Handlungsorientierter Unterricht: praktisch nutzlos?


Seminararbeit, 2007

23 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

Abkürzungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Problemstellung

2 Handlungsorientierter Unterricht: Theoretische Fundierung und Erscheinungsformen
2.1 Theoretische Fundierung
2.1.1 Einleitende Bemerkung
2.1.2 Kognitive Handlungspsychologie
2.1.3 Handlungsregulationstheorie
2.1.4 Konstruktivismus
2.2 Ziele, Merkmale und Definition des Handlungsorientierten Unterrichts
2.3 Ausgewählte Unterrichtsformen
2.3.1 Projektunterricht
2.3.2 Fallstudie

3 Handlungsorientierung im Schulunterricht: Anspruch,
Wirklichkeit und Perspektiven
3.1 Standortbestimmung: Soll-/Ist-Vergleich
3.1.1 Curriculare Vorgabe der Handlungsorientierung
3.1.2 Ergebnisse empirischer Untersuchungen
3.2 Szenario eines gelingenden Handlungsorientierten Unterrichts

4 Schlussbemerkungen

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Einsatzhäufigkeit der Lehr-Lern-Methoden (jeweils in %) aus Sicht
der Lehrkräfte (N = 177) im kaufmännisch-verwaltenden Bereich.15

1 Problemstellung

Die Bedeutung des Handlungsorientierten Unterrichts (HoU) hat spätestens mit Einführung des Lernfeldkonzepts[1] an kaufmännischen Berufsschulen einen neuen Stellenwert erreicht. Dadurch ist die curriculare Vorgabe durch die Kultusministerkonferenz erfolgt, aber wird sie in der Unterrichtspraxis auch befolgt? Und worin besteht der Nutzen des HoU?

Der Nutzen dieses Unterrichtsprinzips wird anhand der beruflichen Handlungskompetenz als einer normativen Zielkategorie beurteilt. Ein solcher HoU gerät zwangsläufig in ein Spannungsfeld: Einerseits sollen die vermittelten Fachkenntnisse im Sinne beruflicher Tüchtigkeit (un)mittelbar angewendet, d.h. nutzbar gemacht werden, andererseits sollen die Schüler[2] in ihrer individuellen Persönlichkeitsentwicklung gefördert werden (berufliche Mündigkeit). Inwiefern HoU dieses Spannungsverhältnis auszuhalten hat, wird in dieser Seminararbeit zu klären sein. Außerdem wird der Fragestellung nachgegangen, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um einen „praktisch nutzlosen“ Unterricht zu vermeiden.

Im Anschluss an diese Problemstellung folgt das Kapitel 2 mit einer Einführung in die theoretischen Grundlagen und Erscheinungsformen des HoU. Es werden die wesentlichen Aspekte der theoretischen Handlungsforschung vorgestellt und es wird die Handlungsorientierung an zwei ausgewählten Unterrichtsformen veranschaulicht. Thema des Kapitels 3 ist die Handlungsorientierung im Schulalltag. Anspruch und Wirklichkeit des HoU werden nachgegangen und ein Szenario für einen gelingenden, am Handeln orientierten Unterricht entwickelt. In Kapitel 4 wird ein Fazit erfolgen und es wird dargestellt, unter welchen Gesichtspunkten der HoU weiterentwickelt werden sollte.

2 Handlungsorientierter Unterricht:
Theoretische Fundierung und Erscheinungsformen

2.1 Theoretische Fundierung

2.1.1 Einleitende Bemerkung

Im Folgenden werden die meines Erachtens wichtigsten theoretischen Grundlagen der Handlungsorientierung vorgestellt. Dabei handelt es sich um die kognitive Handlungspsychologie von Aebli, die Handlungsregulationstheorie von Hacker/Volpert und den Konstruktivismus (u.a. Kersten Reich).

2.1.2 Kognitive Handlungspsychologie

Die kognitive Handlungspsychologie geht auf den Schweizer Hans Aebli (1923-1990) zurück. Er gilt als ein Schüler des durch seine entwicklungspsychologischen Experimente bekannt gewordenen Jean Piaget. Aebli hat sich u.a. der Psychologie des Handelns gewidmet. Sein besonderes Interesse galt der kognitionspsychologischen Grundlegung des Unterrichts (vgl. o.V. 2007a, S. 1).

Wie schon Piaget spricht auch Aebli von einem genetischen Prinzip des Denkens. Danach geht das Denken aus dem Handeln hervor. Er spricht vom „handelnden Ursprung des Denkens“ (Aebli 1985, S. 23). Nach Aebli sind Handlungen „zielgerichtete, in ihrem inneren Aufbau verstandene Vollzüge, die ein faßbares Ergebnis erzeugen“ (Aebli 1985, S. 182). Handlungen können einerseits im eigentlichen (beobachtbaren) Sinne, andererseits als abstrakte Handlungen (geistige Operationen) stattfinden (vgl. Aebli 1993, S. 211ff.). Demzufolge sollten in der Schule sog. Werkzeuge des Handelns (praktisches Tun) und Werkzeuge des Denkens (abstraktes Tun, Reflexion) eingesetzt werden (vgl. Czycholl 1999, S. 218). Ziel dieser Werkzeuge sollte es sein, ein Repertoire an Handlungsmöglichkeiten zu schaffen, um praktische Probleme zu bewältigen und die Zusammenhänge in der Welt zu verstehen (vgl. Aebli 1985, S. 183).

2.1.3 Handlungsregulationstheorie

Die Handlungsregulationstheorie (HRT) geht auf den Arbeitspsychologen Winfried Hacker zurück, dessen Forschungsinteresse insbesondere auf den kognitiven Grundlagen der Handlungsregulation liegt (vgl. o.V. 2007b, S. 1). Diese Theorie wurde von Walter Volpert mitgestaltet und weiterentwickelt. Die HRT stellt einen Gegenentwurf zur industriellen Arbeitszergliederung (Taylorismus[3]) und der damit einhergehenden Trennung von Hand- und Kopfarbeit dar.

Die HRT nach Hacker geht von einem hierarchischen Handlungsmodell individueller Tätigkeit aus (vgl. im Folgenden Hacker 1998, S. 239ff.; Volpert 1974, S. 38f.). Der verwendete Handlungsbegriff entspricht weitestgehend der Definition Aeblis und ist nach Hacker eine Tätigkeit i.e.S. (vgl. Hacker 1998, S. 67). Das hierarchische Handlungsmodell geht von drei Regulationsebenen (RE) aus, wobei die Übergänge zwischen den Ebenen fließend sind. Die unterste Ebene (automatisierte bzw . sensumotorische RE) ist gekennzeichnet durch gleich bleibende, manuelle Anforderungen und Ausführungsbedingungen. Volpert spricht in diesem Zusammenhang von stereotypen Handlungsabfolgen („Fertigkeiten“).[4] Auf der mittleren Ebene (perzeptiv-begriffliche RE) werden Handlungen nach gespeicherten, i.d.R. begrifflichen Regeln ausgeführt. Volpert spricht von „einfachen Handlungen“, die er als Formen des „Könnens“ bezeichnet.[5] Die intellektuelle RE als höchste Ebene wird mit problemorientiertem, abstraktem Denken in Verbindung gebracht. Denken wird als eine Erkenntnistätigkeit beschrieben und betrifft vor allem die Planung und Reflexion von sog. „komplexen Handlungen“.[6]

2.1.4 Konstruktivismus

Die Besonderheit des Konstruktivismus in Bezug auf seine lernpsychologische Grundlegung liegt in der Annahme, dass Wissen eine eigenständige Konstruktionsleistung unseres Gehirns ist. Wissen wird von jedem Lernenden individuell verschieden konstruiert (vgl. Jank/Meyer 2003, S. 286). Nach Kersten Reich – dem deutschen Vertreter eines pragmatisch-gemäßigten Konstruktivismus – sind in den Prozess der Wissenskonstruktion die Handlungen des Lernenden eingebettet, die aus seinen Erfahrungen und den ihn umgebenden Umwelteinflüssen entstehen (vgl. Reich 2002, S. 141ff.).

In der konstruktivistischen Didaktik zeigt sich eine stark ausgeprägte Subjekt- bzw. Schülerorientierung, die von einer Selbst- und Mitbestimmung der Lernenden hinsichtlich (Unterrichts-)Zielen, Inhalten und Methoden ausgeht (vgl. Reich 2002, S. 209f.). Daraus ergibt sich für die Lehrenden ein erweitertes Handlungsfeld. „Lehrende müssen nunmehr [...] in einer Doppelrolle agieren: Einerseits als mehrwissende Experten, andererseits als lernerorientierte Moderatoren der Wissens- und Handlungskonstruktion“ (Reich 2002, S. 205). Wie im Folgenden noch zu sehen sein wird, haben die Prinzipien der konstruktivistischen Didaktik maßgeblichen Einfluss auf die Handlungsorientierung im Unterricht.[7]

2.2 Ziele, Merkmale und Definition des Handlungsorientierten Unterrichts

Eine Definition des Handlungsorientierten Unterrichts (HoU) zu erarbeiten, stellt sich als mühsames Unterfangen heraus, da es sich um einen vielschichtigen und uneinheitlichen Begriff handelt, der häufig als Sammelsurium für diverse Unterrichtsmethoden dient (vgl. Gudjons 2001, S. 10). Trotzdem – oder gerade deswegen – soll an dieser Stelle eine Definition erarbeitet werden, die ausgehend von Zielen und Merkmalen des HoU am Ende dieses Abschnitts vorgestellt wird.

Normatives Leitbild für den HoU ist die berufliche Handlungskompetenz. Darunter versteht Bader „die Fähigkeit und Bereitschaft des Menschen, in beruflichen Situationen sach- und fachgerecht, persönlich durchdacht und in gesellschaftlicher Verantwortung zu handeln sowie seine Handlungsmöglichkeiten ständig weiterzuentwickeln“ (Bader 1989a, S. 74f.). Berufliche Handlungskompetenz kann weiter differenziert werden in drei Dimensionen: Sach-, Selbst- und Sozialkompetenz (vgl. Jungkunz 1995, S. 60). Bader definiert Sachkompetenz[8] als die „Fähigkeit und Bereitschaft, Aufgabenstellungen selbständig, fachlich richtig, methodengeleitet zu bearbeiten und das Ergebnis zu beurteilen“ (Bader 1989a, S. 75). Sachkompetenz setzt Fachwissen voraus und umfasst auch Methodenkompetenz. Der Schwerpunkt liegt auf dem Lerngegenstand bzw. der objektiven Welt.

[...]


[1] Als Lernfeld wird eine thematische Einheit bezeichnet, die an konkreten beruflichen Tätigkeitsfeldern orientiert ist (vgl. Kmk 2000, S. 4+14).

[2] Im Sinne einer besseren Lesbarkeit wird ausschließlich die männliche Form verwendet. Gemeint sind selbstverständlich auch die Schülerinnen bzw. die weibliche Form.

[3] Nach F.W. Taylor (1856-1915) und seinem scientific management.

[4] Bsp.: Feilen eines Werkstücks.

[5] Bsp.: Feilen eines Werkstücks nach einem vorgegebenen Bearbeitungsschema.

[6] Bsp.: Erstellen eines Weiterverarbeitungsplans für das hergestellte Werkstück.

[7] Übersichtliche Darstellung der Konstruktivistischen Didaktik und ihrer Hauptströmungen in: Jank/Meyer 2003, S. 286ff.

[8] Anstelle von Sachkompetenz wird häufig der Begriff Fachkompetenz benutzt.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Handlungsorientierter Unterricht: praktisch nutzlos?
Hochschule
Universität Hohenheim  (Berufs- und Wirtschaftspädagogik)
Veranstaltung
Didaktik/Wirtschaftsdidaktik
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
23
Katalognummer
V87966
ISBN (eBook)
9783638039956
ISBN (Buch)
9783640861699
Dateigröße
475 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Handlungsorientierter, Unterricht, Didaktik/Wirtschaftsdidaktik
Arbeit zitieren
Dipl.-Hdl. Björn Widmann (Autor:in), 2007, Handlungsorientierter Unterricht: praktisch nutzlos?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87966

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