Der Funktionalitätswandel deutscher Küchen von 1890 bis zur Gegenwart


Hausarbeit, 2003

16 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Eingrenzung des Themas

3. Der Niedergang der Küchengemütlichkeit
3.1. Die wichtigsten Gründe für die Küchenweiterentwicklung
3.2. Abeiterküchen um 1901
3.3. Die Richtung der Küchenentwicklung

4. Die Entwicklung der Küche bis zum Beginn des 2. Weltkrieges
4.1. Rationalisierung und Zeitersparnis
4.2. Die Küchenmodelle der Rationalisierung

5. Die Küchenentwicklung nach Ende des Zweiten Weltkrieges
5.1. Die Auswirkungen des zweiten Weltkrieges
5.2. DIN 18022 und die Anbauküche
5.3. Das Bedürfnis nach Küchengemütlichkeit

6. Die moderne Küche heute
6.1. Die Größe und Bedeutung der Küche
6.2. Die Multifunktionalität der Küche
6.3. Die Rückkehr zur Küchengemütlichkeit?

7. Resümee und Ausblick

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Küchen sind ein Stück Normalität. Jeder kennt sie und (fast) jeder hat eine in der Wohnung und nutzt sie täglich. Dabei hat jeder ein Bild im Kopf, wie eine Küche aussieht und welche Tätigkeiten in ihr ausgeführt werden. Auch wenn es hier individuelle Ansichten gibt, gibt es viele Gemeinsamkeiten. In eine Küche gehören Herd, Spüle und Kühlschrank, aber keine Betten oder Fernseher. Oder etwa doch? Wenn man beginnt näher darüber nachzudenken, stellt man fest, dass es vieles an und in der Küche gibt, das variiert. So findet man zum Beispiel Wohnküchen, Arbeitsküchen, Küchennischen und keine Form davon ist die einzig Richtige. Wie kommt es nun zu dieser Vielfalt und in welche Richtung geht der Trend? Warum sehen Küchen heute so aus wie sie aussehen und welche sozialen und arbeitstechnischen Funktionen erfüllen und erfüllten sie in Haushalt und Familie? Um diese Fragen zu beantworten mache ich nun eine kleine Zeitreise durch die Entstehungsgeschichte und den Funktionalitätswandel der Küche.

2. Eingrenzung des Themas

Im Mittelpunkt meiner Arbeit steht der Gegensatz von Küchengemütlichkeit und der Küche als reiner Arbeitsküche, mit ihren sozialen und räumlichen Funktionen. Ich betrachte den Zeitraum von 1890, als der Rückgang der Küchengemütlichkeit begann[1],

bis heute. Als Literatur nutze ich auf der einen Seite aktuelle Forschungsliteratur darüber, wie es damals war, auf der anderen Seite Literatur über die Küche aus der jeweiligen Zeit selbst. Ich beziehe mich ausschließlich auf die deutsche Küche. Für den Zeitraum des geteilten Deutschlands beschränke ich mich auf die BRD.

Die Küchen unterschieden sich früher in den verschiedenen gesellschaftlichen Schichten und in ihren jeweiligen Entwicklungsstufen wesentlich. Meine Arbeit bezieht sich auf die Küchen in Arbeiter- und Kleinbürgerwohnungen.

Die Arbeitserleichterung für die Hausfrau hat in der Entwicklungsgeschichte der Küche eine wichtige Rolle gespielt und fließt deshalb in meine Hausarbeit ein. Es gab das Ziel „Die Leistung der Hausfrau zu erleichtern, (dies sei die)... absolute Voraussetzung dafür, dass sie als Frau und Mutter ihre unerlässliche und heilsame Aufgabe (soziale Beziehungsarbeit und Kindererziehung, Anm. K.Grebing) noch erfüllen kann: zumal wenn sie selber berufstätig mitverdient.“[2] Doch die mir in der Literatur oft begegnete Frage, ob die Entwicklung, insbesondere die Rationalisierung der Küche, zur Mehrbelastung, Entlastung, Befreiung oder „Versklavung“ der Hausfrau geführt hat, lasse ich außer Acht, da sie alleine für eine ganze Hausarbeit ausreichend wäre.

