Die Wendenzüge des dänischen Königs Waldemar I. bis zur Eroberung Rügens 1168/69


Hausarbeit, 2007

23 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Frage nach den Quellen und deren Wert
2.1 Die unterschiedlichen Quellengattungen
2.2. Saxo Grammticus (ca. 1150 bis ca. 1220)
2.3. Helmold von Bosau (1120 – 1177)
2.4. Die materiellen Quellen – Die Hilfe der Archäologie
2.5. Die Ortsnamen als Hilfsmittel der Forschung

3. Die Wendezüge vom Beginn 1159 bis zur Eroberung 1168/69
3.1. Die historischen Begebenheiten vor 1159
3.2. Der Beginn der Wendenzüge – Voraussetzungen und Motive
3.3. Der Verlauf der Wendenzüge
3.4. 1168 oder 1169? – Die Eroberung Arkonas.

4. Fazit

5. Literaturliste

1. Einleitung

Diese Hausarbeit beleuchtet die Wendenzüge, die Waldemar I. als dänischer König führte. Die Quellenlage zu diesem Thema ist nur in begrenztem Umfang vorhanden[1], was die Quantität der zu diesem Thema verfassten Literatur deutlich einschränkt. Aufgrund dieser Tatsache werfen sich die Fragen nach den verschiedenen Arten der Quellen und deren Glaubwürdigkeit auf.

Im ersten Abschnitt dieser Arbeit werden die verschiedenen Quellen vorgestellt. Begonnen wird mit der Erläuterung der schriftlichen Quellen, woraufhin ein Blick auf die materiellen Quellen folgt. Diese werden kurz beschrieben, um anschließend ihre Bedeutung für die Forschung darzustellen. Als abschließendes Segment dieses ersten Abschnitts wird die Ortsnamen-Forschung erläutert und ihre Nützlichkeit dargelegt.

Als primäres Ziel soll nun die Darstellung der historischen Begebenheiten und die Frage nach den Voraussetzungen respektive den Motiven des dänischen Königs erarbeitet werden.

Im zweiten Abschnitt wird die historische Situation vor 1159 aufgezeigt.

Es folgt die Beantwortung der Frage zu den Voraussetzungen, sowie die Motive und Gründe des dänischen Königs. Unter welchen Voraussetzungen griff Waldemar I. die Wenden an? Welche Motive hegte er dabei und was war der Auslöser dieser gewaltsamen Auseinandersetzungen, die über Jahre andauerten?

Im darauf folgenden Segment werden die Wendenzüge beschrieben, wobei hauptsächlich auf die Werke von Bengt Büttner[2] und Thomas Riis[3] zurückgegriffen wird. Aufgrund der Thematik und der Aktualität ihrer Arbeiten werden beide als Hauptgrundlage dienen.

Abschließend wird auf eine Kontroverse hingewiesen, die sich über Jahrhunderte hinweg entwickelt hat und deren zentrale Fragestellung noch immer nicht vollständig geklärt werden konnte. Es handelt sich um die Datierung der Eroberung Rügens. Sie greift die Frage auf, ob die Insel 1168 oder aber 1169 von den Dänen erobert wurde. Diese Kontroverse wird von Ralf-Gunnar Wehrlich in einem ca. 35 Seiten umfassenden Aufsatz[4] dargestellt. Ich weise darauf hin, dass ich Wehrlichs Darstellung nicht zur Beantwortung der Datierungsfrage verwenden möchte, sondern es sich lediglich um die Darstellung der Kontroverse handelt, da diese unmittelbar die Forschung zu den Wendenzügen betrifft.

Des Weiteren wird der Begriff „Wenden“ gleichbedeutetend mit dem Begriff „Slawen“ verwendet. Hier findet keine Unterscheidung der Begriffe statt. Nur mit „Ranen“ respektive „Rügenslawen“ ist explizit das slawische Volk gemeint, welches auf der Insel Rügen siedelte.

2. Die Frage nach den Quellen und deren Wert

2.1 Die unterschiedlichen Quellengattungen

Die Quellen zu der Zeit der Wendenzüge sind in ihrer Anzahl begrenzt. Unterschieden wird zwischen schriftlichen und materiellen Quellen. Die meisten der schriftlichen Quellen sind westlichen Ursprungs, was auf die Tatsache der späten Christianisierung sowie der späten Schriftlichkeit der slawischen Völker zurückzuführen ist.[5] Zu den schriftlichen Quellen gehören die Chronica Slavorum, die Helmold von Bosau verfasste, sowie die von Saxo Grammaticus verfasste Gesta Danorum. Beide zählen zu den Typen der erzählenden und zeitgenössischen Quellen.

