Identität im Kontext der Gesellschaft und Familie

Identität und Sexualtät


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

29 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Identität im Kontext Gesellschaft und Familie

2. Identität und Sexualität
2.1 Einleitung
2.2 Transgenderpersonen
2.2.1 Cross-Dressing
2.2.2 Drag
2.2.3 Intersexuelle
2.2.4 Bisexualität
2.2.5 Transvestismus
2.2.6 Transsexualität
2.2.7 Shemale / Hegirl
2.2.8 Travestie
2.3 Heterosexualität
2.4 Homosexualität
2.4.1 Lesbianismus
2.4.2 Schwule

3. Eva und Adele „coming out of the future“
3.1 Wer sind sie
3.2 Ihre Kunst
3.3 Projekte
3.2.1 Selbstportraits
3.2.2 CUM
3.2.3 Mediaplastic
3.2.4 Video Stills

4. Kunstwerkinterpretation
4.1 Das ausgewählte Werk
4.1.1 Einordnung
4.1.2 Angaben
4.1.3 Formanalyse
4.1.4 Wirkung
4.1.5 Problemstellung im Werk und Interpretationsversuche

5. Schlussteil
5.1 Kontext und Fazit
5.2 Anhang
5.3 Literatur
5.4 Internet

1. Identität im Kontext Gesellschaft und Familie

In einem Interview sagte der Philosoph der Cultural Studies Stuart Hall:

„Ich bin nicht das was meine Familie von mir erwartet hat, und ich bin nicht an dem Platz, den mir meine Gesellschaft zugewiesen hat. In diesem Sinne habe ich keine Idee davon, wer ich bin“[1]

Der Philosoph Odo Marquard schreibt 1979:

„Das Thema Identität hat Identitätsschwierigkeiten“[2]

Diese beiden Aussagen geben Aufschluss über die Schwierigkeit einer Präzision des Identitätsbegriffes. Vielmehr zeigt es den riesigen Kontext durch welchen sich der Gebrauch des Begriffes Identität erstreckt[3].

Es scheint unmöglich oder sogar sinnlos mit Identität etwas exakt definieren und damit abgrenzen zu wollen, sehen wir es als Chance alles individuell beschreiben zu können[4].

Den Ursprung des Wortes Identität finden wir im lateinischen identitas. Der deutsche Duden definiert Identität: „die; - (völlige Gleichheit)“, den Oberbegriff stellt Identifikation:

„ die; -, -en <lat>, Identifizierung (Gleichsetzung, Feststellung der Identität);[5]

Um einen Versuch der Definition anzuführen sei ein Gedanke aus der Psychologie genannt. Dort steht der Identitätsbegriff für ein Phänomen, bei dem sich ein Mensch sogar über einen längeren Zeitraum als ein und dasselbe Wesen identifizieren kann, obwohl sich seine Umgebung und er sich selbst geändert haben[6].

Verantwortlich für diese Veränderungen ist z.B. die Medienwelt, die eine immer größere Rollenvielfalt präsentiert und dem Individuum eine facettenreiche, multiple Persönlichkeitsbildung ermöglicht[7].

In der Geschichte erfährt der Identitätsbegriff in den letzten 300 Jahren eine neue, sehr wichtige Rolle. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts definierte sich eine Persönlichkeit daraus, aus welcher Gesellschaftsschicht sie kam, welcher Religion sie angehörte bzw. welche Traditionen sie pflegte. Mit der sozialen Revolution in Frankreich 1789, brachen diese festgefahrenen Sozialstrukturen auf und ermöglichten es jedem Menschen ein Individuum zu werden, unangemessen an seiner Herkunft oder Religion. Mit Napoleon und dessen Code Napoleon sollten diese Werte mit militärischen Mitteln auf europäischen Boden verbreitet werden[8].

Ein weiterer wichtiger Punkt in der Identitätsentwicklung spielt die Entwicklung der Rolle der Frau und dem damit verbundenen Gleichberechtigungskampf.