Am Rande gehe ich auch auf die Entwicklung des Wohnzimmers ein, denn sie ist mit der Küchenentwicklung eng verbunden. So zog z.B. die Gemütlichkeit der Küche in den Repräsentationsraum Stube oder Wohnzimmer ein und veränderte auf diese Weise gleichzeitig die Bedeutung dieses Raumes.

3. Der Niedergang der Küchengemütlichkeit

3.1. Die wichtigsten Gründe für die Küchenweiterentwicklung

„Das ideale Küchenbild über die Jahrhunderte hinweg war die ´Lebendigkeit, Speisenfülle und Geräteausstattung der Feudalküchen, waren die gemütlichen Bauernküchen mit dem Spinnrad am offenen Kamin.` “[3] Das Wort Küchengemütlichkeit ist also wörtlich zu nehmen. Die Küche war ein gemütlicher Ort, an dem nicht nur gearbeitet sondern auch gewohnt wurde. Sie hatte eine wichtige soziale Funktion, denn in ihr spielte sich ein großer Teil des Alltags der Familien ab. Hierzu trug vor allem der Herd als wichtigster Ort im Haus bei.[4]

Ab ca. 1890 begann sich dieser Zustand zu ändern. Es startete eine Entwicklung zur „modernen Küche“. Diese neue Küchenart zeichnete sich durch die Kombination von Möbeln, Küchengeräten und Zubehör, welche in Form, Abmessung und Farbe abgestimmt und einander zugeordnet sind, aus. Dies war davor nicht der Fall.[5] Außerdem ist sie auf Zeit- und Arbeitsersparnis ausgelegt.

Für diese Richtung der Weiterentwicklung der Küche gab es zwei große Hintergrundkomplexe. Einer davon war der Beginn des Industriezeitalters. Durch diesen hielt die Technik Einzug in den Haushalt. Ab ca. 1890 konkurrierte der elektrische Strom mit dem Gas als Energiequelle für den Haushalt.[6] Er ermöglichte später die Verwendung von immer mehr elektrischen Haushaltsgeräten. Zur gleichen Zeit gab es den ersten Eisschrank in der Küche.[7] Bereits seit 1870 fand man Wasserhähne in den Küchen und schon ab 1900 waren sie, außer bei armen Arbeitern, selbstverständlich geworden.[8] So entfiel der Weg zum Brunnen und in der Küche wurde der Platz eingespart, an dem davor das Wasser in großen Gefäßen gelagert wurde.

Der zweite Komplex umfasste gesellschaftliche Veränderungen, die natürlich nicht von dem ersten Komplex abgetrennt werden können, sondern sich aus ihm ergeben. Hierzu gehörten „neue[...] Berufsbilder[...] der Frau (Büro, Fabrik), veränderte Eßgewohnheiten und (die) [...] beginnende[...] Auflösung der alten Familiengemeinsamkeit.“[9]. Diese Auflösung der Familiengemeinsamkeit war z.B. bedingt durch die Auslagerung der Arbeit und des Arbeitsplatzes aus dem Wohnhaus und durch die auswärtige Berufstätigkeit der Frauen.

Eine weitere große Veränderung war der Dienstbotenrückgang. Lag der Dienstbotenanteil Mitte des 19. Jahrhunderts bei 14%, fiel er bis 1907 auf gerade einmal 2% zurück.[10] Die Arbeit der Dienstboten sollte nun zur Entlastung der Hausfrau, die oft sowieso durch Haushalt und Arbeit einer Doppelbelastung ausgesetzt war, von elektrischen Küchengeräten übernommen werden.

Auch entstanden in den Städten durch die Industrialisierung viele Arbeiterwohnungen, in denen schon auf Grund ihrer Größe keine rechte Küchengemütlichkeit aufkommen konnte. Dafür waren sie einfach zu klein.

