Negative Campaigning in den USA und sein Einfluss auf die Wahlbeteiligung


Hausarbeit, 2005

25 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was ist Negative Campaigning?
2.1 Definition
2.2 Ein Beispiel für negative Wahlwerbung

3. Verwerflich oder nicht? – Negative Campaigning in der Kritik

4. Beeinflusst Negative Campaigning die Wahlbeteiligung?
Zwei Studien
4.1 Ansolabehere und Iyengar
4.1.1 Fragestellung/Methode/Versuchsaufbau
4.1.1.1 Das Ein-Spot-Design
4.1.1.2 Das Zwei-Spot-Design
4.1.2 Ergebnisse
4.1.2.1 Das Ein-Spot-Design
4.1.2.2 Das Zwei-Spot-Design
4.2 Lau und Pomper
4.2.1 Fragestellung/Methode
4.2.2 Ergebnisse
4.2.2.1 Aggregatdatenanalyse
4.2.2.2 Kombination von
Aggregatdaten- und Individualdatenanalyse

5. Die Studien im Vergleich

6. Schlussbetrachtung

7. Literaturverzeichnis

8. Anhang

1. Einleitung

Negative Campaigning hat in den letzten Jahren viel Beachtung in den USA bekommen. Nicht nur Political Consultants, sondern auch namhafte Wissenschaftler haben sich mit dem Phänomen beschäftigt.

Negativwahlkampf spaltet die Nation: für Political Consultants ist Negative Campaigning ein wirkungsvolles, unverzichtbares Instrument für den Wahlsieg des eigenen Kandidaten, wie Victor Kamber, ein demokratischer Berater, eindrucksvoll formuliert:

“It´s easier to give voters a negative impression of your opponent than it is to improve their image of you, especially if you are already viewed negatively. The best way to win is by bringing the other guy down, not bringing yourself up.“[1]

Die gängige Meinung unter Wahlkampfberatern ist, dass negative Wahlwerbung von den Rezipienten mit höherer Aufmerksamkeit verfolgt wird; zudem scheint sie besser erinnert zu werden und hat demzufolge einen höheren Informationswert.[2]

Doch viele Wissenschaftler sehen Negativwahlkampf als den Grund für die immer geringer werdende Wahlbeteiligung und um sich greifende politische Apathie:

“The electorate has grown weary of the nastiness and negativity of campaigns. They are mad at the candidates, mad at the parties, mad at the media, and mad at anyone else who steps into the electoral arena. Many people now choose to stay home on election day [...] If venom isn´t really what the public is after, why do candidates insist on going negative?”[3]

In meiner Arbeit möchte ich Antworten darauf finden, ob Negative Campaigning seinen schlechten Ruf verdient. Ist Negative Campaigning nicht unverzichtbar für den Wähler, um zu einer Wahlentscheidung zu kommen? Schürt es Apathie unter der Wählerschaft? Oder hilft es, die Wähler zu mobilisieren? Und wenn Negativwahlkampf erlaubt ist, wo sind die Grenzen?

Doch bevor ich zu einer eingehenden Betrachtung all dieser Fragen komme, wende ich mich der Frage zu, was man eigentlich unter Negative Campaigning versteht.

2. Was ist Negative Campaigning?

2.1 Definition

Folgt man der Definition von Anthony Downs, ist Negative Campaigning das Aufklären der Wähler über negative Aspekte des Charakters, der Vergangenheit und gegebenenfalls der Partei des gegnerischen Kandidaten.[4] Doch diese Definition, die sich aus der Kontrollfunktion der Opposition gegenüber der Regierung ableitet, vergisst, dass Negative Campaigning nicht nur Angriffe auf die Persönlichkeit des Kandidaten einschließt, sondern ebenfalls auf thematische Inkompetenzen des politischen Gegners abzielen kann. In der Studie von Lau und Pomper (vgl. Kap. 4.2) heißt es:

“Negative Campaigning is talking about the opponent – his or her programs, accomplishments, qualifications, associates, and so on – with the focus, usually, on the defects of these attributes.”[5]

Auch Ansolabehere und Lau, deren Studie ich in Kapitel 4.1 vorstellen werde, verwenden diese Definition.

2.2 Ein Beispiel für negative Wahlwerbung

Oben genannte Definition klingt sachlich, doch was sich in der Realität manchmal hinter Negative Campaigning verbirgt, informiert die Wählerschaft nicht objektiv über Unzulänglichkeiten eines Kandidaten, welche für die Ausübung eines politischen Amtes hinderlich sein könnten.

