Das islamische Bankwesen


Hausarbeit, 2004

17 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Historischer Hintergrund

3. Die rechtlich – institutionellen Grundlagen
3.1. Der Islam
3.2. Der islamische Staat
3.3. Das islamische Recht

4. Institutionen
4.1. Eigentum
4.2. Zakat
4.3. Horten von Kapital
4.4. Riba - Verbot
4.5. Bedeutung der Institutionen für das Bankwesen

5. Charakteristik des islamischen Bankwesens
5.1. Formen islamischer Finanzierungsarten
5.1.1. Musharaka und Mudaraba
5.1.2. Murabaha
5.2. Islamischer Banken in der Praxis

6. Auswirkungen des Islams auf die Wirtschaft bzw. das Bankwesen

7. Schlussbetrachtung

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In den islamischen Ländern spielt die Religion eine große Rolle. Der Islam ist keine Religion, die nur auf das Jenseits gerichtet ist. Es gibt keine Trennung zwischen dem Weltlichen und dem Geistlichen. Sie ist vielmehr eine Weltanschauung, die für alle Lebensbereiche Autorität beansprucht. Somit beeinflusst sie nahe zu alle Lebensbereiche des Alltagslebens seiner Anhänger.[1] Dies wirkt sich auch auf das wirtschaftliche Leben bzw. auf das islamische Bankwesen aus. Der Islam ist sozusagen mit der Wirtschaft verbunden. Die islamische Rechtsauffassung, basierend auf dem islamischen Schari’a - Recht, gilt als das oberste bzw. ideale Gesetz. Auf Grund dessen stellt das göttlich verstandene Gesetz die gesamten Normen eines islamischen Geistes dar.[2] Die islamischen Banken versuchen ihre Leistungen adäquat dem islamischen Recht durchzuführen, um so im Einklang damit zu stehen. Das bedeutet vor allem, ohne Zinsen zu operieren. Daher ist in den islamischen Ländern eine andere Bankenwelt vorzufinden, als in westlichen Ländern.

In dieser Arbeit soll untersucht werden, inwieweit die islamischen Banken im Einklang mit dem islamischen Recht operieren. Zudem wird ein Blick darauf geworfen, ob der Islam bzw. das Bankwesen sich als Hemmnis für wirtschaftliche Entwicklung auswirkt.

Dabei wird zunächst kurz auf die Entstehung des islamischen Bankwesens bzw. auf den historischen Kontext eingegangen. Im folgenden werden die rechtlich - institutionellen Grundlagen herausgearbeitet, und dabei genauer auf den Islam und seine Staats- und Rechtsauffassung eingegangen. Im Anschluss daran werden die Institutionen, die sich im Laufe der Geschichte aus diesem islamischen Recht gebildet haben, dargestellt. Darauf folgend wird deren Einfluss und Bedeutung für das Bankwesen erläutert. Weiterhin wird die Charakteristik des Bankwesens, mit ihren wichtigsten Finanzinstrumenten aufgezeigt, die ihren Ursprung in der Religion und den zuvor erläuterten Institutionen hat. Dabei wird kurz aufgezeigt, ob islamische Banken ihre Finanzinstrumente in der Praxis islamisch islamkonform anwenden. Die Auswirkung des Islams auf die Wirtschaft bzw. das Bankwesen, wird zum Schluss kurz erläutert.

2. Historischer Hintergrund

Die theoretischen Überlegungen über die Abschaffung der Zinsen und über die Rolle der Banken in der Wirtschaft fingen bereits in den 40er Jahren an. Zunächst waren die islamischen Länder lange Zeit abhängig von den damaligen europäischen Kolonialmächten.[3] In den 50er und 60er Jahren erlangten sie ihre Souveränität, übernahmen jedoch vorerst die von den Kolonialmächten aufgebaute Finanzwirtschaft. Die Bankpraktiken wurden somit nach westlichem Vorbild gehandhabt, was auch bedeutet, dass entgegen dem aus der Schari’a abgeleiteten islamischen Recht, Zinsgeschäfte getätigt wurden.[4] Die Gründung islamischer Banken begann mit einem Sparkassenprojekt in der ägyptischen Kleinstadt Mit - Ghamr. Nach mehreren theoretischen Diskussionen um eine Neuorientierung des Bankwesens in islamischen Ländern[5] wurde 1963 die sparkassenähnliche Institution eröffnet.[6] Der Initiator des Projektes war Ahmed El - Naggar. Das erfolgreiche Experiment der Sparkasse wurde für eine weitere Ausbreitung und Errichtung islamischer Banken[7] als Grundstein geachtet.[8] Von den Impulsen, die durch die praktischen Erfahrungen des Sparkassenprojektes gegeben wurden, begann in den 70er Jahren die Errichtung islamischer Banken. Mitte der 70er Jahre wurden islamische Banken in den islamischen Ländern rasch entwickelt. Im März 1975 wurde in Dubai schließlich das erste große Bankenprojekt von 5 Privatpersonen gestartet, die "Dubai Islamic Bank".[9] Fast alle islamischen Banken der islamischen Länder waren aufgrund privater Initiatoren gegründet, ausgenommen die "Islamic Development Bank". In diesen Ländern befand sich ein Dualsystem der Finanzwirtschaften. Dieses Dualsystem ermöglichte dem Kunden zwischen einer westlich orientierten und einer islamischen Bank zu wählen.[10] Die „Islamic Development Bank“ ist eine multifunktionale Bank. Im Oktober 1975 wurde die IDB in Jeddah (Saudi Arabien) eröffnet. Die Zahl der ausschließlich islamischen Mitgliedstaaten belief sich bei der Eröffnung auf 22.[11]

