Tendenzen des Pop in Literatur und Songtexten von Max Goldt


Seminararbeit, 2005

20 Seiten, Note: sehr gut (1,00)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Aspekte des Pop in den Kolumnen
2.1. Merkmale der Popliteratur
2.2. Textkonstruktion
2.3. Themen
2.4. Sprache

3. Popliterarisches im Pop: Die Texte von Foyer des Arts
3.1. Themen und Textkonstruktion
3.1.1. Wissenswertes über Erlangen: Eine kurze Analyse
3.2. Sprache

4. Resümee

5. Bibliografie
5.1. Primärtexte
5.1.1. Kolumnen
5.1.2. Nichtkolumnen
5.1.3. Songtexte
5.2. Sekundärliteratur:

1. Einleitung

Oft werden Max Goldts Texte als Popliteratur bezeichnet, doch ebenso oft werden sie als nicht „klassifizierbar“ eingestuft. Tatsache ist, dass seine Titanic -Kolumnen, sowie seine Nichtkolumnen – also alle anderen, lyrischen oder prosaischen Texte – weder eindeutig der Popliteratur älterer oder jüngerer Prägung zuzurechnen sind, noch genau in irgendein anderes literarisches Schema passen. Vielmehr könnte man Goldt als Gradwanderer zwischen sowohl literarischen Stilen und Verfahren, als auch Textsorten bezeichnen. Zweiteres vor allem wegen der in den Kolumnen immer wiederkehrenden Wechsel zwischen essayistischer Reflexion, dialogischer Fiktion und lyrischen Passagen.

Diese Arbeit soll in Goldts Literatur Merkmale von Popliteratur aufspüren. Dabei werden unweigerlich die Differenzen zu anderen Popliteraten aufgezeigt. Des weiteren sollen mit den so erarbeiteten Kriterien Goldts Songtexte untersucht werden. Der Vergleich zwischen den Textformen soll zeigen, ob in beiden Tendenzen des Pop nachgewiesen werden können.

Im Folgenden werde ich die Analyse auf die Kolumnen- und Songtexte beschränken. Die Nichtkolumnen werden aus zwei Gründen nicht berücksichtigt: Einerseits machen sie den weitaus kleineren Teil von Goldts Werk aus, andererseits – und vermutlich deswegen – werden in der Sekundärliteratur hauptsächlich die Kolumnen behandelt.

Die Kolumnentexte werden jeweils nur mit ihrem eigenen Titel zitiert, wenn sich der Verweis auf die ganze Kolumne bezieht. Sofern es sich nur um einzelne (Ab)-sätze oder Phrasen handelt, wird die Seitenzahl des betreffenden Kolumen-Sammelbandes angeführt.

2. Aspekte des Pop in den Kolumnen

2.1. Merkmale der Popliteratur

Popliteratur hat sich seit ihren Anfängen in den 1960er Jahren gewandelt. Daher sind auch Definitionen, was genau Popliteratur eigentlich ist, heterogen. Um im Folgenden Max Goldts Literatur in den Kontext des Pop einordnen zu können, sollen hier jene Merkmale der Popliteratur kurz besprochen werden, die nach den meisten Definitionen für diese konstitutiv sind.

Markus Züger fasst nach dem Vergleich einiger von ihnen die Kriterien, die einen Text zu Popliteratur machen, zusammen:

„Die Grundfunktion popliterarischer Verfahren ist sicherlich die dominierende Unterhaltsamkeit. Die Orientierung an Jugend-, Massen- und Alltagskultur bestimmt Lexik und Sprachpragmatik, aber auch Thematiken der Popliteratur. Zentral ist das Bild des jugendlichen Autors, welches auch durch die Dynamik der Texte evoziert wird. Darauf aufbauend und verbunden mit Vermarktungsstrategien kann regelrecht von der Inszenierung von Autorpersonen gesprochen werden, was sich – als popliterarische Technik fundamental – in der rigorosen Subjetkivität dieser Literatur niederschlägt. Für popliterarische Verfahren ist weiter die intertextuelle Materialaneignung zentral.“[1]

Wenn Züger von „Jugend-, Massen- und Alltagskultur“ als Fixpunkte der Popliteratur spricht, formuliert er Moritz Baßlers Definition der Popliteratur als „Literatur mit Bezug zur Popkultur“[2] um. Denn genau davon sind ja diese Subkulturen Bestandteil.

