Kooperationschancen und Kooperationsbarrieren bei kleinen und mittelständischen Unternehmen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

53 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. Begriffsdefinitionen
2.1 Kleinste, kleine, mittlere und große Unternehmen
2.1.1 Gesetzliche Regelungen
2.1.2 Quantitative Beschreibungsmerkmale
2.1.3 Qualitative Beschreibungsmerkmale
2.2 Kooperation
2.2.1 Definition
2.2.2 Arten von Kooperationen und Gestaltungsalternativen
2.2.3 Kooperationsbereiche
2.3 Kartellrechtliche Beurteilung von Kooperationen

3. Kooperationschancen
3.1 Chancen für das einzelne Kooperationsunternehmen
3.1.1 Bessere Kapazitätsauslastung
3.1.2 Innovation
3.1.3 Kosten
3.1.4 Know how Transfer und Know how Gewinn
3.1.5 Erweiterung der Wertschöpfungskette
3.1.6 Partnerschaftliche Hilfen
3.2 Chancen für das Kooperationsumfeld

4. Kooperationsbarrieren
4.1 Traditionelles unternehmerisches Selbstverständnis
4.2 Wunsch, die Unabhängigkeit zu bewahren
4.3 Angst vor dem Verlieren des Know-how-Vorsprungs
4.4 Mangelndes Vertrauen
4.5 Insolvenzrisiko
4.6 Partnersuche
4.6.1 Kriterien an den zukünftigen Partner
4.6.2 Finden von möglichen Partnern
4.7 Rechtliche Regelungen
4.8 Abschreckende Wirkung einer Vielzahl gescheiterter Kooperationen
4.9 Unzureichende strategische Ausrichtung

5. Zusammenfassung

6. Ausblick

Anhang

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Qualitative Merkmale kleiner und mittlerer Unternehmen

Abbildung 2: Kooperationsbereiche

Abbildung 3: Kreisprozess der Vertrauensbildung und -erhaltung

Abbildung 4: Ablauf des Kooperationsgestaltungsprozesses

Abbildung 5: Unternehmenskooperationen nach Wirtschaftsabschnitten

Abbildung 6: Hindernisse einer Kooperation

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Größenklassen nach § 267 HGB

Tabelle 2: Quantitative Abgrenzungskriterien der EU

Tabelle 3: Quantitative Abgrenzungskriterien des IfM

Tabelle 4: Kooperationsarten nach Bindungsintensität

Tabelle 5: Auswahlkriterien für die Rechtsform einer Kooperation

Tabelle 6: SWOT-Analyse

1. Einleitung

„Nach einem chinesischen Sprichwort verwandeln sich Berge in Gold, wenn Brüder zusammenarbeiten. Es muß nicht Gold sein, und es geht auch nicht ohne Schwestern. Aber kein Weg führt an der Erkenntnis vorbei: Sich zu vereinen, heißt teilen lernen.“ (Richard von Weizsäcker)

Ziel eines jeden Unternehmens ist es im Wettbewerb bestehen zu können.[1] Dieses „Bestehen im Wettbewerb“ wird durch eine Vielzahl von Einflussfaktoren, wie steigender Kostendruck, nationale und internationale Spannungen,[2] sinkende Grenzbarrieren, Globalisierung der Märkte durch die schrittweise Öffnung der osteuropäischen Märkte,[3] immer schwieriger. Vor diesem Hintergrund gibt es bei großen Unternehmen schon seit einiger Zeit den ungebrochenen Drang zum Zusammenschluss, gemäß der olympischen Idee: „Größer-Schneller-Weiter“.[4] Dieses Streben stellt für KMU neue, teilweise dramatische Herausforderungen dar.[5] Hinzu kommt ein Konjunkturrückschlag im Mittelstand seit Sommer 2005.[6] Ein Ausweg kann für den Mittelstand eine Kooperation mit Partnern darstellen.[7]

Ziel dieser Seminararbeit ist es einen Überblick über die möglichen Kooperationschancen und -barrieren bei klein- und mittelständischen Unternehmen zu geben, denn 99,7 % aller deutschen Unternehmen sind im Mittelstand angesiedelt und tätigen 40,8 % aller steuerpflichtigen Umsätze unter anderem stellen sie 70,2 % aller Arbeitsplätze und bilden 81,9 % aller Lehrlinge aus. 3,3 Mio. klein- und mittelständische Unternehmen prägen die deutsche Wirtschaft.[8]

