für den Fall, dass der Anbietende sich für eine bestimmte Frist an sein Angebot gebunden erklärt. Diese aus deutscher Sicht fremde Regelung lässt sich durch die zuvor be­schriebene consideration-Lehre begründen, wonach eine bindende vertragliche Verpflichtung nur dann wirksam eingegangen werden kann, wenn einer vertraglichen Verpflichtungserklä­rung eine Gegenleistung (consideration) gegenübersteht.

Aufgrund der freien Widerrufbarkeit eines Angebotes ist im englischen Recht die Bestimmung zur Wirksamkeit der Annahmeerklärung anders geregelt als im deutschen Recht. In England erfolgt die Annahme eines Angebotes bereits, wenn sie vom Annehmenden auf den Weg ge­bracht, also z. B. in den Briefkasten (mailbox) geworfen worden ist und nicht erst, wie in Deutschland, mit dem Zugang der entsprechenden Erklärung beim Anbietenden. Dies wird in der Literatur als mai/box-Theorie bezeichnet.[94]

Wenn ein Vertragspartner seine vertraglich zugesicherte Leistung fehlerhaft, nicht vollständig oder gar nicht erbringt, wird dies im englischen Recht als breach of contract (Vertragsbruch) be­zeichnet. Während im deutschen Recht in diesem Fall die Frage nach dem Verschulden ge­stellt und dabei zwischen Unmöglichkeit, Verzug und positiver Vertragsverletzung unterschie­den wird, ist der Ansatz im englischen Recht, da das Schuldrecht nicht wie in Deutschland gesetzlich kodifiziert ist, ein anderer: Ein Vertrag wird, wie beschrieben, stets als ein gegensei­tiges Garantieversprechen aufgefasst. Erbringt eine Vertragspartei einen von ihr garantierten Erfolg nicht, so kann der andere Partner nur wegen Nichteinhaltung dieser vertraglich über­nommenen Garantie (breach of contract) Schadensersatzansprüche stellen. Die im deutschen Recht enthaltenen Voraussetzungen, nämlich Mahnung, Fristsetzung mit Ablehnungsandro­hung oder Aufforderung zur Nachbesserung, gibt es im englischen Recht nicht, mit dem Er­gebnis, dass den Vertragspartnern eine schnellere Durchsetzung ihrer Ansprüche ermöglicht wird.[95]

2.4.2 Unfair Contract Terms

Auch in England unterliegt die angesprochene Vertragsgestaltungsfreiheit gewissen gesetzli­chen und aus der Rechtsprechung entstandenen Einschränkungen, insbesondere im Hinblick auf die Inhaltskontrolle unbilliger Vertragsklauseln. So wie das deutsche AGB-Gesetz a. F. sich in den §§ 9 bis 11 mit einer entsprechenden Inhaltskontrolle in AGB auseinandersetzt, gibt es auch im englischen Recht eine Vielzahl verschiedener Gesetze, die beide Vertragspart­ner vor der Verwendung von nicht rechtmäßigen Vertragsklauseln schützen sollen. Die wich­tigsten sind in diesem Zusammenhang das Unfair Contract Terms Act 1977 und das Misrepresenta­tion Act 1967, die allerdings beide keine dem AGB-Gesetz entsprechende Gesamtkodifikation darstellen, sondern vielmehr durch die Rechtsprechung des case law ergänzt werden. Für Bau­verträge ist vor allem das Unfair Contract Terms Act 1977 von großer Bedeutung. Dieses Gesetz befasst sich mit unrechtmäßigen Haftungsbeschränkungsklauseln im Hinblick auf Fahrlässig­keit (negligence) oder Vertragsbruch (breach of contract) und schränkt diese ein. Insbesondere sind die folgenden Punkte durch das Gesetz geregelt:

- Einschränkende oder unbillige Bedingungen bezüglich der Haftung
- Ausschluss oder Beschränkung von jeglichen Rechten oder Rechtsmitteln
- Verbot von Versuchen, den Bestimmungen des Gesetzes durch zusätzliche Verträge auszuweichen

Im Gegensatz zu dem deutschen AGB-Gesetz ist dieses englische Gesetz allerdings nicht zu­letzt wegen seiner häufigen Verweise und einer Vielzahl von Ausnahmetatbeständen schwer überschaubar. Ferner enthält es keine Generalklausel wie etwa § 9 AGBG a. F. bzw. § 307 BGB n. F., sondern unterwirft die unangemessenen Vertragsklauseln jedes Mal erneut einem Test auf Rechtmäßigkeit (reasonableness)[96]

