Welche Bedingungen sind an Fan Fiktion gebunden?

Die Voraussetzungen des Fernsehtextes und der Rezipienten für die Aneignung von Serien


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

34 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Verhältnis von Kulturindustrie und Konsument.

3. Der Begriff der Aneignung und die Bedeutung des Alltags für die Aneignungspraktiken.
3.1 Die Fernsehaneignung als Vermittlungsprozess und die Kategorien der Produktivität

4. Die Bedingungen des Fernsehserientextes für die Produktivität von Fans.
4.1 Produzierbarkeit und Polysemie.
4.2 Repetition und Serialität
4.3 Dramaturgische Mittel der Fernsehserie.

5. Was bereitet den Zuschauern so viel Vergnügen an der Aneignung der Fernsehtexte?
5.1 Das Spiel mit den Texten: Ein Spiel der Identitäten
5.1.1 Das Konzept der Interpretationsgemeinschaften.
5.2 Die Rolle der Phantasie für die Serienaneignung

6. Fankultur: Das Phänomen Fan Fiktion
6.1 Fan Fiktion: Eine spezifische Form der Aneignung

7. Fazit

8. Literaturverzeichnis.

„[In der] Populärkultur sind Texte als Objekte nur Gebrauchsgegenstände und als solche (um die Produktionskosten niedrig zu halten) häufig kaum kunstfertig gestaltet, unvollständig und defizitär, bis sie in das Alltagsleben der Menschen einverleibt werden “ (Fiske in Hepp, Winter 1997, S. 79).

1. Einleitung

Trotz des Stellenwerts des Internets ist das Fernsehen in ausdifferenzierten Gesellschaften immer noch Leitmedium, das aus dem Alltagsleben der Menschen nicht wegzudenken ist. Es ist wesentliches Medium der gesellschaftlichen Kommunikation und damit in die gesellschaftlichen Entwicklungen integriert (vgl. Mikos 1994, S. 6). Horace Newcomb und Paul Hirsch (1986) sprechen vom Fernsehen als dem „ kulturellen Forum “ der Gesellschaft (ebd., S. 5 und 10). Es präsentiere die Vielfalt von Lebenswelten und Lebensstilen sowie Phantasien, Wünsche und Sehnsüchte der Individuen (vgl. Mikos 2001, S. 43). Ein aktives und produktives Fernsehpublikum sei Ausdruck der Vereinzelung aber auch der Speziali- sierung der Individuen von mediatisierten Gesellschaften (vgl., ebd., S. 7).

Was macht die Fernsehserie zu einem Gegenstand, der Fan Fiktion entstehen lässt? Beginnen Fans im Anschluss an die Serienrezeption eigene Geschichten zu schreiben, spricht man von Fan Fiktion - eine stark charakterzentrierte Erzählkultur. Die Charaktere des Serienoriginals werden in einer neuen fortgeführten oder alternativen Handlung dargestellt (vgl. Dorer 2005, S. 5). Es handelt sich dabei um Texte, die die Zuschauer, speziell die Fans, selbst produzieren. Die Fan-Autoren können bei ihren Geschichten der Phantasie freien Lauf lassen, ohne an Regelungen gebunden zu sein, die das Serienoriginal mit sich bringt. Dadurch ergibt sich z. B. die Möglichkeit, eine Beziehung der Figuren zu verwirklichen, die innerhalb einer Serie scheinbar undenkbar wäre. Voraussetzung der textlichen Eigenproduktion von Serienfans ist das Bestehen einer Fankultur. Diese ist an die Produktivität und die Phantasie der Zuschauer gebunden, die durch bestimmte Merkmale der von der Kulturindustrie produzierten Fernseh- texte möglich zu werden scheint.