Argumente wie die autoritären, unkooperativen Unternehmenschefs und Neid sowie Misstrauen stehen bei den Kooperationsbarrieren auf dem Prüfstand. Vorurteile sollen entkräftet werden, frei nach dem Motto: „Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird“. Demgegenüber stehen unter anderem die Verbesserung der Marktposition, Ausnutzung des Wertschöpfungspotentials und Kostenreduzierung als Chancen. Durch konsequentes und zielstrebiges Verwirklichen der aufgezeigten Chancen entsteht ein beachtlicher Wettbewerbsvorteil aller partizipierenden Unternehmen.

2. Begriffsdefinitionen

Für diese Seminararbeit ist die Abgrenzung von einerseits kleinsten, kleinen und mittleren Unternehmen (KMU), zu andererseits großen Unternehmen von zentraler Bedeutung. Die Bedeutsamkeit dieser Abgrenzung ergibt sich aus den Gegebenheiten und Arbeitsabläufen, die sich zwischen Großbetrieben und Klein- und Mittelbetrieben wesentlich unterscheiden.[9] Dies lässt sich an folgendem Beispiel verdeutlichen:[10]

In einem KMU ist das Arbeitsgebiet des einzelnen Mitarbeiters weiter gefasst und vereint Aufgabenbereiche, die in einem großen Unternehmen von mehreren Mitarbeitern ausgeführt werden. Der Mitarbeiter in einem großen Unternehmen hat den Vorteil, sich über einen längeren Zeitraum auf eine Spezialaufgabe konzentrieren zu können. KMU hingegen brauchen eine kostengünstige Schritt-für-Schritt-Vorgehensweise die zu einem angemessenen Ergebnis führt. Wenn kleine und mittlere Unternehmen sich dann z.B. mit internationalen Aufgaben beschäftigen, können sie leicht an ihre Grenzen stoßen, fachlich wie finanziell.[11] Ein Ausweg aus diesem Zwiespalt kann eine (internationale) Kooperation darstellen.[12]

2.1 Kleinste, kleine, mittlere und große Unternehmen

Die Abgrenzung hinsichtlich der Unternehmensgröße ist weder in der Europäischen Gemeinschaft noch in Deutschland einheitlich geregelt.[13] Dementsprechend gibt es in der Literatur und in der Praxis eine Vielzahl von Einteilungsmöglichkeiten.

2.1.1 Gesetzliche Regelungen

Das Handelsgesetzbuch teilt in § 267 kleine, mittlere und große Unternehmen hinsichtlich ihrer Bilanzsumme, Umsatzerlöse und Arbeitnehmeranzahl, wie in folgender Tabelle dargestellt, ein. Für die Einteilung in die jeweilige Größenklasse müssen mindestens zwei der genannten Merkmale in zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren (§ 267 Abs. 4 HGB) erfüllt sein.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Größenklassen nach § 267 HGB

Quelle: Eigene Darstellung

Diese Abgrenzung von Unternehmen hinsichtlich ihrer Größeneinteilung besitzt allerdings nur für die Erstellung und Veröffentlichung des Jahresabschlusses bei Kapitalgesellschaften Gültigkeit.[14]

2.1.2 Quantitative Beschreibungsmerkmale

Der Vorteil einer quantitativen Abgrenzung der Unternehmensgröße liegt unzweifelhaft in der Einfachheit der objektiven Nachweisbarkeit der Kriterien.[15] Problematisch kann allerdings die Bestimmung der Klassenobergrenze sein, diese kann je nach Branche oder Land deutlich schwanken.[16] Im Rahmen dieser Arbeit möchten wir uns im Folgenden auf zwei Definitionen beschränken. Zum einen auf die Definition der Unternehmensklassen nach Auffassung der Europäischen Union (EU) und zum anderen die Abgrenzung des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM).