Dieter Gerburg sieht den Beginn des modernen Gleichberechtigungsdrangs gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Die Forderungen der Sozialdemokratin Johanna von Elberskirchen, die für eine Emanzipation der sexuellen Knechtschaft der Frau eintritt, bedeuten den Beginn der Modernisierung des bis dato festgefahren Bildes der Frau als Mutter und Hausfrau[9].

Wie oben schon beschrieben ist die Gesellschaft mitverantwortlich für Identitätsentwicklung eines einzelnen.

Die ersten Identitätsgrundlagen erhält der Mensch in seiner Familie. In ihr werden, der Person, schon erste identitätsprägende Komponenten, wie z.B. Kultur vermittelt.

Die Familie stellt die Grundlage einer Gesellschaft. Ändert sich die Familie, ändert sich automatisch die Gesellschaft und somit die persönliche Identität der Personen die ihr angehört[10].

Der typische Familienaufbau in Mutter, Vater und Kind wurde früher als geordnete Lebensverhältnisse angesehen. Doch in der postmodernen Gesellschaft wie wir sie heute vorfinden wirkt der Trend entgegen jenen alten Traditionen.

Wir finden allein erziehende Mütter ohne einen Wunsch nach einem festen Partner. Wir finden zusammenlebende Paare, die nicht ans heiraten denken. Wir finden auch kinderlose Ehepaare, deren Leben auch ohne ein Kind ausgefüllt genug ist[11].

In der postmodernen Gesellschaft von heute mutiert der Familienbegriff langsam in die Bedeutungslosigkeit. Mehr und mehr entscheiden sich Menschen für ein eher hedonistisches Singleleben. Eine durchschnittliche europäische Scheidungsquote von fast 50% scheint diesem Trend noch hinzu zuwirken[12].

Albrecht erklärt dieses Phänomen mit den steigenden Anforderungen in Beruf und Ausbildung. Dabei werden Mobilität und Umstellungsbereitschaft zur Priorität im Berufsalltag. Der Mensch steht unter einem ständigen Individualisierungsdruck[13].

Ähnlich wie in der Kunst scheint der postmoderne Gedanke dem modernen Gedanken entgegen zuwirken[14].

2. Identität und Sexualität

2.1 Einleitung

Vor ca. 300 Jahren zitiert man den Start der wissenschaftlichen Aufbereitung zum Thema Sexualität und demzufolge auch Homosexualität.

Wie suspekt die Forschung zu dieser Zeit zu diesem Thema arbeitete zeigt der Umgang mit der Masturbation. Ende des 18. Jahrhunderts Anfang des 19. Jahrhunderts galt Masturbation als Krankheit. Gestärkt durch Verbotssprüche der Kirche hielt dieses engstirnige Forschungsfeld bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts fest. Erst mit Kinsley 1948 findet die Selbstbefriedigung eine normale und gesunde Rolle in der Entwicklung des Menschen.

Einen ähnlichen Verlauf zeigt auch die wissenschaftliche Aufarbeitung der Homosexualität. Noch bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts waren Forscher damit beschäftigt, eine Heilungschance für Homosexuelle zu finden.

Die persönliche Suche nach seiner eigenen Sexualität ist die Suche nach seiner Art der Begehrensform. Eine strikte Unterteilung der Geschlechterrollen wäre fatal und veraltet[15].

Wie würde Transsexualität oder Transvestismus einen Platz in unserer Gesellschaft finden, wenn man alles streng in Geschlechter sortieren würde?

Nein, mehr und mehr werden auch andere Lebensweisen in der modernen Gesellschaft akzeptiert.

Neueste Forschungen haben ergeben, dass alle Menschen Verhaltensmuster des jeweils gegenteiligen Geschlechtes in sich tragen. Dessen Intensität aber von Person zu Person verschieden ist[16].

Fakt ist, dass in einer pluralistisch ändernden Gesellschaft, sich dessen definierende Grundbausteine wie Familie, Sexualität etc. einem ständigen Wandel unterliegen. Menschliche Ausdrucksformen wie der Wandel von Partnerschaftsmustern oder sogar der Vermischung von Geschlechterrollen sind ein endlich akzeptiertes Ausdrucksmittel in dieser Gesellschaft. Mit meiner Arbeit möchte ich einen Einblick in die Variationsmöglichkeiten der pluralistischen Geschlechterrollen geben.