Den theoretischen Rahmen dieses Phänomens bildet in der vorliegenden Arbeit zum einen die Auseinandersetzung mit dem Fernsehtext im Allgemeinen und mit dem Serientext im Besonderen. Zum anderen wird die Motivation der Rezipienten thematisiert, um die Entstehung von Fan Fiktion, der dritten Ebene der Textualität1, als (populär-)kulturelles Phänomen zu verstehen. Den Cultural Studies ist es zu verdanken, dass populärkulturelle Phänomene seit den 1960er Jahren überhaupt zum Interesse der wissenschaftlichen Analysen wurden. Poststrukturalistische Überlegungen, die die Diskussionen innerhalb der Cultural Studies seit den 80er Jahren prägen, bestimmen die folgenden Betrachtungen vordergründig. Anknüpfend an das Encoding-Decoding-Modell von Stuart Hall2, leistete John Fiske (geb. 1939) mit seinen Forschungen zur Fernseh- und Populärkultur wichtige Beiträge für die Cultural Studies. Hall überschritt mit der Einführung der Decodierungspositionen der Zuschauer bereits die zuvor semiotischen bzw. strukturalistischen Interpretationen und rückte damit die soziale Alltagspraxis in den Blick der Medien- und Rezeptionsforschung.

Die Medienforschung der Cultural Studies gründet auf der Aneignungstheorie des Poststrukturalisten Michel de Certeau3. Sein Begriff der Aneignung diente John Fiskes Theorie der Populärkultur und seinem Konzept des produzierbaren Textes. Auch Henry Jenkins stützt seine Analysen von Fernseh-Fankulturen auf die Theorie de Certeaus. Er greift dessen Vorstellung vom Rezipienten als „poachers“ und „nomads“ auf, der sich Fernsehtexte auf produktive Weise aneignet. (Vgl. Hepp 1998, S. 33)

Die kulturelle Aneignungsökonomie der Leute nach John Fiske, losgelöst von der finanziellen Produktionsökonomie, sowie der Begriff der Aneignung und die Bedeutung des Alltags für die Aneignungspraktiken nach de Certeau, bilden den ersten Teil der vorliegenden Betrachtung. Es folgen die Voraussetzungen des Fernsehtextes nach John Fiske und Lothar Mikos. Die Bereitschaft der Zuschauer, sich Serien anzueignen, erfolgt hauptsächlich in Anlehnung an dieselbigen sowie an Henry Jenkins und Brigitte Hipfl, bevor abschließend Beispiele möglicher Fan Fiktionen nach Jenkins Erwähnung finden.

Was macht einen populärkulturellen Text eigentlich erfolgreich? Was bereitet den Zuschauern so viel Vergnügen? Warum eignen sie sich Fernsehtexte an?

2. Das Verhältnis von Kulturindustrie und Konsument

Die Dominanz des kulturkritischen Denkens habe, so Müller und Wulff, in der Tradition der Frankfurter Schule produktive Perspektiven auf die populäre Kultur verstellt (vgl. Müller, Wulff in Hepp, Winter 1997, S. 171). Populärkultur könne, laut Fiske, nicht nur als Konsum von industriell gefertigten Produkten konzeptionalisiert werden (vgl. Hepp 2004 zit. n. Fiske 1989, S. 67). Vor diesem Hintergrund unterscheidet Fiske eine finanzielle und eine kulturelle Ökonomie elektronischer Medien (vgl. ebd.). Bezogen auf das Fernsehen, meint die finanzielle Ökonomie die Zirkulation von Vermögen, dem finanziellen Kapital. Das Programm ist die produzierte Ware der Fernsehstudios, die an einzelne Fernsehsender verkauft wird. In diesem ersten Subsystem der finanziellen Ökonomie sind die Sender die Konsumierenden. Im zweiten Subsystem wird das zur Ware gemachte Publikum - konstituiert durch das gesendete Programm - an Werbekunden und Sponsoren verkauft. (Vgl. ebd., S. 67f. und Winter, Mikos 2001, S. 115)

Bei der kulturellen Ökonomie geht es um die Zirkulation von Vergnügen, Bedeutungen und sozialen Identitäten, die der Rezipient sozusagen selbst produziert und konsumiert. Die Bedeutungen sind dabei nicht im ökonomischen Sinne als Ware konzeptionalisiert, weil sie weder besessen noch verkauft werden. (Vgl. ebd., S. 68 und ebd.) Die so genannte Ware sind die Fernsehtexte, die Bedeutungen und Vergnügen beim Rezipienten hervorrufen4. Welche Fernsehtexte von den Zuschauern gewählt werden, die deren Interessen ebenso wie denen der Produzenten dienlich sind, kann nicht vorausgesagt werden.

