Fachjargon in Fußballfernsehkommentaren - eine empirische Untersuchung


Examensarbeit, 2007

116 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Der Untersuchungsgegenstand
1.2 Forschungsstand

2 Theoretischer Bezugsrahmen
2.1 Erläuterungen zum Fachjargon
2.1.1 Wissenschaftliche Definition des Begriffs „Fachjargon“
2.1.2 Gebrauch und Verwendungsweise des Begriffes (Fach-)Jargon in wissenschaftlichen Untersuchungen
2.1.3 Vorläufiges eigenes Verständnis des Begriffes „Fachjargon“
2.2 Fachsprache
2.2.1 Definition von Fachsprache
2.2.2 Fußballsprache und Fachsprache
2.2.3 Fußballsprache als Fach- oder Sondersprache?
2.3 Sportsprache
2.3.1 Sportsprache als Oberbegriff einzelner Fachsprachen mit sondersprachlichem Charakter
2.3.2 Dreiteilung der Sportsprache
2.4 Fußballsprache
2.4.1 Fußballsprache als Ergebnis eines komplexen und andauernden Prozesses
2.4.2 Die Wechselwirkungen der drei Bereiche in der Fußballsprache
2.4.3 Die Reportsprache
2.4.3.1 Die Funktionalität der Reportsprache
2.4.3.2 Art der Vermittlung
2.4.3.3 Einflüsse auf die Reportsprache
2.4.4 Einflüsse auf die Fußballsprache
2.4.4.1 Einflüsse von Fachsprachen auf die Fußballsprache
2.4.4.1.1 Fachsprache des Kriegswesens: Kriegsmetaphorik der Fußballsprache
2.4.4.1.2 Die Fachsprache der Arbeit und Technik und das Leistungsprinzip der Gesellschaft
2.4.4.1.3 Theater, Musik, Spiel und Profit: Die Fachsprachen des Schaugewerbes, des Spiels und der Wirtschaft in der Fußballsprache
2.4.4.1.4 Fachsprache der allgemeinen Sportsprache und anderer Sportarten
2.4.4.2 Der Einfluss der Gemeinsprache auf die Fußballsprache
2.5 Fußballdirektkommentar im Fernsehen
2.5.1 Entwicklungen des Fußballdirektkommentars
2.5.2 Die Aufgaben der Fußballkommentatoren
2.5.3 Die Kommunikationssituation des Fußballdirektkommentars
2.5.4 Kritik an der Sportberichterstattung
2.6 Endgültiges eigenes Verständnis des Begriffes „Fußballfachjargon“

3 Hypothesen

4 Methode
4.1 Untersuchungsobjekte
4.2 Erhebungs- und Auswertungsmethoden
4.3 Material
4.4 Untersuchungsdurchführung

5 Ergebnisse
5.1 Kategorie 1: Fachjargon
5.2 Kategorie 2: Sachverhalte
5.3 Kategorie 3: Sprachliche Verfahren
5.4 Kategorie 4: Domäne
5.4.1 Mikroanalyse Domäne-Sachverhalt
5.5 Kategorie 5: Funktion
5.6 Kategorie 6: Zeitpunkt der Verwendung
5.7 Kategorie 7: Erklärung
5.8 Kategorie 8: Bezug

6 Hypothesenüberprüfung und Diskussion

7 Zusammenfassung

Literatur

Anhang
A. Diagramme
B. Tabelle

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Modell zur Fachsprache als Subsystem nach Hoffmann (1985)

Abb. 2: Sprachmodell der Sportsprache

Abb. 3: Reportsprache als Standardsprache des Sports nach Brandt (1988)

Abb. 4: Dreigliederung der Fußballsprache sowie deren Beeinflussungen.

Abb. 5: Anzahl der Fachjargonismen in den Direktkommentaren im zeitlichen Verlauf

Abb. 6: Durchschnittlicher Anteil der vom Fachjargon in den Direktkommentaren bezeichneten Sachverhalte

Abb. 7: Anteil der vom Fachjargon in den Direktkommentaren bezeichneten Sachverhalte „Spiel“, „Spieler“, „defensive“ sowie „offensive Spielaktion“ im zeitlichen Verlauf

Abb. 8: Durchschnittlicher Anteil der sprachlichen Verfahren am gesamten Fachjargon in den Direktkommentaren Direktkommentare

Abb. 9: Anteil der sprachlichen Verfahren „Metapher“, „Bedeutungserweiterung“ und „Umschreibung“ am Fachjargon in den Direktkommentaren im zeitlichen Verlauf.

Abb. 10: Der Gebrauch der Domänen „Militär, Kampf“, „Verfolgung, Bedrohung“, „Macht“ und „Genius“ im Fachjargon im zeitlichen Verlauf..

Abb. 11: Zeitliche Entwicklung der konstantesten Domäne-Sachverhalt- Konstellationen im Fachjargon der Direktkommentare

Abb. 12: Hauptfunktionen des gesamten Fachjargons in den Direktkommentaren

Abb. 13: Hauptfunktionen des Fachjargons im zeitlichen Verlauf.

Abb. 14: Zeitpunkt der Verwendung des Fachjargons in den Direktkommentaren

Abb. 15: Zeitpunkt der Verwendung des Fachjargons in den Direktkommentaren im zeitlichen Verlauf

Abb. 16: Erklärungen für den Fachjargon im laufenden Direktkommentar

Abb. 17: Bezüge des Fachjargons in den Direktkommentaren

Abb. 18: Bezüge des Fachjargons in den Direktkommentaren im zeitlichen Verlauf.

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Überblick über die zehn am häufigsten zur Bildung des Fachjargons in den Direktkommentaren herangezogenen Domänen

Tab. 2: Mirkoanalyse Domäne-Sachverhalt.

1 Einleitung

Mit der Beobachtung und Rezeption der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland wurde eines ganz deutlich: der Fußball, und hier vor allem das Schauen sowie das Reden über Fußball sind gesellschaftsfähig geworden. Zu tausenden auf vielen großen Plätzen in den Städten (so genanntes „PublicViewing“) oder gemeinsam vor dem Fernseher fieberten Menschen gemeinsam mit ihren Mannschaften mit, egal ob Fußballexperte[1] oder Laie. Somit nahmen auch die meisten sprachlich an dem „Phänomen Fußball“ teil. Des Weiteren ist das Gesprächsthema „Fußball“ heute global zu sehen, da es von allen Medien aufgenommen und verbreitet wird und somit ein Basisthema der Freizeitgesellschaft geworden ist.

Bei der Rezeption von Fußball im Fernsehen fallen vor allem dem Laien ganz besondere Sprachwendungen auf, die er meist nicht sofort verstehen kann. Burkhardt (2006, Umschlagrückseite) beschreibt es treffend:

„Wenn „Einnicken“ nichts mit Müdigkeit zu tun hat, das „Abstauben“ nichts mit dem Putztuch und ein „Double“ nichts mit Schauspielern – dann sind Fußballer unter sich. Wer mitreden will, sollte deren Sprache beherrschen. Sonst sieht er Rot.“

Schon Konrad Koch, der das Fußballspiel 1874 in Deutschland eingeführt hat, versuchte mit seinem Aufsatz „Deutsche Kunstausdrücke des Fußballspiels“ (1903, 170f.) die „englischen Kunstausdrücke von den Spielplätzen“ zu verbannen, und diese durch Verdeutschungen zu ersetzen, von denen sich z.B. „Ecke“ für „corner“ oder „Abseits“ für „offside“ durchgesetzt haben. Dieses zeigt, dass die Beschäftigung mit der Sprache des Fußballs eine lange Tradition besitzt.

Heute hat sich aber eine viel variantenreichere und reichhaltigere Sprache in der Fußballkommunikation herausgebildet, welche für den Laien meist unverständliche Ausdrücke produziert, die nicht im Regelbuch stehen, so genannte „Fachjargonismen“. Diese Begriffe und Wendungen sollen Hauptthema dieser Arbeit sein.

Mit dieser Arbeit wird versucht, genau diese Ausdrücke in den Fußballfernsehkommentaren zu lokalisieren sowie ihre Gestalt und Entwicklung nachzuempfinden. Da der Fachjargon[2] vor allem durch die Medien verbreitet wird, sind die Fußballdirektkommentare[3] Gegenstand der Untersuchung. Die meisten vorangegangenen Untersuchungen beziehen sich aber zu großen Teilen nur auf die Sport- bzw. Fußballsprache im Allgemeinen sowie hauptsächlich auf die Printmedien (vgl. Dankert 1969, Schneider 1974, Binnewies 1975, Schaefer 1989, Pohl 2005, Burkhardt 2006). Dabei wird vor allem die Verwendung des Fachjargons durch die Reporter stark kritisiert und meistens pauschal auf die Fußballdirektkommentare im Fernsehen übertragen, was auch Neugebauer (1986, 25) anspricht. Des Weiteren wird in der Literatur die diachrone Sichtweise, das heißt die Entwicklung des Fachjargons über die Jahre hinweg, nahezu vollkommen vernachlässigt, weshalb mit dieser Arbeit versucht wird, dem Plädoyer von Kalverkämper (1994, 15-31) für eine diachrone Fachsprachenforschung in Ansätzen nachzukommen.