Anzumerken ist, dass der Inhalt der letztgenannten Quelle nicht frei von Kritik ist, denn man sagt Saxo fehlende Objektivität nach.[6]

Archäologische Funde werden der Gattung der materiellen Quellen zugeordnet. Dazu zählt man ebenso die Ortsnamen-Forschung, denn anhand der Ortsnamen lässt sich eine Siedlungstätigkeit nachweisen, in diesem Falle Siedlungen slawischen Ursprungs. Zudem zählen topographische und geographische Gegebenheiten zu den materiellen Quellen.

Jede dieser Quellen hat eine Bedeutung für die bisher wenig erforschte Thematik der Wendenzügen, denn aufgrund der knappen Quellenlage gibt es noch einige Fragen zu klären.[7]

2.2. Saxo Grammticus (ca. 1150 bis ca. 1220)

Die Gesta Danorum, die Saxo Grammaticus wohl kurz nach 1200 fertig gestellt hat, beschreibt die „Geschichte der Dänen“. Seine Chronik besteht aus neun Bänden über die Mythologie und die Sagenwelt und aus weiteren sieben Bänden über die dänische Geschichte bis 1202.[8] Dabei schreibt Saxo ab 1157 Zeitgeschichte.[9] Über ihn selbst ist wenig bekannt und wenig bewiesen.[10] Aus dem Vorwort Hans-Jürgen Hubes kann man entnehmen, dass Saxo „an klassischen Vorbildern“ geschult wurde und das die „spannende und sagenhafte Frühgeschichte Dänemarks“ von ihm eindrucksvoll geschildert wird.[11] Dort zeigt Hube eine gewisse Faszination für den Autor Saxo, lässt jedoch die kritische Betrachtung weitgehend außen vor. Mehrfach sollen sich in der Gesta Danorum subjektive Tendenzen erkennen lassen, die die Qualität der Quelle mindern.

Nun stellt sich die Frage: Wie objektiv schrieb Saxo? Thomas Riis schreibt in seinem Werk über das mittelalterliche dänische Ostseeimperium: „Zwar ist Saxo ein wunderbarer Erzähler, aber man muss ihn mit Vor- und Umsicht genießen.“.[12] Auch einen Grund führt Thomas Riis an: „Seine gezielte Glorifizierung des dänischen Königtums [...] lässt ihn mehrmals die historischen Tatsachen der zu vermittelnden Ideologie unterordnen.“.[13] Gewisse Geschehnisse, wie ein Feldzug durch Absalons und Waldemars[14] Großväter, den sie gemeinsam in den 1090er Jahren gegen die Ranen geführt haben sollen, lässt Thomas Riis die Glaubwürdigkeit anzweifeln. Der Grund dafür liegt in dem über 100 Jahre später verfassten Text Saxos und der zweifelhaften Genauigkeit der Geschehnisse.[15] Interessant daran ist, dass Hans-Jürgen Hube zwei Hinweise in Absalons Testament gefunden hat, die auf eine tatsächliche Verbindung schließen könnten.[16] Ebenso interpretiert Hube, dass sich Saxo in seiner Vorrede selbst als Begleiter im Dienste Absalons nennt.[17] Wenn man nun den Zweifel von Thomas Riis mit den Aussagen Hubes[18] zusammen betrachtet, kann man eine Verbindung erkennen. Saxo schreibt über den Großvater seines Herren und über den Großvater des damaligen dänischen Königs Waldemar I, dem er anscheinend wohlgesonnen war.[19] Hier nah liegt der Verdacht nah, dass die Niederschrift Saxos mit Objektiven Aussagen versehen wurde. Vielleicht handelt sich um Informationen, die von Absalon mündlich an Saxo überliefert wurden und die dieser dann in seiner Chronik ohne Hinterfragung weiterverarbeitete. Dies lässt sich jedoch nicht beweisen.

Trotz dieser auftretenden Zweifel an Saxo gibt er in seinem Werk einen tiefen Einblick in die dänische Geschichte.