2.4.3 Standardvertragsbedingungen

Das Grundprinzip der englischen Standardvertragsbedingungen ist, wie bereits erwähnt, die Beinhaltung eines kompletten Vertrages und nicht, wie beispielsweise bei der deutschen VOB/B, lediglich die Formulierung Allgemeiner Vertragsbedingungen. Insbesondere gehen diese Formverträge auf Besonderheiten im Bauwesen ein, die durch das allgemeine contract law nicht geregelt sind. Durch eine exakte Definition der jeweiligen Rechte und Pflichten der Ver­tragspartner wird hier eine eindeutige und klare Basis für die Vertragsabwicklung geschaffen und werden die Lücken des common law geschlossen. Dabei ist es, sofern beide Parteien über­einstimmen, möglich, einzelne Vertragsbedingungen der Standardverträge abzuändern. Davon ist jedoch eher abzuraten, da dies zum einen den Sinn der Verwendung von Standardverträgen verletzen würde und zum anderen die Verträge durch die Verknüpfung einzelner Klauseln miteinander und mit anderen Dokumenten auf eine komplette, unveränderte Anwendung ausgelegt sind[97].[98]

Obwohl in der Bauindustrie Großbritanniens über 30 verschiedene Standardvertragsbedin­gungen angewandt werden[99], ähneln sie sich von der allgemeinen Grundstruktur und sind vom Aufbau her in etwa identisch. Die folgenden drei Hauptbestandteile sind in jedem Standard­vertrag zu finden:

- Agreement (übereinstimmende Willenserklärung)
-(General) conditions of contract (allgemeine Vertragsbedingungen)
- Appendix (Anhang)

Das agreement ist der Teil des Vertrages, den die Parteien unterschreiben. Hier werden Namen und Firmensitz der Vertragspartner festgehalten, der Ort und die Art der Bauaufgabe be­schrieben sowie sämtliche consultants[100] also beispielsweise engineer, architect oder quantity surveyor benannt. Außerdem enthält das agreement die Höhe der Vertragssumme sowie eine Liste aller Unterlagen, die Vertragsbestandteil sind, insbesondere aller Zeichnungen (drawings) und Leis­tungsbeschreibungen (specifications).

Die conditions of contract sind der eigentliche Kern der Standardvertragsbedingungen. Hier sind in zahlreichen Klauseln u. a. die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien, die erforderliche Qualität von Baustoffen und Bauwerk, die Zahlungsmodalitäten, das Verfahren der Streitschlichtung sowie Versicherungen geregelt.

Der Anhang (appendix) enthält schließlich spezifische Regelungen, die nur das entsprechende Bauvorhaben betreffen. Hierzu gehören z. B. der Fertigungszeitraum bzw. Start- und Fertigs­tellungstermin, die Zeitspanne für Abschlagszahlungen sowie der Gewährleistungszeitraum.[101]

Neben der klar gegliederten Struktur mit den detaillierten Regelungen und der somit guten Vertragsgrundlage weist die Verwendung von Standardverträgen weitere Vorteile auf. So ist bei häufiger Anwendung — und das ist ja das Ziel von Standardvertragsbedingungen — beiden Vertragsparteien schon vor Vertragsabschluss der Vertragstext in allen Details gut bekannt und infolgedessen leicht zu verstehen und nachzuvollziehen. Das bedeutet eine deutliche Zeit­ersparnis, fördert das gegenseitige Vertrauen und erleichtert in der Regel eine Einigung zum Vertragsschluss. Ferner reicht bei der Verwendung von Standardverträgen der einfache Ver­weis auf die verwendete Form, was zu einer Komprimierung der Vertragsunterlagen auf der Baustelle führt[102]. Außerdem ist die Verwendung von Standardvertragsbedingungen im Hinb­lick auf die vielen immer wiederkehrenden Gemeinsamkeiten bei der Abwicklung von großen Bauvorhaben ökonomisch und praktisch.

Kritisiert wird an den Standardverträgen, dass sie aufgrund ihrer Komplexität auf Verände­rungen im Wettbewerbsverhalten nur sehr schwer reagieren können und deshalb immer wie­der neue Standardvertragsbedingungen für die sich im Laufe der Jahre verändernden, unter­schiedlichen Projektabwicklungsformen entwickelt werden müssen. Des Weiteren mangelt es zumindest teilweise an scharfen Formulierungen und präzisen Regelungen, da die Standard­verträge von Institutionen herausgegeben werden, in denen sich mehrere Berufsverbände, wie z. B. architects, engineers, contractors, subcontractors oder quantity surveyors, zusammengeschlossen haben und dadurch eine Vielzahl von Einzelinteressen aufeinander gestoßen ist.[103]

Aus diesen Gründen ist in vielen der von der britischen Regierung von Zeit zu Zeit in Auftrag gegebenen Untersuchungen[104] bezüglich Verbesserungsmöglichkeiten bei den Organisations­und Vertragsstrukturen in der englischen Bauindustrie immer wieder die Forderung nach ei­nem einheitlichen, einfachen Vertrag mit Allgemeingültigkeit für die gesamte englische Bauin­dustrie aufgetaucht. Dies hat sich jedoch, vermutlich aus traditionellen Gründen, bisher nicht durchgesetzt. Vielmehr ist genau das Gegenteil der Fall: Es werden immer wieder neue Stan­dardverträge für die unterschiedlichen Projektabwicklungsformen entwickelt.[105]