Deshalb sollen nachfolgend die Fußballdirektkommentare der Fußballweltmeisterschafts-endspiele der deutschen Nationalmannschaft von 1966, 1974, 1982, 1986, 1990, 2002 sowie das Spiel um Platz drei 2006 in Deutschland im Hinblick auf die Verwendung, Entwicklung und Veränderung des Fachjargons untersucht und systematisiert werden.

Nachdem im ersten Kapitel der Untersuchungsgegenstand sowie Forschungsstand umrissen werden, beschäftigt sich das zweite Kapitel mit den theoretischen Grundlagen. In Kapitel 2.1 wird der Begriff „Fachjargon“ linguistisch und in seiner Verwendungsweise erläutert. Danach soll in Kapitel 2.2 diskutiert werden, was eine Fachsprache ausmacht und ob Sportsprachen, hier im Besonderen die Fußballsprache, als eine Fachsprache angesehen werden können.

Das Kapitel 2.3 beschäftigt sich dann näher mit den Sportsprachen im Allgemeinen, wobei im Anschluss die Fußballsprache als eine mögliche Sportsprache näher erläutert wird (Kapitel 2.4). Vor allem werden die Entstehung, die Zusammensetzung sowie die Einflüsse auf die Fußballsprache vorgestellt. Um den Untersuchungsgegenstand gänzlich zu erfassen, geht es in Kapitel 2.5 um die Fußballdirektkommentare im Fernsehen. Um die Fußballdirektkommentare hinsichtlich der Verwendung des Fachjargons später richtig einordnen und bewerten zu können, muss man die geschichtliche Entwicklung des Fußballfernsehens, die Aufgaben der Fußballkommentatoren, die Kommunikationssituation sowie die geäußerte Kritik an der Sportberichterstattung berücksichtigen. Als Ergebnis und Abschluss der theoretischen Grundlagen sowie zur Vorbereitung auf die folgende Untersuchung wird das eigene Verständnis des Begriffs „Fachjargon“ in Kapitel 2.6 auf der Basis der theoretischen Grundlagen erläutert und dargestellt.

Mit dem dritten Kapitel beginnt der empirische Teil der Arbeit. Hier werden die sich aus der Theorie ergebenen Fragestellungen und Vermutungen in Hypothesen zusammengefasst und dargelegt.

In Kapitel vier wird die angewandte Methodik anhand der Untersuchungsobjekte, der Erhebungs- und Auswertungsmethoden, dem benutzten Material sowie der Untersuchungsdurchführung näher erläutert.

Im fünften Kapitel erfolgt die Darstellung sowie die quantitative und qualitative Auswertung der Analysedaten, indem diese im Kontext der Theorie bewertet werden.

Das Kapitel sechs beginnt mit einer kurzen kritischen Methodendiskussion. Darüber hinaus beinhaltet es die Hypothesenüberprüfung sowie daraus ergebend eine Diskussion, indem die zentralen Ergebnisse und Folgerungen aus den Hypothesen zusammengefasst und auf den Gesamtkontext der Theorie bezogen werden.

Das siebte Kapitel fasst die zentralen Ergebnisse der Untersuchung zusammen und bildet somit den Abschluss dieser Arbeit.

1.1 Der Untersuchungsgegenstand

Mit der Arbeit „Fachjargon in Fußballfernsehkommentaren“ soll ein ganz bestimmter Teil einer Sprache in einem ganz bestimmten Kommunikationstypus untersucht werden, in dem der Fußball thematisiert wird. Doch dort wird der Fußball mithilfe des Fachjargons auf eine ganz bestimmte Art und Weise thematisiert, die nicht jeder Laie vor dem Fernseher sofort versteht. Darunter fallen Ausdrücke und Redewendungen wie Ergebniskosmetik, Sonntagsschuss, einnicken, ein Ei ins Nest legen[4] etc. Es wurde der Begriff des Fachjargons ausgewählt, da er durch seine beiden konstitutiven Bestandteile „Fach“ und „Jargon“ impliziert, dass es sich um Ausdrücke und Redewendungen handelt, die einem bestimmten Tätigkeitsbereich entnommen sind und nicht allgemein verständlich sind (siehe Kapitel 2.1 und 2.2).

Aber zu welcher Teilsprache kann man den Fachjargon in Fußballfernsehkommentaren zählen? Die Forschung bietet sehr viele verschiedene Bezeichnungen für Sprachen an, in denen Sport bzw. Fußball thematisiert wird: Sportsprache, Sportlerdeutsch, Sportreportersprache, Fußballdeutsch, Sportjargon und Fußballsprache. In dieser Arbeit soll der Fachjargon des Fußballs als ein Teil der Fußballsprache verstanden werden (vgl. Dankert 1969 und Bausinger 1972). Mit Fußballsprache wird die gesamte Kommunikation über Fußball verstanden. Darüber hinaus wird die Fußballsprache einerseits als Spezifizierung der Sportsprache andererseits als Oberbegriff für drei bzw. vier Teilbereiche verstanden: der Fußballfachsprache, dem (Fußball-)Fachjargon und der Sprache der Fußballberichterstattung. Burkhardt (2006, 8) zählt dazu noch die spezifische Sprache der Fans als einen eigenständigen Teilbereich der Fußballsprache auf.

Der Untersuchungsgegenstand setzt sich vor allem aus den beiden Teilbereichen „(Fußball-) Fachjargon“ und „Sprache der Fußballberichterstattung“ zusammen (siehe Kapitel 2.4.2).

1.2 Forschungsstand

Die Beschäftigung der Sprache des Sports, vor allem mit der des Fußballs, hat eine lange Tradition.[5] Schon Koch (1903) beschäftigte sich mit der „Verdeutschung“ der Fußballterminologie. Danach herrschten lange Zeit sprachphilologische Untersuchungen (Fachwörterbestand, besondere idiomatische Prägungen, Übernahme oder Entnahme von Wörtern aus der Umgangssprache bzw. dem Sportjargon, etymologische und semantische Aspekte) zum Thema „Sprache und Sport“ vor (vgl. Digel, 1976, 15). Nachfolgend sollen ausgewählte Arbeiten näher beschrieben werden,[6] um die wichtigsten Ergebnisse und Methoden, die für die vorliegende Arbeit eine Rolle spielen, zusammenzufassen.

Beyer untersuchte 1960 „Die amerikanische Sportsprache“, wobei er davon ausging, dass der Sport eine eigene Fachsprache entwickelt hat „deren Bedeutung für den allgemeinen Sprachgebrauch weit größer ist als irgendein Berufsjargon, weil die Sportbewegung und mit ihr auch die Sportsprache über die Grenzen einzelner Berufs- und Standesgruppen hinaus alle Schichten der Bevölkerung erfasste“ (Beyer, 1960, 8). Er untersuchte die Sprache des Baseballspiels, der Journalisten, Rundfunk- und Fernsehreporter, den Sportslang[7], Namen und Spitznamen im amerikanischen Sport sowie das Eindringen der Sportsprache in die Alltagssprache.

Beyer unterteilt die Sportsprache in Sportfachsprache und Sportslang. Durch eine Analyse des Fachwörtergebrauchs sowie durch Hinweise auf den Bedeutungswandel und durch Aufzeigen aller auffindbaren Synonyme wird die Fachsprache beschrieben. Der Slang wird nach Metaphern, Metonymien sowie Abkürzungen und Zusammenziehungen geordnet. Beyer entnimmt seine Daten hauptsächlich aus Zeitungsberichten, Sportler- und Zuschaueräußerungen. Die Sprachbeispiele für die Hörfunk- und Fernsehreportagen bleiben nur marginal. Besonders interessant für die vorliegende Arbeit sind die Ergebnisse über die Sprache der Journalisten, Rundfunk- und Fernsehreporter (ebd. 39-47) sowie die des Sportslangs (ebd. 47-68).