3.2. Abeiterküchen um 1901

Bereits 1901 gab es Schriften, z. B. der Arbeiterwohlfahrt, wie genau eine Küche aussehen sollte und welche Größe sie haben solle, um die Bedürfnisse der Familien zu befriedigen. 1901 hatte die Küchenweiterentwicklung zur reinen Arbeitsküche zwar bereits begonnen, aber die Forderung nach der rationellen Küche tauchte erst später in Verbindung mit den beiden Weltkriegen auf. Davor sollten die Küchen noch mehrere Funktionen erfüllen und zudem behaglich sein. Zum einen dienten sie natürlich der Nahrungszubereitung und -aufnahme, zum anderen spielten hier die Kinder unter Aufsicht der Mutter oder machten ihre Hausaufgaben. Diese Aufsichtspflicht musste, auch auf Grund der Dienstmädchenknappheit, ebenfalls von der Mutter übernommen werden. Die Küche bildete also noch „Tags über den Hauptaufenthaltsort für alle Mitglieder des Hausstandes“[11].

Um zu verstehen welche sozialen Konsequenzen die nun einsetzenden Veränderungen für die Familien in ihrem Alltag hatte, darf man die Funktion des Wohnzimmers im Wandel der Zeit nicht außer Acht lassen. Obwohl die Familien damals die meiste Zeit in der Küche verbrachten, bedeutet dies nicht, dass es kein Wohnzimmer gab. Dieses hatte nur eine andere Funktion als heute. Die sogenannte gute Stube fungierte als Repräsentationsraum des sozialen Status, als Empfangsraum für Besuch und als Aufbewahrungsort für den besseren Teil des Hausrats.[12] Da sie deshalb weniger genutzt wurde, war sie kleiner als die Küche. Diese hingegen sollte geräumig, gemütlich und inklusive Spülküche (Nebenraum mit Spüle) mindestens 15-25 qm groß sein.[13]

[...]


[1] Vgl. Renert, Hans in Zusammenarbeit mit dem Hause Poggenpohl: 75 Jahre Küchengeschichte. Herford: Fr. Poggenpohl K.G (1967?). S.7

[2] AMK 1, Schriften der Arbeitsgemeinschaft DIE MODERNE KÜCHE e.v.: Die Küche in der

Wohnungsplanung. Darmstadt: Verlag DIE PLANUNG (1958/59?) S.2

[3] Clemens-Walter, Werner: Die Küche, Geschichte und Funktion eines Arbeitsplatzes. Berlin:

Offset Druckerei Gerhard Weinert 1990 (= Arbeitslehre , Pädagogisches Zentrum Berlin; Reihe: Curriculare Entwicklungen). S.30

[4] Vgl. Ebd. S.12

[5] Vgl. AMK 1: Die Küche in der Wohnungsplanung. S.30

[6] Vgl. Clemens-Walter, W.: Die Küche, Geschichte und Funktion eines Arbeitsplatzes. S.23

[7] Vgl. Renert, H.: 75 Jahre Küchengeschichte. S.11

[8] Vgl. Silbermann, Alphons: Die Küche im Wohnerlebnis der Deutschen. Opladen: Leske und Budrich 1995. S.18,20

[9] Clemens-Walter, W.: Die Küche, Geschichte und Funktion eines Arbeitsplatzes. S.30

[10] Vgl. Petsch, Joachim: Eigenheim und gute Stube, Zur Geschichte des bürgerlichen Wohnens. Köln: DuMont Buchverlag 1989. S.114

[11] Nußbaum, H. Chr.: Bau und Einrichtung von Kleinwohnungen. Berlin: Carl Heymanns 1901

(= Schriften der Zentralstelle für Arbeiter-Wohlfahrtseinrichtungen Nr. 20). S.33/34, Zitat S.34

[12] Vgl. Ebd. S.39

[13] Vgl. Ebd. S.35

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Der Funktionalitätswandel deutscher Küchen von 1890 bis zur Gegenwart
Hochschule
Universität Bielefeld
Veranstaltung
Einführung in die Kulturanalyse
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
16
Katalognummer
V86745
ISBN (eBook)
9783638021722
ISBN (Buch)
9783638924894
Dateigröße
423 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
"Eine sehr differenzierte Darstellung der "Küchen"-Entwicklung auf der Grundlage der relevanten Literatur". (Beurteilung des benotenden Professors)
Schlagworte
Funktionalitätswandel, Küchen, Gegenwart, Einführung, Kulturanalyse
Arbeit zitieren
Katrin Grebing (Autor:in), 2003, Der Funktionalitätswandel deutscher Küchen von 1890 bis zur Gegenwart, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86745

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