Orgasmus und Sexualität


Skript, 2001

17 Seiten


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

1. Einführung

2. Der sexuelle Reaktionszyklus nach Masters und Johnson

3. Der Orgasmus

4. Halbwahrheiten und Märchen rund um den Orgasmus

5. Wenn Frauen trotz Erregung nie zum Orgasmus kommen

6. Wenn Frauen (noch) unerfahren sind
6.1. Den Körper kennen lernen
6.2. Nur Geduld
6.3. Frauen müssen lernen sich fallen zu lassen

7. Wenn Frauen erst seit einiger Zeit nicht mehr zum Höhepunkt kommen
7.1. Was Frauen tun können

8. Wenn Frauen Sex in letzter Zeit keinen Spaß mehr macht
8.1. Unterstützung durch Psychotherapie

9. Ursachen
9.1. Wenn’s langweilig geworden ist
9.2. Körpergefühl
9.2.1. Wenn Frauen mit sich und ihrem Körper nicht zufrieden sind
9.2.2. Verbessern Sie Ihr Körpergefühl
9.2.3. Wenn der Partner ständig etwas auszusetzen hat
9.3. Wenn Frauen älter werden
9.4. Psychische Befindlichkeit
9.5. Gesundheit

10. Wenn es in der Partnerschaft kriselt
10.1. Wenn der Partner ungeduldig oder nicht sehr geschickt ist
10.2. Wenn ständige Konflikte die Partnerschaft belasten
10.3. Wenn man(n) bzw. frau das Interesse aneinander wiederbeleben möchte
10.4. Wenn die Vorstellungen über Sexpraktiken stark von jenen des Partners abweichen
10.5. Wenn der Partner zu oft Sex haben will
10.6. Wenn der Partner nicht oft genug Sex haben will

1. EINFÜHRUNG

Die Fortpflanzung ist für das Überleben der Art unentbehrlich. Daher hat die Natur sexuelle Reize ausgesprochen angenehm gestaltet, um die Mitglieder einer Art zur Fortpflanzung zu bewegen. Ein Orgasmus dient als letzter Verstärker für den zur Paarung notwendigen Energieaufwand. Diese Aussicht auf Lust gibt sexuellen Verhalten eine motivierende Kraft, die weit über die Notwendigkeit der Fortpflanzung hinausragt.

Während meiner Arbeit möchte ich etwas genauer auf den Orgasmus eingehen und etwaige Probleme in der Partnerschaft betreffend Sexualität (hierbei beschäftige ich mich eher mit den Problemen von Frauen).

2. DER SEXUELLE REAKTIONSZYKLUS nach Masters und Johnson

Männer und Frauen haben ähnliche sexuelle Reaktionsmuster, Frauen jedoch reagieren eher langsam, bleiben aber oft länger erregt und sie sind zu mehrfachen Orgasmen fähig.

Die vier Phasen des sexuellen Reaktionszyklus beim Menschen sind:

- Erregungsphase
- Plateauphase
- Orgasmus und
- Entspannung

Die Erregungsphase kann von einigen Minuten bis zu einigen Stunden dauern, während dieser Phase kommt es zu vaskulären Veränderungen in der Beckenregion. Blut und andere Flüssigkeiten sammeln sich im Hoden und in der Vagina, der Penis erigiert und die Klitoris schwillt an – der Körper rötet sich.

In der Plateauphase wird ein Maximum an Erregung erreicht, Herzschlag und Atem werden beschleunigt, der Blutdruck steigt, die Düsensekretion und die willkürlichen und unwillkürlichen Muskelspannungen des Körpers werden erhöht. Die Vagina wird feucht und die Brüste schwellen an.