Die englischen Standardvertragsbedingungen haben sich nicht nur in der englischen Bauin­dustrie durchgesetzt, sondern sie prägen darüber hinaus weite Teile der internationalen Bau­vertragspraxis. Nicht zuletzt auch deshalb, weil aufgrund der Ausführlichkeit ein relativ lü­ckenloses Vertragswerk zur Verfügung steht, das schon im Vorfeld Rechtssicherheit schafft und durch das die Vertragsbeziehungen auch bei der Anwendung in unterschiedlichen Rechts­systemen klar geregelt sind. Das beste Beispiel hierfür sind die von der FIDIC herausgegebe­nen Conditions of Contract for Construction, die im Wesentlichen aus den englischen ICE Conditions of Contract abgeleitet und weltweit als internationale Mustervertragsbedingungen anerkannt sind[106].[107]

Abschließend ist an dieser Stelle noch eine Besonderheit bei der Verwendung von Standard­vertragsbedingungen anzumerken. Während in Deutschland die VOB immer in der aktuellsten Fassung anzuwenden ist, können sich in England die Vertragsparteien auf eine beliebige (auch ältere) Ausgabe der Standardvertragsbedingungen einigen[108]. Alte Auflagen verlieren dort also nicht mit der Erscheinung einer Neuauflage ihre Gültigkeit, sondern können weiterhin be­nutzt werden.

[...]


[1] Eine Ausnahme bilden hier die NEC- und die .FJDJC-Standardvertragsbedingungen, die sowohl im building works- als auch im civil engineering works-Bereich universell eingesetzt werden können. Vgl. dazu Kapitel 5.3 und 5.4.

[2] Vgl. von Bernstorff, C., Das englische Recht, 2000, S. 1.

[3] §§ 631 - 651 BGB. Vgl. hierzu Kapitel 2.2.

[4] Vgl. Hök, G.-S., Internationales Baurecht, 2001, S. 101 und Kapitel 2.4.

[5] Vgl. Fischer, P./Schonebeck, K.-H./Keil, W., Rechtsfragen im Baubetrieb, 2001, S. 2 f.; Seeling, R., Baurecht, 1998, S. 22 f.

[6] In Anlehnung an Fischer, P./Schonebeck, K.-H./Keil, W., Rechtsfragen im Baubetrieb, 2001, S. 2.

[7] Während die Weisungsfreiheit und die ausschließliche Bindung an das Gesetz (vgl. Art 97 Abs. 1 GG) als sachliche Unabhängigkeit der Richter bezeichnet wird, versteht man unter der persönlichen Unabhängigkeit der Richter die Unversetzbarkeit und die Unabsetzbarkeit (vgl. Art. 97 Abs. 2 GG).

[8] Vgl. Robbers, G., Deutsches Recht, 2002, S. 59; Seeling, R., Baurecht, 1998, S. 11.

[9] Vgl. Robbers, G., Deutsches Recht, 2002, S. 23 ff. Diese Quellenangabe bezieht sich ferner auf das gesamte Kapitel 2.1.2.

[10] Gemäß Art. 1 Abs. 3 GG binden die Grundrechte Gesetzgebung, Rechtsprechung und vollziehende Gewalt als unmittelbar geltendes Recht. Nach Art. 20 Abs. 3 GG ist die Gesetzgebung an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetze und Recht gebunden. Hiermit statuiert die Verfassung ihren Vorrang vor allem sonstigen staatlichen Recht.

[11] Dem subjektiven Willen wird von deutschen Gerichten allerdings heute regelmäßig nur noch untergeordnete Bedeutung zugemessen, verbindlich ist vielmehr der objektive, heute gültige Wille des Gesetzes. Das lässt sich dadurch begründen, dass der subjektive Wille zum einen oft schwer zu ermitteln ist und zum anderen vor allem aber historisch überholt sein kann. Vgl. dazu auch Robbers, G., Deutsches Recht 2002, S. 29.

[12] Vgl. hierzu Kapitel 2.3.

[13] Vgl. Fischer, P./Schonebeck, K.-H./Keil, W., Rechtsfragen im Baubetrieb, 2001, S. 6 ff.; Seeling, R., Baurecht, 1998, S. 22.

[14] Vgl. §§ 1 — 240 BGB, Fischer, P./Schonebeck, K.-H./Keil, W., Rechtsfragen im Baubetrieb, 2001, S. 8.

[15] Vgl. §§ 241 — 853 BGB, Fischer, P./Schonebeck, K.-H./Keil, W., Rechtsfragen im Baubetrieb, 2001, S. 8.

[16] Man unterscheidet hier zwischen dem Bauplanungsrecht und dem Bauordnungsrecht. Das Bauplanungsrecht betrifft die Ordnung des Bodens, besonders die Zulässigkeit bestimmter Arten der Bebauung eines Gebietes und ist im Baugesetzbuch [BauGB, 2002], der Baunutzungsverordnung [BauNVO] und dem Raumordnungsgesetz [ROG] geregelt. Das Bauordnungsrecht regelt die Zulässigkeit des konkreten, einzelnen Bauvorhabens und die Kompetenzen der Baubehörden. Die Zuständigkeit für das Bauordnungsrecht liegt bei den Bundesländern; es ist daher in den Landesbauordnungen geregelt. Diese stimmen in Aufbau und Inhalt im Wesentlichen überein, da sie auf einer gemeinsam von Bund und Ländern erstellten Musterbauordnung beruhen. Vgl. Cuypers, M., Baurecht, 1996, S. 3; Fischer, P./Schonebeck, K.-H./Keil, W., Rechtsfragen im Baubetrieb, 2001, S. 5; Robbers, G., Deutsches Recht, 2002, S. 98.

