Der Antisemitismus im 19. und 20. Jahrhundert

Unter besonderer Berücksichtigung des Bäder – Antisemitismus


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

36 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Geschichte des Antisemitismus bis zu Bismarck

3. Was ist Antisemitismus? – Zur Entstehung des Begriffs

4. Der Antisemitismusstreit im 19. Jahrhundert

5. Touristische Judenfeindlichkeit: Der Bäder - Antisemitismus
5.1 Die Ausbreitung des Bäder – Antisemitismus im Kaiserreich
5.2 Die Radikalisierung des Bäder – Antisemitismus in den Zwanziger Jahren
5.3 Systematische Judenausgrenzung im „Dritten Reich“

6. Antisemitisches Denken bis zur Gegenwart

7. Zusammenfassung

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Anknüpfend an das Seminar „Intoleranz – Vorurteil – Antisemitismus“ soll das Referatsthema „Der alltägliche Antisemitismus im 19. und 20. Jahrhundert: Der Bäderantisemitismus“ nochmals ausführlich behandelt werden. Zunächst werden geschichtliche Details darüber Aufschluss geben, wo die Ursprünge antijüdischen Denkens zu finden sind und sich bis ins 19. Jahrhundert mit der „Emanzipation der Juden“ in Deutschland zur „antisemitischen Bewegung“ steigerten. Im Anschluss daran soll die Klärung des Begriffs „Antisemitismus“ zum sogenannten „Berliner Antisemitismusstreit“ im 19. Jahrhundert überleiten. Abschließend wird mein Hauptteil, der Bäder – Antisemitismus behandelt werden. Dabei wird zu klären sein, was diesem Phänomen, des allgemeinen Antisemitismus, zugrunde liegt und in welcher Form es sich ausschließlich in Deutschland präsentierte.

2. Die Geschichte des Antisemitismus bis zu Bismarck

Mit der Entstehung des Christentums aus dem Judentum durch Jesus Christus nahmen die Feindlichkeiten zwischen Christen und Juden ihren Lauf[1]. „Die Anerkennung Christi wurde der zentrale Glaubensinhalt des Christentums und gleichzeitig der größte Hinderungsgrund für einen Kompromiß mit den Juden.“[2]

Seit dem ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung verbreiteten sich die Juden unter anderem europaweit und lebten inmitten anderer Völker.

Bereits ein Bericht aus dem zweiten Jahrhundert, der von dem Stoiker Posidonios von Apamäa stammt, spricht von Antiochos’ VII. Absicht „ die jüdische Rasse gänzlich auszurotten, „denn als einziges von allen Völkern weigerte es sich, irgend eine gesellschaftliche Beziehung zu anderen Völkern zu unterhalten und betrachtete dieselben alle als Feinde““[3] Andere Quellen, die aus dem Altertum stammen, beschreiben lediglich Feindseeligkeiten in Alexandria, wo die Auseinandersetzungen zwischen Juden und der griechischen Bevölkerung, im Gegensatz zum restlichen römischen Reich, extrem und häufig waren.[4]

Im Laufe der ersten beiden Jahrhunderte begann mit der Verbreitung der Christen das eigentliche Christentum zu existieren. Zwar beriefen sich beide, Juden sowie Christen, auf das selbe Buch, gingen aber bei der Auslegung in zwei unterschiedliche Richtungen. Die frühchristlichen Kirchenoberhäupter befürchteten zudem, die Christen könnten zum Judentum zurückkehren und befürworteten die endgültige Trennung der Religionen, um die Errettung der Christen nicht weiter zu gefährden.

In der folgenden Zeit der Jahrhunderte verstärkten sich Mythen über die Rasse der Juden und des vermeintlichen Parasiten, sodass mit ansteigender Machtgewinnung des christlichen Klerus die Berufsfreiheit der europäischen Juden wirksam eingeschränkt wurde. Die angebliche Geldgier, die den Juden bereits in den frühen Jahrhunderten impliziert wurde hielt sich aufgrund angestauter Feindseeligkeiten bis ins späte 18. Jahrhundert, sodass Juden bis auf wenige Ausnahmen beschränkt nur in den niedrigsten und am wenigsten gewinnträchtigsten Branchen tätig sein durften. Anders ging es den in den fortgeschrittenen Kulturen des Ostens lebenden Juden, wo es keine derartige Vorwürfe und Beschränkungen gab. Die ersten von dort nach Europa übersiedelnden Juden waren zumeist Händler, die mit begehrten Produkten aus Fernost Geschäfte tätigten. Aufgrund ihres Erfolgs als Kaufleute wurden die Begriffe „Jude“ und „Kaufmann“ im 9. Jahrhundert sogar synonym gebraucht.[5]

Obwohl die Kirche immer mehr Verbote aufstellte, die sämtlichen Umgang mit Juden untersagten, genossen sie immer mehr Ansehen durch den Kaiser, durch Fürsten und andere regionale Herrscher. Ihre Händlertätigkeit brachte nämlich nicht nur Luxusgüter ins Land, sondern „regte die Produktion an, erschloß neue Märkte und steigerte den allgemeinen Wohlstand“[6].

Mit der Zeit drangen Juden auch in weitere Berufe vor, womit sie sich die finanziellen Mittel verdienen konnten, um allmählich Land, was im Mittelalter Hauptquelle von Macht und Ansehen darstellte, zu erwerben. Aber Landbesitz war für Juden gefährlich, denn in den ländlichen Gegenden waren sie weit entfernt von den Monarchen, die ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen mit dem Schutz der jüdischen Gemeinschaft verbanden. Aufgrund der erschwerten Lebensbedingungen zog sich die jüdische Bevölkerung allmählich vom Land zurück und suchte wieder den Schutz der Gemeinschaft in den Städten. Das ließ wiederum den Vorwurf des Generalabts von Cluny zu, der die Juden beschuldigte „verstädtert zu sein und lieber von anderer Hände Arbeit zu leben, als sich auf den Feldern abzuplagen. (...) Auf diese Weise wurde der gängigste Mythos des modernen Antisemitismus geboren: Die Juden drücken sich vor körperlicher Arbeit und ziehen das leichtere Leben als Händler vor.“[7]

Des weiteren war es Juden zunehmend untersagt, in ihren bis dahin ausgeübten Handwerksberufen, wie der Glasbläserei oder der Goldschmiede tätig zu sein, was die aus der Arbeitschicht vertriebenen Juden zu Anhängern eines damals unbekannten freien Unternehmertums werden ließ. Sie suchten nach neuen Wegen und gründeten neuartige Unternehmen, die von keinem christlichen Meister dominiert wurden. Neue Möglichkeiten, wie der Verkauf an der Haustür oder der Handel mit gebrauchten Waren zeugten von Überlebensnotwendigkeit und betrachtet diese geschäftlichen Aktivitäten bis in unsere Zeit als „jüdisch“. Aufgrund eben dieser mangelnden Berufsmöglichkeiten waren die europäischen Juden nun gezwungen, Händler und Kaufleute zu bleiben.

Im Zeitalter der beginnenden Kreuzzüge, im 11. Jahrhundert, gingen Ängste und Hass, die sich aufgrund der Vorwürfe des Gottesmordes und des Wuchers aufgestaut hatten, einher. Unter dem Zeichen des Kreuzes zogen christliche Märtyrer mit dem Schlachtruf „Taufe oder Tod!“ los um die Juden vor die Wahl der Anerkennung und des Übertretens zur christlichen Religion oder des Todes zu stellen. Hierzulande ließen sich jedoch nur wenige zum Konvertieren überreden und wählten daher nicht selten die Endlösung des Selbstmordes.

Mit der großen Pest im 14. Jahrhundert, der über ein Drittel der europäischen Bevölkerung zum Opfer fiel, war „die Zeit der Plagen“[8] angebrochen und für viele war der Glaube an das „Ende aller Tage“ eine unmittelbar bevorstehende Tatsache. Mit Kapuzen verhüllte Geißler zogen durch das Land und forderten die Menschen auf zu bereuen, bevor es zu spät sei und die Juden sich endlich zum Christentum zu bekennen, wenn sie nicht sterben wollten. Immer mehr skurrile Geschichten schrieben den Juden zu, die Christen vernichten zu wollen, indem sie als Teufeldiener des Bösen mächtig seien und Krankheiten sowie Hungersnöte über das Land verbreiten würden.

Ihren Höhepunkt erreichte die Judenhetze allerdings mit Martin Luther. Aus heutiger Sicht und dem Wissen über den Nationalsozialismus wurde „selbst Hitlers Mein Kampf (...) von Luthers Antisemitismus an Obszönität noch übertroffen“[9]. Auf ihn geht nicht nur die Ausdehnung der Glaubensfreiheit zurück, sondern auch das Wiedererwecken des früheren Hasses der Urchristen.

Anfangs getrieben von falscher Hoffnung alle Juden rasch bekehren zu können, wurde er „ein ungleich grausamerer und gehässigerer Feind der Juden“[10]. Seine Beschreibungen der Juden übertrafen alle je existierenden Mythen. Die katholischen Kirchenführer gestatteten „den Juden, in Frieden unter den Christen zu leben, schrieb Luther, und diese revanchierten sich durch Wucher, Brunnenvergiftung und indem sie bei ihren satanischen Ritualen christliche Kinder ermordeten“[11]. Seiner Meinung nach könnten die Juden ebenso wenig bekehrt werden, wie der Teufel selbst und nur ihr Tod sei die endgültige Lösung der „Judenfrage“[12]. Mit seiner vielzitierten Schrift „Von den Juden und ihren Lügen“ veröffentlichte Luther 1543 ein „übles Traktat, in dem er die Juden beschuldigte, die Weltherrschaft erringen zu wollen“[13] und nahm „die Argumentation der Rassisten des 19. Jahrhunderts vorweg, die (...) ebenfalls die Ansicht vertraten, daß die Juden aufgrund ihres Blutes weder assimilierbar noch bekehrbar seien“[14]. Luther brachte somit einen tief empfundenen Volksglauben zum Ausdruck, wie nirgends ein anderer in Europa und sprach somit für „Millionen von Bauern und ländlichen Handwerkern, die in der ganzen neuzeitlichen Geschichte Deutschlands (...) Bewegungen bilden sollten, (...), die schließlich den Nationalsozialismus unterstützen sollten“[15].

Unter der Gegenreformation seitens der Katholiken, mit ihren verheerenden Religionskriegen, hatten auch die wenig übrig gebliebenen Juden zu leiden. Ihr Dasein war zum Vagabundieren herabgesunken, die überall Schutz suchten, wo sie nur konnten und letztendlich in Ghettos zusammengetrieben leben mussten. Innerhalb dieser Ghettos wurden ihnen sämtliche Sondersteuern auferlegt und außerhalb durften sie sich nur mit Sondergenehmigungen aufhalten. Mit einer geringen Zahl an Genehmigungen für Ehen sollte zudem ihre „Vermehrung“ eingeschränkt werden. Diese Ghettoisierung der Juden im 16. Jahrhundert hielt sich in Mitteleuropa bis zum 18. Jahrhundert.

Napoleon war schließlich derjenige, der die Wende brachte, indem er der Gleichheit aller vor dem Gesetz die Türen öffnete. Die jüdischen Ghettos wurden aufgelöst, ihnen wurde Glaubensfreiheit gewährt und sie hatten nun das Recht, Land zu besitzen und Handel zu treiben. Dennoch änderten sich nicht die tief verwurzelten Einstellungen der Deutschen gegenüber der Juden.

Während sich das übrige Europa weiterentwickelte, hielten deutsche Denker wie Kant und Hegel am alten Glauben fest. Obwohl sich Kant für Religionsfreiheit aussprach, war das Judentum für ihn keine Religion, sondern lediglich eine Sammlung von Zwangsgesetzen ohne moralische Gesinnung derer, die sie befolgten. Seiner Ansicht nach waren Juden von Natur aus „betrügerische Kaufleute, die von ihrem Aberglauben zusammengehalten würden. Ihr unmoralisches und schändliches gebaren in Geschäft und Handel zeigte, daß sie „keine bürgerliche Ehre suchten“, denn der „Wuchergeist“ herrsche unter ihnen, unter einer „Nation von Betrügern“, die von der „Überlistung des Volkes, unter dem sie Schutz finde“, profitiere“[16]. Kant erklärte schließlich, „der anmaßende Anspruch der Juden, das auserwählte Volk zu sein, mache sie zum Feind aller anderen Völker“[17]. Allgemein bekräftigten die deutschen Philosophen „erneut die unüberwindlichen Hindernisse zwischen Christen und Juden“[18], deren sittliche Verkommenheit sich in der Ablehnung Christi wiederspiegelte. Diese Ansichten waren nicht verwunderlich, zumal die meisten Philosophen ausgebildete Theologen waren und sich dieses Denken auch teilweise in ihrer Philosophie wiederspiegelte. Über das gesamte 19. Jahrhundert hinweg, war die mangelnde jüdische Sittlichkeit ein ständig wiederkehrendes Thema in den christlich antisemitischen Bewegungen, deren hauptsächliche Anhänger bei den deutschen Protestanten zu finden waren.

Mit der Übernahme Preußens durch Napoleon und den folgenden Reformen im Jahr 1807 standen nicht nur dem preußischen Bürgertum, sondern auch, wie bereits oben erwähnt, den Juden neue Rechte zu. Diese Emanzipation der Juden rief unter den Nationalisten eine breite Empörung hervor, die bis zum Nationalsozialismus, den Liberalen und Sozialisten vorwarfen, „undeutsch und antichristlich zu handeln, als Verbündete der subversiven Juden“[19].

Napoleons Niederlage durch die Armeen Englands, Preußens, Russlands und Österreichs wandelte auch die Bedeutung von „Nationalismus“ und „bedeutete nunmehr, die rassische wie auch die geistige Überlegenheit der Deutschen, und die Gefahren des jüdischen „Blutes“ wurden hervorgehoben“[20]. Die Gegner des Liberalismus und der Aufklärung waren diejenigen, die „unablässig über den „jüdischen“ Materialismus, Liberalismus, über die „jüdische“ Habgier und das „jüdische“ freie Unternehmertum klagten“[21]. Zwischen 1819 und 1848 kam es immer wieder in mehreren Städten Deutschlands zu Judenverfolgungen, die teilweise mehrere Wochen andauerten, wobei Synagogen angezündet, Juden verprügelt und ihr Eigentum zerstört wurde. Häufig waren daran Bürger, die nunmehr in unmittelbarer Nachbarschaft mit den Juden leben mussten, und Kleinunternehmer beteiligt, die die jüdische Konkurrenz fürchteten.

Mit Bismarcks Ernennung 1862 und dem entstehen der neuen deutschen Verfassung erlangten auch die Liberalen mehr Macht und die Emanzipation der Juden erreichte ihren Höhepunkt. Einige gründeten neue Unternehmen und stiegen mit dem wirtschaftlichen Aufschwung auf. Zudem strömten viele junge Juden in die Universitäten. Jüdisches Leben beschränkte sich aber immer noch größten Teils auf die Städte, da die ländliche Bevölkerung am alten Denken festhielt, was die Prophezeiungen der Nationalisten nur bestätigte: „Juden könnten niemals echte Deutsche sein, weil sie ein Stadtvolk und ein Händlervolk seien, ohne Kontakt zu dem ländlichen, kriegerischen Geist der germanischen christlichen Seele.“[22] Diskriminierungen der Juden waren allerorts alltäglich. Der Börsenkrach von 1873 führte ebenfalls zu einer Pauschalverurteilung der Juden, da sie eine offenkundige Präsenz in Geldanlageunternehmen spielten, obwohl auch Deutsche in nicht unerheblicher Zahl daran beteiligt waren.

Insgesamt zeugten die siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts von in Massen auftretenden Artikeln, Zeitschriften und Büchern mit antisemitischen Charakter, deren Wahrheitscharakter mehr der Phantasie entsprang. Selbst in den Schulen gehörte antisemitische Literatur zur Pflichtlektüre.

Als einer, der antisemitisches Denken dieser Zeit hervorragend vertrat, galt Heinrich von Treitschke, der unter deutschen Akademikern großes Ansehen genoss. Zudem war er „der beliebteste Dozent an der Berliner Universität, wo er die künftigen Herrscher und Schullehrer Deutschlands unterrichtete“[23].

1879 nahmen die antijüdischen Proteste weiterhin zu. „Kauft nicht von Juden!“ wurde auf die Schaufenster jüdischer Geschäfte geschmiert, und Demagogen führten zahlreiche kleine, aber lautstarke Organisationen an, die harte Maßnahmen gegen Juden und Judenfreunde forderten und hartnäckig behaupteten, die Judenfreunde würden Bismarcks Reich kontrollieren.“[24] Mit seinem berühmten Artikel „Unsere Ansichten“ in den Preußischen Jahrbüchern versuchte sich Treitschke zwar von diesen Gewalttaten zu distanzieren, zeigte jedoch Verständnis für die Ursachen. Was dieser Artikel bewirkte, soll jedoch erst im 4. Kapitel gezeigt werden.

3. Was ist Antisemitismus? – Zur Entstehung des Begriffs

Um den Begriff „Antisemitismus“ näher beleuchten zu können muss zunächst der Ursprungsbegriff „Semitismus“ geklärt werden[25].

Der Begriff „Semiten“ geht auf die theologisch – historische Literatur des späten 18. Jahrhunderts zurück. Gemeinsam mit der Wortgruppe „semitische Stämme“ und „semitische Sprache“ bürgerten sich die neuen Begriffe recht schnell in der Sprachwissenschaft, sowie der Völkerkunde ein und beschrieben zugleich „Geist und Charakter“ dieser Völker, die Summe ihrer Begabungen und Leistungen sowie den Typus ihrer Kultur.

Mit dem Begriff des „Ariers“, unter anderem, wurde der des „Semiten“ aus der Sprachwissenschaft in die geisteswissenschaftliche Terminologie aufgenommen und einander nicht nur als Sprach –, sondern auch als Völkergruppen gegenübergestellt. Das folgende Ergebnis zeigte nicht nur ihre Verschiedenartigkeit, sondern verstand das „Semitentum“ auch als „dunkle Folie für die positiv akzentuierte Darstellung des Wesens der arischen Völker“[26]. Diese wissenschaftsgeschichtliche Beschreibung leistete im späteren Deutschland einen entscheidenden Beitrag zur stetig wachsenden Judenfeindschaft. Zudem veränderte jene Entwicklung auch den Sinn der Begriffe „Jude“ und „Judentum“. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts definierte sich der Begriff „Jude“ über die Religionszugehörigkeit und war auch gebräuchliches Schimpfwort, das seit dem Mittelalter als Synonym für den jüdischen Geschäftsgeist stand und unabhängig von der Religionszugehörigkeit stehen konnte.

Im 19. Jahrhundert intensivierte sich die theologische Auseinandersetzung mit dem Judentum. Mit einer Neuinterpretation des Christentums versuchten die protestantischen Theologen, alles ihnen anstößig Erscheinende als Erbe des Judentums darzustellen und die eigentliche Wahrheit, nämlich das Christentum, neu geltend zu machen. Dem Judentum wurde ein „Geist“ impliziert, der über den Bereich der Religion hinausging und das gesamte politische, soziale und kulturelle Leben umfasste. Dieser Volks- oder Nationalgeist des Judentums war mit einer negativ kritischen Tendenz behaftet, die den Begriff „Judentum“ allmählich von der Religion löste. An der Vergegenständlichung des „Wesens“ des Judentums versuchten sich vor allem die Sozialisten, indem sie an die alte Identifikation von „Jude“ und „Wucher“, unter anderem, anknüpften.

Im späten 18. Jahrhundert war ebenfalls der Begriff der „Nation“ für die Juden bezeichnend, die einen besonderen „Nationalcharakter“ besäßen. Etwas später wurde auch der Begriff der „Rasse“, hinsichtlich der Abstammung, gebraucht, der vorrangig bei den Judenfeinden Anklang fand.

[...]


[1] John Weiss: Der lange Weg zum Holocaust. Die Geschichte der Judenfeindschaft in Deutschland und Österreich. Hamburg 1997, S. 17-77

[2] John Weiss 1997, S. 23

[3] ebd. S. 1

[4] ebd. S. 6

[5] ebd. S. 26/27

[6] ebd. S. 27

[7] ebd. S. 29

[8] ebd. S. 37

[9] ebd. S. 41

[10] ebd. S. 43

[11] ebd. S. 43

[12] ebd. S. 44

[13] ebd. S. 44

[14] ebd. S. 44

[15] ebd. S. 45

[16] Joachim Klopper (Hg.), Immanuel Kant: Anthropologie in pragmatischer Hinsicht. Hamburg 1880, S. 119 f. In: John Weiss 1997, S. 100

[17] Immanuel Kant: Die Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft. Königsberg 1794. S. 186-189; In: John Weiss 1997. S. S. 98

[18] ebd. S. 98

[19] ebd. S. 105

[20] ebd. S. 109

[21] ebd. S. 75

[22] ebd. S. 121

[23] ebd. S. 127

[24] ebd. S. 127/128

[25] Thomas Nipperdey / Reinhard Rürup: Antisemitismus In: Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch – sozialen Sprache. Band 1. Stuttgart 1972, S. 129 - 153

[26] ebd. S. 130

Ende der Leseprobe aus 36 Seiten

Details

Titel
Der Antisemitismus im 19. und 20. Jahrhundert
Untertitel
Unter besonderer Berücksichtigung des Bäder – Antisemitismus
Hochschule
Universität Bayreuth
Veranstaltung
Intoleranz – Vorurteil – Antisemitismus
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
36
Katalognummer
V86911
ISBN (eBook)
9783638022064
Dateigröße
480 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Antisemitismus, Jahrhundert, Intoleranz, Vorurteil, Antisemitismus
Arbeit zitieren
Marlen Bastian (Autor:in), 2006, Der Antisemitismus im 19. und 20. Jahrhundert, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86911

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