Während Fiske erfolgreichen populärkulturellen Texten wie Dallas eine Profitabilität in der finanziellen als auch in der kulturellen Ökonomie zuspricht (vgl. ebd.), ist die Serie Buffy - Im Bann der Dämonen, wie Josh Stenger herausstellte, für die Zuschauer profitabler als für die Produzenten der Serie (vgl. Stenger 2006). Es ist eine Serie, deren Wirkung größer ist, als ihre Quoten, die sie hervorbringt.

Fans5 produzieren und benutzen kulturelles Kapital aktiv. Da nach Fiske Fankultur ein populärkulturelles Phänomen ist, spricht er in diesem Zusammenhang von populärkulturellem Kapital6 (vgl. Fiske in Lewis 1992, S. 33). Fanwissen ist oft Quelle von Selbstachtung. Es dient dem Austausch der Fans in ihrer jeweiligen Peer Group. Es ist ihr inoffizielles kulturelles Kapital, womit sie sich von Menschen mit offiziellem kulturellem Kapital durch unterschiedliche Wertvorstellungen und Geschmäcker unterscheiden. (Vgl. ebd.) Damit drücken „ die Untergeordneten “, so Fiske, ihre Interessen aus, womit sie stets eine Haltung des Widerstands gegen die Produzenten einnehmen (vgl. Winter, Mikos 2001, S. 119) Wie ökonomisches Kapital oder das kulturelle Kapital der Bourgeoisie operiere auch das populäre kulturelle Kapital über die Ideologie. Populäres kulturelles Kapital sei Ausdruck des Widerstands gegenüber der herrschenden Ideologie, die die Produzenten mit ihren Fernsehtexten in der Gesellschaft verbreiten. Widerständige, alternative Ideologien erlauben den Rezipienten populärkultureller Fernsehtexte so, widerständige Bedeutungen und Vergnügen zu produzieren. (Vgl. Winter, Mikos 2001, S. 119) Ideologien stellen eine Form von sozialer Macht dar, die laut Foucault, nicht nur „von oben“ „nach unten“ ausgeübt werde, sondern in beide Richtungen verläuft (ebd. zit. n. Foucault).7

Populärkultur befinde sich, nach Andreas Hepp, folglich im Spannungsverhältnis zwischen Kulturindustrie und Konsumenten (vgl. Hepp 2004, S. 68). Die Konsumenten unserer spätkapitalistischen, postmodernen Gesellschaft sind auf ein von der Kulturindustrie geschaffenen Kommunikat angewiesen, jedoch nur als Ressource für die eigene Bedeutungs- produktion bzw. für die Schaffung einer eigenen Populärkultur (vgl. ebd.). Demzufolge ist das ökonomische Denken der Kulturindustrie auch an die kulturelle Ökonomie der Konsumenten gebunden.

Fiske fasst das Spannungsverhältnis unter kultureller Perspektive als eines zwischen dem Machtblock „ power bloc “ und den Leuten „ people8 (vgl. Hepp 2004, S. 68f.). Der Macht- block und die Leute sind theoretische Begriffe, die nicht wie Klasse, Geschlecht, Alter oder ethnische Zugehörigkeit als soziale Kategorien existieren: „ Ein Arbeiter kann sich mit den Interessen des Machtblocks in seinem Geschlechterstandpunkt und mit den Interessen ‚ der Leute ’ in seinem Klasseninteresse verbinden. “ (Müller 1993b, S. 9) Die Begriffe fassen vielmehr entgegengesetzte soziale Interessen, die über die Einteilung der sozialen Kategorien hinausgehen. Sie werden „ zu unterschiedlichen Zwecken, in unterschiedlichen historischen Phasen und in unterschiedlichen Bereichen ihrer Existenz “ verbunden (ebd.). Der Begriff „Leute“ meint also eine situative Konstellation sozial Schwacher, die am wenigsten vom Machtsystem profitieren und am stärksten von ihm diszipliniert werden. Der Machtblock fasst eine situative Konstellation themenbezogener Gruppierungen, die einen privilegierten Zugang zu Macht haben, den sie für eigene ökonomische und politische Interessen nutzen. Ob ein Subjekt zu den Leuten oder zum Machtblock gehört, ist nicht essentiell fassbar sondern variiert je nach Kontext. (Vgl. Hepp 2004, S. 276f.)