[17] Vgl. Kapellmann, K. D./Langen, W., Einführung in die VOB/B, 2002, Rdn. 3.

[18] Vgl. Kleine-Möller, N./Merl, H./Oelmaier, W., Privates Baurecht, 1997, § 6, Rdn. 10.

[19] Vgl. Gralla, M., Wettbewerbs- und Vertragsformen, 1999, S. 283 f.

[20] Das BGB verwendet die Begriffe Besteller und Unternehmer, während die VOB von Auftraggeber und Auftragnehmer spricht.

[21] Zur Erfolgsbezogenheit des Werkvertrages siehe auch Palandt, BGB, 2002, Einführung 1 vor § 631 BGB.

[22] Vgl. Cuypers, M., Bauvertragsrecht, 2002, B Ansprüche der Bauvertragspartner, Rdn. 12; Kapellmann, K. D./Langen, W., Einführung in die VOB/B, 2002, Rdn. 6 und Rdn. 9; Vygen, K., Grundwissen Bauvertragsrecht, 2001, S. 13 ff.

[23] Zur Verpflichtung der Anwendung der VOB vgl. Kapitel 2.2.2.

[24] Vgl. Kapellmann, K. D./Langen, W., Einführung in die VOB/B, 2002, Rdn. 9; Vygen, K., Grundwissen Bauvertragsrecht, 2001, S. 13.

[25] Näheres dazu im Kapitel 2.2.3.

[26] Vgl. Kapellmann, K. D./Langen, W., Einführung in die VOB/B, 2002, Rdn. 9; Vygen, K., Grundwissen Bauvertragsrecht, 2001, S. 14 f.

[27] So ist für einige Verträge die Schriftform vorgeschrieben. Vgl. dazu Kapellmann, K. D./Langen, W., Einführung in die VOB/B, 2002, Rdn. 10. Unter ‘Schriftform’ ist gemäß § 126 BGB die Unterzeichnung einer Urkunde durch beide Vertragspartner oder der Austausch wechselseitig unterzeichneter gleich lautender Schriftstücke erforderlich. Ein schriftliches Angebot und eine schriftliche Auftragsbestätigung genügen dann nicht. Vgl. hierzu Vygen, K., Grundwissen Bauvertragsrecht, 2001, S.17.

[28] Vgl. Kapellmann, K. D./Langen, W., Einführung in die VOB/B, 2002, Rdn. 9; Vygen, K., Grundwissen Bauvertragsrecht, 2001, S. 16 f.

[29] Da der BGB-Werkvertrag in keiner Weise auf den Bauvertrag und seine Abwicklung zugeschnitten ist, sollten die Vertragspartner einige Sachverhalte, die sich bei einem VOB-Vertrag schon ohne weiteres aus der VOB/B ergeben, in Zusätzlichen oder Besonderen oder auch Allgemeinen Vertragsbedingungen ausdrücklich regeln. Neben einer genaueren Definition des Bausolls gehören hierzu z. B. auch Regelungen über die Auswirkungen nachträglicher Leistungsänderungen, Bestimmungen über die Einhaltung von Ausführungsfristen, die Folge von Behinderungen, eine ausreichende Definition der Mitwirkungspflichten des Auftraggebers und der Anspruch auf Abschlagszahlungen. Vgl. hierzu Vygen, K., Handbuch Bauvertragsrecht, 1997, Rdn. 232 ff.

[30] Vgl. Vygen, K., Handbuch Bauvertragsrecht, 1997,Rdn. 287 ff.

[31] Es sei denn, er hat die Bindung ausdrücklich ausgeschlossen. Ein Ausschluss der Bindung, wie ihn § 145 BGB als Möglichkeit vorsieht, kommt im Bauwesen allerdings in der Regel nicht vor, außer wenn ein Bieter zeitgleich zwei große Objekte anbietet, er jedoch aufgrund seiner freien Kapazitäten nur eines ausführen kann. Vgl. dazu Vygen, K., Grundwissen Bauvertragsrecht, 2001, S. 19.

[32] Diese Bindungswirkung tritt allerdings erst mit dem Zugang des Angebotes ein, da gemäß § 130 BGB eine Willenserklärung bis zu deren Zugang frei und jederzeit widerrufen werden kann. Zu den Fällen, in denen keine Bindefrist genannt ist bzw. unangemessen lange Bindefristen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen festgeschrieben sind, vgl. Kapellmann, K. D./Langen, W., Einführung in die VOB/B, 2002, Rdn. 6.

[33] Vgl. Kapellmann, K. D./Langen, W., Einführung in die VOB/B, 2002, Rdn. 6 und 7.

[34] Vgl. Vygen, K., Grundwissen Bauvertragsrecht, 2001, S. 24.