In der Europäischen Union können mittlere, kleine und kleinste Unternehmen anhand der Empfehlung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 06. Mai 2003 (2003/361/EG)[17] seit 01.01.2005 folgendermaßen voneinander abgegrenzt werden:

- Kleinstunternehmen im Sinne dieser Empfehlung ist ein Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten und einem Jahresumsatz bzw. einer Jahresbilanz der/die 2 Mio. € nicht überschreitet.[18]
- Kleine Unternehmen beschäftigen nach dieser Definition weniger als 50 Personen und weisen in ihrem Jahresumsatz bzw. in ihrer Jahresbilanz maximal 10 Mio. € aus.[19]
- Mittlere Unternehmen setzen sich aus Unternehmen zusammen, „die weniger als 250 Arbeitnehmer beschäftigen und die entweder einen Jahresumsatz von höchstens
50 Mio. € erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf höchstens 43 Mio. € beläuft.“[20]
- Große Unternehmen haben dementsprechend mehr als 250 Beschäftigte und ihr Jahresumsatz übersteigt die 50 Mio. €-Grenze oder die Jahresbilanz beträgt mehr als
43 Mio. €

Zusammengefasst lassen sich die Regelungen dieser Empfehlung wie folgt darstellen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Quantitative Abgrenzungskriterien der EU

Quelle: Vgl. Europäische Union, in: http://europa.eu.int/index_en.htm, 16.03.2006.

Bei dieser EU-Definition ist weiterhin noch Artikel 3 dieser Empfehlung zu beachten, wonach Unternehmen, die mit mehr als 25 % im Eigentum einer Unternehmensgruppierung (z.B. eines Konzern) stehen, nicht zu den KMU gezählt werden.[21]

Das Institut für Mittelstandsforschung Bonn legt für die Bundesrepublik Deutschland die grundlegende Definition von KMU fest. Demnach zählen Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten oder Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als 50 Mio. € zum Mittelstand.[22] Im Gegensatz zu den Definitionen der EU und HGB, spielt bei der gebräuchlichen Mittelstandsdefinition des IfM für Deutschland die Bilanzsumme keine Rolle, was in der folgenden Tabelle ersichtlich wird:[23]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 3 : Quantitative Abgrenzungskriterien des IfM

Quelle: Vgl. IfM, in: http://www.ifm-bonn.org/ergebnis/jawi2005.pdf, 01.04.2006.

Qualitative Beschreibungsmerkmale

Bei vielen Klein- und Mittelbetrieben steht der Eigentümer leitend, planend und kontrollierend dem Unternehmen vor.[24] Somit liegen diesem Definitionsversuch qualitative Kriterien bzw. nicht-statische Indikatoren zugrunde.[25] Diese Kriterien beschreiben die Unterschiede zwischen KMU und Großunternehmen in den verschiedenen Funktionsbereichen.[26] Folgendes Schaubild beinhaltet eine Auswahl möglicher Bereiche, in denen qualitative Merkmale zur Unterscheidung zwischen kleinen/mittleren Unternehmen und großen Unternehmen beitragen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung : Qualitative Merkmale kleiner und mittlerer Unternehmen

Quelle: Eigene Darstellung nach Pfohl, H.-C. (1997), S. 19 ff.

