Arbeit - eine multidisziplinäre Einführung in Human- und Gesellschaftswissenschaften


Hausarbeit, 2007

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitungsgedanke

2. Aspekte der Erwerbsarbeit
2.1. Verbindung zwischen Religion und Erwerbstätigkeit nach Max Weber
2.2. Arbeitszeiterhöhung ohne Lohnausgleich
2.3. Aussichten zur Rückkehr zur Vollzeitbeschäftigung
2.4. Verbindung zwischen Arbeit und der persönlichen Identität

Literaturverzeichnis

1. Einleitungsgedanke

Erwerbsarbeit nimmt in unserer heutigen Gesellschaft eine bedeutende Rolle ein. Die Ursache hierfür ist eine über mehrere Jahrhunderte währende Entwicklungsgeschichte, in der zuerst die Arbeitsamkeit im Allgemeinen und später in Form der Lohnarbeit zur Selbstverständlichkeit wurde. Heute wird in verschiedenen Bereichen, aufgrund wachsender Arbeitslosigkeit und problematischen Meldungen aus der Wirtschaft, über die Entwicklung, die Bedeutung und zukünftige Veränderung der Erwerbsarbeit, diskutiert. Folgende Arbeit beleuchtet und hinterfragt einige der wichtigen Aspekte von Erwerbsarbeit.

2. Aspekte der Erwerbsarbeit

2.1. Verbindung zwischen Religion und Erwerbstätigkeit nach Max Weber

In der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts wird Lohnarbeit als „sinnstiftend“ und unter anderem als Ersatz für Religion angesehen (vgl. Kreutzer, S. 28). Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde die Verbindung zwischen Religion und Erwerbstätigkeit aus einem anderen Blickwinkel betrachtet. Max Weber beschreibt in seinem von 1904 bis 1905 veröffentlichtem Werk „Die protestantische Ethik und der ´Geist` des Kapitalismus“ seine Ansichten, zur Entstehung des Kapitalismus in Hinsicht auf die Religion.

Max Weber suchte in seiner Arbeit nach Bedingungen, die den „Geist des Kapitalismus“ zu dem gemacht haben, was er zu Beginn des 19. Jahrhunderts war. Hierzu versuchte er zu definieren, was er unter dem „Geist des Kapitalismus“ verstand. Für ihn war der „Geist“ zunächst ein historischer Begriff, „ein Komplex von Zusammenhängen in der geschichtlichen Wirklichkeit, die wir unter dem Gesichtspunkt ihrer Kulturbedeutung zu einem Ganzen zusammenschließen“ (Weber, S. 30). Um dem „Geist des Kapitalismus“ näher zu kommen, verglich M. Weber Aussagen von Benjamin Franklin und Jakob Fugger. Der amerikanische Erfinder und Politiker Benjamin Franklin betonte in seinen Ausführungen die immense Bedeutung von Geld für den Menschen und gab gleichzeitig Verhaltensanweisungen (u. a. Fleiß, Mäßigkeit, Ehrlichkeit), die helfen sollten, das Geld zu behalten und zu vermehren (vgl. Weber, S. 31-32). Das Verstehen der „Nützlichkeit“ dieser Tugenden war nach Franklins Meinung auf eine „Offenbarung Gottes zurückzuführen“ (Weber, S.35). Nach Weber war Franklin vom „Geist des Kapitalismus“ erfüllt. Allerdings erkannte Weber in Franklins Aussagen nicht nur „Geschäftsklugheit“ sondern auch eine „eigentümliche Ethik“ (Weber, S. 33). Beim Bankier Jakob Fugger beschrieb Weber als Ursache dessen Geschäftigkeit, den „Charakter einer ethisch gefärbten Maxime der Lebensführung“ (Weber, S.33). Weber kam zu dem Schluß, dass der „moderne Kapitalismus“[1] von einem „eigentümlichen Ethos“ (Weber, S.34) bestimmt wurde. Diese „eigentümliche Ethik“ war es, die nach Weber den „Geist des (Früh-) Kapitalismus“ von dem „Geist des modernen Kapitalismus“ unterschied. Als das Zentrale dieser Ethik sah er den „Erwerb von Geld und immer mehr Geld, unter strengster Vermeidung alles unbefangenen Genießens so gänzlich aller eudämonistischen oder gar hedonistischen Gesichtspunkte entkleidet, so rein als Selbstzweck gedacht, dass es als etwas gegenüber dem `Glück` oder dem `Nutzen` des einzelnen Individuums jedenfalls gänzlich Transzendentes und schlechthin Irrationales erscheint“ (Weber, S.35).