[35] Damals und bis zum Jahre 2000 unter dem Namen 'Verdingungsordnung für Bauleistungen (VOB)’. Der Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (vormals Deutscher Verdingungsausschuss für Bauleistungen) hat 2002 jedoch die Teile A und B der VOB in der Bekanntmachung vom 12. September 2002 (BAnz. Nr. 202a vom 29. Oktober 2002) neu herausgegeben und dabei in seiner Satzung festgelegt, dass die Neuausgabe der VOB unter der Bezeichnung 'Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB)’ erfolgt. Änderungen der Rechtslage sind aus dieser Neubezeichnung nicht abzuleiten. Ebenfalls bleibt die Privilegierung der VOB/B in § 305 Nr. 5 BGB und § 309 Nr. 8 Buchst. b ff BGB unverändert. Vgl. dazu jedoch auch die Anmerkungen in Fn. 49. Die Neufassung ersetzt die VOB Teile A und B der Ausgabe 2000 komplett; sie ist am 15.02.2003 in Kraft getreten. Die Neufassung der VOB Teil A war aufgrund der Änderungen der EU-Bekanntmachungsmuster, die in deutsches Recht umzusetzen waren, erforderlich geworden; außerdem wurden die vertraglichen Regelungen in Teil B den Neuerungen durch die Schuldrechtsreform angepasst.

[36] BGH NJW 1959, 142.

[37] Heiermann, W./Riedl, R./Rusam, M., Handkommentar VOB, 2000, Rdn. 1.

[38] Vgl. Ingenstau, H./Korbion, H., VOB Kommentar, 1996, Einl. Rdn. 2. Zitiert bei Gralla, M., Wettbewerbs- und Vertragsformen, 1999, S. 287.

[39] BGHZ 101, 369, 376 ff. Zitiert bei Elsner, T., Bauverträge, 2000, Fn. 316.

[40] BGH, BauR 1983, 84 = ZfBR 1983, 17.

[41] NJW 1960, 431; BauR 1997, 121; BauR 2000, 128. Zitiert bei Elsner T., Bauverträge, 2000, Fn. 1 bzw. Fischer, P./Schonebeck, K.-H./ Keil, W., Rechtsfragen im Baubetrieb, 2001, S. 83.

[42] Vgl. Vygen, K., Handbuch Bauvertragsrecht, 1997, Rdn. 107.

[43] Wer im einzelnen die Abschnitte der VOB/A anzuwenden hat, ist dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), den Haushaltsordnungen des Bundes, der Länder und Gemeinden und den Regelungen zur Anwendung der Paragraphen zu Beginn der

Abschnitte 2, 3 und 4 der VOB/A zu entnehmen.

[44] Allerdings gilt das in § 9 VOB/A enthaltene Gebot der Klarheit und der Vollständigkeit der Leistungsbeschreibung als vorvertragliche Pflicht für jeden Auftraggeber, also auch für den privaten. Vgl. Kapellmann, K. D./Langen, W., Einführung in die VOB/B, 2002, Rdn. 14.

[45] Der Auftraggeber kann mit den Bietern über den Vertragsinhalt, also auch Preise, verhandeln, was er bei Vergabe nach Abschnitt 1-3 gerade nicht darf. Vgl. Kapellmann, K. D./Langen, W., Einführung in die VOB/B, 2002, Rdn. 14.

[46] §§ 97 ff. GWB und VgV, 2001.

[47] Vgl. Kapellmann, K. D./Langen, W., Einführung in die VOB/B, 2002, Rdn. 15.

[48] Vgl. hierzu auch Kapitel 2.2.3.

[49] So jedenfalls die bisherige Rechtsprechung, denn bisher waren gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 5 AGBG a. F. die Vorschriften der VOB/B nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs als Ganzes "privilegiert" und unterlagen nicht der Kontrolle durch das AGB-Gesetz. Ob dies auch nach dem neuen AGB-Recht infolge der Schuldrechtsreform 2002 für die neue VOB/B, 2002 weiterhin zutrifft, wird z. Zt. kontrovers diskutiert. Ablehnend: Kapellmann, K. D./Langen, W., Einführung VOB/B, 2002, Rdn. 18 und auch Heiermann, VOB/B, 2002, S. 22. Bejahend dagegen: Boldt, die die Meinung vertritt, dass sich an der bisherigen Rechtssprechung nichts ändert und die VOB/B auch nach wie vor in ihrer Gesamtheit privilegiert ist. Vgl. Boldt, A., Bauvertrag, 2002, Fn. 56. Ebenso Werner, M., Die neue VOB/B, 2002, S. 24. Zustimmend auch Joussen, E., Die Privilegierung der VOB, 2002, BauR 12/2002, S. 1759 ff.

[50] Vgl. Vygen, K., Handbuch Bauvertragsrecht, 1997, Rdn. 140. Wird die VOB/B allerdings nicht insgesamt vereinbart, sondern werden einzelne Bestimmungen, die erheblich für die Ausgewogenheit der VOB/B sind, abgeändert, unterliegen alle vereinbarten Teile der AGB- rechtlichen Inhaltskontrolle. Vgl. Ingenstau, H./Korbion, H., VOB-Kommentar, 2001, A AGB-Gesetz, Rdn. 73.

