Argumentation im öffentlichen Diskurs

Proclamación del Alzamiento (Manifiesto de las Palmas)


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

22 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definitionen
2.1. Argumentation
2.2. Diskurs

3. Argumentationstheorien

4. Sprachwissenschaftliche Analyse des Textes Proclamación del Alzamiento
4.1. Politischer Kontext
4.2. Inhalt
4.3. Textsorte
4.4. Argumentative Strategie
4.5 Rhetorische Mittel

5. Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

ANHANG

1. Einleitung

Die vorliegende Untersuchung knüpft an das Hauptseminar „Argumentation im öffentlichen Diskurs - am Beispiel des Spanischen“ an.

In einem ersten, theoretischen Teil wird zunächst der Frage nachgegangen, was man unter den Begriffen „Argumentation“ und „Diskurs“ verstehen kann. Die Definition dieser Begriffe ist für die nachfolgende Betrachtung von Argumentationstheorien bedeutsam, da diese mit den genannten Begriffen operieren. Es werden verschiedene Argumentationstheorien erläutert. Hieran schließt sich der praktische Teil an, in dem es um die sprachwissenschaftliche Analyse einer politischen Rede Francos geht, die in direktem Zusammenhang mit dem Beginn des Spanischen Bürgerkrieges im Jahr 1936 steht. Ein kurzer, historischer Überblick soll der Einordnung der Rede in den damaligen politischen Kontext dienen. Es wird kurz auf den Inhalt der Rede eingegangen und gezeigt, wie sich die Textsorte klassifizieren lässt. Anschließend wird versucht, das zuvor dargestellte Argumentationsmodell von Toulmin auf den Text anzuwenden und die wesentlichen rhetorischen Stilmittel werden erläutert. Darüber hinaus erfolgt eine Analyse der argumentativen bzw. diskursiven Strategie dieses Textes.

2. Definitionen

2.1. Argumentation

Nach Álvarez besteht argumentieren in „[…]aportar razones para defender una opinión[...]”[1].

Kopperschmidt versteht unter dem Begriff „Argumentation“ eine geregelte Abfolge von Sprechhandlungen, die ein zusammenhängendes Netz zwischen Aussagen bilden. Dieses Netz diene der methodischen Einlösung von Geltungsansprüchen.[2]

Im Gegensatz zu expositiven Texten arbeite ein argumentativer Text mit Wahrscheinlichkeiten statt mit Gewissheiten. Eine Argumentation bestehe grundsätzlich aus einer These, einem argumentativen Körper und einer Schlussfolgerung.[3]

In der klassischen Rhetorik ist Argumentation ein kommunikatives Verfahren, das auf die Persuasion des Rezipienten abzielt. Es setzt voraus, dass Persuasion und Argumentation miteinander verbunden sind.[4]

Das persuadere (lat.: überreden, überzeugen) kann nach der klassischen Rhetorik in die drei Grade docere (lat.: lehren, unterweisen), delectare (lat.: erfreuen, interessieren) und movere (lat.: bewegen, erregen) aufgeteilt werden. Mit dem Begriff docere ist der Teil einer Rede gemeint, der Daten liefert, zum Beispiel eine bestimmte Situation darstellt und das Publikum hierüber informiert. Delectare zielt darauf ab, das Publikum emotional zu berühren, um seine Sympathie zu gewinnen. Das movere steigert die Dramaturgie der Rede. Es bewirkt eine momentane seelische Erschütterung des Publikums im Sinne einer Vereinnahmung für die Partei des Redners.[5]

Der Begriff „Argumentation“ soll für die nachfolgenden Ausführungen als Teil einer kommunikativen Strategie verstanden werden. Für die vorliegende Untersuchung soll der Begriff „Argument“ als eine Aussage verstanden werden, die zur Begründung oder zur Widerlegung einer These angeführt wird. Die zusammenhängende Darlegung von Argumenten wird als „Argumentation“ bezeichnet.

2.2. Diskurs

Nach Kopperschmidt sichern Diskurse die Geltungsbasis kommunikativen Handels und tragen somit zur Verständigung in der Gesellschaft bei.[6]

Als „Diskurs“ soll in den folgenden Ausführungen ein wechselseitiger, kommunikativer Austausch zwischen Emittent und Rezipient verstanden werden. Der oder die Rezipienten müssen dem Emittenten nicht unmittelbar körperlich gegenüberstehen. Insofern ist der Begriff „Diskurs“ auch als Dialog über einen langen Zeitraum zu verstehen; eine unmittelbare Reaktion der Rezipienten muss nicht zwangsläufig erfolgen. Der Begriff „Diskurs“ kann auch in einem größeren historischen Rahmen gesehen werden, wie es beispielsweise bei politischen Reden der Fall ist.