Im Gegensatz zu den quantitativen Abgrenzungsmerkmalen, bei denen eine Zuteilung in die Größenklasse anhand von zwei bzw. drei Kriterien erfolgt, gibt es bei den qualitativen Merkmalen eine Vielzahl von Punkten die für die jeweilige Einteilung sprechen. Somit liegt der Zuordnung zu Klein- und Mittelbetrieben oder Großbetrieben eine Ermessens-entscheidung zu Grunde. Pfohl[27] gliedert die zu prüfenden Problemfelder in die 10 dargestellten Bereiche und nennt jeweils die Merkmale, die für KMU und die für einen Großbetrieb sprechen. Im Bereich der Unternehmensführung zeichnen sich Klein- und Mittelbetriebe u.a. durch die besondere Funktion des Eigentümers im Führungsbereich aus, wohingegen bei Großbetrieben diese Funktion von einem Manager besetzt wird. Hieraus ergibt sich ein weiterer Punkt der zur Abgrenzung beiträgt: die Austauschbarkeit des Führungspotentials. Im Bereich der Organisation kann man die Unterscheidung hinsichtlich der Informationswege und der Flexibilität herbeiführen. Bei mittelständischen Betrieben sind die Wege zwischen den Mitarbeitern relativ kurz und somit kann eine hohe Flexibilität gewährleistet werden. Große Unternehmen bilden hingegen Stabsabteilungen und haben einen hohen Formalisierungsgrad. Die Positionsstärke am Beschaffungsmarkt spielt bei der Abgrenzung nach der Beschaffung eine entscheidende Rolle. Arbeitsintensive Produktion mit geringer Arbeitsteilung ist ein Indiz für KMU, Spezialmaschinen und eine mit der Ausbringung steigende Kostendegression spricht für einen Großbetrieb. KMU setzen ihre Produkte auf einem kleindimensionierteren und individualisierteren Markt ab und haben eine eher geringe Wettbewerbstellung auf dem Absatzmarkt. Großbetriebe haben für den Bereich der Forschung und Entwicklung eine auf Dauer angelegte Abteilung, während Mittelständler ihre Forschung und Entwicklung kurzfristig und intuitiv ausrichten. Eine Finanzierung über den anonymen Kapitalmarkt steht meist nur großen Unternehmen offen, während KMU sich meist im Familienbesitz befinden und nur begrenzte Finanzierungs-möglichkeiten besitzen. Nicht nur die Anzahl des Personals ist bei Klein- und Mittelbetrieben geringer als bei Großbetrieben, sondern auch die Zahl der Akademiker und dadurch ist die Menge an Spezialwissen ebenfalls deutlich geringer. Dafür können die Mitarbeiter ein oftmals weiter gefächertes Fachwissen vorweisen.

2.2 Kooperation

1 + 1 ≥ 2

„Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.“[28]

2.2.1 Definition

„Kooperation ist die auf eine konkrete Aufgabe begrenzte oder auf eine längere Zeitdauer angelegte Zusammenarbeit rechtlich und wirtschaftlich selbständiger Unternehmen zur Bündelung quantitativer, fachlicher oder lokaler Ressourcen zum Zwecke der Akquisition oder Erledigung von Aufträgen oder zur Verringerung des mit solchen Aufträgen verbundenen finanziellen Risikos.“[29]

Ergänzt wird diese Auflistung durch einen höheren Grad der Zielerreichung, die Freiwilligkeit der Zusammenarbeit[30] und der Gleichberechtigung der Partner.[31]

Als wesentliche Merkmale einer Kooperation können dementsprechend folgende Punkte angesehen werden:

- Zweckorientierung (Win-Win-Situation)
- rechtliche und wirtschaftliche Selbständigkeit;
- Kündbarkeit;
- Freiwilligkeit;
- Nutzenerzielung.[32]

Das Merkmal der wirtschaftlichen Selbständigkeit zielt lediglich auf die Bereiche ab, die nicht der vertraglichen Zusammenarbeit unterworfen sind. Durch Kooperationen geben die beteiligten Unternehmen lediglich einen Teil ihrer wirtschaftlichen Souveränität in den, von Kooperationen, betroffenen Bereichen auf.[33]

Eine Internationale Kooperation umfasst neben den genannten Merkmalen einer Kooperation noch den Aspekt, dass die beteiligten Partnerunternehmen in unterschiedlichen Ländern ansässig sind.[34] Aufgrund dieser räumlichen Trennung der Beteiligten, müssen gewisse Rahmenbedingungen für die kooperierenden Funktionsbereiche getroffen werden, die dann zwangsläufig die Entscheidungsfreiheit des Einzelnen einschränken.[35]

Arten von Kooperationen und Gestaltungsalternativen

Nachdem der Begriff der Kooperation hinreichend erläutert wurde soll nun auf die vielfältigen Arten einer Kooperation eingegangen werden. Kooperationen lassen sich anhand von 2 Kriterien einteilen, nach der Bindungsintensität und nach der Art der verbundenen Wirtschaftsstufen.[36]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 4 Kooperationsarten nach Bindungsintensität

Quelle: Vgl. Schubert, W.; Küting, K. (1981), S. 7 f.; Balling, R. (1998); S. 13, Wöhe, G. (2005), S. 285 ff.

Bei der Einteilung nach der Art der verbundenen Wirtschaftsstufen ergeben sich drei Gestaltungsalternativen: die horizontale, vertikale und laterale Kooperation.

