Homo faber - Fabers Welt- und Berufsbild und der Prozess der Selbsterkenntnis


Seminararbeit, 2000

15 Seiten, Note: 2

Anonym


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Walter Fabers Welt- und Berufsbild
2.1 Fabers Berufsleben
2.2 Das technikzentrierte Weltbild
2.3 Beobachtung statt Erlebnis
2.4 Natur als Bedrohung
2.5 Zwischenmenschliche Beziehungen

3. Der Prozess der Selbsterkenntnis
3.1 Erste Anzeichen des Wandels
3.2 Irrationale Impulse
3.3 Erlebnis statt Beobachtung
3.4 Selbstannahme

4. Schluss

5. Literaturverzeichnis
5.1 Quelle
5.2 Literatur
5.2.1 Selbständig erschienene Publikationen
5.2.2 Unselbständig erschienene Publikationen

1. Einleitung

Der Titel eines jeden Werkes verleitet dazu, sich ein Bild vom Inhalt und der Thematik zu machen, ohne das Werk zuvor gelesen zu haben. So auch der Roman des Schweizer Autors Max Frisch „Homo faber“. Übersetzt bedeutet „homo faber“ nichts anderes als „der schaffende Mensch“, wörtlich gemeint also ein Mensch, der mit seiner Hände Arbeit etwas erschafft. Diese Übersetzung scheint jedoch das Wesen des Protagonisten Walter Faber auf den ersten Blick nicht zu erfüllen: Er arbeitet mit dem Kopf und nicht mit seinen Händen oder seiner Muskelkraft.

Bei näherem Betrachten fällt jedoch auf, daß Walter Faber, der von seiner ehemaligen Freundin Hanna den Spitznamen „homo faber“ seines rationalen Wesens wegen erhielt, im Laufe der Handlung dem Bild des schaffenden Menschen immer näher kommt: Er beginnt, sich und seine Sicht der Dinge neu zu erschaffen.

Wie sich das ursprüngliche Weltbild des Walter Faber darstellt und wie es sich während des Romans verändert, soll im folgenden untersucht werden. Ob es Faber gelingt, seine Ansichten wirklich zu ändern und die Erkenntnisse auch anzunehmen und umzusetzen, wird Gegenstand des zweiten Teils meiner Arbeit sein.

Die Frage nach der Erkenntnisfähigkeit Fabers wirft auch die Frage nach der Schuld am Tod seiner eigenen Tochter Elisabeth auf, hierauf möchte ich erst im Schlussteil nach Beantwortung der übrigen Fragen genauer eingehen. Auch Fabers Beziehungen zu den Frauen in seinem Leben ist ein Teil der angesprochenen Problematik, kann aber hier des Umfangs wegen nur kurz umrissen werden.

2. Walter Fabers Welt- und Berufsbild

2.1 Fabers Berufsleben

Walter Faber arbeitet als Maschineningenieur im Auftrag der „UNESCO“. In seinem Beruf ist er erfolgreich, seine Leistungen werden anerkannt. Er hat viel von der Welt gesehen und kann mit Stolz auf seinen Beitrag zur Zivilisation schauen: Mit seiner Arbeit, zur Zeit des Berichtes beispielsweise die Überwachung der Montage von Turbinen für einen Staudamm, unterstützt er den technischen Fortschritt unterentwickelter Völker. Ist er nicht vor Ort, um Arbeiten zu überwachen, so nimmt er an Kongressen teil, um seine Kenntnisse und Erfahrungen weiterzugeben.

Doch seine Arbeit als Techniker ist für Walter Faber mehr als eine Möglichkeit, seinen Lebensunterhalt zu finanzieren: „Sein Beruf schenkt ihm das Gefühl mit den Tatsachen fertig zu werden“[1], die Naturwissenschaft mit ihren empirischen Arbeitsweisen[2] unterstützt das rationale, logisch denkende Wesen Fabers. „Er lebt ganz in seiner Arbeit und liebt das Alleinsein mit seiner Arbeit“[3], seine Arbeit ist für Fabers Leben sinngebend.

