Genomanalyse und genetische Beratung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Genomanalyse

3. Genomanalyse im Versicherungswesen, am Arbeitsmarkt und bei juristischen Verfahren
3.1. Versicherungswesen
3.2. Arbeitsmarkt
3.3. Juristische Verfahren

4. Gesellschaftliche Bewertung was als „krank“ gilt

5. Humangenetische Beratung
5.2. Postnatale Diagnostik

6. Kriterien für die Durchführung von Humangenetischen Tests

7. Präimplantationsdiagnostik ( PID)

8. Eugenisches Gedankengut

9. Schlussgedanken

Literaturnachweis

1. Einleitung

In der molekulargenetischen Grundlagenforschung wurden in den letzten Jahrzehnten immer größere Fortschritte gemacht. Die Konsequenzen die sich daraus ergeben sind weit reichend und vor allem als ethisch problematisch anzusehen. Durch das zunehmende Wissen über die molekulargenetischen Konstitutionen des Menschen wird auf anderen Wirtschaftsbereichen und für die Gesellschaft mit Konsequenzen zu rechnen sein.[1]

Jedoch ist es nicht von der Hand zu weisen, dass ein solches Wissen im Umgang mit Gesundheit, Krankheit, Behinderung neue Handlungschancen eröffnen kann. Trotzdem gilt, dass ein solches Wissen Chance und Gefahr zugleich ist. Was den Medizinern im Bereich der Medikamente seit langem bewusst ist, dass jede Wirkung ihre Nebenwirkung hat, dies gilt ebenso für die viel weiterreichenden Eingriffe, welche mit der Gentechnologie möglich werden. Während jedes Medikament vor seiner Zulassung viele Kontrollen durchlaufen muss, damit Verträglichkeit und physische Nebenwirkungen geprüft werden können, ist die Gentechnologie erst in einem frühen Anfangsstadium begriffen. Denn die ungeplanten Nebenwirkungen die sich aus der Gentechnologie ergeben sind vielfältig und sind vor allem im gesellschaftlichen, sozialen, politischen und physischen Bereich anzutreffen.[2]

In meinen weiteren Ausführungen möchte ich versuchen einmal bewusst solche möglichen Nebenwirkungen der modernen Medizintechnologie ins Blickfeld zu rücken, und zwar exemplarisch an dem Beispiel der Pränatal- und Gendiagnostik. Das Hauptanliegen wird sein, dass Wissen aus molekulargenetischen Untersuchungen nicht nur im positiven Sinn zu sehen, sondern auch kritisch die erworbenen Informationen aus Analysen zu betrachten.

2. Genomanalyse

Mit der Genomanalyse ist es möglich, Anlagen des einzelnen Menschen und damit auch etwaige Erbschäden erkennbar zu machen bevor sich diese im äußern Erscheinungsbild ausprägen.[3]

Demzufolge können genetische Daten gewonnen werden über das Erscheinungsbild ( wie oben kurz erwähnt ), über biochemische Untersuchungen, Chromosomen- und DNA- Untersuchungen.[4]

Insofern ist die Genomanalyse als positiv zu beurteilen, weil dadurch das frühzeitige Erkennen der genetischen Disposition, zum Beispiel hinsichtlich einer bestimmten Erkrankung, von allergrößter Bedeutung sein kann. Damit könnte die Genomanalyse erhebliche Chancen für den Lebens- und Gesundheitsschutz bieten und den Menschen somit vor gesundheitlichen Risiken schützen. Es könnte anderen analysierten Risiken rechtzeitig durch Medikamente begegnet werden. Ebenfalls könnten Befürchtungen hinsichtlich eines angenommenen, aber nicht vorhandenen Risikos, ausgeräumt werden. Dennoch gibt es hinsichtlich der Genomanalyse heute noch eine ganze Reihe noch nicht abgeklärter Fragen. Es wird versucht Veranlagungen eines Menschen, aber auch spezielle Krankheitsrisiken bei der Genomanalyse sichtbar werden zu lassen, bevor sie aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes wahrzunehmen sind. Sicherlich haben solche Verfahren den schon genannten prophylaktischen Wert, insofern nämlich, dass ein mögliches Risiko besser abgeschätzt und durch besondere Lebensführung gemindert werden kann. Die Beurteilung eines Menschen von seinem Genotyp her ist anderseits äußerst bedenklich. Dies könnte zu einer Diskriminierung der Betroffnen führen. Allzu leicht kann es bei einer Blickverengung auf den Genotyp dazu kommen, dass die durch Aneignung und Fleiß erworbenen Fähigkeiten eines Menschen weitestgehend unberücksichtigt bleiben.[5]