Beyer weist darauf hin, dass die Sportberichterstattung (Beyer meint aber nur die Sportberichterstattung der Presse) nicht nur die Fachsprache seines Sports sondern vor allem auch „den Ton der angesprochenen Massen, die Sprache des ‚Mannes auf der Straße’ nachahmen können“ (Beyer 1960, 40) muss. Mit der „Sprache des Mannes auf der Straße“ meint Beyer den Sportslang, womit der Sportjournalist die Möglichkeit hat, den an sich „gleich bleibenden Stoff in immer neuem Gewande erscheinen zu lassen“ (Beyer 1960, 40). Dazu bedient sich der Sportjournalist neben dem Sportslang auch ganz bestimmten folgenden Stilmitteln: Erweiterung des Sportvokabulars durch eine Fülle von Synonymen, Einflechtung farbiger und lebendiger Bilder und Neigung zur Kürze und Prägnanz. Diese Art der Berichterstattung bewertet Beyer als „virtuos“ und beurteilt den Einfluss der amerikanischen Sportjournalisten auf die Entwicklung der amerikanische Umgangssprache positiv (vgl. ebd. 40).

Den Slang im Allgemeinen sowie den Sportslang im Speziellen ordnet Beyer im Vergleich zur Standardsprache „einer sozial niederen, geistig primitiveren und ästhetisch anspruchloseren Sphäre“ zu, vor allem dann, wenn die Sprecher aus unteren Sozialschichten kommen (ebd. 48- 49). Der Sportslang wird als „emotional“ und als „Ausdruck eines intensiven Gefühlserlebnisses in der Ausübung des Sports beim Sportsmann selbst oder im Miterleben des sportlichen Wettkampfes beim Zuschauer“ beschrieben (ebd. 47). Dass die Sportsprache und vor allem der Sportslang breiten Eingang in die amerikanische Umgangssprache gefunden haben, begründet Beyer damit, dass „der Sport in Amerika nicht nur die breiten Massen des Volkes mitgerissen hat, sondern auch von den aktivsten Schichten betrieben und gefördert wird“ (ebd. 85). Des Weiteren hat aber auch der Sport viele Begriffe aus allen Lebensbereichen in seine Sprache aufgenommen. Deshalb stellt Beyer zum Schluss seiner Arbeit fest:

„Die Sportsprache ist nicht mehr bloß eine Fachsprache, die von einer bestimmten Bevölkerungsgruppe verstanden wird, sondern sie durchwebt die Sprache jedes einzelnen, weil jeder in irgend einer Form von irgend einer Sportart, sei es als aktiver oder als Interessent, erfaßt wird. So ist die Sportsprache – trotz ihrer leichten Wandelbarkeit vor allem im Bereich des oft aktuell bezogenen Slang – nicht mehr nur Teil, sondern zugleich Inhalt des modernen amerikanischen Englisch“ (ebd. 104).

Beyer hat aber nicht die amerikanische Sportsprache in ihrer Gesamtheit untersucht, denn er bezieht sich vor allem auf die amerikanische Sportterminologie. Ein großer Kritikpunkt bei diesen Arbeiten (z.B. auch Schneider 1974) ist, dass die Sprachanalysen „meist gleichbedeutend mit Wortinterpretation und Etymologie“ (Digel 1976) sind.

Trotzdem muss die Untersuchung von Schneider (1974) besonders hervorgehoben werden, da er zum ersten Mal ganz systematisch versucht, sich der Frage des Einflusses des Sports auf die deutsche Gegenwartssprache zu nähern. Er kritisiert die vorangegangenen Untersuchungen vor allem von Bues (1937) und Haubrich (1965)[8], da sie mit zu undefinierten Quellen arbeiten, die man als Zufallsprodukte bezeichnen könnte und ohne Bezug auf die Menge des Ausgangsmaterials bleiben (vgl. Schneider 1974, 9). Schneider wollte deshalb die genannte Fragestellung statistisch angehen, in dem er an einem klar definierten und sehr großen Korpus von Texten aus verschiedenen Medien (Zeitung, Fernsehen, Hörfunk) den tatsächlichen Gebrauch der Sportsprache in konkreten, bestimmbaren Situationen aufzeigt und mit Anteilszahlen belegt. Da Schneider eine riesige Datenmenge ausgewertet hat, wird nur auf die für die vorliegende Arbeit wichtigsten Ergebnisse eingegangen.

Zuerst ist festzuhalten, dass statistische Auswertungen der Sportsprache über einen gewissen Zeitraum unter gleich bleibenden Bedingungen, wie von Schneider vorgeführt und in der vorliegenden Arbeit geplant, zur Auskunft über Intensität, Häufigkeit oder Verwendungsbereiche angeraten sind (vgl. Schneider, 1974, 160). Schneider stellte fest, dass in den Medien der Anteil aller sportsprachlichen Erscheinungen im Sportressort (Berichterstattung über den Sport) medientypisch unterschiedlich ist. Zeitungen haben mit durchschnittlich 19,36% einen größeren Anteil an Sportsprache als Fernsehen und Rundfunk (15,33%) oder Zeitschriften (11,92%) (vgl. Schneider 1974, 112). Den größten Anteil an Sportsprache in den einzelnen Sportarten weist die Berichterstattung über Hockey mit 28,04% auf, während bei Berichterstattung über Fußball die Sportsprache einen Anteil von 16,83% hat (vgl. ebd. 114).

Ein weiteres Ergebnis ist, dass sich bei der Verwendung der Sportsprache der Sportberichterstatter beim Berichten über Fußball vor allem auf das Substitutionsvokabular stützt (vgl. ebd. 115). Substitutionen definiert Schneider folgendermaßen:

„Als Substitutionen werden Ersatzbezeichnungen des Fachvokabulars angesehen, die entweder in einem spezifischen, in einer Sportart häufig anzutreffenden Sinnzusammenhang gebraucht werden oder aus der Gemeinsprache, anderen Fach- oder Sondersprachen entnommen sind. Zu Substitutionen wurden alle Ausdrücke gezählt, die Personen, Sachen oder Vorgänge des Sports vergleichend oder metaphorisch mit außergewöhnlichen Begriffen benennen und in den Regeln der Sportverbände oder in Fachlexika nicht als Fachvokabular ausgewiesen sind. Das vorliegende Material erlaubte, […], die Zusammenstellung der folgenden Herkunftsbereiche: I. Fachjargon, II. Schaustellung, III. Kriegswesen, IV. Dienstleistung, V. Natur und Weidewerk, VI. Technik, VII. […]“ (ebd. 180).

Diese Einteilung übernahmen andere Autoren für spätere Untersuchungen (z.B. Wenghoffer 1998). Schneider sieht die Substitution als Oberbegriff unter anderem für den Fachjargon. Er trennt die beiden Begriffe aber nicht exakt voneinander, denn er definiert den Fachjargon ähnlich wie die Substitution: „Als Fachjargon werden Wörter, Syntagmen und Redewendungen bezeichnet, die in der Sportkommunikation als spezifischer Ersatz des Fachvokabulars auftreten […]“ (Schneider 1974, 181). In der vorliegenden Arbeit wurde der Begriff „Fachjargon“ an die Stelle des Begriffs „Substitution“ gesetzt, da der Fachjargon nicht nur Fachbegriffe ersetzen, sondern auch selbst produzieren kann, weshalb der Begriff Substitution als Oberbegriff nicht die gesamte Bandbreite dieser speziellen Ausdrücke erfassen würde. Trotzdem diente die Einteilung der Herkunftsbereiche von Schneider für die vorliegende Arbeit als Anregung, da sie sich schon in mehreren Untersuchungen bewährt hat und sich problemlos auf den Fachjargon, wie er in dieser Arbeit verstanden wird, übertragen lässt.

Schneider führt an, dass in der Berichterstattung über Fußball die Bereiche „Krieg“ und „Schaustellung“ die Sportsprache beherrschen. Des Weiteren kommt es insgesamt zu Schwerpunktverlagerungen zwischen den Herkunftsbereichen des Vokabulars Kriegswesen und Schaustellung, indem die Kriegsmetaphorik in der Sportsprache langsam durch das Vokabular der Schaustellung verdrängt wird (ebd. 192). Kann man diese Phänomene auch bei den Fachjargonismen der Fußballfernsehkommentare beobachten? Sind die Bereiche „Krieg“ und „Schaustellung“ auch im Fachjargon der Fußballfernsehkommentatoren die dominierenden Herkunftsbereiche? Dieses sind Fragen, die sich aus der Untersuchung von Schneider ergeben und in der vorliegenden Arbeit unter anderem geprüft werden sollen.