Die Eroberungszüge Waldemars, die er ab 1157 führte, sind in Saxos Werk gut beschrieben.[20] Abschließend äußert sich Oskar Eggert zu Saxo geäußert. Er merkt an, dass Saxo zwar gute geographische Kenntnisse besaß, seine Chronologie jedoch zu ungenau ist.[21]

2.3. Helmold von Bosau (1120 – 1177)

Helmold war ab 1156 Priester in dem Missionsstützpunkt Bosau, der von Vicelin, der 1149 zum Bischof von Oldenburg berufene, gegründet wurde. Helmold besetzte diesen Posten, weil er 1134 in Vicelins Augustiner-Chorherrenstift eintrat, das anlässlich der Missionierungsbestrebungen 1127 von Kaiser Lothar III. gegründet wurde.

Von Helmold stammt die älteste noch existierende schriftliche Quelle zu den Wendenzügen verfasst. Der Priester hat die Chronica Slavorum um 1170 verfasst[22] und schreibt in zwei Büchern über Herrschaftsbildung, Mission und Siedlung.[23] Während Thomas Riis erkennt, dass die Geschichte der Slawenmission mit geographischem Schwerpunkt Holstein erzählt wird,[24] merkt Roland Steinacher in seiner Dissertation an, dass im Mittelpunkt der Chronica Slavorum aus geographischer Sicht Mecklenburg, Ostholstein, Brandenburg, Pommern und Skandinavien stehen.[25]

Anders als bei Saxo, der sein Werk aus der dänischen Perspektive verfasste, erkennt Riis bei Helmolds Chronica Slavorum die Perspektive des Bistums zu Lübeck[26] und Steinacher gibt Helmold in eine „prosächsische Tendenz“.[27] Als Grund, weshalb Helmold die Chronica Slavorum verfasste, nennt dieser die „religiösen Irrtümer“ der Slawen, die Helmold aufzeigen wollte.[28]

Nach Helmolds Tod beendete Arnold, ein Abt des Johannisklosters zu Lübeck, das Werk bis 1209 und nannte es nun „Chronica“.[29] Das Wissen, dass Helmold niederschrieb, soll er, laut Oskar Eggert, unter anderem von Bischof Gerold von Lübeck bekommen haben.[30] Weitere Quellen Helmolds nennt Steinacher in seiner Dissertation. So schreibt er: „Als Quelle für den ersten Teil [...] ist vor allem Adam von Bremen zu nennen. Die Viten Ansgar und Willehald wurden von Helmold ebenfalls verwendet.“[31].

Auffällig an Helmolds Werk ist, dass er kaum Jahreszahlen verwendet.[32]

2.4. Die materiellen Quellen – Die Hilfe der Archäologie

Die Archäologie spielt in der Forschung zu den Wendenzügen und den Slawen in Norddeutschland eine große Rolle. Es gibt verschiede Arten von materiellen Quellen, zu denen topographische Quellen ebenso gehören, wie die Geographischen. Zu den topographischen Quellen kann man Dinge zählen, die heute noch zu begutachten sind. Dazu gehören beispielsweise Wallanlagen respektive Schutzwälle. Diese sind Siedlungsrückstände slawischer Zeit und ein typisches Merkmal für die Siedlungstätigkeit der Slawen. Beispiele für solche ehemaligen slawischen Siedlungen finden wir in Oldenburg in Holstein (damaliges Starigard) und auf Rügen (Tempelburg Arkona). Diese Wallanlagen sind sehr wichtig für die Forschung, denn anhand dieser historischen Denkmäler wird das Vorhandensein slawischer Siedlungen nachgewiesen.[33] Weitere topographische Quellen können Ruinen, Grabhügel oder materielle Hinterlassenschaften[34] vergangener Siedlungen sein. Ebenfalls interessant für die Besiedlungsgeschichte sind sogenannte „offene Siedlungen“[35], die Einblicke in das slawische Siedlungswesen geben.

Weitere archäologische Zeugnisse für die Anwesenheit slawischer Völker sind Schatzfunde, wie beispielsweise der Schatz von Hiddensee.[36] Diese sind von Interesse, um die heidnischen Kulte der Slawen zu erforschen oder sich über die Kunst- und Handwerksfertigkeiten der slawischen Völker bewusst zu werden.

