Kommunikative Prinzipien der Zeitungsoptimierung


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

15 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Haupteil
2.1. Das Kommunikationsmodell von Shannon und Weaver
2.2. Die Lasswell-Formel
2.3. Paul Grice' Theorien
2.3.1. Implikatur
2.3.2. Das Kooperationsprinzip
2.3.3. Die Konversationsmaxime
2.4. Die Anwendung der Maxime auf Zeitungsschlagzeilen
2.5. Kritik an Zeitungstexten

3. Schluss

4. Literaturliste

5. Schlagzeilenlegende

6. Anhang

Kommunikative Prinzipien der Zeitungsoptimierung

1. EINLEITUNG

Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit den kommunikativen Prinzipien der Zeitungsoptimierung und ist demnach auch als Kritik an der Zeitungslandschaft zu sehen. Natürlich handelt es sich bei Zeitungen auch um Kommunikationsmedien.

Die Analyse aller Elemente einer Zeitung ist zu umfangreich und würde den Rahmen dieser Hausarbeit sprengen. Aus diesem Grund will ich mich in dieser Hausarbeit auf die Analyse von Schlagzeilen konzentrieren, denen ja eine besondere kommunikative Funktion zukommt. Der Kritik an Zeitungstexten selbst wende ich mich nur kurz zu.

Die Analyse geschieht mit verschiedenen Instrumenten, dazu gehören das Kommunikationsmodell von Shannon und Weaver, die Lasswell-Formel und als wesentlicher Bestandteil die Theorien des Logikers Paul Grice, denn diese geben die Richtlinien für erfolgreiche Kommunikation vor, und sie konstituieren sich aus den vier Konversationsmaximen, Implikatur und Kooperationsprinzip. Dieses wird aus verschiedenen Gründen getan: Wir gelangen mit Hilfe dieser Instrumente hinter den Zweck und die Funktion von Schlagzeilen. Wir können Kritik an Zeitungen üben und Vorschläge für eine Optimierung machen. Zur Funktion von Schlagzeilen gehört in erster Linie ihr kommunikativer Zweck, denn Kommunikation findet immer statt, wenn die Zeitungen beim Endverbraucher landen und auch aufgeschlagen werden.

Es handelt sich dabei um Massenkommunikation. Der kommunikative Zweck ausgewählter Schlagzeilen, die im Anhang dieser Arbeit beigefügt sind, wird mit Hilfe der Grice'schen Theorie analysiert.

2. HAUPTTEIL

2.1. Das Kommunikationsmodell von Shannon und Weaver

Nach dem Kommunikationsmodell von Shannon und Weaver (Flechtner, 1970) lassen sich die drei Bestandteile Sender, Mitteilung, Empfänger genau orten. Der Sender ist der Autor des Zeitungsartikels, die Mitteilung ist der Inhalt des Artikels plus Schlagzeile und eventuell auch Fotografie, Grafik und Tabelle. Der Empfänger ist der Zeitungsleser und -rezipient.

2.2. Die Lasswell-Formel

Es lässt sich auch die so genannte Lasswell-Formel anwenden: "Who says what in which channel to whom with what effect?" (Koszyk, Pruys, 1981). "Who" bestimmt den Autor des Zeitungsartikels, "What" ist die im Artikel gegebene Information, "In which channel" beschreibt das verwendete Medium, also Zeitung und wohl auch die Vertriebskanäle wie Zeitschriftenkiosk oder Hauswurfsendung: "To whom" beschreibt den Empfänger oder Rezipienten, also den Zeitungsleser, und wir müssen bedenken, dass eine einzige Zeitung durchschnittlich von etwa drei Lesern gelesen wird. "With what effect" beschreibt auf der einen Seite die Reaktion des Lesers, der infonniert, gerührt oder manipuliert sein kann, aber auf der anderen Seite auch die Tatsache, dass Zeitungsunternehmen, zum Beispiel Burda, Gruner und Jahr, und der Springer-Verlag hohe Profite einfahren können. Das ist auch ein Effekt dieser Kommunikation, nämlich ein betriebswirtschaftlicher.

2.3. Paul Grice' Theorien

Eine gute Methode, um Konversation und in diesem Fall Konversation zwischen Journalist und Zeitungsleser zu analysieren ist die Anwendung verschiedener Parameter, die in der Lage sind, sprachliche Logik zu beschreiben. Paul Grice hat sich mit der Identifizierung von Logik beschäftigt und dabei drei entscheidende Instrumente eingeführt: Implikatur, Kooperationsprinzip (KP) und Konversationsmaxime. Mit Hilfe dieser Instrumente können reale Situationen, aber auch Kommunikation mittels Medien wie Zeitung, Fernsehen und Radio analysiert werden.

2.3.1. Implikatur

Grice beschreibt Implikatur (engl. "imply" : andeuten) und nennt das Implikat das Angedeutete. Die Implikatur ist quasi die Grundhaltung einer Aussage, das eigentlich Gemeinte, und dieses kann in Gesprächssituationen versteckt oder übertrieben sein, oder mit Hilfe von Ironie ins Gegenteil gekehrt werden. Dem Rezipienten bleibt dann oft nur übrig, zwischen den Zeilen zu lesen. Implikatur hängt also mit dem Gesprächsakt zusammen und Grice differenziert zwischen dem, was jemand tatsächlich sagt (konventionale Implikatur) und dem, was er damit zu verstehen geben will (konversationelle Implikatur) (Grice, 1975). Zwischen konventionaler und konversationeller Implikatur kann es Diskrepanzen geben, und die so genannten Konversationsmaxime helfen, diese Diskrepanzen zu bestimmen bzw. zu vermeiden, sofern dieses verlangt ist. Um eine bestimmte Implikatur zu erzielen, ist es in einigen Fällen auch sinnvoll, eine dieser Maxime zu verletzen.

Auch Schlagzeilen und Zeitungsartikel sind eine Form von Kommunikation. Der Redakteur oder Autor kommuniziert mit dem Leser oder Rezipienten. Die Zeitungen drucken nicht das Rohmaterial, das vom Ticker der Nachrichtenagenturen kommt. Der Redakteur muss dieses Material erst noch aufbereiten. Die Wahrheit hundertprozentig wiederzugeben, ist wohl nur ein Ideal. Auch hier spielt die Implikatur eine Rolle, denn wir müssen bedenken, dass in Zeitungen auch Politik betrieben und mit journalistischen Stilmitteln gearbeitet wird, was die Realität verfärbt oder zugunsten Dritter, verändern kann. Gerade die Regenbogenpresse will oftmals Tatbestände suggerieren, es werden für den Leser Fährten gelegt und es werden Sachen angedeutet.

2.3.2. Das Kooperationsprinzip (KP)

Der zweite Punkt in Grice' Theorienkomplex ist das Kooperationsprinzip oder kurz KP. In Meggle (1979) ist gesagt: „Mache deinen Gesprächsbeitrag jeweils so, wie es von dem akzeptierten Zweck oder der akzeptierten Richtung des Gesprächs, an dem du teilnimmst, gerade verlangt wird“. Genau das ist das Kooperationsprinzip. Auch Zeitungen gehen ein Kooperationsprinzip ein. Auch sie müssen sich an die demokratische Grundordnung halten, dürfen also nicht hetzen, verleumden oder beleidigen. Es gibt in Deutschland den Presserat mit demokratischen Richtlinien, und es kann schon einmal vorkommen, dass Zeitungen gerügt oder mit einer Strafzahlung belegt werden, so geschehen mit der "Bild“-Zeitung, als sie mit übler Berichterstattung den Schauspieler Raimund Harmsdorf in den Selbstmord trieb.

2.3.3. Die Konversationsmaxime

Das dritte Element, das Grice uns vorstellt, sind die Grice'schen Konversationsmaxime (Levinson, 1994). Grice nennt vier Maxime, die uns dabei helfen, den Gehalt von Aussagen innerhalb von Konversation zu bestimmen. Er spricht von den Maximen der Qualität, der Quantität, der Relevanz und der Maxime der Art und Weise.

Die Qualitätsmaxime besagt im Wesentlichen:

„Versuche deinen Beitrag wahr zu gestalten“,

genauer:

(i) sage nichts, was du für falsch hälst,
(ii) sage nichts, wofür du keinen Beweis hast.

Als Beispiel lässt sich hier aufführen:

(1) Hamburg ist die Hauptstadt von Deutschland,
und
(2) Was geschieht, wenn Russland den Golf und alles Öl blockiert?
(3) Ach geh, Großbritannien beherrscht die Meere.

Sowohl in Beispiel (1) als auch in Beispiel (2/3) sind die Qualitätsmaxime verletzt.

Grice betont, dass die Verletzung der Maxime wichtig und auch verlangt ist, denn so könne beispielsweise Ironie entstehen, die ja ein Stilmittel ist, aber auch eine ganz andere Art von Implikatur. Der Sprecher weicht drastisch vom maximgerechten Verhalten ab, dennoch wirken die Äußerungen kooperativ, denn der Hörer kann immer noch Inferenzen vollziehen, nämlich die Ironie des Gesagten erkennen.

Kommen wir jetzt zur nächsten Maxime, die der Quantität. Sie besagt:

(i) gestalte deinen Beitrag so informativ wie für die gegenwärtige Zweckbestimmung des Gesprächs nötig, und

(ii) Gestalte deinen Beitrag nicht informativer als nötig.

Ein Beispiel dafür wäre:

(4) Welcher der beiden ist Tom, der Linke oder der Rechte?
(5) Tom ist der Linke, der gleich wieder sein nettes Lächeln aufsetzen wird und stolz auf seine Heimatstadt Bochum ist.

In diesem Beispiel wird eindeutig gegen die Maxime der Quantität verstoßen, denn die Antwort in (5) ist viel zu lang, um nicht zu sagen redundant. Es werden Informationen gegeben, nach denen gar nicht gefragt wurde.

Die dritte Maxime ist die der Relevanz, und sie besagt:

„Mache deinen Beitrag relevant".

Hierzu nun folgende Beispiele:

(6) Kannst du mir sagen wie spät es ist?
(7) Nun, der Milchmann ist gekommen.

Oder ein weiteres Beispiel:

(8) Wo ist Michael?
(9) Vor Susannes Haus steht ein gelber VW.

In Beispiel (6/7) war nach dem Milchmann gar nicht gefragt, sondern nur nach der Uhrzeit. Der Sprecher in (7) stellt jedoch eine Relation zwischen der Uhrzeit und dem Kommen des Milchmannes her, allerdings gibt es keine Garantie für die Pünktlichkeit des Milchmannes. Ähnliches gilt für die Beispielsatz (9) in dem der gelbe VW mit Michael assoziiert wird. Michael muss also ebenfalls einen gelben VW fahren, aber ob es derselbe ist, steht in den Sternen. Der Sprecher von (9) müsste, um ganz sicher zu gehen, auf das Nummernschild sehen oder an der Haustür klingeln, um genau zu überprüfen, ob Michael bei Susanne ist. Eventuell könnte eine Überprüfung des Nummernschildes nicht ausreichen, denn jemand anderes könnte sich ja Michaels VW ausgeliehen haben. Die Information, die Sprecher (9) gibt ist also ziemlich vage, um nicht zu sagen irrelevant. Es obliegt dem Sprecher von (8), dieser Information nachzugehen. Dennoch sind die gegebenen Antworten in (7) und (9) informativ, auch wenn sie nicht exakt sind. Doch so funktioniert Klatsch, bei dem oftmals gemutmaßt wird. Es handelt sich hier schließlich nicht um wissenschaftlich exakte Gespräche oder um Polizeiprotokolle. Für Sperber und Wilson ist die Maxime der Relevanz die wichtigste, da sie alle anderen beinhaltet (Sperber/ Wilson, 1995).

Die vierte Maxime ist die der Art und Weise. Sie besagt: „Sei klar“, und genauer

(i) vermeide Unklarheit,
(ii) vermeide Mehrdeutigkeit,
(iii) fasse dich kurz,
(iv) sei methodisch.

Die Maxime der Art und Weise ist verletzt, wenn ein Sprecher äußert:

(10) Gehen sie zur Tür, drücken sie den Griff im Uhrzeigersinn so weit hinunter, wie es geht, und ziehen sie die Tür dann sanft zu sich.

Korrekt wäre hingegen die Äußerung:

(11) Öffnen sie die Tür!

Der Sprecher in (10) drückt sich zu kompliziert aus, denn er beschreibt einen Vorgang, der zivilisierten Menschen bekannt sein muss.

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Kommunikative Prinzipien der Zeitungsoptimierung
Hochschule
Technische Universität Berlin  (Institut für Semiotik)
Veranstaltung
Pragmatik
Note
1,0
Autor
Jahr
2001
Seiten
15
Katalognummer
V86957
ISBN (eBook)
9783638007504
ISBN (Buch)
9783638913782
Dateigröße
9320 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit beinhaltet Kollagen mit Schlagzeilen aus nationalen und internationalen Zeitungen. Die Schlagzeilen werden in der Arbeit unter pragmatischen Gesichtspunkt (z.B. Grice`schen Maxime) diskutiert.
Schlagworte
Kommunikative, Prinzipien, Zeitungsoptimierung, Pragmatik
Arbeit zitieren
Dr. phil. Roland Scheller (Autor:in), 2001, Kommunikative Prinzipien der Zeitungsoptimierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86957

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