Mit der Kritik an sprachphilologischen Untersuchungen, die Sportsprache in erster Linie als besonderen Wortschatz aufzufassen, die öffentliche Kommunikation dabei jedoch kaum zu berücksichtigen, grenzt Dankert seine Untersuchung als neuen Ansatz ab (vgl. Dankert 1969, 2). Er setzt sich zum Ziel, sich weder auf den „lebendigen Jargon“ noch auf die „normierte Sach- und Regelsprache des Sports“ oder auf die „stilistische Untersuchung der Sportberichte“ zu beschränken (ebd. 5). Er versucht vielmehr „gerade den Zusammenhang, das oft kaum lösliche Ineinander dieser verschiedenen Bereiche zu zeigen“ und will nachweisen,

„daß die Innovationsstellen an ganz verschiedenen Punkten der Kommunikationsbahnen gesucht werden müssen, daß der Einfluß nicht eine einzige Richtung geht und daß vor allem der öffentlichen Sportkommunikation besondere Bedeutung für den Gesamtbereich der Sportsprache zukommt“ (Dankert 1969, 5).

Sehr interessant wird die Untersuchung Dankerts für die vorliegende Arbeit deshalb, weil er sich hauptsächlich auf die Fußballsprache und nicht auf die allgemeine Sportsprache bezieht, da „hier ein ausgeprägter Fachwortschatz zur Verfügung steht, weil aber auch die direkte, private Kommunikation in diesem Bereich ebenso lebendig ist wie die öffentliche“ (Dankert 1969, 6). Im ersten Teil der Arbeit bildet die Bedeutungsanalyse des Sportjargons das Zentrum, wobei eine lexikalische Gesamterfassung nicht angestrebt war. Der zweite Teil wendet sich der Sprache und dem Stil der Sportberichterstattung (z.B. regionale Tageszeitungen, lokaler Sportberichterstattung, Boulevard-Presse, Fachpresse, zum Teil auch Rundfunk- und Fernsehsportprogramme) zu, die jeweils als Materialen dienen, um die konstituierenden Momente und Spezifika dieser Art der Berichterstattung aufzudecken (ebd. 7). Diese sind der sehr häufige Gebrauch von Metaphern, die Neigung zum Superlativstil und zur Hyperbolik sowie zu dramatischen Effekten, welche mit zahlreichen Beispielen (ebd. 58-81) belegt werden.

Dankert beschäftigt sich auch kurz mit der Sportfernsehreportage (ebd. 103-112). Seine Ergebnisse sind dort, dass die Sportkommentatoren den Kommentartext sowie rhetorische Figuren weitestgehend reduzieren, „weil die Dichte und Plastizität des Bildes mit sprachlichen Mitteln so gut wie nie erreicht oder überboten werden kann“ (ebd. 104). Darüber hinaus hat Dankert festgestellt, dass der Sportkommentator in einer Sportfernsehreportage häufig zu einer euphemistischen Sprechweise neigt, da dieser weiß, dass die Zuschauer mithören und vor allem mitsehen und dadurch miturteilen können. Deshalb verwendet der Sportkommentator weniger Hyperbolik (ebd. 104).

Dankert nimmt drei Entwicklungsphasen für die Fußballsprache an (siehe Kapitel 2.4.1), die den Sportkommentator zum „Profi der Sportsprache“ in der öffentlichen Kommunikation werden lassen. Sportsprache versteht Dankert als ein Gebilde, das von drei Teilbereichen in einem ständigen Prozess begründet wird: die Sach- und Regelsprache des Sports, den Sportjargon und die Sprache der Sportberichterstattung. Diese Dreiteilung wurde in vielen späteren Untersuchungen und Beiträgen zur Sportsprache übernommen (z.B. Bausinger 1972, Nähr 1973, Ludwig 1977, Brandt 1979, Wenghoffer 1998, Pohl 2005), weshalb diese Einteilung auch in der vorliegenden Arbeit gelten soll.

In seiner Untersuchung versucht Dankert nun die These der drei Teilbereiche der Sportsprache mit konkreten Beispielen aus den Bereichen „Fußballregelsprache“, „Fußballjargon“ und „Sprache der Fußballberichterstattung“ zu stützen. Dabei versucht Dankert, die „Struktur der Fußballsprache“ aufzudecken, das Kontinuum aufzuzeigen, welches den Jargon der Sportler, die sportliche Fachsprache und die Sprache der Sportberichterstattung verbindet.

In Dankerts Untersuchung wurde das Hauptaugenmerk auf die geschriebene Presse gelegt und die Ergebnisse pauschalisierend auch auf die Sportberichterstattung im Fernsehen übertragen. So bemängelt Dankert unter anderem eine Gleichförmigkeit in vielen Sportberichterstattungen, „die vor allem durch den ständigen Gebrauch eines begrenzten Kanons von Metaphern und Redensarten erzeugt wird“ (Dankert 1969, 58). Dabei gibt Dankert, der seine Analyse auf Beispielen aus der Presse, Hörfunk und Fernsehen aufbaut, 28 Beispiele für Metaphern in der Sportberichterstattung (ebd. 59-65) und nur ein einziges davon kommt aus einer Fernsehberichterstattung. Deshalb ist es unbedingt notwendig den Bereich der Sportberichterstattung des Fernsehens näher zu analysieren, da auch in den folgenden Jahren kaum Untersuchungen zu diesem Thema gemacht wurden.

Die Analyse von Neugebauer (1986) macht hier eine Ausnahme. Sie stellt sich die Frage „Was leistet der Kommentar bei ZSBE [zeitgleiche Sportberichterstattung des Fernsehens][9] und was kann er leisten unter der Berücksichtigung der Produktionsbedingungen?“ (Neugebauer 1986, 26). Dabei untersucht sie mehrere zeitgleiche Sportberichterstattungen des Fernsehens von verschiedenen Sportarten und analysiert die Äußerungen des Kommentators aus der Sicht des Zuschauers (Sport als Zuschauerereignis). Des Weiteren führt sie Interviews mit Kommentatoren durch.

Sehr interessant für die vorliegende Arbeit ist die Untersuchung der Fußballberichterstattung mit zeitgleicher Kommentierung des vollständigen Spiels. Vor allem die quantitativen Erhebungen zu Regel- und Begriffserklärungen (ebd. 272-274) des Kommentators sind für die vorliegende Arbeit von Bedeutung, da man daraus Schlüsse ziehen kann, inwiefern die Fußballsprache für die Rezipienten als allgemeinverständlich, transparent und etabliert vom Kommentator angesehen wird. Des Weiteren erhöhen sachkompetente Äußerungen die Autorität des Kommentators beim Fachpublikum und steigern zudem die Akzeptanz bei Aktiven und Kollegen (ebd. 327).

Die von Neugebauer untersuchte Fußballberichterstattung enthält 20 Regelbezüge mit Erklärungen, was sehr viel für eine so populäre Sportart ist (ebd. 273). Aus den Interviews mit den Kommentatoren ergab sich, dass diese nur eine Regelerklärung im Fußball abgeben, wenn eine „besondere Situation“ eingetreten ist. Tatsächlich geben sie aber Informationen zu alltäglichen Situationen. „Jedesmal, wenn der Schiedsrichter einen Regelverstoß konstatiert und ahndet, bzw. einen Regelverstoß übersieht, ereignet sich eine ‚besondere Situation’, die für den Kommentator eine potentielle Möglichkeit darstellt, eine Regel zu explizieren“ (ebd. 273).

Die Untersuchung hat weiter ergeben, dass sich im Gegensatz zu anderen Sportarten in der Fußballberichterstattung am häufigsten fachsprachliche[10] Bezeichnungen bezüglich der Technik und Taktik ergeben (in 100 Minuten 106 Fachausdrücke der Technik und Taktik). Zu den Funktionen solcher Äußerungen führt Neugebauer aus:

„Häufig werden die Äußerungen im Zusammenhang mit Leistungsbewertungen abgegeben. Sie dienen dem Kommentator vornehmlich dazu, seine Argumentation abzusichern, können aber von weniger versierten Rezipienten als Erklärungen genutzt werden, die zur Erweiterung des Handlungswissens führen“ (ebd. 348).

Durch die „Erweiterung des Handlungswissens“ im Bereich des Fußballs wird somit auch die Fußballsprache beim Rezipienten weiter etabliert. Deshalb soll in der vorliegenden Arbeit untersucht werden, wie oft der Fernsehdirektkommentator Erklärungen für gebrauchte Fachjargonismen gibt, um vermuten zu können, wann der Fachjargon als allgemeinverständlich angenommen werden kann.