Die „Leute“ werden typischerweise als Konsumenten interpelliert9, obwohl sie nicht als solche auf die Waren der kulturindustriellen Produktion reagieren müssen (wie oben anhand des Ideologiebegriffs dargestellt). Ihre Interessen unterscheiden sich nämlich häufig von jenen der Produzenten des Machtblocks. (Vgl. Winter, Mikos 2001, S. 113)

3. Der Begriff der Aneignung und die Bedeutung des Alltags für die Aneignungspraktiken

Michel de Certeaus Aneignungstheorie scheint mir für die Untersuchung der Produktivität von Serienfans unerlässlich, wobei ich mich auf die für meine weitere Betrachtung wichtigen Aspekte seiner Theorie beschränken möchte.

Im Mittelpunkt seiner „Kunst des Handelns“ (1988) stehen die Alltagspraktiken der Konsumenten. Es sind die „kleinen Praktiken“ des Alltags10, mit denen die Konsumenten die Produkte der Kulturindustrie zu „kulturellem Eigentum“ werden lassen (vgl. Hepp 1998, S. 34). De Certeau charakterisiert die Alltagspraktiken als „ Aneignungspraktiken “ (Certeau 1988, S. 19). Denn eine Ware konsumieren heißt, nach de Certeau, sie an das anzupassen, was man ist. Aneignen (frz. & engl. „appropriation“) meint nicht übernehmen oder assimilieren von Inhalten der Medientexte (vgl. Hepp 2004, S. 164 und Hepp 1998, S. 35), sondern einen „Vermittlungsprozess“ oder ein „In-Beziehung-Setzen“11 von dem alltagsweltlichen Diskurs des Zuschauers mit dem medialen Diskurs12 (vgl. Hepp 1998, S. 44), wie es im folgenden Punkt genauer betrachtet wird. Diese Vermittlung, für die sich der Zuschauer selbst entscheiden kann, die ihm nicht im Sinne der Kritischen Theorie von Adorno und Horkheimer13 aufgezwungen wird, wird als aktives Erzeugen von Bedeutungen verstanden. (vgl. Hepp 2004, S. 70 und Hepp 1998, S. 35). Hierin unterscheidet sich Certeaus Verständnis der Populär- bzw. Alltagskultur von dem der Kritischen Theorie. Ob die Kulturwaren ein Teil ihrer Alltagskultur werden, bestimmen die Konsumenten nicht allein durch ihren Konsum sondern vor allem durch den Gebrauch der Produkte (vgl. Hepp 1998 zit. n. Winter 1995, S. 35). Alltagskultur konstituiere sich also aus verschiedenen Handlungsstilen, mit denen sich die Konsumenten die Produkte der Kulturindustrie aneignen14.

3.1 Die Fernsehaneignung als Vermittlungsprozess und die Kategorien der Produktivität

Fernsehtexte werden, nach Roger Silverstone15, als semiotisches Material für Alltagspraktiken begriffen, wobei die Zuschauer dieses nicht einfach vom Fernsehdiskurs in ihren alltäglichen Diskurs übernehmen (vgl. Hepp 1998 zit. n. Silverstone 1989, S. 40). Der Prozess erweist sich als viel heterogener und unterscheidet in Anlehnung an die Cultural Studies zumindest drei Diskursbereiche, um die Aneignung eines „ kommunikationskulturellen Zusammenhangs “ zu untersuchen (vgl. Hepp 1998, S. 41). Kulturtheoretisch ist es wichtig, nicht nur den Fernseh- text auszuwerten bzw. nur den Rezipienten sondern beide Komponenten der Medien- kommunikation zu kontextualisieren. Ein wichtiger Kontextbereich innerhalb der Cultural Studies ist der diskursive, also der thematische Zusammenhang des Medientextes bzw. Medienproduktes und des soziokulturellen Umfelds des Rezipienten. (Vgl. Hepp 2004, S. 267) Beim „ inner-institutionellen Diskurs der Produzenten “ (ebd.) handelt es sich um festgeschriebene Wirklichkeitsvorstellungen der Medientexte. Dieser trifft über bestimmte Produktionspraktiken, der Veröffentlichung der Fernsehtexte, auf den zweiten Diskursbereich, den „ mediale [n] Diskurs des gesendeten Programms “ (ebd.), der nun nicht mehr von den Produzenten kontrolliert werden kann. Dem semiotischen Material werden durch die Produktionspraktiken bestimmte Bedeutungen eingeschrieben, die durch die Aneignung der Rezipienten ihr Potential entfalten. Der mediale Diskurs konstituiert sich in diesem Sinne durch die Produktionspraktiken der Medienschaffenden und durch die Aneignungspraktiken der Rezipienten. (Vgl. ebd.) Nach Fiske wäre an dieser Stelle eine seiner drei Kategorien der Kunstfertigkeit und Kreativität zu verorten, nämlich die semiotische Produktivität „ semiotic productivity “ (Winter 1995, S. 200) des Fans. Der Fernsehtext wird vor dem Hintergrund der alltäglichen Erfahrung rezipiert und ins eigene Leben integriert. Hier wird aus der semiotischen Ressource der kulturellen Ware Bedeutung produziert. Es handelt sich um einen Prozess, der diskursiv kaum artikuliert wird. (Vgl. Winter 1995, S. 200)