Fest steht, dass das erworbene Wissen durch die Genomanalyse und vor allem der Umgang mit diesem Wissen, die persönlichen und sozialen Lebensbedingungen in eklatanter Weise verändern können. Angesichts dieser Möglichkeit kommt der angewandten Ethik die Aufgabe zu, die Absichten und die Konsequenzen des molekulargenetischen Wissenserwerbs mit kritischer – analytischer Sensibilität zu reflektieren und zu bewerten. Dennoch wird vorwiegend die Genomanalyse als Forschung betrachtet die gesundheitsrelevantes Wissen liefert. Wird die Genomanalyse außerhalb des medizinischen Bereichs durchgeführt, treten ethische Probleme auf, die nur gewagt akzeptierbar sein können. Aber ist es nicht möglich die Genomanalyse als ein Problem der Dateninterpretation und der Datenerhebung anzusehen, als ein Problem der Technik oder des Erkenntnisgewinns?[6]

3. Genomanalyse im Versicherungswesen, am Arbeitsmarkt und bei juristischen Verfahren

Es ist möglich, dass weit reichende ethische Probleme auch auf der öffentlichen – institutionellen Ebene entstehen, neben den Problemen, die sich im privaten und persönlichen Lebenszusammenhang des einzelnen aus molekulargenetischen Tests ergeben können. So wäre es vorstellbar, dass die Ergebnisse der gesundheitsrelevanten Diagnostik in Bereichen Anwendung finden und Konsequenzen haben, die nicht mit den expliziten Absichten molekulargenetischer Tests verbunden sind.[7] Exemplarisch kann dies für das Versicherungswesen, den Arbeitsmarkt und bei juristischen Verfahren gezeigt werden.

3.1. Versicherungswesen

Heiß diskutiert wird der Einsatz der Genomanalyse im privaten Versicherungswesen. Vor Abschluss einer Kranken-, Lebens- oder Berufsunfähigkeitsversicherung sollen zum Beispiel mit Hilfe der Genomanalyse die Risiken möglichst genau eingeschätzt und dementsprechend der Versicherungsvertrag ausgestaltet werden. Solche Analysen sind aus ethischer Sicht, die bei Vertragsabschluß die möglichen Lebenserwartung und mögliche Gesundheitsschäden des Versicherungsnehmers erheben, auszuschließen. Demnach stehen sie im Widerspruch zum Sinn einer solchen Versicherung, welcher darin besteht, zukünftige Risiken aufzufangen und nicht darin, sie möglichst geschickt auszublenden.[8]

3.2. Arbeitsmarkt

Zunehmend wird die Gesundheit zum Konkurrenzgut bei der derzeitigen Situation auf dem Arbeitsmarkt. Entscheidend ist vor allem, dass nicht die aktuelle Gesundheit, sondern die prospektive einen höheren Wert einnimmt. Es ist anzunehmen, dass sowohl gegeneinander konkurrierende Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber ein steigendes Interesse an entsprechenden genetischen Tests entwickeln werden. Auf Seiten der Arbeitgeber besteht offensichtlich ein Interesse, möglichst solche Arbeitnehmer zu beschäftigen, die langfristig gesund sind. Ebenso kann auch ein Interesse an Arbeitnehmern mit bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen angenommen werden. Mit der sich erweiternden Kenntnis der Funktionsweise einzelner Gene, kann beiden Interessen zunehmend entsprochen werden.