Um die Verbindung zwischen Religion und Kapitalismus zu beleuchten, stand für Max Weber an erster Stelle, die „Ermittlung, derjenigen durch den religiösen Glauben und die Praxis des religiösen Lebens geschaffenen psychologischen Antriebe, welche der Lebensführung die Richtung wiesen und das Individuum in ihr festhielten“ (Weber, S.86). Feststand für Max Weber dabei, dass diese Antriebe in einem hohen Maß religiösen Glaubensvorstellungen entsprangen (vgl. Weber, S. 86). Den Ursprung dieser sog. Antriebe suchte Weber im Calvinismus[2]. In der Lehre von Calvin fand Weber eine Bestätigung dafür, dass der Kapitalismus in erster Linie protestantisch geprägt war. Calvins Lehre entwickelte sich aus seinen für die damalige Zeit revolutionären Auslegungen der Vorherbestimmung. Dieser „Prädestinationslehre“ zufolge beruft Gott bestimmte Menschen, die sog. Auserwählten, zum Heil und schenkt ihnen Gnade, während er andere verwirft und zur ewigen Verdammnis bestimmt (vgl. Weber, S. 93). Dieses Denken wurde entscheidend für die Bewertung des menschlichen Strebens. Berufene und Nichtberufene lebten auf engstem Raum zusammen, wobei keiner wusste, ob er zu den Auserwählten gehörte[3]. Calvin legte großen Wert auf weltliche Aktivitäten, die der „Selbstverherrlichung Gottes“ dienen sollten (Weber, S.99). Gott wollte, Calvins Ansicht nach, dass der Mensch sein Leben und seinen „Kosmos“ gestaltete und einrichtete. „Die soziale[4] Arbeit des Calvinisten in der Welt ist lediglich Arbeit `in majorem gloriam Dei`. Diesen Charakter trägt daher auch die Berufsarbeit, welche im Dienste des diesseitigen Lebens der Gesamtheit steht“ (Weber, S.100). Der Sinn der Arbeit bestand für den Menschen darin, den Ruhm Gottes zu fördern und somit die Arbeit als gottgewollt anzusehen (vgl. Weber S. 101). Somit entstand der Gedanke, dass Arbeit an sich etwas Gutes sei und dass der Verdienst aus harter Arbeit, das Streben nach beruflichem und wirtschaftlichem Erfolg nicht hoch genug zu schätzen sei. Für die Menschen kam immer wieder die Frage auf, ob es Merkmale gebe, an welchen sie erkennen konnten, dass sie zu den Auserwählten gehören. Auf solche Lebens- und Glaubensfragen gab es zwei „Typen seelsorgerischer Ratschläge“ (Weber, S. 105). Einerseits war es die Pflicht eines Menschen, sich für erwählt zu halten und jeden Zweifel als Eingebung des Teufels anzusehen (vgl. Weber, S. 105). Auf der anderen Seite wurde, um Selbstgewißheit zu erlangen, „rastlose Berufsarbeit“ als hervorragendes Mittel empfohlen (Weber, S. 105). „Sie und nur sie allein verscheuche den religiösen Zweifel und gebe die Sicherheit des Gnadenstandes“ (Weber, S.106). Die weltliche Berufsarbeit half somit, den „religiösen Angsteffekt“[5] (Weber, S.106) zu behandeln. Ein weiterer wichtiger Punkt des Calvinismus war der Gedanke, dass „Gott dem hilft, der sich selber hilft“ (Weber, S.111). Für die Menschen bedeutete dies, dass je mehr sie arbeiteten, sie sich umso sicherer sein konnten, dass sie zu den Auserwählten gehörten. Somit wurde Erfolg von menschlichen Bestrebungen nicht nur als eine Ehrerbietung Gottes angesehen, sondern auch als Beweis der eigenen Berufung. Aus dem Erfolg eines Menschen konnte man sozusagen seine Erwählung ableiten. Das Leben wurde so zu einem rastlosen Streben nach mehr Rechtfertigung vor Gott und somit nach mehr wirtschaftlichem Erfolg.