Bei der horizontalen Kooperation befinden sich die Partner innerhalb der gleichen Branche und in ähnlichen Stufen der Leistungserstellung.[38] In der äußeren Erscheinungsform ähnelt sie dem Kartell. Bei dieser Form der Gestaltung ist die Gesetzgebung gegen Wettbewerbsbeschränkung zu berücksichtigen.[39] Inwieweit dies in der Realität Auswirkungen auf Kooperationen hat wird in Kapitel 2.3 näher erläutert.

Unternehmen die sich entlang der Wertschöpfungskette, also in Zusammenarbeit mit Kunden und Zulieferern, befinden, stellen eine vertikale Kooperation dar.[40] Hierbei ergänzen sich die Unternehmen gegenseitig, indem sich jedes beteiligte Unternehmen auf einen Bereich der Leistungserstellung beschränkt. Im Idealfall auf einen Bereich, in dem seine Kernkompetenzen zu finden sind.[41] Dadurch entstehen Vorteile in der Produktionsentwicklung sowie Technologietransfer.[42]

Verbinden sich Unternehmen verschiedener Branchen und/oder Marktstufen, wird dies laterale bzw. konglomerate Kooperation genannt. Praktische Bedeutung dieser Form des Unternehmenszusammenschlusses ergibt sich z.B. bei der gemeinsamen Grundlagen-forschung oder der gemeinsamen Beschaffung von gleichartigem Bedarf.[43]

2.2.3 Kooperationsbereiche

Michaelis/Reichert[44] führten 2005 eine empirische Untersuchung in der Region Heilbronn durch. Hierzu machten sie Gründe aus, die mittelständische Unternehmen an Kooperationen hindern und um herauszufinden unter welchen Bedingungen sie bereit wären, eine Kooperation einzugehen. Unternehmen die bereits Erfahrungen mit Kooperationen hatten, gaben folgende Kooperationsbereiche an:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 Kooperationsbereiche

Quelle: Vgl. Michaelis, N.; Reichert, N. (2005), S. 16.

Weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit noch in folgenden Bereichen:

- Auswertung von Informationen[45]
- Einkauf[46]
- Verwaltung und Personalwesen[47]
- Finanzierung[48]
- Produktdesign[49]
- Marketing[50]
- Auslandsaktivitäten[51]

- Dienstleistung[52]

2.3 Kartellrechtliche Beurteilung von Kooperationen

„Im Hinblick auf die Ausgestaltung der horizontalen und vertikalen Austauschbeziehungen zwischen den Unternehmen sind im Inland speziell die Rechtsnormen des Vertrags- und Gesellschaftsrechte einerseits und des Wettbewerbsrechts andererseits von Bedeutung.“[53]

Im Rahmen des deutschen Kartellrechts (GWB) lassen sich zwischenbetriebliche Kooperationen in 3 Kategorien einteilen. Die Einteilung erfolgt hinsichtlich folgender Kriterien: „wettbewerbesbeschränkende Wirkung“ und „rechtliche Zulässigkeit“[54] bzw. „kartellrechts-freie“ und „kartellrechtsrelevante“ Kooperationen.[55]

- Die Kooperation ohne wettbewerbsbeschränkende Wirkung[56] erfasst jede außerhalb des Kartellrechts stehende Zusammenarbeit.[57]
- Grundsätzlich unwirksam und verboten sind Kartelle, die mit einer Beschränkung der individuellen wettbewerblichen Handlungsfreiheit verbunden sind.[58]
- Bestimmte leistungssteigernde Kartellformen sowie die sog. Bagatellkartelle sind ausnahmsweise zulässig.[59] Der Gesetzgeber erlaubt ausdrücklich bestimmte Formen der Zusammenarbeit.[60] Solche legalisierbare Kooperationen sind z.B. Konditionenkartelle, Rabattkartelle, Rationalisierungskartelle und Ausfuhr-/ Einfuhrkartelle.[61]

Neben dem GWB sind bei Kooperationen im Rahmen des Europäischen Gemeinschaftsrechts auch die Wettbewerbsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft (EGV) beachtet werden, welche bei Zusammenschlüssen unmittelbar geltendes Recht in den Mitgliedstaaten darstellen.[62] Artikel 85 Abs. 1 EGV verbietet grundsätzlich alle Verein-barungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, die möglicherweise dazu geeignet sein könnten,

