Die spekulative Preisblase auf dem US-Immobilienmarkt

Theorie, Empirie und finanzwirtschaftliche Hintergründe


Diplomarbeit, 2007

116 Seiten, Note: 1,30


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Einleitung

Kapitel 1 Wirtschaftswachstum und Immobilienmarktindikatoren
1.1 Hintergrundinformationen
1.2 Trend bestimmende Indikatoren des US-Immobilienmarkts
1.2.1 Der Nachfragepreis neuer Einfamilienhäuser
1.2.2 Der Nachfragepreis gebrauchter Einfamilienhäuser
1.2.3 Residential Fixed Investment & Housing Market Index
1.3 Zwischenfazit

Kapitel 2 Definition der Preisblase im Kontext der Kapitalmarkteffizienz
2.1 Begriff der Informationseffizienz nach Fama
2.2 Die Rationale Preisblase
2.2.1 Das rationale Kalkül des repräsentativen Agenten
2.2.2 Lebensdauer und Zeitpunkt der Preiskorrektur

Kapitel 3 Die Untersuchung der Existenz einer Preisblase anhand empirischer und behavioristischer Prüfverfahren
3.1 Zur Notwendigkeit einer Untersuchung
3.1.1 Vermögenseffekte: Transmissionsmechanismen auf dem Immobilienmarkt
3.2 Empirischer Ansatz
3.2.1 Der OFHEO House-Price-Index
3.2.1 Die House-Price/Income Kennzahl
3.2.2 Alternativer Ansatz: Die House Price/Rent Kennzahl
3.2.3 Empirische Befunde
3.3 Die irrationale Preisblase und der behavioristische Ansatz
3.3.1 Die irrationale Preisblase
3.3.2 Behavioral Finance: Eine Wissenschaft zwischen Ökonomie und Psychologie
3.4 Bemerkung

Kapitel 4 Die Hypothekenmarktentwicklung in den USA im Lichte der Hypothese finanzieller Instabilität von Hyman P. Minsky
4.1 Minskys Interpretation der keynesianischen Krisentheorie
4.2 Die Hypothese finanzieller Instabilität
4.3 Minskys Ponzi-Borger und der Subprime Markt für Hypotheken
4.3.1 Hintergründe der Entstehung des Subprime-Markts
4.3.2 Zwangsversteigerung – ein landesweites Problem
4.3.3 Kostenfaktor Zwangsversteigerung
4.4 Drei Ursachen endogener Instabilität
4.4.1 I) Riskante Darlehen
4.4.2 II) Lockere Kreditvergabestandards
4.4.3 III) Predatory Lending
4.4.4 Zwischenfazit
4.4.5 Kreditderivate & Risikodiversifikation auf dem sekundären Hypothekenmarkt
4.5 Die aktuelle Situation auf den weltweiten Finanzmärkten

Kapitel 5 Vermögenspreisblasen und Geldpolitik
5.1 Leaning Against The Wind
5.2 Krisenbewältigung im Sinne des Board of Governors of the Federal Reserve System
5.3 Aufarbeitung der aktuellen Situation

6 Resümee

7 Anhang

8 Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Weltweites Hauspreiswachstum 1997–2005

Abbildung 2: OFHEO House Price – Wachstum 1980–2007

Abbildung 3: House-Price/Income Kennzahl, House-Price/Rent Kennzahl (National 1983–2007; Abweichung vom Mittelwert der Zeitreihe)

Abbildung 4: House Price/Income Kennzahl (Kansas 1985-2006, Abweichung vom Mittelwert der Zeitreihe)

Abbildung 5: Per-Capita-Income Index, OFHEO-House-Price Index (Kansas 1985–2006)

Abbildung 6: House Price/Income Kennzahl (Kalifornien 1985-2006, Abweichung vom Mittelwert der Zeitreihe)

Abbildung 7: Per-Capita-Income Index, OFHEO-House-Price Index (Kalifornien 1985–2006)

Abbildung 8: House-Price/Rent Kennzahl (Kalifornien 1985-2006, Abweichung vom Mittelwert der Zeitreihe)

Abbildung 9: Owner`s-Equivalent-Rent Index, OFHEO House Price-Index (Kalifornien 1985–2006)

Abbildung 10: Fremdfinanzierung durch Subprime-Hypotheken (1994–2006)

Abbildung 11: Segmentierung des US-Hypothekenmarkts (2002, 2006)

Abbildung 12: Zweck der Hypothekenkreditaufnahme - Subprime & Total (2006)

Abbildung 13: Prognostizierte Zwangsversteigerungsraten bei Subprime -Hypotheken, die 2006 ausgereicht werden

Abbildung 14: ARMs–Anteil imSubprime-Segment (2006)

Abbildung 15: ARMs–Anteil im Prime-Segment (2006)

Abbildung 16: Anteil der Interest Only & Negative Amortization - Hypotheken in der Gesamtheit ausgereichter Hypotheken (2000–2006)

Abbildung 17: Anteil der Low-Doc & No-Doc - Hypotheken in einzelnen Hypotheken Segmenten (2001, 2006)

Abbildung 18: Finanzwirtschaftliche Verflechtung des primären mit dem sekundären Hypothekenmarkt

Abbildung 19: OFHEO House Price Index & Inflation (quartalsweise Wachstum), USA 2000-2007

Abbildung 20: Konjunkturbestimmende Zinsen (monatlich ausgewiesene Werte), USA 2000-2007

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1 Zeitliche Veränderung Trend bestimmender Immobilienmarktindikatoren

Tabelle 2: Kapitalmarkteffizienz

Tabelle 3: Regionale Volatilität des OFHEO House-Price-Index

Tabelle 4: Regionale Volatilität der House-Price/Income Kennzahl

Tabelle 5: Umfrage I ) Motivation der Immobilienmarkt-Akteure

Tabelle 6: Umfrage II ) Entscheidungsfindung der Immobilienmarkt-Akteure,

Tabelle 7: Umfrage III ) Verlustaversion und selektive Wahrnehmung bei Immobilienmarkt-Akteuren

Tabelle 8: Umfrage IV ) Mund zu Mund Propaganda

Tabelle 9: Zwangsvollstreckung bei Minderheiten

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einleitung

Dienstag, der 13. März 2007. Der Leitindex des amerikanischen Aktienmarkts Dow Jones Industrial verliert knapp zwei Prozent an Wert und fällt erstmals seit November 2006 unter die Marke von 12.000 Zählern. Die Technologiewerte des Nasdaq Composite folgen mit ein wenig mehr als zwei Prozent. In Tokio schließt der Nikkei–Index mit Verlusten in Höhe von drei Prozent. Die Börsen in Südkorea, Honkong, China und Malaysia tun es Tokio gleich. Mittwoch, 14. März. Der Dax in Frankfurt geht gleich zu Handelsbeginn auf Talfahrt, kämpft den ganzen Tag mit der 6.500-Zähler-Marke, büßt 2,66 Prozent ein und fällt so auf 6.447,70 Punkte. MDax (2,96 Prozent) und TecDax (3,29 Prozent) weisen ähnlich hohe Verluste auf. Die Aktienindizes der französichen (CAC) und der englischen (FTSE) Volkswirtschaft rutschen je um 1,5 Prozent (Onvista. com [2007]).

Das weltweite Einknicken von Aktienkursen schürt die Befürchtungen, es handele sich hierbei um den Beginn eines Dominoeffekts, welcher die internationalen Finanzmärkte in eine Krise stürzen könnte. Tatsächlich sind diese Turbulenzen Ausdruck der zunehmenden Nervosität vieler Anleger, die in der Zeit zwischen 2000/2001 – den Jahren der leichten Rezession – und 2006 erheblich am Wachstum der amerikanischen Wirtschaft partizipieren.

Problematisch ist vor allem der Ursprung des fortschreitenden Booms in den USA. Expansive Geld- und Fiskalpolitik verhilft der amerikanischen Wirtschaft nach dem Zusammenbruch des Markts für Technologiewerte im Jahre 2001 zu neuem Elan. Billiges Notenbankgeld induziert einen Kreditzyklus, der sich insbesondere dadurch auszeichnet, dass vermehrt riskantere Verbindlichkeitsstrukturen gebildet werden. So auch auf dem Immobilienmarkt: Niedrige Hypothekenzinsen entfachen eine euphorische Nachfrage nach Eigenheimen, was wiederum dazu führt, dass die Immobilienpreise innerhalb kürzester Zeit geradezu explodieren. Die Hausse nährt die Hausse. Die Kombination aus nun höherwertigeren Eigenheimen und immer noch niedrigem Zinsniveau resultiert in zunehmend riskanten Hypothekenkrediten. Letztere ermöglichen der amerikanischen Bevölkerung die Refinanzierung alter Hypotheken zur Umschuldung und tragen überdies dazu bei, dass der Eigenheimbesitzer über zusätzliche Mittel verfügt, welche er vornehmlich nutzt, um die gesamtwirtschaftliche Konsumnachfrage anzukurbeln. Dass die private Sparquote gleichzeitig allerdings sinkt, teilweise gar negativ wird, ist Ausdruck der überhand nehmenden Verschuldung privater Haushalte.

Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung sieht sich die US-Notenbank FED vor die Herausforderung gestellt, die stets neu anziehende Inflation in den Griff zu bekommen. Für den Fall, dass der Hypothekenzins für variabel verzinsliche Hypothekendarlehen in stärkerem Maße der Anhebung des Leitzinses folgt, besteht jedoch die Gefahr, dass viele Kreditinstitute auf ihren Forderungen sitzen bleiben. Insbesondere solche, deren Klientel zu großen Teilen aus Schuldnern mit geringer Bonität besteht. New Century Financial ist einer dieser Hypothekenanbieter, der, wie viele andere auch, von Großbanken refinanziert wird. In Anbetracht der Tatsache, dass New Century Financial bereits Tage vor dem weltweiten Kursrutsch der Indizes Meldungen bestätigt, welche darauf hinweisen, dass die Hypothekenbank mit Forderungsausfällen in Milliardenhöhe rechnet, ist es nicht verwunderlich, dass der Einbruch insbesondere die Werte der Deutschen Bank (5,1 Prozent), aber auch jene von HBOS (5,8 Prozent) und Credit Suisse (4,4 Prozent) betrifft (Onvista.com[2007]).

Die volkswirtschaftlichen Zusammenhänge erschließen sich den Wenigsten. Selbst Analysten und Strategen großer Bankhäuser haben Probleme, die Auswirkungen stärkerer Zinserhöhungen durch die FED vorauszusagen. Insbesondere die Verknüpfung des Wachstums der US-Wirtschaft mit dem boomenden Immobilienmarkt ist hierbei von Bedeutung und soll nachfolgend näher beschrieben werden. Die Öffentlichkeit diskutiert diese Zusammenhänge nicht, indem empirisch untersuchte Zeitreihen oder andere wissenschaftlich fundierte Daten als Grundlage herangezogen werden. Der kleine Anleger folgt gewöhnlich der Herde und antizipiert Verluste. Schließlich ist es aber eben dieses Herdenverhalten der oft ängstlichen Investoren, welches die Indizes weltweit einknicken lässt und so die Weltwirtschaft beträchtlich beeinträchtigt. Deren Einschätzung beruht zumeist auf den medienwirksam veröffentlichten Situationsanalysen der Mitarbeiter diverser Rating - Agenturen, Investmentbanken und Versicherungen. Selbige beziehen sich hierbei oftmals auf die in der Wissenschaft beheimateten Ratgeber. Dass die Wissenschaft indes eine uneinheitliche Auffassung vertritt, trägt nicht zu allgemeiner Ernüchterung bei, ob der Folgen, Ursachen und Relevanz zunehmender Hauspreise, steigender Zinsen, ineffizienter Kapitalallokation und globaler Ungleichgewichte.

Letztlich befürchten die Anleger, dass jene Kreditnehmer, welche das Wachstum der US-Wirtschaft in erheblichem Ausmaße stützen, in einem Umfeld steigender Hypothekenzinsen nicht mehr über die notwendigen Mittel für den Zins- und Tilgungsdienst verfügen. Zwangsversteigerungen und sinkende Hauspreise wären die Folge. Dass hierbei unter Umständen eine Hypothekenbank wie New Century Financial den Ruin erleidet und die Deutsche Bank Aktie 5,1 % einbüßt, sei nur am Rande bemerkt. Viel mehr Gewicht wird der Auswirkung auf die gesamte US-Wirtschaft, insbesondere das Baugewerbe und die konsumträchtigen Branchen beigemessen. So gibt es nicht wenige, die dem Immobilienboom der letzten Jahre derart skeptisch gegenüber stehen, dass sie eine Rezession für die USA und die Weltwirtschaft nicht ausschließen. Paul Krugman - Professor für Ökonomie und internationale Beziehungen in Princeton sowie Kolumnist des Wirtschaftsteils der New York Times - verweist diesbezüglich auf einen Hausboom im Südkalifornien der späten 1980er Jahre:

After that bubble popped, Los Angeles house prices began a slow, grinding deflation, eventually falling 20 percent (34 percent after adjusting for inflation). Prices didn’t begin a sustained recovery until 1996, more than six years after the downturn began. Now imagine the same thing happening across a large part of the United States. It’s an ugly picture, and not just for people and companies in the construction business. Many homeowners — especially those who bought their houses with interest-only loans or with minimal down payments — will find themselves in financial distress. And the economy as a whole will take a hit.” (Krugman [2006]).

Vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklung wichtiger Indikatoren zur Beurteilung des Immobilienmarkts, insbesondere des seit kurzem regional zu beobachtenden Einbrechens von Hauspreisen gibt Nouriel Roubini - Professor für Ökonomie an der New York University - folgenden Rat:

Expect the great recession of 2007 to be much nastier, deeper and more protracted than the 2001 recession “ (Roubini [2006]).

Derartige Einschätzungen werden in den USA nicht vorbehaltlos geteilt. Vertreter der Bush -Administration, der Federal Reserve und der Immobilienlobby sehen in der Immobilienmarktentwicklung keinen Grund zur Besorgnis.

Während die Vereinigungen amerikanischer Hypothekenbanken und Makler um Profite fürchten und daher gegenüber Kreditnehmern und inländischen wie ausländischen Kapitalgebern stets zuversichtlich wirken, ist die republikanische Regierung darauf bedacht, ihre Small-Government Politik zu verteidigen. Selbige ist einer der Motoren für Konsum- und Hauspreiswachstum in den letzten Jahren. Diese Triebkraft des Aufschwungs in ein schlechtes Licht zu rücken kann nicht im Interesse der Regierung sein. Alternativ denkbar ist die Akzeptanz eines drohenden Crashs auf dem Markt für Eigenheime. Logische Konsequenzen solcher Überlegungen müssten restriktivere Impulse beinhalten, um ein weiteres Aufblähen des Hauspreisniveaus zu unterbinden und die Folgen, die bislang abzusehen sind, nicht noch zu intensivieren. Tatsächlich ist hiervon allerdings nicht auszugehen. Die aktuelle Steuerpolitik orientiert sich an den Reagenomics der 1980er Jahre. Hiernach wird in der Regel keine restriktive Fiskalpolitik umgesetzt, da dies letztlich das nachhaltige Wachstum der Wirtschaft drosseln könnte. Ausdruck dieser Politik ist das Pro-Growth Tax System. Dieses sieht Steuererleichterungen vor, die erst im Jahre 2010 auslaufen und Kürzungen bei Einkommen-, Kapitalertrag-, und Unternehmensteuer umfassen[1]. Die expansiven Impulse dieser Fiskalpolitik verhelfen dem amerikanischen Fiskus seit 2003 zu Mehreinnahmen in Höhe von 35 Prozent (CEA [2007] Kap. 3, S. 3). Zwischen 2005 und 2007 wird so das Haushaltsdefizit um rund 165 Mrd. US-$ reduziert (Whitehouse.gov [2007]).

Ben Bernanke - Vorsitzender des Board of Governors of the Federal Reserve System - teilt die Einschätzung von Krugman und Roubini in keinster Weise. Vielmehr äußert er sich bei offiziellen Stellungnahmen folgendermaßen:

Despite the ongoing adjustments in the housing sector, overall economic prospects for households remain good. Household finances appear generally solid, and delinquency rates on most types of consumer loans and residential mortgages remain low”(Bernanke [2007]).

Gestützt wird diese Lageeinschätzung von Forschungsberichten der Notenbank, welche die Ursachen der Hausse auf dem Immobilienmarkt untersuchen. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass demnach der Hauspreisanstieg in den USA überwiegend auf fundamentale Faktoren zurückzuführen ist und daher nicht davon auszugehen ist, dass es zu den, bei nicht-fundamental gerechtfertigten Haussen üblichen plötzlichen Korrekturbewegungen kommen wird. Pro-Kopf-Einkommen, Zinsen und Vergaberichtlinien bei Hausbauanträgen stehen hier im Mittelpunkt der Betrachtung (Sinai et al. [2005] S. 17), (Glaeser et al. [2005] S. 14 ff.).

Die Strategie der FED bereitet den Weg für ein nachhaltiges Wachstum der US-Wirtschaft. So ist die offizielle Zielsetzung zu verstehen (FED [2007]). In erster Linie Zinspolitik zu betreiben schließt jedoch nicht aus, darüber hinaus auf dem Feld der Öffentlichkeitsarbeit tätig zu werden. Die Aktie USA steht hoch im Kurs; diesen gilt es zu verteidigen. Ausdruck dieser Strategiekomponente ist sicherlich auch die Art und Weise, wie die FED öffentlich mit anderen, und zum Teil auch eng zur Immobilienproblematik verbundenen Problemen umgeht: Der Nettokapitalzufluss (Net Financial Inflow) in die USA – Vermögenszukäufe von ausländischen Käufern in den USA abzüglich der Vermögenszukäufe von Amerikanern im Rest der Welt – beträgt im Jahre 2006 719,15 Mrd. $. Das durch ausländische Investoren in den USA gehaltene Nettovermögen beträgt inzwischen 2539,63 Mrd. $. Die amerikanische Volkswirtschaft ist übermäßig im Ausland verschuldet und wird in Zukunft immer größer werdende Anteile des erwirtschafteten Bruttoinlandprodukts als Zins und Tilgung an ausländische Geldgeber abführen. Die Problematik des stetig anwachsenden Leistungsbilanzdefizits (856,7 Mrd. $ in 2006; entspricht 6,57 % des BIPs in 2006) wird von Bernanke mit dem Verweis auf die hervorragenden Rahmenbedingungen für Investitionen aus aller Welt kommentiert (BEA, US International Transactions S. 1, Yearend Investment Position [2006]). Demnach suchten sich die Investoren weltweit die profitabelsten Investitionsmöglichkeiten und würden hierbei in den USA fündig (Bernanke, [2005]).

Diese Arbeit untersucht Theorie, Empirie und finanzwirtschaftliche Hintergründe der spekulativen Preisblase auf dem US-Immobilienmarkt. Zunächst erfolgt die Definition des Phänomens der spekulativen Preisblase im Kontext der Kapitalmarkteffizenz. Es wird sich zeigen, dass die Existenz spekulativer Preisblasen mit den Aussagen der Effizienztheorie vereinbar ist. Im Anschluss an die theoretische Fundierung wird in Kapitel 3 geprüft, ob der amerikanische Immobilienmarkt durch die Existenz einer Preisblase charakterisiert wird. Mit Hilfe der Kalkulation immobilienmarktspezifischer Kennzahlen wird dargelegt, dass die nationale Hauspreisentwicklung nicht gänzlich vom Wachstum fundamentaler Faktoren wie Pro-Kopf-Einkommen und Mieteinnahmen gestützt wird. Überdies wird diese Analyse für jeden Staat einzeln durchgeführt. Hierbei wird deutlich, welches Ausmaß die Überbewertung in einzelnen Staaten annimmt. Dass die Immobilienmarkt-Akteure dieser Staaten ihre Investitionsentscheidungen keineswegs auf informationsbasierte Fundamentaldaten gründen, zeigt sich bei der behavioristischen Analyse der Motivation dieser Akteure. Unter zu Hilfenahme der Ergebnisse einer Umfrage unter Hauskäufern wird geprüft, inwiefern ihr Verhalten durch die Behavioral Finance erklärt werden kann.

Die aktuelle Situation auf den internationalen Finanzmärkten macht es notwendig, die Hintergründe der Hypothekenkrise näher zu untersuchen. Kapitel 4 problematisiert den jüngsten Kreditzyklus in den USA. Die zunehmende endogene Instabilität dieses Aufschwungs lässt sich durch die größer werdende Akzeptanz von Fremdfinanzierungsrisiken erklären. Vor diesem Hintergrund wird erst die Entwicklung des Markts für Subprime -Hypotheken nachgezeichnet. Anschließend erfolgt eine detaillierte Charakterisierung unterschiedlicher Ausprägungen bei Subprime -Hypotheken. Darüber hinaus werden die Kreditvergabepraktiken thematisiert, um überdies festzustellen, dass die Ursache der endogenen Instabilität insbesondere in der Herausbildung eines sekundären Hypothekenmarkts und den hier wirkenden Risikodiversifikationsmechanismen zu vermuten ist.

Kapitel 5 beantwortet die Frage nach der geldpolitischen Reaktion auf das Wachstum von Vermögenspreisblasen im Allgemeinen. Während einige Notenbanken der sogenannten Leaning Against The Wind- Strategie folgen, beruft sich die FED auf eine gänzlich andere Politik.

In Anbetracht der Aktualität dieser Thematik werden die gegenwärtigen Turbulenzen auf den Finanzmärkten im Kontext der jeweiligen Kapitel näher erörtert. Dies erfolgt in Kapitel 4. 5 und in Kapitel 5. 3.

Derzeitig wird ausgiebig über die aktuelle Immobilienmarktsituation in den USA debattiert. Häufig wird hierbei von immobilienmarktspezifischen Indikatoren, wie der Anzahl verkaufter Häuser oder dem Housing Market Index gesprochen. Welchen Stellenwert diese Indikatoren bei der Situationsanalyse tatsächlich einnehmen, wird in Kapitel 1 näher untersucht.

Kapitel 1 Wirtschaftswachstum und Immobilienmarktindikatoren

1.1 Hintergrundinformationen

Stark wachsende Immobilienpreise werden nicht ausschließlich in den USA registriert. Vielmehr handelt es sich hierbei um ein globales Phänomen. Das Economist Magazine berichtet bereits im Jahre 2005 von einer globalen Hauspreisblase. Hierbei wird dokumentiert, dass der Gesamtwert der Immobilien in ausgesuchten Industrienationen zwischen 2000 und 2005 um mehr als 100 % des zusammengefassten BIPs dieser Länder ansteigt (The Economist [2005]). Abbildung 1 verdeutlicht das Ausmaß des prozentualen Wachstums durchschnittlicher Preise für neue Einfamilienhäuser weltweit zwischen 1997 und 2005.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Weltweites Hauspreiswachstum 1997–2005

Quelle : Eigene Bearbeitung, Daten: (The Economist [2005])

Es zeigt sich, dass lediglich Japan, Hong Kong und Deutschland eine Ausnahme bilden. Die USA verzeichnen stark ansteigende Werte, setzen sich jedoch nicht uneinholbar von den Wachstumsraten der anderen Länder ab. Tatsächlich wird dem möglichen Einbruch amerikanischer Hauspreise jedoch ein hoher Stellenwert beigemessen. Gründe hierfür lassen sich in der finanzwirtschaftlichen Verflechtung weltweiter Finanzmärkte vermuten. Die Hintergründe werden in Kapitel 4 intensiv untersucht. Zunächst erscheint es jedoch sinnvoll, die Entwicklung der wichtigsten Immobilienmarktindikatoren in den USA nachzuvollziehen. Die hierbei erworbenen Hintergrundinformationen erlauben es, darüber zu urteilen, ob der amerikanische Immobilienboom aktuell eine Trendwende vollzieht.

1.2 Trend bestimmende Indikatoren des US-Immobilienmarkts

Dass die Hausse auf dem amerikanischen Immobilienmarkt, und so auch das Wachstum der US-Wirtschaft größtenteils auf die lockere Geldpolitik und das hiermit verbundene billige Geld und die Investitionen in Hauseigentum zurückzuführen ist, wird weiter oben erwähnt. Die jüngste Entwicklung einzelner Immobilienmarktindikatoren schürt jedoch Befürchtungen über eine mögliche Abkühlung der Immobilienmarktsituation. Tabelle 1 verdeutlicht den rasanten Anstieg der wichtigsten Indikatorenwerte. Im Jahre 2005 scheint die Zeit der teils exorbitant hohen jährlichen Wachstumsraten vorbei zu sein. Während die Mehrheit der Indikatorenwerte im Jahre 2006 bereits zu sinken beginnt, folgen die Preise neuer und gebrauchter Einfamilienhäuser diesem Trend erst im Jahre 2007. Fortfolgend wird die Entwicklung dieser und anderer Indikatoren nachgezeichnet, um überdies herauszustellen, dass die aktuelle Situation als Trendwende einzustufen ist, wie sie so in der Geschichte des Immobilienmarkts nie zuvor dokumentiert wird.

1.2.1 Der Nachfragepreis neuer Einfamilienhäuser

Das niedrige Zinsniveau der letzten Jahre - Rezession, Managementskandale (Enron, Worldcom) und der 11. September veranlassen Greenspan im Dezember 2003 den Zinssatz für Repogeschäte der Notenbank bis auf 0,98 % zu senken - ermöglicht amerikanischen Haushalten die Realisierung von zusätzlichen Einkommen, über welche sie ihre Konsumausgaben zwischen 2000 und 2006 um 34,40 % erhöhen (BEA, FED [2007])[2]. Dieser Anstieg privater Konsumausgaben ist

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1 Zeitliche Veränderung Trend bestimmender Immobilienmarktindikatoren

Quelle: Eigene Bearbeitung, Daten: (Eigene Berechnung, HUD User, US-Census, NAR [2007])

demnach keineswegs auf stetig ansteigende Löhne zurückzuführen. Selbige wachsen gleichzeitig real lediglich um 2,14 % (Eigene Berechnungen, BLS [2007])[3]. Vielmehr geht diese Entwicklung mit einer außerordentlichen Verschuldung privater Haushalte einher, die insbesondere darin begründet liegt, dass gebrauchte Eigenheime stets neu beliehen und neue Einfamilienhäuser in vielen Fällen aus einem Kapitalanlagemotiv heraus über einen Hypothekenkredit finanziert werden. Während also die ausstehende Schuld privater Haushalte zwischen 2000 und 2006 um 82, 89 % auf 98, 86 % des BIPs in 2006 anwächst, verzeichnet der Kaufpreis dieser Kapitalanlage eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate in Höhe von 7,00 % (vgl. Tabelle 1), (BEA, FED, Flow of Fund Accounts, S. 8, Hud User [2007]). Selbst Ende 2000 wird eine Teuerung in Höhe von 6.200 $ dokumentiert. Im folgenden Jahr sind es gar 12.400 $. Die Talfahrt des Nasdaq und des S&P 500 im Jahre 2000 impliziert Folgen für alle Sektoren der amerikanischen Volkswirtschaft[4]. Der Markt für neue Einfamilienhäuser bleibt außen vor. Seit dem Frühjahr 2007 beginnt der Kaufpreis allerdings erstmals seit 1931 zu sinken (Roubini [2007]).

1.2.2 Der Nachfragepreis gebrauchter Einfamilienhäuser

Während des Immobilien-Booms investieren die Immobilienmarkt-Akteure vermehrt in das von ihnen bereits bewohnte Objekt. So steigen die Ausgaben für Reparatur, Instandhaltung und Umbau gebrauchter Eigenheime zwischen 2000 und 2006 um 48,03 %[5]. Bemerkenswert ist der Umstand, dass der Anteil dieser Ausgaben, welcher in substanzerweiternde und damit werterhöhende Umbauten investiert wird im Jahre 2000 72, 39 % und im Jahre 2006 gar 76, 61 % beträgt. Vor diesem Hintergrund steigt der Kaufpreis gebrauchter Eigenheime bis 2006 auf 221.900 $, um schließlich 2007 erstmals seit Datenerfassungsbeginn im Jahre 1969 zu sinken (Eigene Berechnungen, Hud User [2007]).

1.2.3 Residential Fixed Investment & Housing Market Index

Das Wachstum des US-BIP wird stets auch von immobilienmarktspezifischen Investitionen getragen (Residential Fixed Investment)[6]. Letztere sind seit 1960 durchschnittlich mit 4,6 % am BIP beteiligt. Selbst in den Jahren 2000/2001 wird lediglich eine Stagnation der Beitragswerte ausgewiesen. Während das BIP allerdings 2006 real mit 3,3 % wächst, sinken die auf dem Immobilienmarkt getätigten Investitionen um 2,3 %. Gleichzeitig schrumpft hiermit die Bedeutung des Immobilienmarkts als Zugpferd der US-Wirtschaft (Eigene Berechnungen, BEA [2007].

Hypothekenkreditanbieter nutzen die Euphorie der letzten Jahre, um insbesondere solchen Kreditnehmern billiges Geld zu leihen, deren Bonitätsprüfung in früheren Zeiten nicht zur Bewilligung eines Kredits geführt hätte. Die hiermit einhergehende Ausweitung des Anteils der variabel verzinslichen Hypotheken birgt die Gefahr künftig sinkender Konsumausgaben und eines trägeren gesamtwirtschaftlichen Wachstums. Das künftig erwartete, aus Zwangsversteigerungen resultierende Überangebot an Wohneigentum dämpft aktuelle Preise und Werte gleichermaßen. Ausdruck dieser Markteinschätzung ist das Zusammenspiel der wichtigsten Indikatoren der National Association of Home Builders. Current Activity, Future Expectations und Prospective Buyer Traffic dienen der Allgemeinheit als Grundlage ihrer Einschätzung der aktuellen Geschehnisse, und bilden gemeinsam den Housing Market Index.

Der Housing Market Index (HMI) basiert auf der monatlichen Umfrage bei Mitgliedern der National Association of Home Builders[7]. Die realistische Wiedergabe der aktuellen Situation auf dem Markt für Einfamilienhäuser steht im Mittelpunkt. So werden die Teilnehmer der Umfrage aufgefordert ihrer Auffassung gemäß darüber zu urteilen, ob die aktuellen Verkaufszahlen für Einfamilienhäuser als Good, Fair oder Poor einzustufen sind (Current Activity). Mit Hilfe derselben Attribute werden auch die künftig erwarteten Verkaufszahlen beurteilt (Future Expectations). Darüber hinaus wird der aktuelle Kundenverkehr von Kaufinteressenten quantifiziert (Prospective Buyer Traffic). Umfrageteilnehmer antworten hierbei mit H igh to Very High, Average und Low to Very Low. Der HMI ist der gewichtete Durchschnitt der Indizes, welche durch die drei Umfrageergebnisse entstehen[8]. Er variiert zwischen 0 und 100, wobei ein Wert oberhalb von 50 als Anzeichen dafür angesehen wird, dass die Mehrheit der Befragten die Rahmenbedingungen für den Verkauf von Einfamilienhäusern als positiv erachtet.

In der Zeit seit 1993 nimmt dieser Index stets Werte oberhalb von 50 an. Die jüngste Wertentwicklung ist jedoch alarmierend. Während der HMI im Jahre 2006 den Wert 42 annimmt rutscht er 2007 gar bis auf 33. Insofern lässt sich bezüglich der hier zum Teil auf nachprüfbaren Daten, zum Teil aber auch auf Erwartungen fußenden Markteinschätzung, sicherlich von einer Trendwende auf dem Markt für Einfamilienhäuser sprechen.

1.3 Zwischenfazit

Immobilien sind ein wichtiger Bestandteil der Kapitalanlageportfolios, welche von privaten Haushalten gehalten werden. Die von der FED veröffentlichten Flow of Funds Accounts weisen für das vierte Quartal 2006 einen Immobilienbestand des privaten Sektors in Höhe von 22.642,2 Mrd. $ aus. 32,9 % des gesamten privaten Vermögens ist in Wohneigentum gebunden. Das entspricht 170,8 % des BIP in 2006. Ein Vergleich ist angebracht. Zum Höhepunkt der Aktienhausse im Jahre 2000 halten private Anleger 12.778,5 Mrd. $ an Unternehmens- und Investmentfondanteilen. Zu dieser Zeit entspricht das 26,1 % des gesamten Privatvermögens. Der im Jahre 2006 festzustellende Anteil der Immobilienwerte am Privatvermögen liegt somit 6,8 Prozentpunkte über diesem Wert (eigene Berechnungen, BEA, FED - Historical Data [2007] S. 99). Dieser Umstand schürt allgemeine Befürchtungen. Wissenschaft und Presse spekulieren bereits während der Anfänge des jüngsten Hauspreis-Booms über die Existenz einer Vermögenspreisblase auf dem amerikanischen Immobilienmarkt. Genährt werden diese Befürchtungen durch das enorme Wachstum der Hauspreise. Dass selbige allerdings im Jahre 2005 beginnen, langsamer zu wachsen, bis 2006 erheblich abkühlen und 2007 schließlich sinken, vermittelt einerseits den Eindruck, es handele sich hierbei um eine Trendwende, wofür - wie oben bereits dargelegt wird – sehr viel spricht. Überdies wird lebhaft darüber gemutmaßt, ob die jüngste Entwicklung auch als Vorzeichen eines Blasen- oder Bubble -Crashs interpretiert werden kann.

Tatsächlich wird das Wort Bubble aktuell recht inflationär benutzt. Man möchte fast meinen, die Verwendung des Begriffs Bubble selbst hat Blasencharakter. Zumeist wird diese Bezeichnung verwendet, ohne hierbei eine klare Definition anzufügen. Sicherlich ist dies auch Ausdruck des Misstrauens gegenüber Finanzmärkten, welches sich seit dem Platzen der New Economy -Blase im Jahre 2000 zunehmend ausbreitet.

Die Kapitalmarktblase ist ein Phänomen, das untrennbar mit der Geschichte des Kapitalismus verbunden ist. Dass bei allen dokumentierten Preisblasen- Crashs stets zwischen 75 % und 99 % der vorhergehenden Preiszuwächse in kürzester Zeit vernichtet werden, zwingt auch die traditionelle Kapitalmarkttheorie, sich näher mit diesem Phänomen auseinanderzusetzen (Lazard [2005]) S. 1]. Die Fachliteratur behandelt indes hauptsächlich Preisblasen, deren Modellierung implizit von rational handelnden Akteuren ausgeht. Die Reduktion der Wirklichkeit auf ein neoklassisches Modell dient hierbei der Vereinfachung zur Darlegung von Mechanismen, welche in Preisblasen allgemein wirken.

Kapitel 2 Definition der Preisblase im Kontext der Kapitalmarkteffizienz

2.1 Begriff der Informationseffizienz nach Fama

Investoren sehen sich oft vor die Herausforderung gestellt, möglichst schnell und effizient zu handeln. Die hierbei auftretenden Entscheidungsprozesse fußen auf den von der Wissenschaft angebotenen Lösungsansätzen wichtiger Finanzierungsprobleme. Eine im Rahmen der Finanzierungstheorie entwickelte Forschungsdisziplin ist die Kapitalmarkttheorie. Der hierbei herausgestellte Zusammenhang betrifft insbesondere Rendite und Risiko von Finanzierungstiteln.

Die Kapitalmarkttheorie beruht auf der Grundannahme der Kapitalmarkteffizienz. Die Gültigkeit der Annahme effizienter Kapitalmärkte bildet den Kern der 1952 von Markowitz entwickelten Portfoliotheorie (Markowitz [1952] S. 77 ff.)[9]. Ähnliches gilt für das Capital Asset Pricing Model von Sharpe, welches sich weitestgehend auf die Erkenntnisse von Markowitz stützt (Sharpe [1964]). Insbesondere die auf den Arbeiten von Modigliani und Miller beruhende These zur Irrelevanz der Unternehmensfinanzierung ist nur schlüssig unter der Bedingung, dass Kapitalmärkte effizient funktionieren (Miller et al. [2007] S. 261 ff.).

Der Begriff Kapitalmarkteffizienz lässt sich untergliedern in Technische-Effizienz, Institutionen-Effizienz und Informationsverarbeitungs-Effizienz. Die Definition der einzelnen Effizienzformen erfordert wiederum eine Unterteilung und basiert auf der durch Loistl festgestellten und in Tabelle 2 dargestellten Form (Loistl [1990] S. 63 ff.).

Ein Zustand technischer Effizienz impliziert die Gültigkeit der Portfoliotheorie von Markowitz. Demnach ist der Aktienmarkt bspw. technisch effizient, wenn eine Vermögensumschichtung nicht zu einer Erhöhung der Rendite und/oder einer Minderung des Risikos führt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Kapitalmarkteffizienz

Quelle: Eigene Bearbeitung, Daten: (Loistl [1990])

Institutionen-Effizienz umfasst die Rahmenbedingungen, unter welchen es zu schnelleren und somit effizienteren Kapitalmarkttransaktionen kommen kann. Dies ist auf Kapitalmärkten insbesondere dann zu erwarten, wenn die Aufträge für Kauf und Verkauf bspw. über computergestützte Systeme abgewickelt werden.

Die bedeutendste Definition der Kapitalmarkteffizienz wird durch die Informationsverarbeitungs-Effizienz dargestellt (Steiner et al. [1994] S. 34 ff.). Gemäß Fama ist ein Markt effizient, wenn die Preise, die auf selbigem gehandelt werden, jederzeit vollständig alle verfügbaren Informationen wiederspiegeln. Hierbei unterscheidet er insbesondere:

a) Die schwache Informationseffizienz:

Informationen über vergangene Preisentwicklungen sind vollständig im aktuell gehandelten Preis enthalten, woraus zu schließen ist, dass mit Hilfe der technischen Analyse - das heißt, mit der Auswertung von Zeitreihen über Preisentwicklungen (Chartanalysen) – keine weitere Rendite erzielt werden kann[10].

b) Die halb-strenge Informationseffizienz:

Informationen, die öffentlich zugänglich sind werden vollständig durch den aktuell gehandelten Preis abgebildet, woraus zu schließen ist, dass mit Hilfe der fundamentalen Analyse – das heißt, mit der Bestimmung des sogenannten inneren Wertes eines Vermögensgegenstandes und dem hieraus abgeleiteten Schluss, der Vermögensgegenstand könne über- oder unterbewertet sein – keine weitere Rendite erzielt werden kann[11].

c) Die strenge Informationseffizienz:

Alle Informationen, auch die nicht der Öffentlichkeit zugänglichen Insiderinformationen sind vollständig im aktuell gehandelten Preis enthalten (Fama [1970] S. 383 ff.)[12].

Neben den hier angeführten Effizienzdefinitionen nennt Fama folgende Bedingungen für das Vorliegen von Markteffizienz: Einerseits muss der Handel von Kapitalanlagen ohne Transaktionskosten stattfinden. Überdies müssen den Akteuren alle Informationen kostenlos zur Verfügung stehen. Hinsichtlich der Wirkungen neuer Informationen auf den Preis der Kapitalanlage werden darüber hinaus homogene Erwartungen gebildet (Fama [1970] S. 387 ff.)[13].

Tatsächlich muss der These vom effizienten Kapitalmarkt eine gewisse Plausibilität zugesprochen werden. Offensichtlich ist es nicht sehr einfach Arbitragemöglichkeiten aufzufinden, um anschließend schnell sehr reich zu werden. Dieser Aspekt ist darauf zurückzuführen, dass jegliche Information bereits im Preis enthalten ist, zusätzliche Informationsvorsprünge scheinbar nicht monetarisierbar sind. Vermögenspreise, die über- oder unterbewertet sind werden spätestens von solchen Akteuren zu ihrem fundamentalen inneren Wert zurückgeführt, die Wissen und Wagniskapital dazu nutzen, um nach verborgenen Arbitragemöglichkeiten zu fahnden. Die hierbei eingestrichenen Reichtümer werden der Aufdeckung weiterer Wissensvorsprünge gewidmet. Gleichzeitig wird der Einfluss dieser intelligenten Investoren größer, womit das Ausmaß fehlbewerteter Vermögenspreise geringer wird.

Die Bepreisung von Vermögenswerten beruht auf den Implikationen der Kapitalmarkttheorie. Ob nun der Kapitalmarkteffizienz tatsächlich eine realitätsabbildende Relevanz zukommt, bestimmt, inwieweit der Markt durch die sogenannte unsichtbare Hand zu einer effizienten Kapitalallokation beiträgt. Die angeführte Argumentation führt zu interessanten Schlussfolgerungen. Effiziente Kapitalmärkte lassen es sinnlos erscheinen, Informationen kostspielig zu beschaffen und auszuwerten. Darüber hinaus erübrigt sich die Suche nach Arbitragemöglichkeiten, da diese nicht existent sind.

Insbesondere seit Anbeginn der 1980er Jahre werden die Zweifel an der Gültigkeit von Kapitalmarkttheorie und Informationseffizienz immer lauter. Die seither stets zu beobachtenden Kapitalmarktanomalien dienen Skeptikern als Grundlage ihrer Kritik. Diese im Widerspruch zur Effizienzthese stehenden Preisentwicklungen nehmen in der Regel zwei Ausprägungen an.

Zu nennen ist hier die Renditesaisonalität: Dieses vorwiegend auf Aktienmärkten vorzufindende Phänomen wird seit jeher ausführlich in der Wissenschaft untersucht. Die ausgewerteten Daten weisen überdurchschnittlich hoch anfallende und vorwiegend zyklisch auftretende Renditen aus. Dokumentiert ist der Monats-, Feiertags-, Montags- und der Januar-Effekt[14]. Letztere, auch als Turn-of-the-Year-Effekt bekannt gewordene Anomalie zeichnet sich dadurch aus, dass Renditen einzelner Aktien speziell im Januar kurzfristig höher ausschlagen. Der Mittelwert der Renditeverteilung ist zum Jahreswechsel bei kleineren Unternehmen größer als bei Unternehmen mit einer großen Marktkapitalisierung und insbesondere dann volatiler, wenn das betreffende Unternehmen im vorangehenden Jahr besonders an Marktwert einbüßt (Sapusek [1998] S.150).

Kapitalmarktanomalien erscheinen auch in Form der Renditeanomalie [15]. Empirisch beobachtbar ist hier die zeitweise auftretende Divergenz der Kursentwicklung von Aktien kleinerer Unternehmen des Small-Cap- Segments im Vergleich zur Kursentwicklung von Standardpapieren, den sogenannten Blue-Chips. Kleinere Unternehmen realisieren oft relativ höhere Gewinne. Die Fundamentalanalyse untersucht in diesem Zusammenhang die größeren Wachstumschancen und die höhere Innovationsfähigkeit, kann die Volatilität der Kurse in ihrer Gänze jedoch nicht schlüssig erklären (Sapusek [1998] S.144).

Seit erstmaligem Auftreten dieser Anomalien wird festgestellt, dass einige aktuell nicht mehr in Erscheinung treten[16]. In dieser Entwicklung einen Beweis für die Gültigkeit der Effizienztheorie zu vermuten, käme einem vorschnellen Schluss gleich. Tatsächlich wird die Kapitalmarkteffizienz jüngst auch durch spekulative Preisblasen in Frage gestellt. Selbige liegen insbesondere dann vor, wenn der Marktpreis außergewöhnlich stark von fundamental-nachprüfbaren IST-Daten abweicht.

[...]


[1] Kennzeichnend für das Pro-GrowthTax System ist insbesondere die 2001 in Kraft getretene Regelung über die Senkung der effektiven Grenzsteuersätze (Effective Marginal Tax Rate) für Kapitalertrag und Arbeitseinkommen. Der effektive Grenzsteuersatz misst die Kapitalertrag mindernde zusätzliche monetäre Einheit, die notwendig ist um Steuerverbindlichkeiten zu begleichen, die im Rahmen der Investition zu erstatten sind (CEA [2007] Kap. 3, S. 3).

[2] die Personal Consumption Expenditures umfassen die Ausgaben für haltbare und nicht-haltbare Güter sowie für Dienstleistungen (BEA [2007]).

[3] Lohnsteigerungen betreffen hier: „average hourly earnings of all private workers“ (BLS, Employment Survey [2007]).

[4] Der Standard & Poor´s 500 ist ein Aktienindex, der die Aktien von 500 der größten börsennotierten US-amerikanischen Unternehmen umfasst. Dieser Index wird nach der Marktkapitalisierung gewichtet (finanzen. Net [2007]).

[5] Investitionen in bereits bewohnte Ein- oder Mehrfamilienhäuser, die den Wert eines Hauses erhalten und erhöhen. Werterhaltung (Instandhaltung) beinhaltet Ausgaben für Reparaturen, welche der Erhaltung des aktuellen Zustands dienen. Wertsteigerung umfasst die Substanzerweiterung des Hauseigentums ebenso wie die Substanzerweiterung von Zäunen, Gehwegen und Mauern. Darüber hinaus werden auch die sog. Major Replacements als wertsteigernd angesehen. Hierbei handelt es sich bspw. um das Einbauen einer neuen zentralen Klimaanlage oder das Ersetzen einen Daches (US-Census [2007]).

[6] Residential Fixed Investment: Bau und Kauf von Ein- und Mehrfamilienhäusern, Maklergebühren, werterhaltende und wertsteigernde Ausgaben (Instandhaltung, Substanzerweiterung), (BEA, Glossary [2007]).

[7] Die NAHB fungiert als nationale Interessensvertretung der Bauindustrie und anderer ihr nahe stehenden Organisationen und Einrichtungen. Erklärtes Ziel ist die Ausweitung der Möglichkeiten für den Bürger erschwingliches Hauseigentum zu erwerben. Zielführend ist demnach das Erhalten und Forcieren günstiger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen für die Bauindustrie (NAHB [2007]).

[8] Die durch drei Umfrageergebnisse entstehenden sog. Diffusion Indices werden folgendermaßen ermittelt: Die Umfragen, bei welchen mit Good, Fair und Poor geantwortet wird erhalten die Wertzuteilung (Good-Poor +100)/2. Die Umfragen, bei welchen mit High to Very High, Average und Low to Very Low geantwortet wird erhalten die Wertzuteilung (High to Very High-Low to Very Low +100)/2 (NAHB [2007]).

[9] Der 1952 im Journal of Finance veröffentlichte Aufsatz des damals erst 25-jährigen Markowitz bildet bis heute die Grundlage des Denkens der meisten institutionellen Anleger. Die unter dem Titel Portfolio Selection erschienene Arbeit beweist, dass das Risiko eines effizienten Portfolios kleiner oder maximal gleich dem durchschnittlichen Risiko der einzelnen Wertpapiere ist. Der spätere Nobelpreisträger entwickelt in diesem Zusammenhang komplexe Berechnungsmethoden zur Ermittlung von in diesem Sinne effizienten Portfolios (Markowitz [1952] S. 77 ff.).

[10] Näheres zu Chartanalysen bei (Steiner et al. [1994] S. 275 ff.).

[11] Die fundamentale Aktienanalyse arbeitet mit gesamtwirtschaftlichen und unternehmensspezifischen Daten. Um festzustellen, ob die Aktie über- oder unterbewertet ist, wird der innere Wert mit dem tatsächlichen Kurs verglichen. Näheres zur fundamentalen Aktienanalyse bei (Steiner et al. [1994] S. 253 ff.).

[12] Zu den Insidern zählen die Leitungsgremien der Aktiengesellschaften, aber auch die Wirtschaftsjournalisten (Kruschwitz [1994] S. 29 ff.).

[13] Fama belegt in seinen Untersuchungen die Existenz der schwachen und der halb-strengen Informationseffizienz auf dem amerikanischen Aktienmarkt bis in das Jahr 1970 (Fama [1970] S. 387 ff.).

[14] Eine Übersicht der bzgl. dieser Effekte durchgeführten empirischen Untersuchungen liefert (Sapusek [1998] S. 164 ff.).

[15] Alternative Bezeichnung: Size-Effect, Firm-Size-Effect (Sapusek [1998] S. 155).

[16] Der Size-Effect scheint verschwunden zu sein und der Januar-Effekt ist durch die Tax-Loss-Selling-Hypothese schlüssig zu erklären (Sapusek [1998] S. 155).

Ende der Leseprobe aus 116 Seiten

Details

Titel
Die spekulative Preisblase auf dem US-Immobilienmarkt
Untertitel
Theorie, Empirie und finanzwirtschaftliche Hintergründe
Hochschule
Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg  (Volkswirtschaftliches Institut / Geld & internationale Wirtschaftsbeziehungen)
Note
1,30
Autor
Jahr
2007
Seiten
116
Katalognummer
V86942
ISBN (eBook)
9783638009188
ISBN (Buch)
9783638914710
Dateigröße
1313 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Preisblase, US-Immobilienmarkt
Arbeit zitieren
Nico Grimm (Autor:in), 2007, Die spekulative Preisblase auf dem US-Immobilienmarkt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86942

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