Die Errichtung der ersten islamischen Banken geschah in einem Zeitraum, in dem sich die ölexportierenden Länder in einem wirtschaftlichen Aufschwung befanden, da die Ölpreise erhöht wurden. Diese Tatsache spielte bei den Errichtungen dieser Banken keine Rolle. Die islamischen Banken waren relativ kleine Finanzinstitutionen, die aufgrund privater Initiative zustande gekommen waren. Darüber hinaus geschah der größte Teil der Neugründungen in den letzten Jahren meist außerhalb der arabischen Welt.[12]

Während die meisten islamischen Banken durch private Initiative gegründet wurden, wurde im Iran der gesamte Banksektor nationalisiert und den islamischen Prinzipien angepasst.[13] Ähnlich wie im Iran wurde in Pakistan ein Gesetz erlassen, wodurch sie in Einklang mit dem Islamisierungsbestreben auch zinsfreie Operationen ermöglichten.

Nach der Errichtung der beiden ersten islamischen Banken, der "Dubai Islamic Bank" und der "Islamic Development Bank", fand eine schnelle Ausbreitung weiterer islamischer Banken statt. Seit Anfang der 80er Jahre breiteten sich weitere islamische Banken in arabischen Ländern (Ägypten, Jordanien), in nicht arabischen aber islamischen Ländern (Malaysia, Türkei) und auch in nicht islamischen Ländern (Dänemark, die Bahamas) aus. Zur Zeit betreiben 50 islamische Banken zinsfrei ihre Bankgeschäfte nach islamischem Recht.[14]

3. Die rechtlich – institutionellen Grundlagen

Um die Denkweise und Grundlagen der islamischen Wirtschaft und die damit verbundenen Bankpraktiken zu verstehen, ist es unumgänglich eine Einsicht in den Islam und seine Staats- und Rechtsauffassung zu bekommen.

3.1. Der Islam

Islam bedeutet wörtlich „Unterwerfung unter den Willen Gottes“. Die göttliche Ordnung steht an erster Stelle, wobei der Koran als höchste Autorität gesehen wird. Ein Moslem[15] sollte in Übereinstimmung mit dem göttlichen Willen leben. Alle Handlungen und Lebensformen eines Moslems werden vom Islam beeinflusst. Der Islam ist eine anspruchsvolle Religion, welche sich auf jeden Bereich des Alltagslebens auswirkt.[16] Im Islam ist die Religion, Morallehre und die Rechtsordnung eins. Somit gibt es keine Trennung zwischen dem Weltlichen und Geistlichen. Das Weltliche ist dem Geistlichen untergeordnet. Die religiöse Weltanschauung des Islams spielt eine besondere Rolle für die islamische Staats-, Gesellschafts- und Wirtschaftsauffassung.[17]

3.2. Der islamische Staat

Da die göttliche Ordnung an erster Stelle steht, ist daraus ein Staat abgeleitet worden, der diese Ordnung verwirklicht. Im Islam ist die Religion nicht in einer Institution zusammengefasst, wie beispielsweise im Christentum in der Kirche, sondern der islamische Staat ist das Element für die religiöse und weltliche Gemeinschaft. Der Islam ist sozusagen eine Verschmelzung oder eine Einheit von Religion und Staat. In erster Linie hat der Staat, als religiöse Pflicht, die Aufgabe der Gottesverehrung. Dies ist die vorrangige Aufgabe von beauftragten, staatlichen Kulturbeamten. Daraus abgeleitet ergeben sich weitere Aufgaben, wie die Sorge für die religiöse Unterweisung und für die Verbreitung der Religion. Damit ist der Staat Träger der religiösen Idee und somit eine religiöse Institution.

3.3. Das islamische Recht

Die islamische Rechtsauffassung basiert auf die Scharia. Das Scharia System ist eine Ordnung, in der die Fragen der Religion, der Gesellschaft, des Staates und der Wirtschaft unmittelbar miteinander verbunden werden. Somit entspringen auch die islamischen Finanzierungsformen und deren Rechtsprinzipien aus der Scharia. Scharia bedeutet wörtlich „Weg zur Wasserstelle“.[18] Als dem Glauben von Gott verkündet, wird sie als ideales und verpflichtendes Gesetz betrachtet. Sie ist somit Gesetz und Orientierung für die Lebens- bzw. Handlungsweise der Muslime. Das Scharia - Recht ist aus den Offenbarungen, den Aussagen des Propheten und anderen Rechtsquellen abgeleitet worden. Es können zwei Bereiche aus der Scharia herauskristallisiert werden. Der erste Bereich regelt die Beziehungen des Einzelnen zu Gott und den Mitmenschen. Der zweite Bereich umfasst die staatlichen und wirtschaftlichen Regeln der islamischen Gesellschaft.[19]

4. Institutionen

Islamische Banken haben u.a. das Ziel, die islamischen Grundprinzipien zu beachten. In diesem Abschnitt sollen nun einige Institutionen aus dem Islam vorgestellt werden, um die damit verbundenen islamischen Finanzierungsformen zu verstehen.