Er definiert sich, seine Eigenschaften - „Ich gelte in beruflichen Dingen als äusserst gewissenhaft [...] “ - (33), und sogar seine Männlichkeit über seinen Beruf:

„Ich stehe auf dem Standpunkt, daß der Beruf des Technikers, der mit den Tatsachen fertig wird, immerhin ein männlicher Beruf ist, wenn nicht der einzigmännliche überhaupt; [...] “ (77)

2.2 Das technikzentrierte Weltbild

„Walter Faber versucht, die technische Weltanschauung zu leben“[4] Faber erzählt nicht von den Geschehnissen, er berichtet über sie. Was man durch ihn erfährt sind Fakten, räumliche und zeitliche Gegebenheiten, eine genaue aber emotionslose Berichterstattung[5] des Vorgefallenen. Für Walter Faber ist „die Technik nicht ein Beruf, sondern eine Art, die Welt zu sehen und zu begreifen.“[6] Das Schlagwort „Technik statt Mystik“ (77) fasst zusammen, was letztendlich zum Stolperstein in Fabers Leben wird: Er kann nicht an etwas glauben, ohne um seine Existenz zu wissen.

In der Welt, wie Faber sie sich zurechtlegt, ist kein Platz für metaphysische Phänomene wie die Macht eines höherstehenden Wesens, das die Fäden des Schicksals in den Händen hält. Faber nennt Hanna mit ihrem Hang zum Mystischen hysterisch (47), er kann und will die Welt nur so sehen, wie sie ihn nicht beunruhigt: als durch und durch berechenbar und durchschaubar.[7] Darum ist es für ihn auch nicht möglich, die Folge unglaublicher Ereignisse, die sein Leben seit dem Start in New York beeinflussen anders als eine Verkettung von Zufällen zu sehen:

„Aber wieso Fügung? Ich brauche, um das Unwahrscheinliche als Erfahrungstatsache gelten zu lassen, keinerlei Mystik; Mathematik genügt mir.“ (22)

Nach Faber ist der Techniker der Beherrscher der Welt:

„Wir leben technisch, der Mensch als Beherrscher der Natur, der Mensch als Ingenieur, und wer dagegen redet, der soll auch keine Brücke benutzen, die nicht die Natur gebaut hat.“ (107)

„Es ist für ihn die Pflicht des vernünftig handelnden Menschen, sich zum Beherrscher der Natur zu machen“[8], Schwangerschaftsunterbrechung erscheint ihm als logische Konsequenz auf die drohende Überbevölkerung: „[...] wir haben die Sache selbst zu regeln.“ (105).

2.3 Beobachtung statt Erlebnis

Sein Unvermögen, sich irrationalen Gedankengängen zu öffnen, macht es Walter Faber unmöglich, Naturereignisse allein ihrer Schönheit wegen zu genießen. Deutlich zeigt sich dies nach der Notlandung in Tamaulipas: Während sich die übrigen Passagiere am Mondaufgang über der Wüste erfreuen und die stimmungsvolle Atmosphäre bewundern, hat Faber für diese Begeisterung nur Verachtung übrig: “Ich kann mir keinen Unsinn einbilden, bloß um etwas zu erleben.“(25)

„Er lehnt jedes phantasiebestimmte Erleben der Welt [...] ab.“[9] Zwar sieht er genau wie alle anderen, wie sich der Mond über die Wüste hebt, aber für ihn ist es lediglich „eine errechenbare Masse, die um unseren Planeten kreist, [...], interessant, aber wieso ein Erlebnis?“.(24) Kaiser sieht darin die „Ironie eines selbst Erlebnislosen, der total von der Natur abgeschnitten ist“.[10]

Das Element, das Faber zwischen sich und die Möglichkeit des Erlebens schiebt, ist wieder einmal die Technik und ihre Errungenschaften. Er benutzt beispielsweise seine Kamera als Barriere zwischen sich und der Welt, das Filmen „ist seine Art, Welt anzueignen“.[11] Er kann durch seine Kamera alles genau beobachten und erfassen, ohne jedoch die Situation wirklich an sich herantreten zu lassen.

[...]


[1] Kaiser (1987), S.202

[2] Geulen (1987), S.118

[3] Lüthi (1997), S.28

[4] Schmitz, (1977), S.32

[5] Kaiser (1987), S.203

[6] Lüthi (1997), S.27

[7] Lüthi (1997), S.29

[8] Lüthi (1997), S.28

[9] Lüthi (1997), S.28

[10] Kaiser (1987), S.203

[11] Kaiser (1987),S.203

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Homo faber - Fabers Welt- und Berufsbild und der Prozess der Selbsterkenntnis
Hochschule
Universität des Saarlandes  (Germanistik)
Veranstaltung
Proseminar: Tagebücher und Erzählprosa Max Frischs
Note
2
Jahr
2000
Seiten
15
Katalognummer
V8763
ISBN (eBook)
9783638156530
Dateigröße
441 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Selbsterkenntnis, Weltbild, Menschenbild
Arbeit zitieren
Anonym, 2000, Homo faber - Fabers Welt- und Berufsbild und der Prozess der Selbsterkenntnis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8763

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