[51] Vgl. Kapellmann, K. D./Langen, W., Einführung in die VOB/B, 2002, Rdn. 16.

[52] Vgl. Kapellmann, K. D./Langen, W., Einführung in die VOB/B, 2002, Rdn. 18.

[53] Vgl. Kapellmann, K. D./Langen, W., Einführung in die VOB/B, 2002, Rdn. 19.

[54] Vgl. Seeling, R., Baurecht, 1998, S. 78.

[55] Vgl. Vygen, K., Grundwissen Bauvertragsrecht, 2001, S. 31 ff.

[56] Zur Privilegierung der VOB/B vgl. auch Anmerkungen in Fn. 49.

[57] Dabei schuldet er nicht die handwerkliche Fertigstellung, aber ein dauerhaft genehmigungsfähiges Bauwerk. Vgl. ZfBR 1999, 202 = NJW 1999, 2112. Der Architekt hat dafür zu sorgen, dass das Bauwerk entsprechend der Planung und frei von Mängeln vollendet wird. Vgl. NJW 1960, 431. Zitiert bei Fischer, P./Schonebeck, K.-H./Keil, W., Rechtsfragen im Baubetrieb, 2001, S. 83.

[58] Vgl. Fischer, P./Schonebeck, K.-H./Keil, W., Rechtsfragen im Baubetrieb, 2001, S. 83 ff.

[59] Für den Bauherrn sind die beiden zuletzt genannten Möglichkeiten empfehlenswert; der Architekt hingegen wird eine möglichst umfassende Beauftragung anstreben. Vgl. Elsner, T., Bauverträge, 2000, Rdn. 15 ff.

[60] Vgl. Elsner, T., Bauverträge, 2000, Rdn. 12 und 14.

[61] Die HOAI trat am 1.1.1977 in Kraft, seit dem 1.1.1996 gilt die aktuelle Fassung.

[62] BGHZ 133, 399; BGH, ZfBR 1999, 92.

[63] Vgl. Locher, H./Koeble, W./Frik, W., Kommentar zur HOAI, 1996, § 4, Rdn. 11 m. w. N. Zitiert bei Elsner, T., Bauverträge, 2000, Rdn. 29.

[64] Vgl. Elsner, T., Bauverträge, 2000, Rdn. 6 und 29.

[65] Vgl. Langen, W., Planerverträge, 1997, S. 188. Mit Einschränkung zustimmend Locher, H./Koeble, W./Frik, W., Kommentar zur HOAI, 1996, § 15, Rdn. 7 f.

[66] Da sich diese Arbeit ausschließlich mit einer genaueren Betrachtung der Standardvertragsbedingungen in England befasst, beziehen sich die nachfolgenden Ausführungen zum englischen Recht lediglich auf das Recht, welches in England und Wales angewandt wird.

[67] Der englische Rechtskreis wird in der Literatur auch häufig als der anglo-amerikanische Rechtskreis bezeichnet, da das englische Recht im Wesentlichen das amerikanische Recht geprägt hat. Vgl. von Bernstorff, C., Vertragsgestaltung, 1997, S. 2; Blumenwitz, D., Das anglo- amerikanische Recht, 1998, Titel des Buches; Hök, G.-S., Internationales Baurecht, 2001, S. 102.

[68] Vgl. James, P. S., English Law, 1989. Zitiert bei Blumenwitz, D., Das anglo-amerikanische Recht, 1998, Fn. 15.

[69] Vgl. von Bernstorff, C., Das englische Recht, 2000, S. 1 ff.; Blumenwitz, D., Das anglo-amerikanische Recht, 1998, S. 1 ff.

[70] Vgl. Ashworth, A., Contractual Procedures, 2001, S. 4 ff.; von Bernstorff, C., Das englische Recht, 2000, S. 1 ff.

[71] Das custom ist als die Hauptursprungsquelle des common law anzusehen. Vgl. Ashworth, A., Contractual Procedures, 2001, S. 4; von Bernstorff, C., Das englische Recht, 2000, S. 15 ff.; Blumenwitz, D., Das anglo-amerikanische Recht, 1998, S. 55 ff. Von Bernstorff und Blumenwitz erläutern a. a. O. auch die nachfolgend erwähnten, weiteren englischen Rechtsquellen reason, books of authority, die Normen des Völkerrecht und die europäischen Normen im Zusammenhang mit dem englischen Recht ausführlicher.

[72] Vgl. Ashworth, A., Contractual Procedures, 2001, S. 4 ff.; von Bernstorff, C., Das englische Recht, 2000, S. 1 ff.

[73] Zum Aufbau der englischen Gerichtsbarkeit und der Bindung an frühere Entscheidungen vgl. Kapitel 2.3.2.

[74] Vgl. Ashworth, A., Contractual Procedures, 2001, S. 6 f.; von Bernstorff, C., Das englische Recht, 2000, S. 9 f. und S. 31 ff.; Blumenwitz, D., Das anglo-amerikanische Recht, 1998, S. 35 ff.; Uff, J., Construction Law, 1991, S. 7 f.