[...]


1 Die Kulturanalyse des Fernsehens unterscheidet drei Ebenen von Texten. Der ursprüngliche Text ist der von der Kulturindustrie produzierte und Teil der Gesamtproduktion. Er entspricht der ersten Ebene. Die darunter liegende Ebene, ebenfalls von der Kulturindustrie produziert aber von unterschiedlichen Sektoren, umfasst die Werbung einzelner Sender, die Fernsehkritik und der Fernsehkommentar, Leitartikel über Sendungen und deren Stars, Tratschkolumnen und Fanzines. (Vgl. Winter, Mikos 2001, S. 64f.) Die dritte Ebene betrifft die von den Zuschauern produzierten Texte, wie im Fließtext erläutert. Alle drei Ebenen fließen ineinander. Die Kategorie der Textualität führte Fiske 1991, in Anlehnung an Roland Barthes (1977 und 1988), der zwischen Werk und Text unterschied, in die Rezeptionsforschung ein.

2 Stuart Hall (geb. 1932) war Leiter des CCCS (Centre for Contemporary Cultural Studies) in Birmingham, das 1963 unter der Leitung Richard Hoggarts gegründet wurde. Das Encoding-Decoding-Modell (1974/1980) ist grundlegend für die Medienanalyse innerhalb der Cultural Studies. Traditionelle Methoden und Vorstellungen der Massenkommunikationsforschung wie das Sender-Empfänger-Modell, die Wirkungshypothese und den Uses-and-Gratification-Approach entwickelte Hall weiter (vgl. Hepp 2004, S. 110f.).

3 Michel de Certeau (1925-1986) war Historiker, Soziologe und Kulturphilosoph. 4

4 Bedeutungen und Vergnügen befinden sich im Umlauf, so dass sich nicht zwischen Produzenten und Konsumenten unterscheiden ließe. Der Konsument steht hier nicht am Ende einer linearen ökonomischen Transaktion. (Vgl. Winter, Mikos 2001, S. 117) Die Zirkulation von ökonomischem Kapital unterscheidet sich von der des kulturellen Kapitals.

5 Etymologisch ist „Fan“ die Abkürzung des Wortes „fanatic“, dass auf das lateinische Wort „fanaticus“ zurück geht (vgl. Jenkins 1992, S. 12 und Winter 1995, S. 128). Das Wort „Fan“ wurde zum ersten Mal Ende des 19. Jh. von Journalisten für die Anhänger von professionellen Sportteams gebraucht. Der Fan als besonderer Zuschauertypus entwickelte sich erst mit der Kommerzialisierung einer Sportart und der Herausbildung eines Starsystems, indem der Zuschauer in Distanz zum Spieler trat. (Vgl. Winter 1995 zit. n. Hickethier 1980, S. 128)

6 Der Begriff des kulturellen Kapitals stammt von Pierre Bourdieu, den er 1980 erstmals verwendete. Fiske greift ihn in seiner Theorie der Populärkultur wieder auf. Kapitalakkumulation kostet Zeit und muss persönlich investiert werden. Das verinnerlichte Kapital wird zu einem festen Bestandteil der Person, den Habitus; aus „haben“ wird „sein“.