Es wird zwischen privatem und öffentlichem Diskurs unterschieden. Ein privater Diskurs findet zwischen einer sehr begrenzten und überschaubaren Anzahl von Personen statt. Ein öffentlicher Diskurs spricht ein breites Publikum durch die Verwendung von auditiven, visuellen und audiovisuellen Massenmedien an. Das Publikum ist zahlenmäßig nicht begrenzt. Ein öffentlicher Diskurs handelt mit Texten, die in der Regel nicht fiktionaler Art sind. Politische Reden stellen ein Beispiel für einen öffentlichen Diskurs dar.

3. Argumentationstheorien

Argumentationstheorien behandeln die Fragen, wie und warum argumentiert wird. Kopperschmidt definiert den Begriff Argumentationstheorie als „metaargumentatives Reden über Argumentation“[7]. Er unterscheidet zwischen einer allgemeinen Argumentationstheorie, einer sektoralen Argumentationstheorie und einer angewandten Argumentationstheorie: Während sich die allgemeine Argumentationstheorie für die Fragen „wie wird argumentiert?“, „was macht das Argumentieren erfolgreich?“, „welches Prinzip liegt dem Argumentieren zugrunde?“ interessiere und sich mit den Voraussetzungen für das Zustandekommen einer Argumentation befasse, solle eine sektorale Argumentationstheorie diese Fragen in Hinblick auf bestimmte Praxisbereiche spezifizieren. Eine angewandte Argumentationstheorie verbessere die argumentativen Funktionen durch Wissensaufbereitung.[8]

Gegen die Vorstellungen vom herrschaftsfreien Diskurs, der nach Habermas als Ziel der Argumentation anzustreben ist, betont Bayer, dass Argumentation immer auch Machtausübung darstelle, weil sie auf unterschiedlichen, miteinander konkurrierenden Weltbildern der Menschen beruhe: "Wer argumentiert, der tritt nicht nur für seine Ansichten in der gerade aktuellen Diskussion ein, sondern für das Weltbild, das ihm selbst nützt“[9]. Daraus ergibt sich nach Bayer der Schluss, wer argumentiere, übe Macht aus, denn eine herrschaftsfreie Interaktion zwischen Menschen sei nicht denkbar.[10]

Toulmin betont: "Wer eine Behauptung aufstellt, erhebt damit einen Anspruch – einen Anspruch auf unsere Aufmerksamkeit und auf unseren Glauben.“[11] Allerdings könne der Grad dieses Anspruchs verändert werden, was sich unmittelbar auf die jeweilige Schlussfolgerung auswirke, der dadurch eine unterschiedliche Stärke verliehen werde. Toulmin lässt eine Fülle von Geltungsansprüchen zu. Seiner Ansicht nach entscheidet der Kontext über die Art des Geltungsanspruches.[12] Toulmin hat ein Analyseschema praktischen Argumentierens entwickelt, das auf bestimmten, definierten Kategorien beruht. Es stellt sich wie folgt dar:

Abbildung 1. Argumentationmodell nach Toulmin

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Toulmin, S., Der Gebrauch von Argumenten, 2. Auflage, Weinheim, Beltz Athenäum, 1996, S. 95.

Toulmin unterscheidet zwischen Behauptung/Konklusion (K) und den Daten (D), die man als Begründung für die Behauptung heran ziehe. Über die Akzeptanz der Argumentation seitens der Rezipienten entscheide, inwieweit die Daten für die Konklusion relevant seien. Der Übergang von Daten zu Konklusionen beruhe auf Schlussregeln (SR). Wenn die Schlussregeln zeigen, dass die Daten zu den gefolgerten Konklusionen berechtigen, erhöhe dies die Plausibilität der Argumentation.

Die Schlussregel drückt demnach aus, inwieweit die Folgebeziehung zwischen Daten und Konklusion zulässig ist, das heißt, ob der Schritt von D zu K erlaubt ist. Schlussregeln, ohne die eine Argumentation nicht auskomme, würden allerdings nicht immer explizit formuliert. Sie seien sogar meistens nur implizit vorhanden. Zusammen mit Thesen und Argumenten bildeten sie aber stets die Grundstruktur der Argumentation.