[...]


[1] Vgl.: RIIS, Thomas: Studien zur Geschichte des Osteseeraumes IV. Das mittelalterliche Dänische Ostseeimperium. Odense 2003, S. 9f.

[2] Vgl.: BÜTTNER, Bengt: Die Pfarreien der Insel Rügen. Von der Christianisierung bis zur Reformation. Köln u.a. 2007. S. 1-40.

[3] Vgl.: RIIS: S. 9-35.

[4] Vgl.: WEHRLICH, Ralf-Gunnar: Der Fall Arkonas. Datierung und nationale Geschichtsschreibung. IN: WEHRLICH, Ralf Gunnar / WERNICKE, Horst (Hrsg.): Pommern. Geschichte, Kultur, Wissenschaft. Greifswald 1996. S. 31-67.

[5] Vgl.: RIIS: S.9.

[6] Vgl.: Ebd.

[7] Vgl.: Ebd.

[8] Vgl.: HUBE, Hans-Jürgen: Gesta Danorum. Mythen und Legenden des berühmten Geschichtsschreibers Saxo Grammaticus. Übersetzt, nacherzählt und kommentiert von Hans-Jürgen Hube. Wiesbaden 2004. S. 13. Anmerkung: Thomas Riis schreibt auf Seite 9, dass Saxo die Geschichte des dänischen Reiches bis 1185 erzählt.

[9] Vgl.: RIIS: S. 9.

[10] Vgl.: HUBE: S. 15.

[11] Vgl.: Ebd.: S. 13

[12] Vgl.: RIIS: S. 17.

[13] Vgl.: Ebd.: S. 9.

[14] Gemeint ist König Waldermar I..

[15] Vgl.: RIIS: S. 17.

[16] Vgl.: HUBE: S. 14.

[17] Vgl.: Ebd.: S. 15.

[18] Hube fügt in seinem Werk keine direkten Verweise auf. Daher als unbelegt zu betrachten!

[19] Vgl.: RIIS: S. 9.

[20] Vgl.: Ebd.

[21] Vgl.: EGGERT, Oskar: Die Wendenzüge Waldemars I. und Knuts VI. von Dänemark nach Pommern und Mecklenburg. Stettin 1927. S. 18.

[22] Vgl.: RIIS: S. 9.

[23] STEINACHER, Roland: Studie zur vandalischen Geschichte. Die Gleichsetzung der Ethnonyme Wenden, Slawen und Vandalen vom Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert. URL: http://homepage.uibk.ac.at/~c61705/DISSERTATION-Volltext.pdf (05.10.2007)

[24] Vgl.: RIIS: S. 9.

[25] Vgl.: STEINACHER: S. 68.

[26] Vgl.: RIIS: S. 9.

[27] Vgl.: STEINACHER: S. 67.

[28] Ebd.: S. 68.

[29] Vgl.: RIIS: S. 9.

[30] Vgl.: EGGERT: S. 25.

[31] STEINACHER: S. 68.

[32] Vgl.: EGGERT: S. 32.

[33] Vgl.: JANKUHN, Herbert; Geschichte Schleswig-Holsteins. Die Frühgeschichte. Band 3, Neumünster 1957. S.107.

[34] Hierbei kann es sich um Werkzeuge, Schmuck oder Knochen handeln. Knochen, wenn es sich um tierische handelt, können Aufschluss über Essgewohnheiten geben. Handelt es sich um menschliche Knochen, so kann man eventuell auf einen ehemaligen Friedhof gestoßen sein, der etwas über die Bestattungsgewohnheiten verraten könnte.

[35] Vgl.: JAHNKUHN: S. 107.

[36] Vgl.: Ebd.: S. 108.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Die Wendenzüge des dänischen Königs Waldemar I. bis zur Eroberung Rügens 1168/69
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Proseminar "Das mittelalterliche dänische Ostseeimperium"
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
23
Katalognummer
V87927
ISBN (eBook)
9783638037716
ISBN (Buch)
9783638936774
Dateigröße
465 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wendenzüge, Königs, Waldemar, Eroberung, Rügens, Proseminar, Ostseeimperium
Arbeit zitieren
Thilo Pries (Autor:in), 2007, Die Wendenzüge des dänischen Königs Waldemar I. bis zur Eroberung Rügens 1168/69, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87927

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