Weiterhin zeigte Max Weber auf, dass ein Merkmal des modernen Lebens seinen Ursprung in einem religiösen Phänomen hat, welches älter als der Protestantismus ist. Weber schrieb hierzu: „Einer der konstitutiven Bestandteile des modernen kapitalistischen Geistes, und nicht nur dieses, sondern der modernen Kultur: die rationale Lebensführung auf Grundlage der Berufsidee, ist […] geboren aus dem Geist der christlichen Askese“ (Weber, S. 202). Die Askese wurde aus den Mönchszellen heraus in das Berufsleben übertragen und bestimmte seit jeher den Lebensstil jedes einzelnen. Dieser Lebensstil war durch den überwältigenden Zwang geprägt, dass der Mensch ein Berufsmensch sein muss (vgl. Weber, S.203). Um die Bedeutung dieses Zwanges zu schildern, vergleicht Weber ihn mit einem Mantel, aus dem das „Verhängnis ein stahlhartes Gehäuse“ hat werden lassen (Weber, S.203). Die Askese breitete sich in der Lebenswelt der Menschen immer weiter aus und gleichzeitig, „gewannen die äußeren Güter dieser Welt zunehmende und schließlich unentrinnbare Macht über den Menschen, wie niemals zuvor in der Geschichte“ (Weber, S.204). Die asketische Lebenseinstellung konnte dazu führen, dass im Leben der Menschen Arbeit und Leistung alles andere überdeckte. Auf religiösen Glaubensinhalten entstanden, breitete sich der „Gedanke der Berufspflicht“ in den Köpfen der Menschen aus (Weber, S.204). Max Weber unterstreicht zum Schluss seiner Arbeit noch einmal die religiös-ethische Bedeutung für die Erwerbsarbeit. Er erkennt eine große Gefahr, wenn Menschen nicht mehr aus religiösen Gründen arbeiten und beschreibt dann eine Entwicklung von „Fachmenschen ohne Geist, Genussmenschen ohne Herz: dies Nichts bildet sich ein, eine nie vorher erreichte Stufe des Menschentums erstiegen zu haben“ (Weber, S.204).

2.2. Arbeitszeiterhöhung ohne Lohnausgleich

Seit Jahren ist es ein grundlegendes Ziel der Bundesrepublik Deutschland, die Arbeitslosigkeit zu überwinden. Die Debatte um die Erhöhung oder die Senkung von Arbeitszeiten spielt dabei eine bedeutende Rolle. Die Medien berichten in letzter Zeit vermehrt über Unternehmen, die eine Einführung der Arbeitszeiterhöhung ohne Lohnausgleich anstreben[6]. Die Einführung eines solchen Modells bringt sowohl Vorteile als auch Nachteile mit sich, die im Folgenden näher erläutert werden.