Andere Ergebnisse aus Untersuchungen zum Thema „Sportsprache“ sind für diese Arbeit nicht entscheidend, da diese sich entweder auf die Sprache der Sportler beim Sport konzentrieren (z.B. Digel 1976, Wenghoffer 1998, Weidanz 2001), die Sportsprache kontrastiv betrachten (Vollmert-Spiersky 1996, Wenghoffer 1998) oder ausschließlich die Sportsprache der Presse behandeln (z.B. Schweickard 1987, Schaefer 1989, Burkhardt 2006). Pohl 2005 beschränkt sich zwar auch ausschließlich auf die geschriebene Presse, seine Untersuchung ist aber die einzige (neben der von Fingerhut 1991), die sich diachron mit der Fußballsprache, vor allem mit der Fußball-Reportersprache, auseinandersetzt und deshalb kurz umrissen werden soll, da die Methodik die vorliegende Arbeit beeinflusst hat.

Pohl untersuchte verschiedene Zeitungstypen in den Ausgaben direkt am Tage der Fußballweltmeisterschaftsendspiele der deutschen Nationalmannschaft von 1954, 1966, 1974, 1990 und 2002 hinsichtlich 18 verschiedener Kategorien (vgl. Pohl 2005, 70- 111). Dabei hat er unter anderem den Hyperbolik- und Superlativstil, den Fußballjargon, den Metapherngebrauch sowie das Vokabular anderer Fachsprachen näher untersucht, was auch in ähnlicher Weise ein Vorhaben der vorliegenden Arbeit ist. Dabei stellte Pohl fest, „dass sich in den Zeitungen von 1954 noch verhältnismäßig wenige Superlative und Übertreibungen finden“ (ebd. 77), diese aber danach sprunghaft ansteigen und ab 1966 keine nennenswerte quantitative Entwicklung in diesem Bereich mehr zu verzeichnen ist (vgl. ebd. 77). Qualitativ wird aber die superlativische Wendung im Laufe der Zeit vor allem beim Boulevardblatt durch Vorsilben (Mega-Favorit Brasilien, Hammer-Gegner etc.) verändert (vgl. ebd. 78).

Der Fußballjargon[11] wurde in den Zeitungen von 1954 komplett ausgespart, wobei „1966 erste zaghafte Versuche unternommen [wurden], den Jargon in den Spielberichten zu platzieren“ (ebd. 79). Ab 1974 wurde der Fußballjargon dann fester Bestandteil der geschriebenen Fußballberichterstattung, wobei Pohl einen starken quantitativen und qualitativen Unterschied des Boulevardblattes (Bild) zu anderen Zeitungstypen feststellte.

Die Benutzung fachfremder Termini stieg ab 1966 spürbar auf ein hohes Niveau an, welches sich bis 1990 nicht wesentlich veränderte, wobei alle Fachsprachen in gleichem Maße Verwendung fanden (vgl. Pohl 2005, 80). 1990 und 2002 findet man aber plötzlich mehr fachfremde Termini, vor allem aus den Bereichen der Musik- und Theatersprache (vgl. ebd. 80).

Bezüglich des Gebrauchs von Metaphern kommt Pohl lediglich zu dem Schluss, dass sich „die Qualität der Metaphern im Untersuchungszeitraum nicht entscheidend verändert“ haben (ebd. 83). Ein großer Nachteil der Untersuchung von Pohl ist, dass er seine Ergebnisse nicht statistisch auswertet und belegt, sondern, wie viele andere Autoren vor ihm (z.B. Beyer 1960, Dankert 1969), nur eine Beispielsammlung gibt. Daher kann Pohl seine Ergebnisse auch nur sehr schwammig formulieren („steigt auf ein hohes Niveau an“, „man findet mehr fachfremde Termini“ etc.) ohne die Vergleichsmöglichkeiten (zum Beispiel mithilfe der vergleichenden Statistik) auszunutzen, die eine diachrone Untersuchung aber gerade bietet.

2 Theoretischer Bezugsrahmen

In diesem ersten Teil der Arbeit sollen die für die anschließende Untersuchung notwendigen theoretischen Grundkenntnisse bezüglich des Fachjargons, der Fachsprache, der Sport- und Fußballsprache sowie der Fernsehdirektkommentare gelegt werden.

2.1 Erläuterungen zum Fachjargon

Im folgenden Teil soll zunächst der Begriff „Fachjargon“ wissenschaftlich definiert werden, um dann die Verwendung in ausgesuchten Untersuchungen zu klären. Darauf aufbauend soll dann ein vorläufiges eigenes Begriffsverständnis dargelegt werden, welches am Ende des Theorieteils vervollständigt und maßgebend für die anschließende Untersuchung sein soll (siehe Kapitel 2.6).

2.1.1 Wissenschaftliche Definition des Begriffs „Fachjargon“

Der Untersuchungsgegenstand „Fachjargon in Fußballfernsehkommentaren“ wurde bereits kurz skizziert. Dieses Kapitel dient nun dazu, den Begriff „Fachjargon“ näher zu bestimmen.

Eine Bestimmung von „Fachjargon“ bedarf zunächst einer formalen Bestimmung der Bestandteile des Begriffes selbst, da die gängigen Wörterbücher „Metzler Lexikon Sprache“ (Glück 2000) sowie das „Lexikon der Sprachwissenschaft“ (Bußmann 1990) keine Definitionen für den Begriff des Fachjargons anbieten.

Unter „Jargon“ wird linguistisch folgendes verstanden:

„Kollektiver Begriff für Varietäten, deren Ausdrücke nur Angehörigen einer spezifischen Gruppe verständlich und geläufig sind, also nicht zur Gemeinsprache gehören. Sprachteilhaber eines J. gehören zu sozialen Gruppen, die sich oft durch eine gemeinsame Lebensweise und eine gemeinsame Ideologie auszeichnen und einen bestimmten sozialen Status haben. Man kann im wesentlichen zwei Arten von J. unterscheiden, sog. Berufsjargons, die sich aus der Zugehörigkeit zu einer gemeinsamen sozial-berufl. Tätigkeit ergeben, und den sog. Gruppenjargons (Twenspr., Jugendsprache), deren sich Menschen bedienen, die durch eine gemeinschaftl. nichtberufl. Beschäftigung oder gemeinsame Interessen zusammengeführt werden […]“ (Glück 2000, 324).

Den Jargon muss man zunächst also von der Gemeinsprache, die als „Erscheinungsform einer Sprache, die im gesamten Sprachgebiet als verbindliches Vorbild für alle Sprachteilnehmer gilt“ (Glück, 2000, 236) definiert werden kann, differenzieren, wobei die Definition dieses Begriffes aus linguistischer Sicht sehr umstritten ist, da die Abgrenzungen nur schwer vorzunehmen sind. Wahrscheinlich durch diese Differenzierung von der Gemeinsprache wird der Jargon häufig als eine niedere Ausdrucksweise dargestellt (vgl. Duden, 2001, 469).

Konstitutiv für den Jargon ist außerdem, dass ihn nur Sprachteilnehmer einer bestimmten sozialen Gruppe, die sich durch eine gemeinsame Lebensweise, Ideologie und einen bestimmten sozialen Status auszeichnen, verwenden und verstehen. Diese Definition ist so auf den Untersuchungsgegenstand nicht übertragbar, da davon ausgegangen wird, dass die hier an der Fußballkommunikation teilnehmenden Rezipienten und Fußballkommentatoren weder der gleichen sozialen Schicht angehören noch die gleiche Lebensweise pflegen. Vor allem die Gruppe der Rezipienten, die diesen (Fußballfach-)Jargon teilweise versteht und spricht, setzt sich aus allen Schichten der Gesellschaft zusammen. Ihnen gemeinsam ist nur das Interesse für den Fußball, weshalb man dann nach Glück von einem Gruppenjargon sprechen müsste.

Lewandowski (1990) sieht den Jargon auch eher in der Nähe der Gruppensprache:

Jargon. Sondersprache bestimmter sozialer Gruppen als Kunst- oder Zwecksprache, die der Abschirmung nach außen (>Eingeweihte<) und der Bindung bzw. Kohäsion nach innen dient. Beim J. handelt es sich insbesondere um den Sonderwortschatz sozialer Gruppen als Ausdruck einer Sonder- oder Subkultur […]“ (Lewandowski 1990, 502).