4.1. Eigentum

Grundsätzlich ist das private Eigentum, wenn es rechtmäßig erworben ist zugelassen.[20] Aus islamischer Sicht kann nur Gott die absolute Eigentümerschaft der materiellen Güter zugeschrieben werden. Den Menschen wird die Erlaubnis des Gebrauchs zugeteilt, daher ist der Mensch in einem relativen Sinn Eigentümer. Der Islam schreibt dem persönlichen Eigentum eine soziale Funktion zu.[21] Den Eigentümern werden gewisse Verpflichtungen, gegenüber der Gesellschaft vorgeschrieben.

4.2. Zakat

Eine Verpflichtung des Eigentums, gegenüber der Gesellschaft, ist beispielsweise der Zakat islamische Sozialabgabe).[22] Der Zakat[23] ist eine regelrechte Steuer und ein Bestandteil der fünf Grundpflichten des Islams. Zakat bedeutet wörtlich „Reinheit“ und die Pflichtabgabe wird von Muslimen, als ein Akt der Reinigung von Habgier, interpretiert. Die Begüterten haben die Pflicht, ärmere Muslime an ihrem Wohlstand teilhaben zu lassen.[24] Einmal im Jahr ist jeder freie volljährige Muslim, nach religiöser Ansicht, zur Zahlung verpflichtet. Die Abgabe wird vom Vermögen oder Nettoeinkommen erhoben, das ein festgelegtes Mindesteinkommen übersteigt. Die Zakat beträgt beispielsweise für das Vermögen 2,5 %.[25]

[...]


[1] Ipektchi, M.: „Bankbetriebliche Geschäftstätigkeit nach islamischem Recht –Theoretische Grundlegung und ausgewählte Aspekte zur Internationalisierung“, zgl. Diss. Univ. Hamburg

1997, S. 13.

[2] Ghaussy, A. Ghanie: Das Wirtschaftsdenken im Islam: von der orthodoxen Lehre bis zu den heutigen Ordnungsvorstellungen, Bern, Stuttgart 1986, S. 32.

[3] Noor-Ebad, H.: Islamische Banken in Theorie und Praxis sowie ihre Auswirkungen auf die

finanzielle Ressourcenallokation, zgl. Diss. Univ. Köln 1988, S. 1-2.

[4] Ipektchi, M.: S. 36.

[5] Unter den islamischen Ländern werden alle Länder verstanden, deren Bevölkerung in der Mehrheit oder mindestens 30 Prozent aus Muslimen besteht. Es sind schätzungsweise rund eine Milliarde Gläubige vorhanden, somit ist der Islam die zweitstärkste Religion. Den größten Teil der Muslimischen Welt schließen gegenwärtig 45 Länder ein.

[6] Noor-Ebad, H.: S. 93.

[7] Islamische Banken lassen sich als Finanzinstitute definieren, die ihre Geschäfte zinsfrei abwickeln, entsprechend dem islamischen Recht, der Schari'a. Die islamischen Banken sind risikoreich und beruhen auf dem Erfolgsbeteiligungsprinzip.

[8] Ipektchi, M.: S. 37-41.

[9] Noor-Ebad, H.: S. 90 f.

[10] Ipektchi, M.: S. 38.

[11] Noor-Ebad, H.: S. 144.

[12] Ebd.: S. 6.

[13] Ipektchi, M.: S. 38.

[14] Ebd.: S. 91.

[15] Die Bezeichnung Mohammedaner wird von den Muslimen abgelehnt, da sie nicht in Verdacht kommen möchten Muhammad so zu verehren, wie die Christen Jesus.

[16] Ipektchi, M.: S. 13.

[17] Ghaussy, G.: S. 22.

[18] Ruthven, M.: „Der Islam“, Stuttgart 1986, S.23.

[19] Ghaussy, G.: S.32.

[20] Noor – Ebad, H.: S. 8.

[21] Ebd.: S. 9.

[22] Ebd.

[23] Vgl. Koran (Sure 9 : 60)

[24] www.patmos.de

[25] Noor – Ebad, H.: S. 9.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Das islamische Bankwesen
Hochschule
Universität Bielefeld  (Geschichte)
Veranstaltung
Islam und Kapitalismus
Note
2,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
17
Katalognummer
V87276
ISBN (eBook)
9783638022378
Dateigröße
451 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bankwesen, Islam, Kapitalismus
Arbeit zitieren
Seda Demir (Autor:in), 2004, Das islamische Bankwesen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87276

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