Während der Orgasmusphase erlebt man ein sehr intensives angenehmes Gefühl der Lösung der sexuellen Spannung, welche sich aufgebaut hat. Der Orgasmus ist gekennzeichnet durch rhythmische Kontraktionen, die etwa alle achtzehntel Sekunde in der Genitalregion auftreten. Atmung, Blutdruck und Herzschlag erreichen ein sehr hohes Niveau. Beim Mann führen die pochenden Kontraktionen zur Ejakulation, und die Frau gelangt durch die Stimulation der Klitoris oder Vaginalwände zum Orgasmus.

Wenn der Körper wieder zu seinem Normalzustand zurückkehrt, findet die Entspannungsphase statt. Blutdruck, Atmung und Herzschlag flachen wieder ab. Bei Männern tritt nun die Refraktärphase ein, die wenige Minuten bis zu Stunden dauern kann, während dieser Phase ist er zu keinem weiteren Orgasmus fähig.

3. DER ORGASMUS

Orgasmus ist der sexuelle Höhepunkt. Männer und Frauen können ihn erreichen entweder beim Geschlechtsverkehr, beim Petting oder bei der Selbstbefriedigung. Er wird durch die sexuelle Erregung vorbereitet: Beim Mann wird das Glied steif, der Hodensack wird kleiner und rückt näher an die Bauchhöhle heran. Bei der Frau bewirken Drüsen in der Scheidenwand, dass die Scheide feucht wird. Die Gebärmutter schwillt an und schiebt sich nach vorne, so dass die Scheide etwas verlängert wird. Die kleinen Schamlippen vergrößern sich, ebenso die Klitoris, sie füllt sich mit Blut und wird hart. Bei Mann und Frau können sich die Brustwarzen versteifen, es kann auch zu einer Hautrötung am Körper kommen. Puls und Atmung sind beschleunigt, der Blutdruck steigt. Wird die Erregung fortgesetzt, stehen Körper und Gefühle unter Hochspannung. Der gesamte Organismus steuert auf den Orgasmus zu. Der Penis wird noch härter und es kommt zu einer Reihe pulsierender Muskelzusammenziehungen am Penis, bei der Frau in der Scheide und an der Klitoris, die als äußerst lustvoll empfunden werden. Der Höhepunkt dieser Gefühle führt beim Mann zum Samenerguss, bei der Frau zu einer starken Verengung des unteren Scheidenbereichs. Danach klingt die Erregung ab, beim Mann schneller als bei der Frau. Frauen können in der Regel auch mehrere Orgasmen hintereinander haben. Bei Männern dauert es eine Weile, bis ihr Penis wieder steif werden kann.

...(Orgasmus) ist eine kurze Episode physischer Befreiung nach dem vasocongestiven und myotonischen Anstieg, der sich entwickelt hat aus dem Ansprechen auf sexuelle Stimuli...

Masters und Johnson „Die sexuelle Reaktion des Menschen“

Orgasmus ist mehr als eine Befreiung von Muskelnervenspannungen und irgendwie ein bisschen weniger als ein Erdbeben. Die Literatur, von der sprachlich verhüllenden bis zur pornographischen, kann den Orgasmus in positivem Sinne als etwas Sintflutartiges erscheinen lassen. Medizinische Beschreibungen können einen kalten, klinischen Nachgeschmack zurücklassen. Weil der Orgasmus körperliche und emotionale Reaktionen vereinigt, variieren sie von Person zu Person und von Zeitpunkt zu Zeitpunkt.

Die Menschen erwarten, dass ein Orgasmus eine vergnügliche und lohnende Erfahrung ist. Manchmal erwarten wir von ihm auch, dass er denkwürdig, revolutionär, ja sogar destruktiv ist. Dichter, Ärzte und Verfasser von Lexika haben sich kurz damit versucht, den Orgasmus zu beschreiben, aber es gibt keine von allen gleichermaßen akzeptierte Definition. Wahrscheinlich liegt es daran, dass er von individuellen Erwartungen und Erfahrungen abhängt. Ich möchte hier einige populäre Beschreibungen ansehen und die Erwartungen, die diese weitergeben, eingehend besprechen.

Nimmt man zum Beispiel die Beschreibung eines Orgasmus, wo gesagt wird, er sei wie ein Niesen. Es gibt eine kitzelnde Vorankündigung, dass es gleich kommt, eine Muskelverkrampfung, wenn es dann tatsächlich kommt und nachher eine Erleichterung. Einige Nieser scheinen auf die Nase und den Kopf begrenzt zu sein, während andere auf den ganzen Körper übergreifen und nicht wieder zu stoppen sind, wenn sie sich erst einmal zu lösen beginnen.

Obwohl man diese Beschreibung für jemanden benützen könnte, der niemals einen Orgasmus hatte, so müsste man aber dennoch hinzufügen, dass ein Orgasmus nicht das gleiche ist wie ein Niesen. Die Menschen haben an das Niesen nun einmal nicht die gleiche Erwartung wie an den Orgasmus. Sie zählen ihre Nieser nicht, und sie kümmern sich normalerweise auch nicht um die Nieser ihrer Mitmenschen.

Eine weitere, allgemein übliche Beschreibung des Orgasmus ist die eines kleinen Todes. Die Zeit steht still während des Orgasmus. Nachher erlebt man ein Gefühl von Verlust und möglicherweise auch von Zeitlosigkeit. Die Vorstellung vom kleinen Tod war während der Renaissance sehr weit verbreitet und ist für viele auch weiterhin Gegenstand der Erwartungen geblieben. Obwohl man einen Orgasmus wieder und wieder erleben kann, genau wie das Niesen, so ist doch der Orgasmus tief durchdrungen von einem Gefühl der Sterblichkeit. Jeder bedeutet ein kleines Stückchen weniger von sich selbst.

Dieses Gefühl des Verlustes, bei Frauen bitter präsent und durchaus nicht ungewöhnlich, ist noch verbreiteter bei Männern, die immerhin bei jedem Samenerguss wirklich etwas verlieren. Sperma wird in Verbindung gebracht mit Schaffenskraft, Stärke und Potenz. Baudelaire meinte, dass jeder Orgasmus ein verlorenes Gedicht sei. Athleten, die schlecht abschneiden, beschuldigt man, sie hätten ihre Kraft zum Spiel im Sack gelassen. Die ganze Vorstellung von verlorener Potenz, deretwegen Sportler und Intellektuelle unverheiratet bleiben, bis ihnen das entscheidende Spiel oder Veröffentlichung des entscheidenden Buches gelungen ist, berührt viele Männer, aber auch Frauen in sehr merkwürdiger Weise.

Es gibt beim Orgasmus auch ein Gefühl des Gewinnens, der Steigerung. Ein Orgasmus kann Sie einem Partner näher bringen. Diese ganz intime Erfahrung, etwas mit dem anderen zu teilen, ist eine sehr bedeutende Form der Kommunikation. Die Leute erwarten mehr als nur körperliche Entspannung und körperliche Vergnügen von einem Orgasmus.

Sex als die Grundlage aller Energie und Kreativität schließt den Orgasmus ein als großen Energiespender und unschätzbaren Helfer für kreative Prozesse. Viele Menschen sagen von sich, ein Orgasmus erfülle sie mit Enthusiasmus für andere Dinge und gebe ihnen das Gefühl, ihren Geschäften überaus fähig nachzugehen.

Die Theorie über den Orgasmus als Welle ist eine metaphorische Beschreibung und kommt dem sehr nahe, was tatsächlich in physiologischer Hinsicht passiert. Der Körper erlebt wellenförmige Muskelkontraktionen besonders in den Genitalien, manchmal übergreifend auf den ganzen Körper. Bei der Frau finden wir diese Kontraktionen im äußeren Drittel der Vagina und in der Gebärmutter. Männer haben sie im Penis und auch in der Harnröhre in dem Moment, wo das Sperma von der Prostata in den Penis schießt. Sie treten anfangs in einem Abstand von Vier-Fünftel-Sekunden auf und liegen später beim Mann und auch bei der Frau, weiter auseinander. Muskeln in den Gliedmaßen, am Rücken, im Gesicht und am Rumpf können sich ebenfalls zusammenziehen. Es ist nicht so sehr ein Gefühl, von Wellen überrollt zu werden, als vielmehr, selbst eben solch eine Welle zu sein.

Obwohl die Intensität von Orgasmen variiert, bauen Leute, wenn sie den Orgasmus beschreiben, eine erwartete Intensität mit ein. Die meisten Leute können die einzelnen Kontraktionen ihrer Orgasmen gar nicht spüren, ein intensiver Orgasmus bedeutet vielmehr, dass mehrere Kontraktionen zusammenkommen. Allerdings können einem mehrere Kontraktionen an dem einen Tag wie eine Explosion vorkommen, an einem anderen Tag hält man sie vielleicht sehr gut aus.

Wenn man einige Tage lang keinen Orgasmus erlebt hat, so kann man vielleicht schon in Erwartung sein und tatsächlich das Gefühl eines intensiveren Orgasmus haben, als wenn es für jemanden eine alltägliche Geschichte wäre. Wenn man nervös oder angespannt ist, reagiert der Körper vielleicht dramatischer auf einen Orgasmus, als wenn alles ganz gewöhnlich seinen Gang geht. Solche psychologischen Faktoren wie etwa Auseinandersetzungen mit dem Partner, Abschiednehmen und Heimkehr nach Hause, alles was eine sexuelle Erfahrung so besonders macht, kann die Intensität eines Orgasmus beeinflussen. Männer und Frauen haben auch verschiedene Erwartungen an einen Orgasmus und beschreiben sie auf verschiedene Weise. Frauen haben eine größere Variationsbreite im Orgasmusverhalten von einem Gipfel bis zu einer ganzen Bergkette, wo einzelne kleine Gipfel zusammenlaufen. Der Orgasmus des Mannes, der mit der Ejakulation einhergeht, ist für gewöhnlich klarer umrissen und folgt hierbei wohl auch mehr dem Muster eines deutlichen Gipfels.

Natürlich gibt es auch viele vagere Beschreibungen des Orgasmus. Er könnte einen erröten und traurig werden lassen, könnte einen sehnsüchtig stimmen und glücklich. Vielleicht sagt man, dass alles so schnell vorbei war und dass man gar nicht weiß, wie man es beschreiben soll. Vielleicht kriegt man nichts von dem mit, was so um einen herum passiert, oder man ist bei besonders klarem Bewusstsein. Vielleicht trifft auf Ihren Orgasmus auch keine all der Beschreibungen zu, die Sie gehört oder gelesen haben.

Es ist etwas verwirrend, sich mit seinen Orgasmuserfahrungen oder Orgasmuserwartungen an einen Partner zu wenden. Wenn Sie in Ihrem Körper von einer enormen Direktheit und von totaler Vertiefung in Anspruch genommen sind, dann macht Ihnen ein Partner, der weniger stark zu reagieren scheint, vielleicht doch zu schaffen. Obwohl jeder stärkeres Atmen, kräftigeren Herzschlag und gesteigerten Blutdruck an sich erfahren kann sowie eine Muskelanspannung während des Orgasmus, so sind dennoch viele dieser Symptome fast nicht feststellbar.

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Orgasmus und Sexualität
Hochschule
Alpen-Adria-Universität Klagenfurt  (Psychologie)
Autor
Jahr
2001
Seiten
17
Katalognummer
V8716
ISBN (eBook)
9783638156141
Dateigröße
462 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit verfügt nicht über ein Literaturverzeichnis, sie wurde auf Grund der eigenen Mitschrift, ausgeteilten Folien, Skript in der Vorlesung und eigenem Wissen erarbeitet. Sehr dicht - einzeiliger Zeilenabstand.
Schlagworte
Orgasmus, Sexualität
Arbeit zitieren
Syzane Berisha (Autor:in), 2001, Orgasmus und Sexualität, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8716

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