Nun benutzen Gruppen demnach den Jargon, um sich von anderen Gruppen abzugrenzen und einen inneren Zusammenhalt zu schaffen. Wieder übertragen auf den Untersuchungsgegenstand hieße das, dass die Fernsehkommentatoren vor allem den Fußballfachjargon benutzen, um nicht Fußballinteressierte und -eingeweihte von der Fußballkommunikation auszuschließen. Dieses ist bewusst natürlich nicht gegeben, da alle Kommentatoren um Allgemeinverständlichkeit bemüht sein sollten, um hohe Zuschauerzahlen zu erzielen. Trotzdem benutzen sie (mehr oder minder oft) den Fußballfachjargon, da sie wohl unbewusst zeigen wollen, dass sie zu der Gruppe der Fußballinteressierten und Fußballexperten zu zählen sind. Denn vor allem die Benutzung des Fußballfachjargons – mehr noch als die Regelsprache – vermag das auszudrücken (vgl. Dankert 1969, 21).

Somit kann man den Jargon als gruppensprachliches Phänomen betrachten, indem er „identitätsstiftend für die Sprechergruppe und ausgrenzend auf die Nichtmitglieder der Fachgemeinde“ wirkt (Becker/Hundt 1998, 120). Durch den Begriff „Fachgemeinde“ wird schon deutlich, dass Becker/Hundt den Jargon vor allem im Zusammenhang mit Fachsprachen sehen. Dabei wird der Jargon oft mit einer negativen Wertung verbunden, da er für Nichtmitglieder aufgrund der für Fachsprachen typischen Terminologie unverständlich bleibt (vgl. ebd. 120). Jargon ist demnach meistens eine „Fremdcharakterisierung durch Außenstehende“ (ebd. 120), die bestimmte Terminologien innerhalb einer Fachsprache nicht verstehen oder nicht verstehen sollen.

Doch um welche Fachsprache handelt es sich bei dem Untersuchungsgegenstand? Um diese Frage zu beantworten, muss zusätzlich noch der Begriff „Fach“ in „Fachjargon“ näher bestimmt werden.

Der Begriff „Fach“ stammt aus dem Bereich der Fachsprachenlinguistik. Roelcke (2005) hält diesen Begriff „für nicht hinreichend definierbar“ (Roelcke 2005, 17), versucht aber dennoch eine handlungsbezogene Bestimmung, der zu Folge „ein Fach als ein mehr oder weniger spezialisierter menschlicher Tätigkeitsbereich aufzufassen ist“ (Roelcke 2005, 18). Bei dem Untersuchungsgegenstand wäre also der Fußball der Tätigkeitsbereich. In diesen Tätigkeitsbereichen haben die so genannten Fachsprachen die Aufgabe der Bereitstellung „eines Zeichenvorrats zur Verständigung über bestimmte Gegenstands- und Sachbereiche, die möglichst präzise und ökonomisch erfolgen soll“ (Fluck 1991, 12-13). Zu diesem „Zeichenvorrat“ zählt auch der Fußballfachjargon, welchen der Fernsehdirektkommentator benutzt, um über den Fußball zu berichten.

Doch kann man bei dem Fußball wirklich von einem Fach bzw. bei der Fußballsprache – und damit vom Fachjargon als ein Teil der Fußballsprache (siehe Kapitel 2.4) – wirklich von einer Fachsprache sprechen? Diese und weitere Fragen sollen im Kapitel 2.3 geklärt werden.

2.1.2 Gebrauch und Verwendungsweise des Begriffes (Fach-)Jargon in wissenschaftlichen Untersuchungen

In den wissenschaftlichen Untersuchungen (siehe Kapitel 1.1) wurde der Begriff des Jargons meist anders definiert und festgelegt als in den angesprochenen Definitionen. Beyer (1960) sieht in dem Jargon das fein differenzierte Vokabular, „um in Regeln und Beschreibungen alle Spielsituationen begrifflich fassen zu können“ (Beyer 1960, 9). Er stellt den Jargon also eher in die Nähe der Regelsprache, wobei der Jargon dann durch den Sportslang ergänzt wird, „der das sachliche und ‚akademische’ technische Vokabular durch witzige und spritzige Metaphern bereichert“ (Beyer 1960, 9).

Dankert (1969) dagegen stellt den Jargon[12] der Fachsprache[13] des Fußballs gegenüber, „die sich zwar ergänzen, aber in ihren Grundfunktionen und ihrem Sprachmaterial deutlich zu unterscheiden sind“ (Dankert 1969, 21). Während die Fachsprache eindeutige Normen für das Fußballspiel festlegen muss (z.B. „Aus“, „die Seiten-, Mittel-, Außen- und Torlinie“ etc.), bietet der Jargon (z.B. Pille, Leder und Kugel für „Ball“) die Chance eines unverbindlichen Sprechens, ist „emotional aufgeladen und gewinnt erst im Akt des Sprechens schärfere Konturen“, so dass man mit dem Jargon „übertreiben, verspotten, beschimpfen, provozieren, vergröbern, verzerren, untertreiben, verharmlosen oder lässig kommentieren“ kann (ebd. 29). Man ist also nach Dankert durch den Jargon imstande, Akzente zu setzen, aber auch emotional aufzuladen, seine Nähe zum Fußball zu zeigen, je nachdem was der Sprecher hervorheben möchte. Den Jargon zeichnen Regionalismen, Bildhaftigkeit, Situations- und Personenbezug sowie häufig eine Zugehörigkeit zur niederen Stilschicht aus. Stellvertretend für den Jargon sollen die in Dortmund entstandene Bezeichnung Emmas linke Klebe (für Lothar Emmerichs harten Linksschuss) und die Jargonvarianten für „Ball“ wie Leder, Birne, Pflaume, Pille, Scheibe, Ding, Ei, Asse, Ömme, Nille stehen (vgl. Brandt 1979, 172).

Neben der Fachsprache des Fußballs und dem Jargon definiert Dankert den Fachjargon als Vermittlung zwischen diesen beiden Teilbereichen (vgl. Dankert, 33). Dazu gehören vor allem Begriffe, die eine ganz bestimmte Situation im Fußball beschreiben bzw. präzisieren, aber nicht in den Regeln erläutert werden. Sie stehen also zwischen der Fachsprache und dem Jargon. Solche Begriffe sind zum Beispiel „abfälschen“ und „Flanke“. Nach Dankert liegt der Fachjargon von der Stilebene zwischen der trockenen, emotionsfreien Terminologie und Ausdrucksweise der Fachsprache und dem slanghaften Jargon (vgl. Brandt 1979, 173). Diese Begriffe lassen das Verschmelzen von Fachsprache und Jargon deutlich werden (vgl. Dankert 1969, 33).

Die Autoren der folgenden Untersuchungen sehen den (Fach-)Jargon sehr viel undifferenzierter, wenn sie ihn als „spezifischen Ersatz des Fachvokabulars“ sehen (vgl. Schneider 1974, 181 und Wenghoffer 1998, 56), als „Sportlersprache“ beschreiben (Bausinger 1972, 79) oder in ihm nur Wörter und Wendungen sehen, „mit denen sich die Fußballer selbst auf meist recht saloppe Weise über das Spiel verständigen“ (Burkhardt 2006, 8).

Diese Betrachtungen machen die Notwendigkeit einer eigenen sprachlichen Differenzierung und Eingrenzung für den Begriff des Fachjargons, wie er in der vorliegenden Arbeit verstanden werden soll, deutlich. Dieses soll im Folgenden versucht werden.

2.1.3 Vorläufiges eigenes Verständnis des Begriffes „Fachjargon“

Im Hinblick auf die spätere Analyse soll in dieser Arbeit der Begriff „Fachjargon“ einen größeren Bedeutungsumfang erhalten als in den meisten angesprochenen Untersuchungen.

Unter „Fußballfachfachjargon“ werden einerseits der Substitutionswortschatz und zum anderen der Fußballjargon verstanden.

Angelehnt an Vollmert-Spiesky (1996, 4) werden unter dem Substitutionswortschatz Synonyme für Fachtermini verstanden, die selbst nicht terminologisiert sind, aber vor allem in den Medien (besonders in den Fußballfernsehkommentaren) benutzt werden, z.B. Kasten für Tor oder Pille für Ball oder gehen für beim eigenen Angriff mitlaufen etc. Dieser Substitutionswortschatz ist für den Rezipienten, der meist vermutlich nur über eine schmale Sachkenntnis verfügt, zu verstehen, denn er enthält konventionalisierte Metaphern, Bilder und Bezeichnungen. Diese Synonyme werden oft von den Medien benutzt bzw. von ihnen teilweise selbst produziert, da sich bei der Sportberichterstattung oft die Notwendigkeit ergibt, festgelegte Termini durch Synonyme zu ersetzen.