Doch wie sollen solche Fortschritte aus der ethischen Perspektive betrachtet werden? Es gibt keinen Einwand aus individualethischer Perspektive gegen die freiwillige molekulargenetische Untersuchung und auch nicht gegen das Anliegen, mit einem entsprechenden Gutachten für sich zu argumentieren. Ein anderer Aspekt ist jedoch problematisch. Damit für Laien die Ergebnisse aus den molekulargenetischen Tests verständlich werden, müssen sie vorerst interpretiert werden. Je mehr sich aber die Analyseergebnisse den Interessen des Adressaten nähern, desto mehr erhält das Gutachten auch eine normativ – bewertende Aussage. Es sind jeweils die Normen des Adressaten die dabei zugrunde gelegt werden. Hier ergibt sich aus ethischer Perspektive die Frage, inwieweit es überhaupt legitim ist, biologische Daten im Hinblick auf außer – biologische Fragestellungen zu interpretieren.[9]

3.3. Juristische Verfahren

Methoden der Genanalyse können im Gerichtswesen zum Vaterschaftsnachweis und zur Täteridentifikation bei Gewaltverbrechen, bei welchem Spuren von Blut oder Sperma am Tatort zurück geblieben sind, herangezogen werden. Dann ist es möglich die in Frage kommende Tätergruppe zu untersuchen. Gegen beide Einsatzweisen der Gentechnologie wird man grundsätzlich im so genannten DNA – Fingerprinting keine ethisch motivierten Bedenken haben, da heute mit einer großen Zuverlässigkeit der Methoden zu rechnen ist und diese kein ungerechtes Ziel verfolgen.[10]

[...]


[1] Vgl. Kaminsky, Carmen: „Genomanalyse. Absichten und mögliche Konsequenzen in der Perspektive angewandter Ethik“, in: Engels, Eve – Marie ( Hg. ): Biologie und Ethik, Stuttgart ( Reclam ) 1999, S 194.

[2] Vgl. Beck – Gernsheim, Elisabeth: „Zwischen Prävention und Selektion. Fortschritte und Dilemmata der Gentechnologie“, in: Zwierlein, Eduard ( Hg. ): Gen – Ethik. Zur ethischen Herausforderung durch die Humangenetik, Idstein ( Wissenschaftlicher Verlag Dr. Ulrich Schulze – Kirchner ) 1993, S. 59.

[3] Vgl. Eser, Albin: „Moderne Fortpflanzungsmedizin und Gentechnik. Rechtliche und sozialpolitische Aspekte der Humangenetik“, in: Lenk, Hans ( Hg. ): Wissenschaft und Ethik, Stuttgart ( Reclam ) 1991, S. 326.

[4] Vgl. Hennen, Leonhard: Genetische Diagnostik – Chancen und Risiken. Der Bericht des Büros für Technikfolgen – Abschätzung, Berlin ( rainer bohn ) 1996, S. 60.

[5] Vgl. Balkenohl, Manfred: Gentechnologie und Humangenetik. Ethische Orientierungen, Stein am Rhein ( Christiana ) 1989, S. 95 – 96.

[6] Vgl. Kaminsky, Carmen: „Genomanalyse. Absichten und mögliche Konsequenzen in der Perspektive angewandter Ethik“, in: Engels, Eve – Marie ( Hg. ): Biologie und Ethik, Stuttgart ( Reclam ) 1999, S. 195 – 197.

[7] Vgl. ebenda, S. 206 – 207.

[8] Vgl. Reiter, Johannes: „Prädiktive Medizin – Genomanalyse – Gentherapie“, in: Löw, Reinhard ( Hg.): Bioethik. Philosophische – Theologische Beiträge zu einem brisanten Thema, Köln ( Communio ) 1990, S. 77.

[9] Vgl. Kaminsky, Carmen: „Genomanalyse. Absichten und mögliche Konsequenzen in der Perspektive angewandter Ethik“, in: Engels, Eve – Marie ( Hg. ): Biologie und Ethik, Stuttgart ( Reclam ) 1999, S. 207 – 209.

[10] Vgl. Irrgang; Bernhard: „Genethik“, in: Nida – Rümelin ( Hg. ): Angewandte Ethik. Die Bereichsethiken und hre theoretische Fundierung, Stuttgart ( Kröner ) 1996, S. 540.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Genomanalyse und genetische Beratung
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Institut für Technikphilosophie)
Veranstaltung
Lebensqualität und Wert des Lebens in der medizinischen Ethik
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
18
Katalognummer
V87534
ISBN (eBook)
9783638031745
ISBN (Buch)
9783638929318
Dateigröße
418 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Genomanalyse, Beratung, Lebensqualität, Wert, Lebens, Ethik
Arbeit zitieren
Anja Pöche (Autor:in), 2006, Genomanalyse und genetische Beratung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87534

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