[75] Das House of Lords hat auch die Funktion des höchsten englischen Gerichts. Vgl. dazu Kapitel 2.3.2. Dennoch liegt bei der Gesetzgebung die entscheidende Macht im Parlament im Unterhaus, dem House of Commons, da das Oberhaus, das House of Lords, Gesetze, die im Unterhaus beschlossen wurden, nicht mehr verhindern sondern lediglich verzögern kann. Vgl. dazu von Bernstorff, C., Das englische Recht, 2000, Fn. 32 und S. 41 ff.

[76] Zu den sechs Stationen im Einzelnen vgl. Ashworth, A., Contractual Procedures, 2001, S. 5; Sturm, R., Großbritannien, 1999, S. 6 ff.

[77] Vgl. Ashworth, A., Contractual Procedures, 2001, S. 5 f.; von Bernstorff, C., Das englische Recht, 2000, S. 11 ff.; Blumenwitz, D., Das anglo-amerikanische Recht, 1998, S. 45 ff.; Sturm, R., Großbritannien, 1999, S. 6 ff.

[78] Im Normalfall ist in Deutschland eine Streitentscheidung durch ein ordentliches Gericht vorgesehen, es sei denn, die Parteien haben beispielsweise eine Schiedsgerichtsvereinbarung nach § 10 Nr. 6 VOB/A vereinbart. Streitschlichtungsverfahren in der in England praktizierten Form (adjudication, vgl. Kapitel 2.3.2.2) gibt es in Deutschland bisher nicht.

[79] So jedenfalls Ashworth und Atkinson. Vgl. Ashworth, A., Contractual Procedures, 2001, S. 8; Atkinson, A. V., Contract Administration, 1985, S. 15. Bernstorff nennt in diesem Zusammenhang vermutlich fälschlicherweise eine Summe von £ 50.000. Vgl. von Bernstorff, C., Das englische Recht, 2000, S. 18. Für weitere Zuständigkeiten der county courts und die maximale Höhe der entsprechenden Streitwerte vgl. Ashworth, A., a. a. O.; von Bernstorff, C., a. a. O.

[80] Lupton, S., Guide to JCT 98, 2001, Rdn. 10.30.

[81] Vgl. Ashworth, A., Contractual Procedures, 2001, S. 8 ff.; von Bernstorff, C., Das englische Recht, 2000, S. 10 f. und S. 18 ff.; Blumenwitz, D., Das anglo-amerikanische Recht, 1998, S. 27 ff.

[82] Es kommt daher nicht so schnell zu einer schlechten Presse, die das Image belastet.

[83] Vgl. Lupton, S., Guide to JCT 98, 2001, Rdn. 10.1 und 10.7.

[84] Die Bezeichnungen JCT 98 und ICE 7th stehen für verschiedene Standardvertragsbedingungen und werden in Kapitel 5 näher erläutert.

[85] Mitglied in einer Organisation oder Vereinigung. Im Gegensatz zum ‘einfachen’ member haben fellows eine besondere berufliche Stellung.

[86] In bestimmten Fällen kann bei vorheriger Übereinstimmung beider Parteien sogar gemäß diesen Gesetzen geregelt werden, dass das Urteil des arbitrators auch vor einem ordentlichen Gericht nicht mehr anfechtbar ist. Vgl. Jewell, M., English Contract Law, 2002, Rdn. 283.

[87] Ausnahme: Es können Verfahrensfehler nachgewiesen werden, die gegen die Auflagen des Arbitration Acts verstoßen.

[88] Vgl. Ashworth, A., Contractual Procedures, 2001, S. 41 ff.; Atkinson, A. V., Contract Administration, 1985, S. 101 ff.; Baur, M., Interview, 2003, S. 13; Goedel, J., Interview, 2000, S. 298 ff.; Kwakye, A. A., Construction, 1997, S. 258 ff.; Lupton, S., Guide to JCT 98, 2001, S. 137 ff. Die genannten Quellenangaben beziehen sich auf das gesamte Kapitel 2.3.2.2.

[89] Der Begriff Kautelarjurisprudenz bezeichnet die Tätigkeit, Vertragsbedingungen (Kautelen) zu formulieren. [Quelle: Carl Creifelds, Rechtswörterbuch, 13. Auflage, München: Beck, 1996]

[90] Vgl. hierzu Kapitel 3.

[91] Vgl. von Bernstorff, C., Das englische Recht, 2000, S. 47; Gralla, M., Garantierter Maximalpreis, 2001, S. 82 f.; Hök, G.-S., Internationales Baurecht, 2001, S. 104; Hök, G.-S., Baurecht Bericht, 2002, S. 434 f.; Huru, H., UK Construction Industry, 1992, S. 73 und S. 75

[92] Vgl. von Bernstorff, C., Das englische Recht, 2000, S. 50 ff. und S. 80.