- den Handel zu beeinträchtigen,
- den Wettbewerb zu verhindern, ihn einzuschränken oder zu verfälschen

sofern ein Auswirkung auf den innergemeinschaftlichen Handel und Wettbewerb auszu-machen ist.[63] KMU verfügen in der Regel über eine geringe Macht innerhalb eines Marktes. Eine Monopolstellung in einem wesentlichen Teil des europäischen Marktes wird daher eher eine Ausnahme darstellen.[64] „Folglich hat die Kommission in einer Erklärung festgestellt, dass Vereinbarungen zwischen KMU von den Marktanteilsauflagen des Wettbewerbsrechts, Artikel 81, ausgenommen sind.“[65]

Um grenzüberschreitende Kooperationen in Europa zu erleichtern, wurde 1989 eine spezielle Rechtsform, die Europäische Wirtschaftliche Interessensvereinigung, erschaffen, dadurch können Rechtspersonen aus zwei oder mehreren Ländern der EWR eine eigene rechtliche Einheit errichten. Diese Rechtsform ist für alle Unternehmen gültig, d.h. sie wurde nicht speziell für KMU erschaffen[66]

3. Kooperationschancen

Brockhaus definiert Chance als günstige Gelegenheit oder Möglichkeit, etwas zu erreichen mit der Aussicht auf Erfolg.[67] Somit kann man unter Kooperationschancen, die Erfolgsaussichten, die eine Kooperation mit sich bringt, verstehen. Der Nutzen einer Kooperation kann sich einerseits für das Kooperationsunternehmen und zum anderen für das Kooperationsumfeld ergeben.

3.1 Chancen für das einzelne Kooperationsunternehmen

Mittel- und langfristig machen Kooperationen nur dann Sinn, wenn für das eigene Unternehmen ein Nutzen überprüfbar ermittelt werden kann. Andernfalls werden solche Unternehmensverbindungen ohne positiven Nutzen zur Belastung für alle Beteiligten.[68]

3.1.1 Bessere Kapazitätsauslastung

Ein Kapazitätsvorteil tritt auf, wenn die beteiligten Unternehmen ihre freien Kapazitäten und Ressourcen im Bedarfsfall gegenseitig nutzen.[69]

Albrecht[70] bringt in seinem Fallbeispiel „Kommunikation - Ideen vermitteln und umsetzen“ den Raumsausstatter Stohr, der den geforderten Fertigstellungstermin an einem Großprojekt nicht einhalten kann und sich mit dem Gebäudereiniger Putzig „verbündet“ der auf Grund einer geringen Auftragslage nicht ausgelastet ist und somit Stohr seine freien Mitarbeiter zur Fertigstellung des Auftrags zur Verfügung stellt. Bei der Überlassung von Arbeitnehmern sind ferner die gesetzlichen Richtlinien zu beachten (siehe Gesetz zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung) auf die hier nicht näher eingegangen wird.

Durch dieses Vorgehen erzielen beide einen Nutzen: Stohr kann den Fertigstellungstermin einhalten und muss keine Konventionalstrafe zahlen und Putzig kann seine Kapazitäten auslasten.

Entsteht ein sogenannter „Kapazitätsengpass“, so können mittels einer Kapazitätsbörse (z.B. www.kooperationsboerse.ihk.de) Unternehmen mit freien Kapazitäten mit Unternehmen, die Kapazitätsengpässe haben zusammengebracht werden. In dieser Börse kann ein Unternehmen seine freien Kapazitäten (Maschinen, Humanressourcen oder Dienst-leistungen) einstellen[71], die dann bei Bedarf eines anderen Unternehmens abgerufen werden können.