Unter „Fußballjargon“ fallen nach Vollmert-Spiesky (1996, 4) neutrale Termini,

„die hier durch kürzere, prägnantere, assoziativ-bildhafte Begriffe ersetzt [werden]. Die Bezeichnungen haben keinen Anspruch auf Eindeutigkeit und Genauigkeit. Viele dieser Bilder sind nur im aktuellen Kontext bzw. Eingeweihten verständlich. […]. Der Fußballjargon spiegelt regionale Besonderheiten und Trends der Umgangssprache wider, unterliegt jedoch im Gegensatz zum allgemeinen Jargon nicht dem schnellen, modischen Wechsel, denn er ist an konkrete Vorgänge gebunden. Fußballjargon ist das Kommunikationsmittel von Spielern, Trainern und Zuschauern; Sportjournalisten verwenden ihn gerne […].

Zum Fußballjargon sollen in der vorliegenden Arbeit Ausdrücke für fußballspezifische Aktionen des Spiels (z.B. austanzen, Blutgrätsche) bzw. fußballspezifische Bezeichnungen von Personen (Sturmtank, Mittelfeldmotor), Positionen (Ausputzer) usw. gezählt werden, die keinen Anspruch auf Genauigkeit haben und oft bildhaften sowie emotionalen Charakter besitzen. Darunter fallen sowohl regionalbedingt entstandene Wendungen wie Emmas linke Klebe für den harten Linksschuss von Lothar Emmerich als auch Bezeichnungen aus der allgemeinen Umgangssprache wie holzen, hacken, die Knochen polieren für eine harte Spielweise bzw. Begriffe aus anderen Fachsprachen wie Solo oder Bomber. Diese Begriffe dienen häufig der Präzisierung und Emotionalisierung eines fußballspezifischen Inhaltes. In dieser Arbeit werden diese Begriffe und Phrasen immer dann zum Fußballjargon gezählt, „wenn sie auf eine nur in der Fußballkommunikation sinnvolle Bedeutung reduziert“ werden können (Dankert 1969, 30) und „darüber hinaus einen spezifischen Vorgang des Fußballspiels zu präzisieren“ vermögen (Dankert 1969, 30). Wenn ein Spieler erklärt, dass er beim nächsten Spiel „drei Punkte abstauben“ und damit das Spiel gewinnen möchte, benutzt er ein allgemeines Jargonwort in der allgemein geläufigen Bedeutung. Dann wird es in dieser Arbeit nicht zum Fußballjargon gezählt. Sagt ein Fußballspieler dagegen, dass er zum 3:0 abgestaubt habe und er der Abstauber seiner Mannschaft sei, engt er das allgemeine Jargonwort so sehr auf einen fußballspezifischen Vorgang[14] ein, dass es dem Laien nicht mehr ohne weiteres verständlich ist. Dann zählt dieser Begriff zum Fußballjargon und damit letztendlich zum Fußballfachjargon.

Zusammengefasst bedeutet dies, dass in dieser Arbeit immer dann vom Fußballfachjargon gesprochen wird, wenn Begriffe, Bezeichnungen und Phrasen als Synonyme für festgelegte Fußballfachbegriffe (Substitutionswortschatz), z.B. Kasten für Tor, bzw. als Präzisierung und Emotionalisierung für fußballspezifische Spielsituationen, Positionsbezeichnungen, Spielercharakterisierungen etc. (Fußballjargon) benutzt werden, z.B. Solo für der (gelungene) Versuch, sich mit dem Ball allein zum Tor durchzudribbeln, die selbst nicht terminologisiert sind, das heißt keinen Anspruch auf Genauigkeit und Eindeutigkeit haben.

Nach Vollmert-Spiesky (1996, 5) kann man diese beiden Bereiche unter Fußballfachjargon zusammenfassen, „da die Abgrenzung zwischen dem Substitutionswortschatz und dem Fußballjargon häufig nicht deutlich vorzunehmen ist.“

Der Fußballfachjargon ist sehr typisch für die Sprache der Sportberichterstatter, die ihn benutzen und selbst produzieren, um „ihre Kennerschaft und Zugehörigkeit zu der Gruppe der Fußball-Fachleute zu unterstreichen und ihren Berichten die nötige Lebendigkeit und atmosphärische Dichte zu verleihen“ (Vollmert-Spiesky 1996, 4).

2.2 Fachsprache

Um festlegen zu können, ob es sich bei der Fußballsprache (und damit auch bei dem Fachjargon als ein Teil derselben) um eine Fachsprache handelt, muss zuerst geklärt werden, was eine Fachsprache ist bzw. wie sie definiert wird. Dazu muss vorweg genommen werden, dass die allgemeingültige Definition für „Fachsprache“ noch nicht gefunden wurde. Deshalb sollen verschiedene Definitionsansätze erläutert und im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand überprüft werden.

2.2.1 Definition von Fachsprache

Nach Fluck (1991, 11) ist der Terminus „Fachsprache“ bis heute nicht verbindlich definiert, da er meist kontrastierend zum ebenso wenig fest definierten Begriff der „Gemeinsprache“ gebraucht wird und ganz unterschiedliche Bereiche (z.B. Handwerk, Technik, Wissenschaft etc.) abdecken soll. Einige Definitionen beschränken die Fachsprache auf die in Berufen verwendeten Varietäten, ohne zum Beispiel andere Tätigkeitsbereiche als „Fach“ anzusehen. Stellvertretend dafür soll die Definition für „Fachsprachen“ aus dem „Lexikon der Sprachwissenschaft“ (Bußmann 1990) stehen: „Sprachliche Varietäten mit der Funktion einer präzisen und differenzierten Kommunikation über meist berufsspezifische Sachbereiche und Tätigkeitsfelder […]“ (Bußmann 1990, 235). Diese und weitere Definitionen aus sprachwissenschaftlichen Lexika[15] deuten zwar an, dass nicht nur Berufe als Fächer aufgefasst werden können, arbeiten dieses weiter gefasste Verständnis von Fach aber nicht in ihre Definitionen mit ein. Nach diesem traditionelleren Fachsprachenbegriff kann man die Fußballsprache also nicht als Fachsprache bezeichnen.

Im Gegensatz dazu öffnen Möhn/Pelka in ihrer Definition den Fachsprachenbegriff:

„Wir verstehen unter Fachsprache heute die Variante der Gesamtsprache, die der Erkenntnis und begrifflichen Bestimmung fachspezifischer Gegenstände sowie der Verständigung über sie dient und damit den spezifischen kommunikativen Bedürfnissen im Fach allgemein Rechnung trägt. Fachsprache ist primär an Fachleute gebunden, doch können an ihr auch fachlich Interessierte teilhaben. Entsprechend der Vielzahl der Fächer, die man mehr oder weniger exakt unterscheiden kann, ist die Variante „Fachsprache“ in zahlreichen mehr oder weniger exakt abgrenzbaren Erscheinungsformen realisiert, die als Fachsprachen bezeichnet sind. Je nach fachlich bestimmter Situation werden sie schriftlich oder mündlich gebraucht, sowohl innerhalb der Fächer (fachintern) als auch zwischen den Fächern (interfachlich)“ (Möhn/Pelka 1984, 26).

Diese Öffnung des Fachbegriffes zeigt sich dabei in mehreren Punkten (vgl. Weidanz 2001). Die oben genannte Definition ermöglicht die Anerkennung der Sprachen nicht-beruflicher Fächer (also auch der Fußballsprache) als Fachsprache, indem hier von der „Erkenntnis und begrifflichen Bestimmung fachspezifischer Gegenstände sowie die Verständigung über sie“ als Aufgabe der Fachsprache gesprochen wird.

Fachsprache ist nicht an ein sprachliches Mittel (z.B. geschriebene Sprache) gebunden, sondern umfasst auch die mündliche Kommunikation, so dass sich Fachsprache vom ehemals dominanten Fachtext lösen kann. Daneben impliziert die Definition von Möhn/Pelka, dass es verschiedene Kommunikationssituationen innerhalb eines Faches gibt, in denen Fachsprache ihre Anwendung findet, um eine Verständigung zu ermöglichen. Diese ist dabei nicht nur an den Experten gebunden, sondern schließt genauso auch den „fachlich Interessierten mit ein“.

Niederhauser/Adamzik betrachten den Gebrauch von Fachsprachen anhand einer Skala:

„Als Fachsprache bestimmen wir Formen des Sprachgebrauchs, in die Expertenwissen unmittelbar oder vermittelt Eingang findet. Dabei ergibt sich eine Skala von Fachsprachlichkeit, die auf der einen Seite den Sprachgebrauch von Experten enthält, die sich untereinander über ihr Spezialwissen verständigen. Am anderen Pol steht der Sprachgebrauch von Laien untereinander, der durch vorgängige Kontakte mit Expertenwissen und dem entsprechenden Sprachgebrauch beeinflußt ist […]“ (Niederhauser/Adamzik 1999, 31).