„Männlichkeit oder Weiblichkeit ist die erste Unterscheidung die Sie machen, wenn Sie mit einem anderen Wesen zusammentreffen, und Sie sind gewöhnt, diese Unterscheidung mit unbedenklicher Sicherheit zu machen“[17]

Jedoch geht es in der modernen Geschlechterforschung nicht länger um stabile, festgelegte Wesen, sondern um Identifizierungs- und Zugehörigkeitsgefühle die immer schwammiger, brüchiger und heterogener werden[18].

2.2 Transgenderpersonen

Als Transgenderpersonen werden Menschen bezeichnet deren Identitätsgeschlecht vom biologischen Geschlecht abweicht. Es beinhaltet ebenfalls alle Mischgruppen die im Grenzbereich dazwischen angesiedelt sind, wie Transsexuelle, Dragqueens, Transvestiten etc.[19].

2.2.1 Cross-Dressing

…“(engl. cross: überkreuzt; eng. to dress: sich kleiden)“[20]

Es beschreibt das Verkleiden in das andere Geschlecht. Der Unterschied zur Travestie besteht darin, dass diese Verkleidung nur in einem dezenten Rahmen geschieht. Im frühen 20. Jahrhundert wurde die Verkleidung besonders von Frauen genutzt und hatte praktische Gründe, da sich so oft eine bessere Chance auf eine Arbeit bot[21].

In der Populärkultur, wie der Filmindustrie, findet man Cross-Dressing-Rollen als Komödieelement verankert. Ein Beispiel hierfür sei die Rolle von Dustin Hoffman in Tootsie (1982) genannt. (Bild siehe Anhang I).

Aber auch ernstere Rollen wie Katharine Hepburn im Film „Sylvia Scarlett“ möchte ich hier anführen. (Bild siehe Anhang II)

2.2.2 Drag

Den Ursprung des Drags finden wir im 20. Jahrhundert.

Bei Drag handelt es sich um die Verkleidung Homosexueller in die gegengeschlechtliche Rolle. Jedoch erfolgt eine deutliche Abgrenzung vom Transvestismus oder Cross-Dressing, da meist eine deutliche Übertreibung inszeniert wird[22]. Da bei einigen Schwulen die feminine Ader als „Tunte“ galt, distanzierte man sich durch diese Übertreibung. In der Vollendung betiteln sich Verkleidete als Dragqueen. Die sicherlich, aus den Medien bekannteste Dragqueen ist Olivia Jones (Bild siehe Anhang III). 1997 wurde sie in den USA zur „Miss Drag Queen Of The World“ ernannt. 2004 tritt sie sogar in der Hamburger Bürgerschaftswahl gegen den damals amtierenden Innensenator Ronald Schill an und erhält mehr stimmen als der Gegenkandidat[23].

Mehr und mehr popularisiert sich auch in der Lesbenszene die Kultur der Dragkings[24] (Beispiel siehe Anhang IV). Am Beispiel sehen wir wie gezielt und übertrieben die männlichen Merkmale dargestellt werden. Als Merkmale werden dabei auffällig der Bart, die Muskeln und das typische Machoimage hervorgehoben.

[...]


[1] Zitat aus: http://www.freitag.de/2001/17/01171301.php (am 10.März 2006)

[2] MARQUARD, Odo: Identität, München (W. Fink Verlag) 1979, S. 347.

[3] GRUNDKE, Britta: Neuorientierung der Identität; Identitätsentwicklung von Erwachsenen im Rahmen der Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahme für den sozialen Bereich, Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades doctor philosophiae, 2001, S. 5.

[4] Ebd. S.6.

[5] Vgl. DUDEN: Rechtschreibung der deutschen Sprache, Mannheim (Dudenverlag), 1996.