Vor allem Arbeitnehmer und Gewerkschaften sprechen sich klar gegen eine Arbeitszeiterhöhung ohne Lohnausgleich aus. Für die Arbeitnehmer würden diese Neuerungen bedeuten, dass sie mehr arbeiten müssen, ohne dafür entsprechend entlohnt zu werden. Das Modell der Arbeitszeiterhöhung ohne Lohnausgleich wird deshalb sehr intensiv diskutiert, da es unter anderem dazu führen soll, dass die Arbeitslosigkeit gesenkt wird. Hier setzten viele Kritiker dieses Modells mit der Argumentation an, dass es genau dazu nicht in der Lage ist, bzw. sogar das Gegenteil bewirkt. Die IG Metall schreibt hierzu: „Mit immer weniger Arbeitskräften wird in immer kürzerer Zeit immer mehr hergestellt. Bei hoher Arbeitslosigkeit sind daher verlängerte Arbeitszeiten genau das Falsche. Denn damit würde die Erwerbsarbeit auf noch weniger Menschen konzentriert“ (IG Metall-Vorstand, S. 12). Zusammengefasst bedeutet dies, dass durch Arbeitszeitverlängerungen, die Unternehmen bei gleich bleibender Nachfrage weniger Mitarbeiter bräuchten. Die Folgen wären Personalüberhänge und Arbeitsplatzabbau. Ein weiteres Argument gegen eine Arbeitszeiterhöhung ist die Tatsache, dass sich Beruf und Familie oftmals nur schlecht miteinander vereinbaren lassen. „Wer länger arbeiten muss, dem bleibt weniger Zeit für Freunde und Familie, Sport und Kultur, Weiterbildung und gesellschaftliches Engagement“, so das Argument der IG Metall (S. 14). Längere Arbeitszeiten bedeuten dementsprechend, weniger Zeit für die Familie. Besonders für Frauen entsteht durch längere Arbeitszeiten mehr Druck. Die Erwerbstätigkeit lässt sich dann noch schlechter mit Kindern und Haushalt vereinbaren. Ein weiterer Gesichtspunkt in der Debatte um die Arbeitszeiterhöhung ist die Tatsache, dass verlängerte Arbeitszeiten einbußen bei der Freizeit verlangen. Dies wiederum führt vermehrt zu gesundheitlichen Belastungen der Arbeitnehmer. Die Bildungsvereinigung Arbeit und Leben Niedersachsen e.V. zieht zur Belegung dieses Arguments eine Arbeitszeituntersuchung des Kölner ISO-Instituts von 2004 heran. In dieser Untersuchung wurde nachgewiesen, „dass Beschäftigte, die über 40 Stunden in der Woche arbeiten, deutlich häufiger unter Kopf-, Magen- und Rückenschmerzen, Nervosität, Schlafstörungen, psychischer Erschöpfung und Herz-/Kreislaufproblemen leiden als weniger arbeitende Menschen“ (S.7). Letztendlich bedeutet dies für den Arbeitgeber mehr Arbeitsausfälle der Arbeitnehmer durch Unfälle und Krankheiten. Eine weiteres Argument, das gegen eine Arbeitszeiterhöhung ohne Lohnausgleich spricht.

[...]


[1] Im Vergleich zum Kapitalismus, den es bereits in China, Indien, Babylon, in der Antike und im Mittelalter gegeben hat.

[2] „Der Calvinismus ist eine theologische Bewegung, die auf der Reformation und insbesondere der Lehren von Johannes Calvin beruht. Sie bereitet durch ihre spezifische Arbeits- und Wirtschaftsethik der industriellen Revolution eine wesentliche Grundlage“ http://de.wikipedia.org/wiki/Calvinismus, Abruf am 12.10.2006)

[3] „… der Sinn unseres individuellen Schicksals, - ist von dunklen Geheimnissen umgeben, die zu ergründen unmöglich und vermessen ist“ (Weber, S. 93).

[4] Soziale Arbeit meint hier im Sinne von Betätigung innerhalb der politischen, kirchlichen und anderen Gemeinschafts-Organisationen (Weber, S. 100)

[5] Gemeint ist damit die Angst der Bürger, nicht zu den Berufenen von Gott zu gehören.

[6] Vgl. Diskussion bei Bertelsmann und Volkswagen u.a. auf der Internetseite: http://www.zeit.de/2006/34/Bertelsmann, Abruf am 09.11.2006

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Arbeit - eine multidisziplinäre Einführung in Human- und Gesellschaftswissenschaften
Hochschule
Frankfurt University of Applied Sciences, ehem. Fachhochschule Frankfurt am Main
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
15
Katalognummer
V87448
ISBN (eBook)
9783638031547
ISBN (Buch)
9783638929257
Dateigröße
453 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Arbeit, Einführung, Human-, Gesellschaftswissenschaften
Arbeit zitieren
Carolin Büdel (Autor:in), 2007, Arbeit - eine multidisziplinäre Einführung in Human- und Gesellschaftswissenschaften, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87448

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