3.1.2 Innovation

Eine herausragende Bedeutung für die Volkswirtschaft wie für einzelne Unternehmen kommt der Generierung und Einführung neuer Produkte und neuer Produktionsverfahren zu. Sie erweisen sich als Quelle von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit.[72] „Innovationen sind neue oder verbesserte Problemlösungen bezogen auf Produkte, Dienstleistungen, Verfahren oder Organisation.“[73] Sind Projekte aus kostenmäßigen, finanziellen und informatorischen Gründen nicht zu bewältigen, so ist die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Innovation als entscheidender Vorteil zu betrachten. War kleineren Unternehmen bislang der Zugang zu größeren Projekten und zu komplexeren Technologiebereichen verwehrt, so erhalten sie dadurch die Möglichkeit Innovationen auf diesem Gebiet wahrzunehmen.[74]

Im Anschluss daran gilt es die innovative Leistung oder das daraus entstanden Produkt erfolgreich zu Vermarkten. Bei einer Umfrage bezüglich der Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen, stand die Maßnahme Erschließung neuer Märkte an zweiter Stelle. Diese können sich im Inland und im Ausland befinden. An erster Stelle der Umfrage stand die Konzentration auf Kernkompetenzen. Durch die Konzentration auf Kernkompetenzen begibt man sich in eine Nische. Es findet eine Spezialisierung statt. Mit dem daraus resultierenden Produkt werden dann die neuen Märkte erobert und erschlossen.[75]

[...]


[1] Vgl. Killich, S.; Luczak, H. (2003), S. 5 (Vorwort).

[2] Vgl. Küker, S. (2003), S. 9.

[3] Vgl. Balling, R. (1998), S. 7.

[4] Vgl. Bergmann, U. (2002), S. 9.

[5] Vgl. Albrecht, P. (2002), S. 7.

[6] Vgl. DIHK (2005), S. 1, in: http://www.dihk.de, 06.03.2006.

[7] Vgl. Albrecht, P. (2002),S. 7.

[8] Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, in: http://www.bmwa.bund.de/Navigation/Wirtschaft/

mittelstandspolitik,did=60610.html, 06.03.06.

[9] Vgl. Quack, H. (2000), S. 13.

[10] Vgl. ebenda, S. 13.

[11] Vgl. Meyer, J.-A. (2004), S. 4.

[12] Vgl. ebenda, S. 4.

[13] Vgl. Meyer, J.-A.; Lorenzen, K. (2002), S. 5.

[14] Vgl. Henke, M. (2003), S. 15.

[15] Vgl. Meyer, J.-A.; Lorenzen, K. (2002), S. 6.

[16] Vgl. Quack, H. (2000), S. 13 f.

[17] Vgl. Europäische Union, in: http://europa.eu.int/index_de.htm, 06.03.2006.

[18] Vgl. ebenda.

[19] Vgl. ebenda.

[20] Europäische Union, in: http://europa.eu.int/index_de.htm, 06.03.2006.

[21] Vgl. ebenda.

[22] Vgl. Institut für Mittelstandsforschung, in http://www.ifm-bonn.org/ergebnis/jawi2005.pdf, 01.04.2006.

[23] Die Daten für Deutschland werden vom IfM Bonn ständig aktualisiert und sind im Internet unter

www.ifm-bonn.org abrufbar.

[24] Vgl. Institut für Mittelstandsforschung, in http://www.ifm-bonn.org/ergebnis/jawi2005.pdf, 01.04.2006.

[25] Vgl. Meyer, J.-A.; Lorenzen, K. (2002), S. 8.

[26] Vgl. Quack, H. (2000), S. 14.

[27] Vgl. Pfohl, H.-C. (1997), S. 19 ff.

[28] Hille, H.-E. (2001), S. 9.

[29] Hille, H.-E. (2001), S. 8.

[30] Vgl. Balling, R. (1998), S. 17.

[31] Vgl. Schubert, W.; Küting, K. (1981), S. 119.

[32] Vgl. Jülicher, A.; Hoffmann, U., S. 7, in: http://www.weingarten.ihk.de/artikel/download/merkblaetter/
standortpolitik/Proregio.pdf, 22.03.2006.

[33] Vgl. Wöhe, G. (2005), S. 285.

[34] Vgl. Quack, H. (2000), S. 10.

[35] Vgl. Meyer, J.-A.; Lorenzen, K. (2002), S. 33.

[36] Vgl. Wöhe, G. (2005), S. 285.

[37] Vgl. http://www.manalex.de, 03.04.2006.

[38] Vgl. Wallner, H. (1999), S. 17, in: http://www.bit.or.at/irca/dateien/ Netzwerke%20und%20Kooperationen.pdf,
22.03.2006.