[93] Nur manche Auftraggeber verlangen einen Vertragsabschluß ‘under seal’. Vgl. Brook, M., Estimating and Tendering, 1993, S. 23. Anders dagegen Ashworth, der auf die häufige Verwendung von ‘under sea/’-Verträgen zumindest im Bereich der öffentlichen Hand verweist. Vgl. Ashworth, A., Contractual Procedures, 2001, S. 128. Das ändert allerdings nichts am Ergebnis der nachfolgenden Betrachtungen, da die Standardvertragsbedingungen ja in Schriftform vorliegen und somit die Formvorschriften der ‘under sea/’-Verträge erfüllen.

[94] Vgl. Ashworth, A., Contractual Procedures, 2001, S. 16 ff.; Atkinson, A. V., Contract Administration, 1985, S. 16 ff.; Kwakye, A. A., Construction, 1997, S. 93 ff.; von Bernstorff, C., Das englische Recht, 2000, S. 50 ff.; Brook, M., Estimating and Tendering, 1993, S. 21 ff.

[95] Vgl. von Bernstorff, C., Das englische Recht, 2000, S. 76 f.; von Bernstorff, C., Vertragsgestaltung, 1997, S. 56 f.

[96] Vgl. Ashworth, A., Contractual Procedures, 2001, S. 24 f.; von Bernstorff, C., Das englische Recht, 2000, S. 90 ff.; von Bernstorff, C., Vertragsrecht, 1998, S. 78 f.

[97] Diesen Sachverhalt betonen u. a. auch die Guidance Notes zu den ICE Conditions of Contract 7th edition, einem Standardvertrag, der in Kapitel 5.2 näher erläutert wird. Vgl. o. V., ICE — Guidance Notes, 1999, S. 3.

[98] Vgl. Ashworth, A., Contractual Procedures, 2001, S. 127; Brook, M., Estimating and Tendering, 1993, S. 23 f.; Gralla, M., Garantierter Maximalpreis, 2001, S. 82 f.

[99] Vgl. Potts, K. F., Construction Works, 1995, S. 237.

[100] Vgl. dazu Kapitel 6.

[101] Vgl. Ashworth, A., Contractual Procedures, 2001, S. 128; Kwakye, A. A., Construction, 1997, S. 116 ff.; Murdoch, J./Hughes, W., Construction Contracts, 2002, S. 132 ff.

[102] Dies ist zumindest bei den Verwendern der ICE-Verträge durchaus die gängige Praxis, während die Verwender der JCT-Verträge in der Regel eine Kopie des kompletten Vertragswerkes unterzeichnen. Vgl. Brook, M., Estimating and Tendering, 1993, S. 23.

[103] Vgl. Ashworth, A., Contractual Procedures, 2001, S. 60 f.; Collier, K., Construction Contracts, 1987, S. 12 und S. 55 f.; Kwakye, A. A., Construction, 1997, S. 100 f.; Ndekugri, I./Rycroft, M., JCT Contract, 2000, S. 1.

[104] Stellvertretend seien hier der Banwell Report, 1964, der Latham Report, 1994 und der Egan Report, 1998 genannt.

[105] Vgl. Ashworth, A., Contractual Procedures, 2001, S. 60; Brook, M., Estimating and Tendering, 1993, S. 21.

[106] Die beiden hier angesprochenen Conditions of Contract, sowie die Organisationen FIDIC und ICE werden in Kapitel 5 näher erläutert.

[107] Vgl. Bunni, N. G., FIDIC Contract, 1997, S. 4 ff. und S. 19; Gralla, M., Garantierter Maximalpreis, 2001, S. 83; Mallmann, R. A., FIDIC — Bauverträge, 2002, S. 68 f.

[108] Vgl. Ashworth, A., Contractual Procedures, 2001, S. 61.

Ende der Leseprobe aus 255 Seiten

Details

Titel
Die Baubeteiligten in England. Eine Darstellung struktureller Unterschiede zwischen der englischen und deutschen Bauwirtschaft
Hochschule
Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen  (Lehrstuhl für Baubetrieb und Projektmanagement)
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
255
Katalognummer
V88290
ISBN (eBook)
9783638067232
ISBN (Buch)
9783640105144
Dateigröße
6756 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Aus der Beurteilung: "...Ich habe Ihre Arbeit mit großem Interesse und großem Vergnügen gelesen. Die Arbeit ist klar gegliedert, gut verständlich und inhaltlich umfassend. Sie stellt dem Leser die Struktur des englischen Bauwesens in einer bisher in Deutschland nicht veröffentlichten, ausgezeichneten Form vor, vergleicht diese Struktur mit den deutschen Bedingungen und liefert so Informationen, die grade angesichts der heutigen Diskussion über Partnering-Modelle, Construction Management und dergleichen zur Begriffserklärung und Entwicklung beitragen..."
Schlagworte
Baubeteiligten, England, Darstellung, Unterschiede, Bauwirtschaft, FIDIC, NEC, ICE, Standardbauverträge, Bauvertragswesen, VOB, JCT
Arbeit zitieren
Dipl.-Ing. Lars Weber (Autor:in), 2003, Die Baubeteiligten in England. Eine Darstellung struktureller Unterschiede zwischen der englischen und deutschen Bauwirtschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88290

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