Toulmin erklärt Schlussregeln als „hypothetische, brückenartige Aussagen"[13], die man von Schlussfolgerungen und Argumenten streng unterscheiden müsse. Schlussregeln sollen anzeigen, dass der Schritt vom Argument auf die ursprüngliche Behauptung oder Schlussfolgerung angemessen und legitim sei. Sie seinen entweder zwingend oder eingeschränkt gültig. Manche Schlussregeln bewirken eine eindeutige Annahme der Behauptung (aus D folgt notwendigerweise K). Andere beinhalten einen Vorbehalt (aus D folgt vermutlich K). Toulmin kennzeichnet solche Vorbehalte in seinem Modell als modale Operatoren (O). Sie sollen ausdrücken, wie stark die Schlussregel zur Folgebeziehung beiträgt. Um diesen Stärkegrad darzustellen, wird in Toulmins Schema der Modaloperator unmittelbar vor die Konklusion gestellt. Die Ausnahmebedingungen (AB) zeigen, wodurch die Konklusion (K) außer Kraft gesetzt werden kann. Das heißt, die Ausnahmebedingung zeigt die Umstände, in denen die allgemeingültige Erlaubnis durch die Schlussregel aufgehoben werden müsste. Es ist möglich, dass Rezipienten die Daten und die Konklusion akzeptieren, unter der Bedingung dass die Schlussregel korrekt ist, die Schlussregel selbst aber anzweifeln. Ist dies der Fall, kann in der Argumentation eine Stützung (S) der Schlussregel benutzt werden. Dies geschehe, indem man weitere Aussagen heranziehe, welche die Schlussfolgerung untermauern. Zur Stützung der Schlussregel stehen nach Toulmin u. a. Gesetze, Normen, Prinzipien, allgemeine Tatsachen, anerkannte Erfahrungen und Bedürfnisse zur Verfügung. Allerdings seien diese Möglichkeiten nicht global für jeden Gegenstand von Argumentation anwendbar, sondern es komme auf den jeweiligen Kontext an.[14]

[...]


[1] Álvarez, M., Exposición y argumentación, 6. Auflage, Madrid, arco libros, 2005, S. 25.

[2] Vgl. Kopperschmidt, J., Argumentationstheorie zur Einführung. Hamburg, Junius, 2000, S. 59.

[3] Vgl. ebenda, S. 27.

[4] Vgl. Pirazzini, D., „Ist Persuasion das Ziel der Argumentation? Das abwägende Verfahren in romanischen Texten“, in: Drescher, Martina (Hg.): Textsorten im romanischen Sprachvergleich. Tübingen, Stauffenburg, 2002, S.137.

[5] Vgl. Lausberg, H., Handbuch der literarischen Rhetorik. Eine Grundlegung der Literaturwissenschaft. 3. Auflage, Stuttgart, Franz Steiner, 1990, S. 141ff.

[6] Vgl. Kopperschmidt, J., Argumentationstheorie zur Einführung. Hamburg, Junius, 2000, S. 49.

[7] Kopperschmidt, J., Argumentationstheorie zur Einführung. Hamburg, Junius, 2000, S. 51.

[8] Vgl. ebenda, S. 13

[9] Bayer, K, Argument und Argumentation. Logische Grundlagen der Argumentationsanalyse. Opladen / Wiesbaden, Westdeutscher Verlag, 1999, S. 65.

[10] Vgl. ebenda, S. 67.

[11] Toulmin, S., Der Gebrauch von Argumenten. 2. Auflage, Weinheim, Beltz Athenäum, 1996, S. 17.

[12] Vgl. Toulmin, S., Der Gebrauch von Argumenten. 2. Auflage, Weinheim, Beltz Athenäum, 1996, S.18f.

[13] Toulmin, S., Der Gebrauch von Argumenten. 2. Auflage, Weinheim, Beltz Athenäum, 1996, S. 96.

[14] Vgl. ebenda, S. 95.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Argumentation im öffentlichen Diskurs
Untertitel
Proclamación del Alzamiento (Manifiesto de las Palmas)
Hochschule
Universität Paderborn  (Institut für Romanistik)
Veranstaltung
Arumentation im öffentlichen Diskurs- Am Beispiel des Spanischen
Note
1,7
Autor
Jahr
2008
Seiten
22
Katalognummer
V87882
ISBN (eBook)
9783638034005
ISBN (Buch)
9783638931465
Dateigröße
482 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Argumentation, Diskurs, Arumentation, Diskurs-, Beispiel, Spanischen
Arbeit zitieren
Diplomkaufmann (FH) Claas Riemer (Autor:in), 2008, Argumentation im öffentlichen Diskurs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87882

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