[39] Vgl. Benisch, W. (1973), S. 404 f zitiert nach Thelen, E.-M. (1993), S. 57.

[40] Vgl. Meyer, J.-A.; Lorenzen, K. (2002), S. 29.

[41] Vgl. Wallner, H. (1999), S. 17, in: http://www.bit.or.at/irca/dateien/ Netzwerke%20und%20Kooperationen.pdf,
22.03.2006.

[42] Vgl. Meyer, J.-A.; Lorenzen, K. (2002), S. 29.

[43] Vgl. Thelen, E.-M. (1993), S. 58.

[44] Vgl. Michaelis, N.; Reichert, N. (2005), S. 3.

[45] Vgl. Schubert, W.; Küting, K. (1981), S. 130.

[46] Vgl. ebenda, S. 132.

[47] Vgl. ebenda, S. 136.

[48] Vgl. Wöhe, G. (2005), S. 290.

[49] Vgl. Dathe, J. (1998), S. 83.

[50] Vgl. ebenda, S. 83.

[51] Vgl. ebenda, S. 83.

[52] Vgl. Wallner, H. (1999), S. 19, in: http://www.bit.or.at/irca/dateien/ Netzwerke%20und%20Kooperationen.pdf,
22.03.2006.

[53] Fieten, R; Friedrich, W.; Lageman, B. (1997), S. 249.

[54] Vgl. Dörsam, P.; Icks, A. (1997), S. 58.

[55] Vgl. Schubert, W.; Küting, K. (1981), S. 119.

[56] Vgl. Dörsam, P.; Icks, A. (1997), S. 58.

[57] Vgl. Schubert, W.; Küting, K. (1981), S. 119.

[58] Vgl. Dörsam, P.; Icks, A. (1997), S. 58.

[59] Vgl. ebenda, S. 58.

[60] Vgl. Schubert, W.; Küting, K. (1981), S. 119.

[61] Vgl. Balling, R. (1998), S. 185.

[62] Vgl. Dörsam, P.; Icks, A. (1997), S. 66.

[63] Vgl. ebenda, S. 67.

[64] Vgl. Europäische Kommission (2003), S. 47, in: http://europa.eu.int/index_de.htm, 16.03.2006.

[65] Craig, P. und G. De Búrcha, EU Law. Text Cases and Materials (EU-Recht. Textbeispiele und Materialien), Oxford University Press, Oxford, 1998. zitiert nach: Europäische Kommission (2003), S. 47.

[66] Vgl. Europäische Kommission (2003), S. 46, in: http://europa.eu.int/index_de.htm, 16.03.2006.

[67] Vgl. www.brockhaus.de, 12.04.2006.

[68] Vgl. Albrecht, P. (2002), S. 54.

[69] Vgl. Vornhusen, K. (1994), S. 251.

[70] Vgl. Albrecht, P. (2002), S. 26 ff.

[71] Vgl. Killich, S.; Luczak, H. (2003), S.139.

[72] Vgl. Schumpeter, J. A. (1961), S. 93.

[73] Schöne, R. (2002), S. 55, in: http://www.sachsen.de/de/wu/wirtschaftsfoerderung/netzwerke/download/
complete.pdf, 27.03.2006.

[74] Vgl. Hagemeister, S. (1988), S. 96.

[75] Vgl. Oetker, A. (2001), S. 2, in: http://www.bdi-online.de/Dokumente/ StatementOetker2001.pdf, 13.04.2006.

Ende der Leseprobe aus 53 Seiten

Details

Titel
Kooperationschancen und Kooperationsbarrieren bei kleinen und mittelständischen Unternehmen
Hochschule
Hochschule Heilbronn, ehem. Fachhochschule Heilbronn
Note
1,3
Autoren
Jahr
2006
Seiten
53
Katalognummer
V87907
ISBN (eBook)
9783638041805
ISBN (Buch)
9783638939898
Dateigröße
761 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kooperationschancen, Kooperationsbarrieren, Unternehmen
Arbeit zitieren
André Kubach (Autor:in)Caroline Thor (Autor:in), 2006, Kooperationschancen und Kooperationsbarrieren bei kleinen und mittelständischen Unternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87907

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