Besonders Wahlwerbespots, die beliebtesten Wahlkampfinstrumente in den USA, arbeiten teilweise mit dem Schüren von Ängsten in der Bevölkerung. So zum Beispiel der berühmte Daisy-Spot aus dem Präsidentschaftswahlkampf 1964, in dem der amtierende Präsident Lyndon B. Johnson gegen den republikanischen Herausforderer Barry Goldwater antrat.

Der Spot (s. Titelbild) zeigt ein Mädchen, das Blütenblätter einer Blume abreißt, im Hintergrund hört man eine durchdringende, mechanisch klingende männliche Stimme, die einen Countdown zählt. Während der Countdown seinem Ende zugeht, zoomt die Kamera direkt in die schreckgeweiteten Augen des Mädchens, eine Detonation ist zu hören und man sieht die Explosion einer Atombombe. Eine eindringliche Stimme im Hintergrund sagt: We must either love each other or we must die. Vote for President Johnson on November the third.

Dieser TV-Ad benutzte in Zeiten des Vietnamkrieges die Angst der US-amerikanischen Bevölkerung vor einem Atomkrieg. Dieses Beispiel zeigt, dass Goldwater aufgrund seiner Einstellung, in Vietnam hart durchgreifen zu wollen, als gefährlich für Amerika gebrandmarkt werden soll.

Doch nicht alle Wahlwerbespots sind so kontrovers wie dieses Beispiel. Im folgenden Kapitel werde ich der Frage nachgehen, ob es eine Berechtigung dazu gibt, Negative Campaigning einzusetzen und wo eventuelle Grenzen liegen.

3. Verwerflich oder nicht? – Negative Campaigning in der Kritik

Viele Wissenschaftler schreiben Negative Campaigning einen maßgeblichen Einfluss auf den Rückgang der Wahlbeteiligung in den USA zu.[6] Sie gehen davon aus, dass die Wahlberechtigten durch negative Wahlwerbung ihr Vertrauen in die Politik verlieren und ihrem Unmut durch Nichtwählen Ausdruck verleihen.[7]

In seinem Aufsatz zitiert Mayer zwei Reaktionen der amerikanischen Bevölkerung auf Negative Campaigning. Zum einen gebe es diejenigen, die Negativwahlkampf in all seinen Facetten ablehnen. Andererseits gebe es Menschen, die an Negative Campaigning nicht die Negativität bemängelten. Fakten durch Negativspots zu verbreiten, die wahr und daher wichtig für ihre Wahlentscheidung seien, sei legitim und erstrebenswert. Allerdings verurteilten sie Attacken, die sich als irreführend oder irrelevant für die Wahlentscheidung erwiesen.[8]

Meiner Meinung nach ist dies eine bedeutende Differenzierung. Negativwahlwerbung, die Halb- oder gar Unwahrheiten verbreitet, verdient Ablehnung seitens der Bevölkerung. Doch Mayer zu Folge existieren auch legitime Formen von Negative Campaigning.

Zunächst ist es essentiell notwendig für den Kandidaten, der sich auf ein politisches Amt bewirbt.

“If a candidate is arguing for a mayor change in government policy, his first responsibility is to show that current policies are in some way deficient. […] The need for such proposals becomes clear only when a candidate puts them in the context of present problems – only, that is to say, when a candidate “goes negative”.”[9]

Lau und Pomper unterscheiden in ihrer Studie über die Effekte von Negative Campaigning in U.S.-Senatswahlen zwei Ausprägungen von Negative Campaigning. Es gibt Attacken, die sich gegen die Politik des Gegners wenden und solche, die auf die Person des Konkurrenten abzielen. Sie stellen die Hypothese auf, dass Wähler themenbezogene Angriffe als relevant und rechtmäßig einstufen, wohingegen sie personenbezogene Attacken als unseriös empfinden. Personenbe-zogenen Angriffen wird also ein „Schlammschlachtcharakter“ unterstellt.[10] Doch Mayer sieht beide Formen des Negativwahlkampfes als legitim. Durch beide erführen Wähler oft wichtige Fakten, die für eine mündige Wahlentscheidung erforderlich seien. Gerade auf den Charakter des Gegners abzielende Angriffe verteidigt er:

“New issues will arise that were never discussed in the campaign. Old issues will appear within an entirely different context. […] The issue positions assumed during a campaign, in other words, are short-lived and changeable; a better guide to what a candidate will do is often provided by his personality and character.”[11]

Positive Campaigning kann zudem ebenso irreführend und manipulativ gebraucht werden wie Negative Campaigning. Auf die gleiche Weise, wie ein Kandidat das Bild seines Konkurrenten verzerren kann, ist er auch in der Lage, sein eigenes Image zu verzerren. Zu bewerten ist, ob nicht beide Varianten gleichermaßen eine Täuschung des Wahlberechtigten darstellten. Jemand anderen schlechter darzustellen, als er ist, mag zwar moralisch verwerflicher klingen, als sich selbst in einem besonders guten Licht darzustellen. Allerdings führt es zu einem ähnlichen Effekt: Das Bild des Wählers über die Kandidaten, deren Themen und deren Persönlichkeit wird manipuliert, mit dem Ziel, die Wahl zu gewinnen.

Sollte man also Negative Campaigning als bedeutsam für eine demokratische Wahlentscheidung akzeptieren? Mayer kommt zu dem Schluss, dass nicht Negative Campaigning, sondern wahrheitsverzerrende Kampagnen verurteilt werden sollten:

“If the problem really is with campaign ads that are misleading or irrelevant or nasty, why not just say so? Why not abandon the attack on negative campaigning and go after misleading campaigning or trivial campaigning instead?”[12]

Unwahrheiten, die durch positive Wahlwerbung verbreitet werden, werden meiner Meinung von der Bevölkerung nicht so kontrovers betrachtet wie solche, die durch negative Werbung in Umlauf gebracht werden. Es wäre möglich, dass Wissenschaftler mit der These, Negative Campaigning würde die Politikverdrossenheit fördern, Recht haben. Ein positiver Spot, der „lügt“, verdüstert das Bild, welches die Wählerschaft von Politik hat, vielleicht nicht in dem Maße, wie es negative Ads können, indem sie den unzumutbaren Status quo unter der amtierenden Regierung, sowie die moralische Verwerflichkeit der Kandidaten portraitiert.

Ob Negative Campaigning einen nachweisbaren Einfluss auf die Wahlbeteiligung und den Wahlausgang hat, ob es die Wähler von den Urnen fernhält oder sogar anspornt, die eigene Stimme abzugeben, sind Fragen, mit denen sich verschiedene Studien auseinandergesetzt haben.

4. Beeinflusst Negative Campaigning die Wahlbeteiligung? – Zwei Studien

Die folgenden zwei Studien, die ich vorstellen werde, nutzen unterschiedliche methodische Zugänge, erforschen aber das gleiche Themengebiet. Primär geht es darum, um den Nachweis zu erbringen, dass Negative Campaigning einen Einfluss auf die Wahlbeteiligung und den Wahlausgang hat. Unterschiedliche Variationen greifen zudem auf, wem Negativwahlkampf unter welchen Bedingungen nützen kann und wem er schadet. Eine weitere Fragestellung beschäftigt sich mit dem Informationsgehalt von Negativwahlwerbung.

[...]


[1] Siehe Kamber, S. 8.

[2] Vgl. Ansolabehere/Iyengar, S.48

[3] Siehe Ansolabehere/Iyengar, S.115

[4] Vgl. Downs (1957)

[5] Aus: Lau und Pomper 2, S. 48

[6] z.B. Ansolabehere/Iyengar

[7] Vgl. Kaltenthaler

[8] Vgl. Mayer, S.442f

[9] Mayer, S.441

[10] Lau und Pomper

[11] Mayer, S.444f

[12] Siehe Mayer, S.443

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Negative Campaigning in den USA und sein Einfluss auf die Wahlbeteiligung
Hochschule
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
25
Katalognummer
V88144
ISBN (eBook)
9783638017275
ISBN (Buch)
9783638919029
Dateigröße
686 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung 2. Was ist Negative Campaigning? 2.1 Definition 2.2 Ein Beispiel für negative Wahlwerbung 3. Verwerflich oder nicht? – Negative Campaigning in der Kritik 4. Beeinflusst Negative Campaigning die Wahlbeteiligung? Zwei Studien 4.1 Ansolabehere und Iyengar 4.1.1 Fragestellung/Methode/Versuchsaufbau 4.1.2 Ergebnisse 4.2 Lau und Pomper 4.2.1 Fragestellung/Methode 4.2.2 Ergebnisse 5. Die Studien im Vergleich 6. Schlussbetrachtung 7. Literaturverzeichnis 8. Anhang
Schlagworte
Negative, Campaigning, Einfluss, Wahlbeteiligung
Arbeit zitieren
Lisa Högden (Autor:in), 2005, Negative Campaigning in den USA und sein Einfluss auf die Wahlbeteiligung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88144

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