Damit ist auch der Laie bzw. Fan und Zuschauer einer Sportart (z.B. Fußball) nicht von der Fachkommunikation ausgeschlossen, was für die Sportsprache bzw. Fußballsprache natürlich konstituierend ist. Denn gerade in diesem Bereich gibt es keine heterogenen Experten- oder Laiengruppen mehr. Wenn Dankert (1969, 2) davon spricht, dass „am Gespräch über den Sport nicht nur die Sportler und der engere Hof der Sportfans“ teilnehmen, sondern auch „ein sehr weit gezogener Kreis von Laien“, kann man das vor allem für den Fußballsport annehmen, da Fußball zum Volks- und Mediensport (siehe Kapitel 2.5.1) geworden ist und damit auch für viel Diskussionsstoff innerhalb der Bevölkerung gesorgt hat und weiterhin sorgt.

Konstitutive Eigenschaften für die Fachsprache sind in erster Linie, der „auf die Bedürfnisse des jeweiligen Faches abgestimmten Wortschatz“ sowie die „Gebrauchsfrequenz bestimmter (gemeinsprachlicher) grammatischer (morphologischer, syntaktischer) Mittel“ (Fluck 1991, 12)[16]. Dabei betont Fluck jedoch, dass es zwischen dem Wortschatz der Fach- und Gemeinsprache keine feste Grenze gibt, sondern die Übergänge fließend sind[17].

Nach Hoffmann (1985, 50-51) kann man die Fachsprache als ein Subsystem des übergeordneten Systems Gemeinsprache[18] ansehen (siehe Abb. 1):

Gemeinsprache

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Subsprache 1 Subsprache 2 Subsprache 3 Subsprache n

Alltagssprache Künstl. Prosa Fachsprache

Abb.1: Modell zur Fachsprache als Subsystem nach Hoffmann (1985, 50)

Die Lehre von den Subsprachen zeigt auch die Nähe der Fachsprache zur Gemeinsprache, die damit begründet wird, dass sie die gleichen sprachlichen Mittel benutzen. Da sich aber keine einheitliche Merkmalstruktur aller Fachsprachen feststellen lässt, wurde dieses Problem in der Fachsprachenforschung durch das Modell der horizontalen Schichtung (Fachsprachen verschiedener Fächer) sowie der vertikalen Schichtung (verschiedene Ebenen der Fachsprachen innerhalb eines Faches) gelöst (vgl. Hoffmann 1985, 58-62 und 64-70).

[...]


[1] Aus Gründen der Lesbarkeit wird im weiteren Verlauf dieser Arbeit bei Nennungen von Personen bzw. Personengruppen zumeist auf die sprachliche Differenzierung/Splittung weiblich/männlich verzichtet. Wenn nicht explizit darauf hingewiesen wird, werden grundsätzlich beide Geschlechter angesprochen.

[2] Mit „Fachjargon“ ist immer der „Fußballfachjargon“ gemeint, außer er wird in einem Zusammenhang außerhalb des Fußballs gebraucht.

[3] Damit werden in dieser Arbeit die Kommentare bezeichnet, die direkt simultan zum Spielgeschehen gesprochen werden. Wenn darüber hinaus von „Fußballfernsehkommentaren“ gesprochen wird, ist damit derselbe Gegenstand gemeint.

[4] Die Fachjargonismen werden in dieser Arbeit kursiv dargestellt. Wenn Erklärungen für fußballsprachliche Begriffe in dieser Arbeit gegeben werden, stammen sie aus Burkhardt (2006): Wörterbuch der Fußballsprache. Dieses wird nicht mehr extra gekennzeichnet.

[5] Ausführliche Darstellungen zu sprachphilologischen Untersuchungen und sporttheoretischen Interpretationen bis 1975 zum Thema „Sprache und Sport“ finden sich bei Digel, 1975, 15-34. In der vorliegenden Arbeit wird nur auf ausgesuchte Untersuchungen eingegangen, die der Fragestellung nützlich sind.

[6] Eine ausführliche Darstellung dieser Arbeiten kann und soll in dieser Arbeit nicht geleistet werden.

[7] Bereichert das sachliche und „akademische“ technische Vokabular durch witzige und spritzige Metaphern (vgl. Beyer 1960, 9).

[8] Haubrich untersucht die Bildsprache des Sports im Deutsch der Gegenwart, Bues die Versportung der deutschen Sprache. Beide teilen die Sportsprache in nur zwei Bereiche ein: die Fachsprache (Begriffe aus dem Regelwerk) und den Jargon, der „nur dem verständlich ist, der selbst in der Bewegung steht, der durch die Schule des Sports gegangen ist“ (Bues, 1937, 15). Beide erheben nicht den Anspruch die Sportsprache zu erklären oder zu erfassen, weshalb die Methoden auch den Intentionen angemessen sind. Es werden hauptsächlich Wortbeispiele und ganze Sätze differenziert nach Sportdisziplinen sprachphilologisch interpretiert. Im Mittelpunkt stehen Bedeutungsanalysen, Bedeutungsübertragung und Bedeutungswandel des sportsprachlichen Materials. Wortfelder und Wortlisten etc. stellen die zentralen Ergebnisse dar, die mit Hilfe von lexikalischen und etymologischen Methoden erzielt wurden (vgl. Digel, 1975, 21).

[9] Eckige Klammern mit Ergänzungen in Zitaten in dieser Arbeit wurden vom Autor eingefügt und sollen dem besseren Verständnis dienen sowie Missverständnissen vorbeugen. „ZSBE werden hier alle Formen der Fernsehberichterstattung genannt, bei denen die Kommentierung eines aktuellen Sportereignisses durch einen Journalisten gleichzeitig zum Geschehen am Ort spontan formuliert wird“ (Neugebauer 1986, 25).

[10] Hierunter versteht Neugebauer auch den Fachjargon, z.B . Spielmacher etc.

[11] „Beachtet werden hier nur Wendungen des Fußballjargons. Dies bedeutet, dass nur Aussagen, die sich unmittelbar auf den Fußball beziehen, Berücksichtigung finden und allgemeine Umgangsprache, wie etwa „Rotzbengel“, „sich zusammenläppern“ oder „Riesenbatzen“, keine Rolle spielt“ (Pohl 2005, 79).

[12] Gemeint ist die Sprache der Fußballspieler und Fußballinteressierten (vgl. Dankert 1969, 21).

[13] Gemeint sind „terminologische Grundbestimmungen“ (vgl. Dankert 1969, 21).

[14] Hier: „den Ball, der ohne eigenes Verdienst infolge eines gegnerischen Fehlers, durch Zufall oder durch den Einsatz von Mitspielern in Tornähe geraten ist, ohne Mühe ins Tor schießen und dadurch den Ruhm des Torschützen für sich gewinnen“ (Burkhardt 2006, 19).

[15] Zum Beispiel das „Metzler Lexikon Sprache“ (Glück 2000, 203) und „Linguistisches Wörterbuch“ (Lewandowski 1990, 293)

[16] Da es in dieser Arbeit hauptsächlich um den Wortschatz der Fußballsprache gehen soll, bleiben die grammatischen Mittel unberücksichtigt, obwohl noch einmal auf die Wichtigkeit dieser innerhalb der Fachsprachen hingewiesen werden soll (vgl. z.B. Fluck 1991, 12).

[17] Immer wieder diskutiert wird die Fachsprache in ihrer Abgrenzung zur Gemeinsprache. Aus früherer Sichtweise wurden beide Varietäten als Gegensätze angesehen, während die neuere Fachsprachenforschung diesen Gegensatz auflöst (vgl. dazu z.B. Fluck 1991, 176).

[18] Gemeinsprache wird hier verstanden als „jenes Instrumentarium an sprachlichen Mitteln, über das alle Angehörigen einer Sprachgemeinschaft verfügen und das deshalb die sprachliche Verständigung zwischen ihnen möglich macht“ (Hoffmann 1985, 48).

Ende der Leseprobe aus 116 Seiten

Details

Titel
Fachjargon in Fußballfernsehkommentaren - eine empirische Untersuchung
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Germanistisches Seminar der CAU zu Kiel)
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
116
Katalognummer
V87278
ISBN (eBook)
9783638901093
ISBN (Buch)
9783638905992
Dateigröße
1023 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fachjargon, Fußballfernsehkommentaren, Untersuchung
Arbeit zitieren
Dennis Höppner (Autor:in), 2007, Fachjargon in Fußballfernsehkommentaren - eine empirische Untersuchung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87278

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Fachjargon in Fußballfernsehkommentaren  -  eine empirische Untersuchung



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden