Second Life - Perspektiven und Geschäftsmodelle im virtuellen Wirtschaftsraum Second Life


Diplomarbeit, 2007

90 Seiten, Note: 2,1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Executive Summary

1 Über diese Studie

2 Geschäftsmodelle
2.1 Darstellung und Zusammenfassung verschiedener Ansätze
2.2 Erfolgsfaktoren von Geschäftsmodellen
2.3 Internetbasierte Geschäftsmodelle

3 Web 2.0
3.1 Web 2.0 und die Veränderung der Internetnutzung
3.2 Was bedeutet Web 2.0 für Unternehmen? Auswirkungen und Folgen

4 Virtuelle Welten
4.1 Was sind virtuelle Welten? Eine Begriffsklärung
4.2 MMORPG – Abgrenzung zu virtuellen Welten
4.3 Warum verbringen Menschen ihre Zeit in virtuellen Welten?
4.4 Wirken Web 2.0 – Elemente auf virtuelle Welten ein?
4.5 Marktdaten

5 Second Life
5.1 Überblick
5.2 Alternative Virtuelle Welten – Die Wettbewerber von Second Life
5.3 Nutzerstruktur
5.4 Die Plattform
5.5 Umsätze von Linden Lab. Inc
5.6 Die Second Life – Ökonomie
5.7 Attraktivität oder Abneigung – Eine Frage der Interessen
5.8 Wird Second Life realistisch bewertet?
5.9 Kritische Bemerkungen zu Second Life
5.9.1 Technische Probleme
5.9.2 Virtuelle Gesetzlosigkeit und Suchtgefahr

6 Unternehmen in Second Life
6.1 Eignet sich Second Life grundsätzlich fürs Business?
6.2 Aktivitäten von Unternehmen
6.2.1 Brick-Unternehmen
6.2.2 Geschäftsmodell basiert auf Second Life
6.3 Aktuelle Optionen für Unternehmen
6.4 Besonders aussichtsreiche Geschäftsmodelle in Second Life
6.5 Perspektiven und zukünftige Geschäftsmodelle

Quellenverzeichnis

Anhang

Abbildungsverzeichnis

Abb.1: Ankunftspunkt der Niederlassung von IBM

Abb.2: Plakative Darstellung der Mediennutzung im Zeitverlauf, gestern- heute-morgen

Abb.3: Bei Mercedes Benz können die Kunden die C-Klasse Probe fahren und kaufen

Abb.4: Modell zum Grad des Konsums und Mitwirkung bei Medieninhalten

Abb.5: Entwicklung der Internetverbreitung in Deutschland

Abb.6: Entwicklung der Breitbandverbreitung in Deutschland

Abb.7: Entwicklung von Komponenten der Infrastruktur der Informations- technologie weltweit

Abb.8: Diagramm zur Verteilung des Verhaltens nach der ersten Nutzung von Second Life

Abb.9: Second Life-Nutzer nach Altersklassen im Vergleich zur Internet- gesamtnutzerschaft

Abb.10: Reuters präsentiert sein Angebot und offeriert personalisierte Nachrichten

Abb.11: Der Gartner Hype-Cycle an Second Life angewendet

Abb.12: Zitat zu den Möglichkeiten von Second Life

Abb.13: Agenturen präsentieren ihre Angebote auf klassischer Großfläche

Abb.14: Klassische Kommunikation über Großfläche in Second Life

Abb.15: BMW informiert auf seiner Niederlassung über Clean Energy und den Hydrogenantrieb

Abb.16: Die Firma YOUseeMEin3D.com baut Berlin 1:1 in Second Life nach, hier Teil des Fernsehturms

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Executive Summary

Second Life ist die populärste virtuelle Welt ohne Spielcharakter, zur Zeit. Sie wird in der Rückschau aber nur die Erste gewesen sein, die das Interesse einer breiten Öffentlichkeit an 3D-Welten geweckt hat. In Zukunft werden weitere virtuelle Welten das Internet 3D bilden.

Dabei erfüllt Second Life nicht die hohen Erwartungen der breiten Masse an potenziellen Nutzern. 65 % der einmal Eingeloggten kommen nicht wieder. Nur 507.000 aller 6,8 Mio. Mitgliederkonten wurden Ende Mai 2007 überhaupt genutzt. Die große Zahl an Accounts ist somit irrelevant.

Second Life ist technisch noch nicht hinreichend ausgereift. Die Benutzerführung ist wenig intuitiv. Für die Nutzung ist eine moderne Hardwareausstattung und eine Breitbandverbindung notwendig.

Second Life ist grundsätzlich geeignet für das Business, aber noch nicht jetzt. Was wir zur Zeit sehen, sind die ersten Gehversuche. Die Rahmenbedingungen sind noch mit zu großen Risiken behaftet, die technologischer, rechtlicher und struktureller Natur sind. Demzufolge hält sich das Big Business mit großen Investitionen auch noch zurück und experimentiert, nutzt es als Marketinginstrument, lässt die Kunden Produkte testen, und hält vereinzelt Konferenzen und Schulungen. Keines der großen Unternehmen setzt auf schnelle Rentabilität.

Die kleinen Unternehmen, die basierend auf Second Life ein Geschäftmodell umsetzen, wollen dagegen Rentabilität. 600 Firmen und Einzelpersonen verdienen mehr als 1.500 US-Dollar im Monat hier. Dies mit Ideen, die hauptsächlich an der neuen Goldgräberstimmung (an dem Bedarf an Ausstattung bei Ansiedlung) und an der Eitelkeit der Nutzer ansetzen.

Dabei hat Second Life typische Eigenschaften, die für bestimmte Geschäftsmodelle Treiber darstellen. Second Life bietet eine im Internet so nicht erreichte realitätsnahe Kommunikation, bietet Dreidimensionalität und hohe Interaktivität.

Das Alleinstellungsmerkmal von Second Life sind die außerordentlich große Nutzungs- und Gestaltungsfreiheit sowie die vorhandenen marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Diese Faktoren zusammen bilden für Second Life die Unique Selling Preposition.

Für die Entscheidung von Unternehmen ein Geschäftsmodell in Second Life zu implementieren ist sehr entscheidend die Anzahl und Struktur der Nutzer, die Wachstumsaussichten der Welt sowie technologische Risiken und die rechtlichen Rahmenbedingungen.

Ein Geschäftskonzept, welches strategisch und nachhaltig ausgerichtet ist, in welchem die Komponenten Marktattraktivität und Innovationsgrad hoch sowie die Produktionskosten gering sind und bei welchem die plattformtypischen Alleinstellungsmerkmale stark förderlich auf die Komponenten des Geschäftsmodells wirken, ist das optimale Geschäftsmodell für Second Life.

1 Über diese Studie

Die Menschen, die erstmals von Second Life als virtueller Parallelwelt hören, empfinden Unglauben, Faszination und Mystik. Ein zweites Leben? Die Verheißung. Ein zweites Leben in einer virtuellen Welt? Second Life - klingt das nicht nach biblischer Erfüllung der Unsterblichkeit?

Second Life hat seit Herbst 2006 eine starke mediale Aufmerksamkeit erfahren, was auch am Namen dieser virtuellen Welt liegen dürfte, der verspricht und suggeriert. Die ersten präsenten Unternehmen, die Möglichkeit, in einer virtuellen Welt mit virtuellen Gütern reales Geld zu verdienen bis zu der Tatsache der ersten Millionärin sind der Grund für teils reißerische Medienberichte und Schlagzeilen. Eine Folge davon ist eine rasante Steigerung der Neuanmeldungen.

Nachdem Second Life von der Firma Linden Laboratories Inc. (Linden Lab. Inc.) 2003 eingeführt wurde, tat sich erst einmal nicht sehr viel. Zu ähnlich schien die Plattform längst etablierten Onlinespielen wie Sims Online oder Entropia Universe. Das änderte sich mit der Konvertierbarkeit des Spielgeldes in reale Dollar. Second Life wurde wahrgenommen. Und damit auch die entscheidenden Unterschiede zu bekannten Onlinespielen, nämlich die nicht vorhandene Spielumgebung und der nicht vorhandene Sinn. In Second Life kann jeder Teilnehmer tun und lassen, was immer er will. Dabei treten die Teilnehmer über ihre virtuellen Stellvertreter, den Alter Ego oder Avataren[1], in Erscheinung.

Viele Unternehmen folgen den Innovatoren und eröffnen Niederlassungen. Unternehmen der ersten Stunde versprechen sich durch eine Präsenz mediale Aufmerksamkeit und bekommen sie auch. Sie nutzen Second Life als eine weitere Präsentationsmöglichkeit und wollen sich damit ein junges, innovatives und kreatives Image geben. In einer Landschaft, die durch klassische Kommunikationsmittel so überflutet ist, dass die Botschaft nur noch schwer an den Konsumenten gebracht werden kann, bietet dieser frische Kanal eine hervorragende Alternative der Unternehmens- und Produktpräsentation.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1: IBM präsentiert dem Besucher am Landungspunkt ein Modell der Niederlassung zur Orientierung, Second Life-Screenshot

Derzeit zählt: Dabei sein ist alles. Die Erwartungen, aber auch die Angst Trends zu verpassen sind riesig. Was sich aus einer Präsenz im Laufe der Zeit ergeben kann, ist für die meisten Unternehmen zweitrangig. Der Experimentiergedanke überwiegt. Beispiele dafür sind die Firmen Quelle mit dem Erfinderland, BMW oder Adidas.

Problem und Frage:

Dabei ist noch gar nicht geklärt, ob Second Life überhaupt eine Zukunft hat und langfristig für Firmenaktivitäten geeignet ist. Zu unterschiedlich sind die Zahlen zu den Nutzern. Von angemeldeten 7,5 Mio. Nutzern Ende Juni 2007 sollen tatsächlich nur maximal 10 Prozent regelmäßig auf der Plattform sein, für Firmen die den Massenmarkt bedienen eine unrelevante Zahl. Dazu kommen Probleme mit der Rechtsicherheit der Investitionen, dem geistigen Eigentum und bei Vertragsverhältnissen. Wie viele Menschen tatsächlich Second Life nutzen können wird maßgeblich bestimmt durch die Ausstattung mit leistungsfähigen Computern und Internetzugang mit Breitbandverbindung. Außerdem stellt sich die Frage, ob der Kunde Offerten in einer Umgebung akzeptiert, die so völlig verschieden zu seiner gewohnten ist.

Aber selbst wenn sich Second Life für Firmenaktivitäten eignet: Welche Möglichkeiten bietet Second Life etablierten Unternehmen? Welche Möglichkeiten bieten sich für Unternehmen, die ihr Geschäftsmodell auf Second Life aufbauen wollen? Wie kann es rentabel gestaltet werden? Gibt es spezifische Eigenheiten des Web 2.0 oder virtueller Welten, die auf bestimmte Geschäftsmodelle förderlich wirken? Des Weiteren ist interessant, wie die Entwicklung der nächsten Jahre verlaufen wird.

Dies führt zur Frage: Ist die Plattform für die Ansiedlung von Firmenaktivitäten generell geeignet? Welche Geschäftsmodelle sind in virtuellen Welten wie Second Life vertreten und welche sind unter Berücksichtigung von Alleinstellungsmerkmalen der Plattform besonders aussichtsreich?

Vorgehensweise:

Die Kapitel Geschäftsmodelle, Web 2.0 und virtuelle Welten stützt sich auf wissenschaftliche Literatur, Studien und journalistischen Beiträgen.

Das erste Kapitel beschäftigt sich mit dem Thema Geschäftsmodelle. Verschiedene Modelle werden vorgestellt. Es wird der Versuch unternommen, diese Modelle zusammenzufassen. Das Ergebnis ist eine hinreichende Klärung des Begriffs Geschäftsmodell, der Bedingungen oder Voraussetzungen aussichtsreicher Geschäftsmodelle und der Besonderheiten internetbasierter Geschäftsmodelle.

Web 2.0 Revolution oder nur ein Upgrade? fragt PwC in einer gleichnamigen Studie.[2] Das ist gleichzeitig die Frage des zweiten Kapitels. Was bedeutet Web 2.0? Ist es nur ein Modewort für den Start einer neuen Interneteuphorie? Kritische Stimmen bemerken, dass alle Erscheinungen des Web 2.0 keine neuen Entwicklungen sind. Der Wirbel um den Begriff sei nicht gerechtfertigt. Wenn der Begriff so stark mit Leben gefüllt ist, wieso verdienen diese jungen Unternehmen wie YouTube oder StudiVz außer viel Beachtung kein Geld?

Dagegen sprechen andere Autoren von Web 2.0 als einer Evolution der Internetnutzung, wenn es um Begriffe wie Usergenerated Content und Community[3] geht. Bestes Beispiel ist das Internetlexikon Wikipedia. Die Inhalte, durch ihre Nutzer erstellt und gepflegt, brauchen einen Vergleich der Validität mit dem größten redaktionell erstellen Lexikon der Welt, der Enzyklopedia Brittannica nicht zu scheuen. Für andere Autoren ist der Wandel noch tiefgreifender. Firmen werden die Mitarbeit der Kunden nutzen wollen, um Produkte zielgruppengenauer zu entwickeln und Teile der Wertschöpfung auf den Kunden zu verlagern. Die Firma Threadless zum Beispiel lässt ihre Kunden Designs für T-Shirts entwerfen und die anderen Kunden über die besten Entwürfe abstimmen. Dann erst wird produziert und zwar nur die T-Shirts, deren Designs gewonnen haben. Unternehmen werden gezwungen sein, sich zu öffnen, Firmengeheimnisse zum Teil offen zu legen, damit Probleme oder Fragestellungen von über das Internet zu rekrutierenden Spezialisten mit variablen Kosten bearbeitet werden können.[4]

In diesem Kapitel werden die Elemente von Web 2.0 herausgearbeitet und untersucht, ob diese eine relevante Größe in der weiteren Entwicklung des Internets und dessen Nutzung darstellen. Außerdem wird analysiert, ob die die Entwicklungen, die mit dem Begriff Web 2.0 in Verbindung gebracht werden, Einfluss auf die Entwicklung und Nutzung virtueller Welten haben werden.

Das dritte Kapitel beschäftigt sich mit den Virtuellen Welten. Das ist notwendig, da nur mit einer Analyse von Virtuellen Welten Second Life eingrenzbar und in seiner Wirkung auf Menschen erklärbar wird. Second Life ist eine von mehreren verfügbaren 3D-Onlinewelten. Die interessantesten Fragen sind hier: Welche Einzigartigkeit haben virtuelle Welten zu bieten? Warum gehen Menschen in Online-Welten und verbringen dort einen erheblichen Teil ihres Lebens? Daneben ist noch die Unterscheidung von Online-Games zu Virtuellen Welten interessant, da beide von tausenden Menschen besucht werden und eine große Ähnlichkeit in der Präsentation und Nutzung besteht. Durch eine Unterscheidung würde es dem Leser einfacher fallen, sich bewusst nur virtuellen 3D-Onlinewelten zu widmen und den Gedanken an ein wie auch immer gestaltetes Spiel auszublenden. Weiterhin sind für die Einschätzung virtueller Welten durch Unternehmen ebenso Marktdaten wichtig, die aussagen, wie groß das Potenzial derartiger Welten ist und wie die weitere Entwicklung verlaufen wird.

Die dann folgenden Kapitel 5 und 6 sind dann ganz dem Thema Second Life gewidmet. Wissenschaftliche Literatur zum Thema ist nur in sehr eingeschränktem Maße verfügbar. Deshalb wird hier auch journalistisches Material verwendet. Zum großen Teil finden explorative Methoden Eingang. Eigene Erfahrungen werden verwendet. Weiterhin kommen Experten aus der Wirtschaft und junge Unternehmer zu Wort. Sie geben ihre Erfahrungen und Einschätzungen zu Second Life wieder.

Second Life als die bekannteste 3D-Onlinewelt ist ein virtueller Wirtschaftsraum, der sich gerade in den letzten Monaten außerordentlich stark entwickelt hat. Was ist die Ursache für dieses Phänomen und der Grund für ihre Popularität? Die Einen warnen, Second Life steht vor einem Hype und wird völlig überbewertet. Der gigantische Zuwachs an Neuanmeldungen ist nur eine große Zahl, hinter der nur verschwindend wenige regelmäßige Nutzer stehen. Bald wird wieder nüchterne Betrachtung einsetzen und Second Life aus dem Fokus der Wahrnehmung verschwinden.

Daneben ist für die Pessimisten die Rechtslage ein Hindernis. Gilt bei Problemen amerikanisches Recht oder das Recht der jeweiligen Prozessparteien? Was passiert mit dem geistigen Eigentum bei technischen Problemen wie Serverabsturz oder Datenklau? Bietet das System überhaupt genug technische Stabilität?

Andere wiederum sind der Meinung Second Life ist der Beginn der Nutzung und Einbindung virtueller Welten in Wirtschafts- und Unternehmensabläufe. Durch Einzigartigkeiten der Welt, die kein anderes Medium so liefern kann, werden virtuelle Welten für Internetshopping, für Internetkonferenzen oder realitätsnahe Kommunikation bald unverzichtbar.

Die Frage welche Unternehmen in Second Life vertreten sind und warum wird im letzten Kapitel untersucht. Zu sehen ist, dass den ersten Mitnahmeeffekten der Publicity langfristigere Interessen folgen. So wollen einige Firmen wie Adidas oder Nissan Second Life als Teststrecke für ihre Produkte nutzen und den Kunden in die Produktentwicklung einbinden. Andere Firmen betrachten die Onlineplattform als Experimentierfeld, wieder andere als neuen Vertriebskanal. Die in Second Life bereits vertretenen Geschäftsmodelle werden nach Brick- und Byte-Unternehmen getrennt ermittelt.[5] Aber auch welche besonderen Möglichkeiten oder Geschäftsmodelle aufgrund der Einzigartigkeit bestimmter Komponenten der Plattform und virtueller Welten in Kombination mit Entwicklungen des Web 2.0 und mit Determinanten Erfolg versprechender Geschäftsmodelle sich ergeben wird hier relevant sein.

2 Geschäftsmodelle

2.1 Darstellung und Zusammenfassung verschiedener Ansätze

Baatz beschreibt den Begriff Geschäftsmodelle vom zu erreichenden Ziel jeden unternehmerischen Handelns, dem Gewinn her. Ein Geschäftsmodell ist: „how to make money“. Dabei bleiben alle anderen Faktoren unberücksichtigt.[6]

Ein Geschäftsmodell ist eine Darstellung des Unternehmens im Modell. Für Stähler besteht es aus den Komponenten Nutzenaspekt, aus der Leistungsbeschreibung und dem Ertragsmodell. Der Nutzenaspekt beantwortet die Frage, welchen Nutzen Kunden und andere mit dem Unternehmen verbundene Personen aus dieser Verbindung ziehen können. Die Leistungsbeschreibung stellt dar, wie dieser Nutzen geschaffen wird. Es werden die Stufen der Wertschöpfung und die daran Beteiligten dargestellt, so dass die Architektur der Leistungserstellung deutlich wird. Durch das Ertragsmodell wird sichtbar gemacht, aus welchen Quellen das Unternehmen mit welchen Umsätzen rechnen kann. Es wird also die Frage beantwortet, ob das Geschäft zum Bestehen ausreichende Mittel generieren kann und wie groß der Wert des Geschäftsmodells ist.[7]

Diese Komponenten sieht auch Meffert als entscheidend an. Er verwendet die Begriffe Vorteilhaftigkeit des Angebotes, Wertschöpfungskette und Erlösmodell. Er prägt darüber hinaus den Begriff ‚Neue Geschäftsmodelle’. Neuheit steht für innovativ und hat die Dimensionen: für wen ist es neu, wie stark ist es neu, wo ist es neu und wann und wie lange wird es neu sein? Dabei lässt sich ‚Neuheit’ unmittelbar auf eine der drei Komponenten beziehen. Ein Beispiel ist die Firma Dell. Das neue Geschäftsmodell besteht hier im Vertrieb der Computer ausschließlich über das Internet und Konfiguration nach Kundenwunsch. Der Neuheitsaspekt ‚Vertrieb über Internet’ wirkt direkt auf das Ertragsmodell.[8]

Ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell besteht nach dem Unternehmen FIEGE darin, dass ein Unternehmen nicht nur kurzfristige Chancen wahrnimmt. Im Gegenteil, die strategische Generierung von bleibendem oder steigendem Nutzen für Kunden und Stakeholder steht im Vordergrund. Das zukunftsfähige Geschäftsmodell beantwortet die Frage nach der nachhaltigen Konstruktion des Wertschöpfungsprozesses und der nachhaltigen Renditeerzielung.[9]

Ein Geschäftsmodell besteht nach Wirtz aus mehreren Teilmodellen, die die Bereiche Markt, Beschaffung, Leistungserstellung, Leistungsangebot, Distribution und Finanzierung abdecken und in ihrer Kombination einen einfachen Überblick über die Unternehmensaktivitäten erlauben. Geschäftsmodelle haben den Zweck der „Aggregation wesentlicher, relevanter Aspekte aus den betriebswirtschaftlichen Teildisziplinen, um hierdurch zu einem einfachen, komprimierten Überblick der Geschäftsaktivitäten in Modellform zu gelangen.“[10]

Geschäftsmodelle sind umfassende Strategiedarstellungen. Sie enthalten konsistent zusammengefasst das Erlösmodell, die benötigten Ressourcen und die Organisation. Daneben finden sich auch die üblichen für Unternehmensstrategien notwendigen Elemente Markt- und Produktpolitik.[11]

Timmers hält Produkt-, Informations- und Dienstleistungsströme für ein zentrales Element von Geschäftsmodellen. Er beschreibt die Notwendigkeit von Akteuren im Geschäft, ihre Rollen und ihre Vorteile. Erlösquellen sind ebenso Teil des Geschäftsmodells. Die Frage der Wertschöpfung wird nicht behandelt.[12]

Ein Geschäftsmodell ist der „Versuch, eine vereinfachte Beschreibung der Strategie eines gewinnorientierten Unternehmens zu erzeugen, die sich dazu eignet, potenziellen Investoren die Sinnhaftigkeit ihres Unternehmens deutlich zu machen.“[13]

2.2 Erfolgsfaktoren von Geschäftsmodellen

Strategische Erfolgsfaktoren sind die „ wesentlichen, langfristig gültigen Determinanten des Unternehmenserfolges“.[14]

Die PIMS-Studie[15] hat sieben von 37 Faktoren identifiziert, die den größten Einfluss auf Ertragsgrößen wie den Return-on-Investment (ROI)[16] oder den Cash Flow[17] haben. Nach dem Grad der Einwirkung sind das: Investitionsintensität, Produktivität, Marktposition bzw. –anteil, Marktwachstum, Qualität von Produkten und Dienstleistungen, Innovation und Vertikale Integration.[18]

Bei der Prüfung eines Geschäftsmodells auf Erfolgsaussichten bietet sich der nach der gleichnamigen Firma benannte FIEGE-Würfel[19] an, siehe Anhang, eine Abwandlung der 9-Feld-Matrix von McKinsey mit den Dimensionen Marktattraktivität und relevanter Wettbewerbsvorteil. In Bezugnahme auf die von FIEGE im ersten Punkt genannten Kriterien für ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell wird der Kundennutzen in Marktattraktivität-, die Wertschöpfungskonstruktion mit relativer Innovationsgrad- und die Renditeerzielung mit Produktionskosten übersetzt. Durch Einordnung dieser Kriterien in den FIEGE-Würfel wird sichtbar, ob der Innovationsgrad und die Marktattraktivität hoch sind und die Produktionskosten gering. Sie bilden in dieser Kombination einen Erfolgsfaktor. Sind die genannten Voraussetzungen erfüllt, wird von einem Geschäftsmodell gesprochen, was in die Praxis umgesetzt werden sollte.[20]

Wie kann aber bsw. ein hoher Kundenutzen erreicht werden? Ein überlegener Kundennutzen entsteht dann, wenn es im Vergleich mit den Wettbewerbern gelingt, die Leistungen zu steigern oder die Kosten der Abnehmer zu senken. Porter hat in diesem Zusammenhang die wesentlichen Strategierichtungen Differenzierung, Kostenführerschaft und Konzentration auf Schwerpunkte eingeführt, die auf einen klaren Kundennutzen durch Abgrenzung zum Wettbewerb zielen und somit Wettbewerbsvorteile darstellen.[21] Ein vorteilhafter Kundennutzen kann auch durch das Ausbrechen aus gewohnten Geschäftspraktiken erreicht werden.[22] Hier ist zum Beispiel die Firma Debitel zu nennen, die neuerdings im Internet Mobilfunkverträge in einer Art holländischen Auktion versteigert. Ein überlegener stetiger Kundennutzen bedeutet letztendlich Steigerung der Kundenzufriedenheit, Wiederholungskäufe und somit einen Wettbewerbsvorteil.

Die drei Bestandteile von Geschäftsmodellen sollten komplementär und kompatibel zueinander sein damit sie einen Erfolgfaktor darstellen. Sie sollten also zueinander passen und sich ergänzen, damit sie im Zusammenspiel ihre optimale Funktionalität herstellen können. So sollte bsw. die Kostenstruktur der Wertkette mit der Zahlungsbereitschaft der Abnehmer für das daraus entstehende Produkt in Einklang stehen.[23]

Der Aspekt der Nachhaltigkeit ist ein weiterer Erfolgsfaktor. Ob ein Geschäftsmodell nachhaltig ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. So ist die Position auf dem Produktlebenszyklus ein Hinweis dafür, wie etabliert die verwendete Technologie ist und ob sich das Marktvolumen für das Produkt noch wird ausdehnen können. Die Kopierbarkeit des Geschäftsmodells ist ein weiterer Faktor für Nachhaltigkeit. Gelingt Wettbewerbern ein Markteinstieg mit niedrigen Hürden?[24]

2.3 Internetbasierte Geschäftsmodelle

Das Internetbasierte Geschäftsmodell ist für Scheer-Deelmann-Loos eine Ergänzung ihrer allgemeinen Geschäftsmodell-Definition um die Komponente Internet: „Als Hilfsmittel wird explizit die Internettechnologie eingesetzt, welche Einfluss auf die Wertschöpfungsorganisation sowie den Inhalt und die Umsetzung von Transformationsprozessen und Transferflüssen hat.“[25]

Internetbasierte Geschäftsmodelle sind durch niedrige Eintrittsbarrieren in den Markt leicht kopierbar. Die Ursachen hierfür sind der relativ geringe Kapitalbedarf sowie die preiswerte und unaufwendige Produkterstellung wenn das Produkt Information ist. Das Unternehmen StudiVz ist ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit. StudiVz startete erst Ende des Jahres 2005 als auch optische Kopie des amerikanischen Vorbilds Facebook und wurde schnell Deutschlands Marktführer in diesem Bereich.

Neue Wettbewerber werden durch die Reichweite des Internet zudem zeitig wahrgenommen. Die Vorteile einer Pionierposition können so schnell verloren gehen.[26] So wurden Ende der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts zeitgleich verschiedene Online-Auktionshäuser in Deutschland gegründet, von denen letztlich Alando.de die Pionierposition nur behielt weil sich Ebay mit seiner Finanzkraft beteiligte.

Zusammenfassung: Ein Geschäftsmodell ist eine Strategiedarstellung. Es ist ein modellhafter und auf wesentliche, zukunftsfähige Bestandteile reduzierter Überblick einer Profitorganisation. Die wesentlichen Bestandteile sind der Nutzenaspekt (auch Marktattraktivität), die Architektur der Wertschöpfung (relativer Innovationsgrad) und das Ertragsmodell (Produktionskosten). Es enthält eine Übersicht der beteiligten Akteure, ihre Rollen und Interessen. Ein Geschäftsmodell ist neu, wenn ein innovativer Aspekt auf eines der genannten Bestandteile wirkt. Erfolgsfaktoren von Geschäftsmodellen sind zum Ersten die Kompatibilität und Ergänzungsfähigkeit der Geschäftsmodellbestandteile. Zum Zweiten, wenn die Marktattraktivität und der relative Innovationsgrad hoch sowie die Produktionskosten gering sind. Die Nachhaltigkeit eines Geschäftsmodells ist ebenfalls ein Erfolgsfaktor. Internetbasierte Geschäftsmodelle setzen die Internettechnologie in ihrer Wertschöpfungskette ein.

3 Web 2.0

3.1 Web 2.0 und die Veränderung der Internetnutzung

Der Begriff Web 2.0 wurde von Tim O’Reilly, Gründer des ersten Web-Portals, des Global Network Navigator, geprägt, als er im Jahr 2004 einen Namen für eine Konferenz von Softwarenentwicklern suchte, die den aktuellen Stand der Entwicklung widerspiegelt.[27]

Web 2.0 bedeutet für Tim O’Reilly das Ausnutzen von Netzwerkeffekten für die Verbesserung der Leistungsfähigkeit von Computerprogrammen. Anwendungen und Computerprogramme sollen durch Einsatz der Intelligenz jedes Einzelnen bei jeder Benutzung verbessert werden.[28]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2 : Plakative Darstellung der Mediennutzung im Zeitverlauf, gestern-heute-morgen, In: o.V.: MedienTrendreport, Best of 2006, S. 2/3

Experten von IBM beschreiben Web 2.0 anhand der Mediennutzung. Sie sehen beim TV, Radio und Zeitungen als klassische Medien eine klare Einteilung in Produzenten- und Konsumenten der Angebote: ‚Lean Back’. Beim Internet verschwimmt diese eindeutige Zuordnung: ‚Move Foreward’ und wird durch Verfügbarkeit der Technologie zum Erstellen eigener Inhalte für jedermann verbunden mit gestiegener Bandbreite der Datenübertragung vollständig aufgehoben: ‚Jump In’.[29]

Evans nennt dieses Phänomen ‚Empowerment of Periphery’.[30]

Die bisherige Internetnutzung, geprägt durch aktive Suche der Angebote aber passiven Konsum, wird abgelöst durch aktive Mitwirkung bei der Gestaltung von Inhalten (1. Web 2.0-Element). Die Nutzer sind nicht mehr nur Konsumenten von Angeboten Dritter. Sie veröffentlichen Beiträge in Weblogs[31] (Blogs), Bilder in Bilddatenbanken wie Flickr, Videos in Videodatenbanken wie YouTube, kommentieren in thematischen Communities, suchen nach Kontakten in StudiVZ oder Xing bzw. erstellen Inhalte in Wikipedia. Die Nutzer sind so eingebunden in die Angebotserstellung.

Die klare Einteilung von Produzenten und Konsumenten wird unscharf, jeder kann gleichzeitig Produzent als auch Konsument sein, Prosument.[32] Prosumenten sind interaktiv und gestalten selbst die von ihnen genutzten Angebote.[33]

Der Nutzwert des Angebotes erhöht sich mit steigenden Nutzerzahlen. Trendforscher Professor Wippermann erklärt das Phänomen mit Schwarmeffekt, das Wissen jedes Nutzers kumuliert in der kollektiven Intelligenz, bestes Beispiel ist Wikipedia. Das Resultat ist eine Wertsteigerung der Angebote, ausgelöst erst durch die Mitwirkung der Nutzer.[34]

Martin Fabel von A.T. Kearney spricht in diesem Zusammenhang von ‚Customer Energy’. Dabei ist Customer Energy an sich nicht neu. In den 80er und 90er Jahren war die Mitarbeit des Kunden auch erwünscht, beschränkte sich aber auf die letzten Stufen der Wertschöpfung: Selbsttanken statt Tankwartservice. In den Anfängen des Internet war die Mitwirkung des Kunden die, durch Direkteinkauf im Internet Wertschöpfungsstufen überflüssig zu machen. Das Beispiel der Firma Dell zeigt, dass durch Konfiguration der Computer durch den Kunden und dessen Einkauf über das Internet, Customer Energy erfolgreich zum Vorteil des Unternehmens genutzt werden kann.[35]

Jetzt ist noch viel mehr möglich: Die Kunden gestalten den Inhalt der angebotenen Plattformen. Künstler stellen ihre Fotos zu Flickr, Kunst-Studenten kreieren Designs und testen die Reaktion der anderen Nutzer in Threadless, Bands publizieren ihre Videos auf YouTube. Die Menschen nutzen die Plattformen für ihre Fähigkeiten, Vorlieben, Bedürfnisse und präsentieren sie so einem breiten Markt. Alle diese neu gegründeten Plattformen, Blogs und Communityseiten ziehen die Nutzer mit einer Mischung aus Mehrwert, Underground und Rebellion gegen die etablierten Unternehmen an.[36]

Dabei trifft eine globale Nachfrage auf ein globales Angebot. Bedingt durch die globale Reichweite des Internet finden auch die Angebote ihre Kundschaft, die sehr speziell und deshalb selten nachgefragt sind. Die so entstehenden Interessen-Communities haben nicht nur den Anspruch auf Ehrlichkeit und Authentizität. Sie sind es durch Zusammenarbeit und Selbstüberprüfung der erstellten Inhalte auch (2. Web 2.0-Element). Jeder hat die Möglichkeit zur Korrektur oder zur Veröffentlichung von Kritik. So werden erstellte Einträge in Wikipedia oft schon nach wenigen Minuten wieder durch einen anderen Autor überschrieben.[37]

Aber warum macht die Masse mit, ist selbst aktiv und konsumiert nicht nur wie bei Radio und TV und macht damit Angebote wie YouTube oder Wikipedia so erfolgreich? Saffo ist der Ansicht, die Aktivität der Nutzer dient der Befriedigung zentraler Grundbedürfnisse wie das Gebrauchtwerden, das Erzählen von Geschichten und das Sammeln von Sachen. Übertragen auf Maslow[38] werden Bedürfnisse der dritten und vierten Stufe, soziale Beziehungen und soziale Anerkennung angesprochen. Saffo glaubt, das Technologien umso besser sind und von Menschen übernommen werden, desto mehr sie diese Grundbedürfnisse erfüllen. Mit Web 2.0 lassen sich alle drei Bedürfnisse befriedigen: zum Beispiel lassen sich mit Blogs Geschichten erzählen und Erfahrungen sammeln, mit Kommentaren in Communities lässt sich anderen helfen.[39]

Bausteine von Webanwendungen lassen sich beliebig kombinieren und für die eigenen Ansprüche nutzen. (3. Web 2.0-Element). Viele Webunternehmen stellen der Allgemeinheit Programme zur Verfügung, um das eigene Angebot besser und effizienter zu machen, aber auch um die eigene Software in der Erwartung auf Ertragssteigerung weiter zu verbreiten. Evans nennt dies ‚Loose of Modularity’. Für die Unternehmen, die diese Angebote nutzen, heißt das, Einkauf von Dienstleistungen zu einem sehr günstigen Preis und Reduktion von Entwicklungskosten. Zum Beispiel bieten Unternehmen wie Google, Ebay oder Amazon Programme an, API[40], die die Software dieser Anbieter in das eigene Angebot integriert und sich nach Wunsch kombinieren lassen. So bietet Amazon fremden Shopbetreibern die Nutzung der Amazon-Logistik an. Das Unternehmen Fon nutzt als API ‚Google Map’, Googles Kartendienst, und bietet den Nutzern seiner Seite so einen Mehrwert. Ebay bietet seinen gewerblichen Kunden, den Powersellern, spezielle API, mit denen diese ihre Angebote automatisch in die Auktion einstellen können.[41]

Damit ist Web 2.0 das, was Tim Berners-Lee, Entwickler der Programmiersprache HTML, für das Internet prohezeite: „Interaktive und kollektive Bereitstellung und Nutzung von Informationen.“[42] Das Internet ist mit Web 2.0 erst das geworden, was es nach Berners- Lee von Anfang an hätte sein müssen. Die Vorteile des Mediums sind erst jetzt richtig in das Bewusstsein der Anwender gerückt. Und Lotter: „Das Internet war nie etwas anderes als ein interaktives System, um Menschen miteinander zu verbinden.“[43]

Paul Saffo, ein Technologie-Vorausdenker aus dem Silicon Valley, sieht grundsätzlich ebenfalls die Elemente des Web 2.0 für die Entwicklung des Internets als wichtig an. Er glaubt aber nicht an die Nachhaltigkeit der im Moment unbestritten populären Seiten wie YouTube oder MySpace. Für ihn sind diese Entwicklungen nur ein Strohfeuer oder eine Übergangslösung. Er denkt vielmehr, dass Virtuelle Welten prägender sein werden und ihre Möglichkeiten viel nachhaltiger den Umgang mit dem Internet verändern werden.[44]

3.2 Was bedeutet Web 2.0 für Unternehmen? Auswirkungen und Folgen

PwC sieht eine Reihe von Auswirkungen, die die Elemente des Web 2.0 auf Unternehmen haben. Erstens: Personalisierung der Kundenansprache. Da der Internetnutzer selbst entscheidet, welches Angebot er konsumiert, ist es für die Kommunikation mit dem Kunden vorteilhaft, dieses Verhalten zu nutzen und ihm Instrumente zu bieten, die authentisch wirken, gleichzeitig aber nicht klassisch kommuniziert werden. Möglichkeiten hier sind virales Marketing[45], Corporate Blogs und Podcasts[46]. Zweitens: Lernen vom Kunden. Die Atmosphäre von Communities kann genutzt werden um durch offen geäußerte Erfahrungen und Meinungen wertvolle Anregungen für die Produktentwicklung zu bekommen. So lässt sich die Marktakzeptanz des Produktes vor der Einführung stark erhöhen. Drittens: LongTail. Die auch LongTail genannte Möglichkeit für Nischenprodukte durch Reichweite und preiswerte Distribution einen großen Absatzmarkt zu finden ist eine Chance für Unternehmen mit derartigen Produkten. Viertens: Unternehmen sollten zügig handeln um die offensichtlichen Vorteile der Web 2.0 Entwicklung zu nutzen. Da der Nutzen des Angebotes sich mit jedem weiteren Nutzer erhöht, entsteht ein Sogeffekt in der Community der weitere Nutzer anzieht. Nach Erreichen der kritischen Masse an Nutzern ist dem Pionier der Marktführerschaft kaum mehr zu nehmen, zum Beispiel Ebay oder YouTube. Sie sind quasi Monopolisten in ihrem jeweiligen Markt.

Finden und gefunden werden! Es ist beidseitig möglich. Menschen präsentieren sich und bringen sich so in den Markt ein und werden gefunden. Andererseits können sie auch nach sich präsentierenden Unternehmen oder Interessengruppen suchen. Durch YouTube, Myspace und Blogs findet im Grunde eine nie gekannte Spezialisierung und Arbeitssteilung statt. Vorstellbar ist: Eine Schülerband stellt einen neuen Song auf YouTube und wird entdeckt. Etwas in der Art ist gerade passiert. Designs bei Spreadshirt ziehen das Interesse einer Galerie auf sich. Zufällige Beispiele, aber eine tägliche Kreuzung von Interessen im Internet.

Für Tapscott sind die Konsequenzen aus den Web 2.0-Elementen die ‚Wikinomics’, eine Übertragung des Wikipedia-Prinzips auf die Wirtschaft. Sie sind: freiwilliger Zusammenschluss Einzelner, Offenheit von Unternehmen, Kultur des Teilens, Lokal denken und Global handeln.[47]

Der freiwillige Zusammenschluss mehrerer Menschen zu einem gemeinsamen Projekt widerspricht der bisherigen Organisation von Arbeit und Hierarchie in Unternehmen, die nur deshalb so organisiert sind, weil nur durch die Gründung eines Unternehmens hohe Kosten der Kollaboration wie Suchkosten, Vertragskosten und Koordinationskosten gesenkt werden können. Das hat sich mit Web 2.0 grundlegend verändert. Bei Web 2.0 wird im Grunde eine Senkung der Kollaborationskosten gegen null erreicht.[48]

Durch Interessen geleitete Menschen finden sich im Internet zu bestimmten Projekten oder Geschäftsmodellen zusammen und können somit auf dieser Ebene das machen, was vorher nur in Projekten stattfand, die Unternehmen hießen.[49]

Dabei bedeutet Web 2.0 nach Lotter die Ausweitung von Märkten. Dank einfach nutzbarer Technik besteht für jeden Einzelnen die Möglichkeit, Unternehmer zu sein und Angebote einzustellen. Durch Open Source Software[50] hat jeder Zugriffsrechte auf Programme und Programmteile. Das heißt aber auch, dass durch das vergrößerte Angebot ein viel intensiverer Wettbewerb stattfindet, den nur die Unternehmen mit dem überzeugendsten Angebot sowie einer kritischen Masse an Nutzern bestehen werden. Allerdings ist es schwerer, den Wettbewerb durch Finanzkraft zu monopolisieren, da der Zugang zum Netz nicht gesteuert werden kann.[51]

Traditionelle Unternehmen zwingt dieser Angriff auf ihre Geschäftsmodelle durch kreative, hoch spezialisierte Interessengruppen ihre eigenen Ressourcen teilweise öffentlich zu machen um somit von dem umfangreichen Wissen und der immensen Kreativität der vernetzten Spezialisten profitieren zu können. Das virtuelle Unternehmen beschäftigt dabei externe Spezialisten in Projekten.[52]

[...]


[1] Avatar: virtueller Stellvertreter eines Nutzers einer virtuellen Welt oder eines Onlinespiels

[2] PwC (2006): Web 2.0 – Revolution oder nur ein Upgrade?

[3] Usergenerated Content und Community: Kurzerklärung für auffällige Erscheinungen des Web 2.0

[4] Tapscott, D.: Nackt und Fit, In: Brandeins 2/2007

[5] Brick- und Byteunternehmen: Kurzbezeichnung für traditionelle, physische Unternehmen und Unternehmen mit rein virtuellem Geschäftsmodell

[6] Baatz, E.B.: Will Your Business Model Float? In: WebMaster Magazine 10/1996

[7] Stähler, P. (2001): Geschäftsmodelle in der digitalen Ökonomie, S. 41 f.

[8] Meffert, H; Backhaus, K; Becker, J. (2005): Neue Geschäftsmodelle als Wachstumsmotor, S. 4/5

[9] Meffert, H; Backhaus, K; Becker, J. (2005): Neue Geschäftsmodelle als Wachstumsmotor, S. 26

[10] Wirtz, B: Electronic Business in: Malek, M; Ibach,P-K (2004): Entrepreneurship, S. 294

[11] Mercer Management Consulting: Herausforderung profitables Wachstum, Pressemitteilung vom 02.12.2002

[12] Timmers, P: Business Models for Electronic Markets, In: EM-E-Commerce in Europe 8/1998 S.3 ff.,

[13] Bieger, T; Bickhoff, N; Knyphausen-Aufseß, D.z. (2002): Zukünftige Geschäftsmodelle – Konzepte und Anwendungen in der Netzökonomie, S. 4-5

[14] Fritz, W.: Marketing – Ein Schlüsselfaktor des Unternehmenserfolges? In: Kowallik, T. (2004): Erfolgchancen der Geschäftsmodelle von Start-ups im E-Commerce, S. 20

[15] PIMS-Studie: (Profit Impact of Market Strategies) versucht auf empirischer Basis einen Zusammenhang zwischen Unternehmensstrategie und Unternehmenserfolg nachzuweisen

[16] ROI: Finanzwirtschaftliche Kennzahl: misst die Gesamtkapitalrentabilität, schafft die Voraussetzung, um die Rendite des gesamten im Unternehmen eingesetzten Kapitals zu messen

[17] Cash Flow: Finanzwirtschaftliche Kennzahl: stellt den zahlungswirksamen, finanziellen Überschuss einer Periode dar

[18] Höfner, K; Schmeißer, F.: Nutzen Sie die PIMS-Erkenntnisse? In: Kowallik, T. (2004): Erfolgchancen der Geschäftsmodelle von Start-ups im E-Commerce, S.23

[19] FIEGE-Würfel: die von der Firma FIEGE entwickelte dreidimensionale Darstellung von Geschäftsmodelldeterminanten

[20] Meffert, H; Backhaus, K; Becker, J. (2005): Neue Geschäftsmodelle als Wachstumsmotor, S. 29

[21] Porter, M.E.: Wettbewerbsvorteile, In: Zollenkop, M. (2006): Geschäftsmodellinnovation, S. 90

[22] Magretta, J.: Why Business Models Matter, In: Zollenkop, M.: (2006): Geschäftsmodellinnovation, S.90

[23] Zollenkop, M. (2006): Geschäftsmodellinnovation, S. 87

[24] Zollenkop, M.: (2006): Geschäftsmodellinnovation, S. V

[25] Scheer, C.; Deelmann, T.; Loos, P. (2003): Geschäftsmodelle und internetbasierte Geschäftsmodelle- Begriffsbestimmung und Teilnehmermodell, S. 29

[26] Frischmuth, J; Karrlein, W; Knop, J. (2001): Strategien und Prozesse für neue Geschäftsmodelle, S. 16

[27] Lotter, W.: Elementarteilchen, In: Brandeins 2/2007 S. 53 f.

[28] Schlandt, J.: Die Vernetzten - Digitalpionier Tim O' Reilly über das Web 2.0, In: Berliner Zeitung vom 20.01.2007

[29] Kaumanns R.; Neus A.; Pörschmann F.C. (2006): Konvergenz oder Divergenz?, S.2

[30] Evans, P. (2006): The Kindness of Stranger, S.3 f.

[31] Webblogs: einfach nutz- und erstellbare Homepages als Webtagebücher

[32] Evans, P. (2006): The Kindness of Stranger, S.3 f.

[33] Kaumanns R.; Neus A.; Pörschmann F.C. (2006): Konvergenz oder Divergenz?, S.2

[34] Fösken, S.: Was ist dran am Web 2.0? In: Absatzwirtschaft 9/2006

[35] Fabel, M. (2006): myGrowth - Wie Unternehmen in der digitalen (Medien-)Zukunft reüssieren können, S. 21

[36] Evans, P. (2006): The Kindness of Stranger, S.4ff.

[37] Evans, P. (2006): The Kindness of Stranger, S.4ff.

[38] Maslov, Abraham: Entwickelte die Bedürfnispyramide, deren Basis die existenziellen Bedürfnisse darstellen, sind diese befriedigt, rücken soziale Bedürfnisse in den Mittelpunkt. An der Spitze der Bedürfnispyramide steht der Wunsch nach Selbstverwirklichung und Denkmalsetzung

[39] Saffo, P.: In: KPMG (2007): The Impact of Digitalization – a generation apart, S.22

[40] API: Programmierschnittstelle, ein Programm ermöglicht einer anderen Software über eine Programmierschnittstelle die Anbindung an das System

[41] Evans, P. (2006): The Kindness of Stranger, S. 7ff.

[42] PwC (2006): Web 2.0 – Revolution oder nur ein Upgrade?

[43] Lotter, W.: Elementarteilchen, In: Brandeins 2/2007, S. 55

[44] Saffo, P.: In: KPMG (2007): The Impact of Digitalization – a generation apart, S.23

[45] virales Marketing: Kommunikationsinstrument des Marketing, die Botschaft wird als authentisch empfunden, da sie von den Empfängern selbständig per e-mail, Handy oder Mund zu Mund-Propaganda weiter verbreitet wird

[46] Podcast: Mediendateien, die über das Internet zur Verfügung gestellt werden

[47] Tapscott, D.: Nackt und Fit, In: Brandeins 2/2007

[48] Tapscott, D.: Nackt und Fit, In: Brandeins 2/2007

[49] Tapscott, D.: Nackt und Fit, In: Brandeins 2/2007

[50] Open Source Software: Der Quelltext ist öffentlich verfügbar und darf verändert, kopiert, genutzt und weiterverbreitet werden

[51] Lotter, W.: Elementarteilchen, In: Brandeins 2/2007, S. 60

[52] Tapscott, D.: Nackt und Fit, In: Brandeins 2/2007

Ende der Leseprobe aus 90 Seiten

Details

Titel
Second Life - Perspektiven und Geschäftsmodelle im virtuellen Wirtschaftsraum Second Life
Hochschule
Fachhochschule für Wirtschaft Berlin
Note
2,1
Autor
Jahr
2007
Seiten
90
Katalognummer
V86751
ISBN (eBook)
9783638013086
ISBN (Buch)
9783638930420
Dateigröße
1769 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Second, Life, Perspektiven, Geschäftsmodelle, Wirtschaftsraum, Second, Life
Arbeit zitieren
Thomas Hentschel (Autor:in), 2007, Second Life - Perspektiven und Geschäftsmodelle im virtuellen Wirtschaftsraum Second Life, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86751

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