[6] Vgl. GRUNDKE, Britta: Neuorientierung der Identität; Identitätsentwicklung von Erwachsenen im Rahmen der Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahme für den sozialen Bereich, Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades doctor philosophiae, 2001, S. 6.

[7] PICHT, Robert: Gestörte Identitäten; in: MÖSSINGER, Ingrid: Kunst und Identität im 20. Jahrhundert, Mainz (Chorus – Verlag für Kunst und Wissenschaft) 1997, S.69.

[8] Vgl. BROCK, Bazon: Ein Kampf um CD-ROM; in: MÖSSINGER, Ingrid: Kunst und Identität im 20. Jahrhundert, Mainz (Chorus – Verlag für Kunst und Wissenschaft) 1997, S.13.

[9] Vgl. GERBURG, Dieter: Die sexuelle Debatte in der ersten deutschen Frauenbewegung; in: LAUTMANN, Rüdiger: Homosexualität, Handbuch der Theorie und Forschungsgeschichte, Frankfurt (Campusverlag) 1993, S. 17f.

[10] Vgl. PICHT, Robert: Gestörte Identitäten; in: MÖSSINGER, Ingrid: Kunst und Identität im 20. Jahrhundert, Mainz (Chorus – Verlag für Kunst und Wissenschaft) 1997, S.61f.

[11] Vgl. WEHRSPAUN, Michael: Alternative Lebensformen und postmoderne Identitätskonstitution; in: Konstanzer Beiträge zur sozialwissenschaftlichen Forschung, Band 3; Die >>postmoderne<< Familie-, Familiale Strategien und Familienpolitik in einer Übergangszeit, Konstanz (Universitätsverlag Konstanz GmbH) 1988, S. 157f.

[12] Vgl. PICHT, Robert: Gestörte Identitäten; in: MÖSSINGER, Ingrid: Kunst und Identität im 20. Jahrhundert, Mainz (Chorus – Verlag für Kunst und Wissenschaft) 1997, S.64f.

[13] Vgl. ALBRECHT, Richard: Differenzierung – Pluralisierung – Individualisierung; Umbruchprozesse der bundesrepublikanischen Gesellschaft; in: Gewerkschaftliche Monatshefte (GMH), 41 (1990) 8, S.509.

[14] Vgl. WEHRSPAUN, Michael, S. 157.

[15] FIEDLER, Peter: Sexuelle Orientierung und Abweichung, Basel (Belzverlag) 2004, S. 7.

[16] Vgl. Ebd. S. 8.

[17] Zitat, FREUD, Sigmund: Weiblichkeit; in neue Folge der Vorlesungen zur Einführung in die Psychoanalyse, Frankfurt (Fischerverlag) 1933.

[18] BERGER, Claudia: Identität; in: STEPHAN, Inge: Gender@Wissen; ein Handbuch der Gendertheorie, Weimar (Böhlau Verlag) 2005, S. 48.

[19] Vgl. http://crossdress.transgender.at/018f81931910bea01/018f81931910cda28/018f81931e12bd438.html.

(am 17. März, 12.45 Uhr).

[20] Zitat, KROLL, Renate: Metzler Lexikon; Gender Studies, Geschlechterforschung; Ansätze-Personen-Grundbegriffe, Stuttgart (Verlag J.B. Metzler) 2002, S.53.

[21] Vgl. Ebd. S.53f.

[22] Vgl. Kroll, S.73.

[23] Vgl. http://www.olivia-jones.de/ (am 25. März 12.00 Uhr)

[24] Vgl. Ebd. S.74.

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Identität im Kontext der Gesellschaft und Familie
Untertitel
Identität und Sexualtät
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Kunstpädagogik)
Veranstaltung
Kunst und Identität
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
29
Katalognummer
V87553
ISBN (eBook)
9783638022651
ISBN (Buch)
9783640612383
Dateigröße
1228 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Identität, Kontext, Gesellschaft, Familie, Kunst, Identität
Arbeit zitieren
Christian Kühne (Autor:in), 2006, Identität im Kontext der Gesellschaft und Familie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87553

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