7 Im Sinne des französischen, marxistischen Philosophen Louis Althusser (1918-1990) bedeutet Ideologie kein Set an Vorstellungen der sozialen Welt, was den untergeordneten Klassen von den dominanten Klassen aufgezwungen werde. Ideologie werde vielmehr in einem ständigen dynamischen Prozess von den Gesellschaft konstituierenden Subjekten produziert. (Vgl. Winter, Mikos 2001, S. 20)

8 Die Begriffe sind den postmarxistisch orientierten Arbeiten von Ernesto Laclau und Chantal Mouffe (1981 und 1991) entlehnt. Sie sind heute nicht mehr klassenantagonistisch zu verstehen und an dominante Ideologien gekoppelt wie dies beim Encoding-Decoding-Modell von Stuart Hall noch der Fall war. (Vgl. Hepp, Winter 1997, S. 57).

9 Der Begriff der Interpellation stammt von Louis Althusser (1918-1990), der ihn Ende der 60er Jahre in seinem Essay "Ideologie und ideologische Staatsapparate" einführte, um den Prozess zu bezeichnen, durch den die Ideologie das Individuum als Subjekt „anruft“ und konstituiert.

10 Sie bilden in Certeaus Theorie das Gegenstück zu den „privilegierten Praktiken“ der herrschenden ökonomischen Ordnung bzw. des „Machtblocks“ in den Worten John Fiskes.

11 Der Begriff des „In-Beziehung-Setzen“ verwendet Hepp erst in seinen Ausführungen zu den Studien von Marie Gillespie und Mary Ellen Brown „Television, Ethnicity and Cultural Change“ (1988-1991), die den Stellenwert der Gespräche bei der Fernsehaneignung herausarbeiteten, trifft jedoch den Kern dessen, was Certeau mit dem Begriff Aneignen vermitteln möchte.

12 Diskurs meint im diskursanalytischen Sinne Möglichkeiten des Kommunizierens über etwas. Es konstituiert bzw. produziert bestimmtes Wissen und bestimmte Repräsentationen (vgl. Hepp 2004, S. 274).

13 Die kritische Theorie, wie sie am Institut für Sozialforschung vor allem von Theodor W. Adorno (1903- 1969) und Max Horkheimer (1895-1973) entwickelt wurde, ist eine reflexive, selbstkritische und negative Theorie, die die gesellschaftlichen Widersprüche umfassend untersucht (vgl. Behrens 2002, S. 9 und 21). Die Kulturindustriethese, die bekannteste der kritischen Theorie, wurde von Horkheimer und Adorno in der „Dialektik der Aufklärung“ (1944/47) beschrieben. Ihr wesentliches Merkmal ist, dass die Kunst sich über ihren ökonomischen Wert und nicht nach ihrem ästhetischen definiere. Alle Kultur werde zur Ware, die so das Alltagsleben der Konsumenten durchdringe. (Vgl. ebd., S. 66ff.)

14 Hingewiesen sei hier darauf, dass es demnach eine Vielzahl von Alltagskulturen bzw. Populärkulturen gibt, weil sich unterschiedliche kulturelle Kontexte durch unterschiedliche Aneignungsweisen auszeichnen (vgl. Hepp 1998, S. 35).

15 Roger Silverstone (1945-2006) war Medien- und Kommunikationswissenschaftler. 9

Ende der Leseprobe aus 34 Seiten

Details

Titel
Welche Bedingungen sind an Fan Fiktion gebunden?
Untertitel
Die Voraussetzungen des Fernsehtextes und der Rezipienten für die Aneignung von Serien
Hochschule
Leuphana Universität Lüneburg
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
34
Katalognummer
V88034
ISBN (eBook)
9783638023528
ISBN (Buch)
9783638923996
Dateigröße
456 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit über Fan Fiktion versucht sich vor dem Hintergrund des Ansatzes der Cultural Studies mit dem Phänomen der Aneignung von Serientexten zu beschäftigen. Darüberhinaus wird auf die Rolle der Fantasie und der Interpretationsgemeinschaft für die Aneignung von Texten eingegangen. Der theoretische Horizont ist sehr umfassend, gut strukturiert und überzeugend dargestellt. Auf interessante Weise, werden eigene Thesen formuliert, die zu erklären versuchen, wie genau eine Serie Fantum produziert.
Schlagworte
Welche, Bedingungen, Fiktion
Arbeit zitieren
Maria Hillegaart (Autor:in), 2007, Welche Bedingungen sind an Fan Fiktion gebunden?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/88034

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