Thematisch und sprachlich beschäftigt sich Popliteratur also vor allem mit

jenen Bereichen, „ wo die Hochliteratur, die sich traditionell dem Unergründeten,

Unbeschriebenen und Authentischen widmet, die Inszenierung, den Hype, die Oberfläche vermutet.“[3]

Von „trivialer“ Literatur unterscheidet sich Popliteratur aber durch ihre Vernachlässigung herkömmlicher narrativer Verfahren, wie der Erzeugung eines Spannungsbogens.[4]

Denn ein wichtiges Merkmal der Popliteratur ist nicht nur das Aufgreifen der Themen anderer – literarischer, sprachlicher oder anders gearteter – Texte, der „intertextuellen Materialaneignung“, sondern eben auch die Verwendung neuer, an Verfahren anderer Bereiche angelehnter, Textstrukturen.

Die neuere Popliteratur wird als unkritisch der Gesellschaft gegenüber

empfunden. Sie hat „inhaltlich ein affirmatives, also bejahendes Verhältnis zur

zunehmend medial geprägten Alltagswelt […]“[5]

Dieses wird vor allem im Zitieren von Markennamen u.ä. gesehen.[6]

Kritische Ansätze drücken sich, so vorhanden, oft eher in sogenannten „Best-of-Listen“, in denen Werturteile über bestimmte Dinge, Trends etc. gefällt werden, aus, als in erklärenden Auseinandersetztungen.[7]

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass Literatur dann zu Pop wird, wenn sie sich mit Popkultur auseinandersetzt.

Sie ist vor allem durch nicht e-literarische Sprache und Themen gekennzeichnet: Im Gegenteil, sie bedient sich fast überall, außer im hochliterarischen und hochkulturellen Kanon. Nicht authentische und erste Erfahrungen zählen, sondern die Verarbeitung einer bekannten, immer auch schon diskursiv behandelten Welt in Literatur, eine „Literatur der zweiten Worte“[8] also.

Auch ihre Erzähltechniken bezieht sie nicht unbedingt und direkt aus der Literaturtradition, sondern bereichert sich in anderen Medien.

Selten setzen sich popliterarische Texte kritisch mit den bestehenden Verhältnissen auseinander, vielmehr werden sehr subjektive Wertekataloge von popkulturellen Aspekten aufgestellt.

2.2. Textkonstruktion

Wie eingangs schon erwähnt sind Max Goldts Texte nicht leicht einer bestimmten Gattung zuordenbar.[9]

In den Kolumnen wechselt Goldt zwischen assoziativen Reflexionen im Essaystil, szenischer Prosa, kürzesten Gedichten und auktorial erzählten Passagen hin und her.

Trotzdem ist der Leser geneigt, Goldts Kolumnen als dessen Meinung vertretend und Wahrheiten beinhaltend anzusehen.[10] Vielleicht auch gerade deswegen, weil der immer wiederkehrende Bruch mit Erzählsträngen, das Aufgreifen neuer Textformen etc. die Präsenz des Autors als Erzählinstanz im Text stärker suggerieren, als vielleicht ein kontinuierlich erzählter Text. Doch Goldts Texte sind Fiktion. Manchmal merkt das der Leser nur, wenn Goldt ihn darauf hin weist:

„Der Ich-Erzähler ist seit mehreren Sätzen schon kein verbitterter autoritärer Mummelgreis mehr, sondern jetzt wieder ein wenig mehr an die Person des Autors angelehnt.“[11]

Das „Kolumnisten-Ich“[12] erweckt den Anschein mit dem Autor Max Goldt identisch zu sein. Obwohl dies nicht so sein muss, der Ich-Erzähler also nicht nur bedingt oder teilweise die Meinungen und Erlebnisse[13] des Autors wiedergeben muss, ist diese Konzeption der Erzählinstanz ideal um eine radikale Subjektivität, wie sie für die Popliteratur typisch ist, in die Texte zu integrieren.

„In popliterarischer Hinsicht drängt sich diese Konstellation geradezu auf, da eine subjektivistische Erzählerfigur für den popliterarischen ,Plauderton‘ und die verwendeten Stoffe des Alltags wie geschaffen ist.“[14]

Die Methode, dem Leser scheinbare Nicht-Fiktion vorzugaukeln[15], bedeutet gleichzeitig, dem Text eine weitere Ebene hinzuzufügen. Dies entspricht Polityckis These, die postmoderne – und damit auch die Pop- – Literatur sei

„geprägt von der ‚Simplifizierung des Erzählens bei gleichzeitiger Verkomplizierung [beziehungsweise] Vielschichtigkeit des Erzählens‘.“[16]

Goldts Erzählweise ist tatsächlich eher simpel, in dem Sinn, dass seine Texte leicht verständlich sind. Wie oben besprochen, finden sich in seinen Kolumnen aber wenig traditionelle Narrationstechniken. Die einzelnen Abschnitte der Texte passen oft weder strukturell noch thematisch zueinander:

„Diese Verfahren der Textinkohärenz sind kennzeichnend für Popliteratur und bei Goldt überaus vielschichtig. Textinkohärenz erzielt er mit unterschiedlichen Techniken und erreicht damit unterschiedliche Wirkungen: So werden thematische Brechungen durch das Verfahren des beliebig assozierenden Gedankenflusses erzeugt, indem die Erzählerfigur monologisch kommentierend munter drauflos räsoniert. Textematische Inkohärenz kann aber auch durch die Simulation von Erzähltechniken, wie wir sie aus den elektronischen Unterhaltungsmedien kennen, herbeigeführt werden, wenn zum Beispiel durch thematisches ‚Zappen‘ von Aussage zu Aussage gesprungen wird.“[17]

[...]


[1] Markus Züger: Poetik des Profanen: Popliterarische Verfahren in Kolumnen von Max Goldt. Freiburg: Lizentiatsarbeit 2003 S 32

[2] Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft. Neubearbeitung des Reallexikons der deutschen Literarturgeschichte. Bd. 3. Hg. v. Harald Fricke u.a. Berlin, New York 2003 (In press). zit. n. Züger (2003) S 26

[3] Popliteratur: Arbeitstexte für den Untericht. Hrsg. v. Dirk Frank. Stuttgart: Reclam 2003 (Universalbibliothek Nr. 15053) S 6f

[4] Vgl. Züger (2003): S 26f

[5] Popliteratur. Hrsg. v. Dirk Frank: S 6

[6] Schon an dieser Beobachtung wird der Vorwurf der reinen Oberflächlichkeit, der an die Popliteraten gemacht wurde, wiederlegt: Das Miteinfließenlassen von Markennamen u.ä. als Bedeutungsträger setzt notwendiger Weise das Wissen um diese Denotationen voraus, was widerum die reine Oberflächlichkeit ausschließt.

[7] Vgl. Züger (2003)

[8] Moritz Baßler: Der deutsche Pop-Roman: Die neuen Archivisten. München: Beck 2002 (Beck‘sche Reihe 1474) S 184

[9] Zur Definition der Kolumne und Max Goldt siehe: Züger (2003) S 20-23 Hier natürlich vor allem die Kolumnen gemeint, da seine Nichtkolumnen meist eindeutig zu bestimmen sind.

[10] Das hat sowohl mit Goldts Erzähltechnik, als auch mit der Erscheinungsform „Kolumne“ zu tun. Vgl.: Züger (2003) S 20-23 u. 43-45

[11] Ä: S 144

[12] Diesen Begriff prägt Züger (2003): S 43

[13] Goldts Kolumnen bestehen neben Reflexionen etc. vor allem aus Anekdoten. Oft sind sie banal und alltäglich, wodurch verstärkt der Eindruck hervorgerufen wird, dass es sich um wirklich Erlebtes handelt. Die (Selbst-)Inszenierung des Autors, wie sie viele Popliteraten betreiben, ist in Ansätzen auch bei Goldt zu finden. Er präsentiert sich allerdings nicht als „Popstar“, sondern gibt vielmehr den konservativen Gentleman. Seine Interviews sind rar, in den gutbesuchten Lesungen gibt er den Zuhörerern Verhaltensanweisungen (Vgl. z.B.: Max Goldt: Wenn man einen weißen Anzug anhat. 3. Auflage. Reinbeck: Rowohlt 2002 S 108ff). Diese Inszenierung der Autorperson kann als konsequente Weiterführung der Inszenierung der Erzählerfigur gesehen werden.

[14] Züger (2003): S 43

[15] Auch das kann, mittlerweile, als Aufgreifen des Verfahrens eines anderen Mediums begriffen werden: Im TV gibt es seit einigen Jahren, einerseits Reality-Shows und andererseits Formate, die den Anschein erwecken sollen, sie wären Realität (z.B.: Sendungen über Gerichtsverhandlungen).

[16] Matthias Politycki: Die Farbe der Vokale. von der Literatur, den 78ern und dem Gequake satter Frösche. München 1998. S 37. Zit. nach Züger (2003): S 35

[17] Züger (2003): S 36

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Tendenzen des Pop in Literatur und Songtexten von Max Goldt
Hochschule
Universität Wien
Note
sehr gut (1,00)
Autor
Jahr
2005
Seiten
20
Katalognummer
V87175
ISBN (eBook)
9783638013789
Dateigröße
394 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Tendenzen, Literatur, Songtexten, Goldt
Arbeit zitieren
Anna Lindner (Autor:in), 2005, Tendenzen des Pop in Literatur und Songtexten von Max Goldt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/87175

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Tendenzen des Pop in Literatur und Songtexten von Max Goldt



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden