Eine kontrastive Analyse von deutschen und italienischen Kollokationen im Wortfeld „Körperteile“


Magisterarbeit, 2005

77 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Zielsetzung
1.2 Stand der Wissenschaft

2. Die Stellung der Kollokationen in der Phraseologie
2.1 Gegenstandsbestimmung der Phraseologie
2.2 Zum Wesen phraseologischer Einheiten
2.2.1 Polylexikalität
2.2.2 Idiomatizität
2.2.3 Stabilität
2.2.4 Reproduzierbarkeit
2.2.5 Lexikalisierung
2.3 Klassifikation der phraseologischen Einheiten
2.3.1 PE als festgeprägte Sätze
2.3.2 PE als Wortgruppen

3. Die Analyse des Kollokationbegriffes im Rahmen der Sprachwissenschaft
3.1 Die Abgrenzung der Kollokationen von anderen syntagmatischen Beziehungen
3.1.1 Wesenhafte Bedeutungsbeziehungen von Porzig
3.1.2 Lexikalische Solidaritäten von Coseriu
3.2 Verschiedene Definitionsansätze zum Begriff der Kollokation
3.3 Kollokationen in Abgrenzung zu anderen Kategorien von syntagmatischen Wortverbindungen
3.3.1 Kollokation und freie Wortverbindung
3.3.2 Kollokation und Idiom
3.3.3 Kollokation und Funktionsverbgefüge
3.4 Kollokationen im britischen Kontextualismus
3.4.1 Kollokationen nach Firth
3.4.2 Kollokationen nach Halliday
3.4.3 Kollokationen nach Sinclair
3.5 Kollokationen in der Lexikographie
3.5.1 Kollokationen nach Cowie
3.5.2 Kollokationen nach Benson
3.5.3 Kollokationen nach Hausmann
3.6 Selektionsbeschränkungen und Kollokationsrestriktionen
3.7 Kollokabilität
3.7.1 Sprachlich und nichtsprachlich bedingte Kollokabilität
3.7.2 Semische und sememische Vereinbarkeit
3.8 Klassifikation und Definition der Kollokationen

4. Deutsche und italienische Kollokationen im Wortfeld „Körperteile“
4.1 Kollokationsauffassung der kontrastiven Analyse
4.2 Das Korpus
4.2.1 Substantiv - Adjektiv - Kollokationen
4.2.2 Substantiv - Verb - Kollokationen
4.3 Beschreibungsmethode
4.4 Äquivalenzbeziehungen bei deutschen und italienischen Kollokationen im Wortfeld „Körperteile“
4.4.1 vollständige Äquivalenz (Volläquivalenz)
4.4.2 partielle Äquivalenz (Teiläquivalenz)
4.4.3 fehlende Äquivalenz (Nulläquivalenz)
4.5 Sprachkontrastive Effekte
4.5.1 Ein sprachkontrastiver Vergleich von freien Verbindungen, Idiomen und Kollokationen
4.5.2 Die Konzeptualisierung von Kollokationen
4.5.3 Die Kategorisierung von Kollokationen
4.5.4 Die Bewertung kontrastiver Aspekte

5. Die Bedeutung der Kollokationen für praktische Aufgabenstellungen
5.1 Kollokationen in der Übersetzung
5.2 Kollokationen im Fremdsprachenunterricht
5.3 Kollokationen als lexikographisches Problem

6. Zusammenfassung

7. Schlussbemerkung

8. Anhang

9. Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

1.1 Zielsetzung

Wortverbindungen haben es in sich: Für Nichtmuttersprachler stellen sie bisweilen eine große Hürde dar. Denn wer kann schon begründen, warum man sich im Deutschen die Zähne putzt während man sie im Italienischen wäscht (lavare i denti)?

Man fällt ein Urteil, wünscht sich Hals- und Beinbruch - und wer zu spät kommt den bestraft das Leben.

Beim Sprechen werden nicht nur einzelne Wörter zu sinnvollen Sätzen zusammengefügt, sondern man verwendet allgemein übliche Wortkombinationen, die dem täglichen Sprachgebrauch angehören. Sie werden bereits im frühen Kindesalter als zusammenhängende Einheiten gelernt und im mentalen Lexikon gespeichert. Deshalb gebrauchen Muttersprachler intuitiv korrekte und passende Verbindungen. Lernt man hingegen eine Fremdsprache, besteht stets die Gefahr, dass die Kombinationsregeln dieser Sprache verletzt werden, da diese von den Gesetzmäßigkeiten der eigenen Muttersprache nicht selten abweichen.

In der vorliegenden Arbeit wird ein Typ dieser Wortverbindungen, die sogenannten Kollokationen genauer untersucht. Das sind auf den ersten Blick eher unauffällige, semantisch durchsichtige Fügungen, wie zum Beispiel eingefleischter Junggeselle bzw. it. scapolo impenitente.

Die wichtigste Zielsetzung dieser Arbeit besteht in einem synchronen kontrastiven Vergleich von italienischen und deutschen Kollokationen im Wortfeld „Körperteile“. Dabei werden morphologisch - syntaktische und semantisch - lexikalische Ähnlichkeiten und Unterschiede besonders berücksichtigt. Es werden auch sprachdidaktische und lexikographische Aspekte in die Betrachtungen miteinbezogen.

Zunächst sind die Kollokationen in den Bereich der Phraseologie, der Lehre von den festen Wortverbindungen einzuordnen. Es werden die zentrale Terminologie, sowohl für Phraseologismen als auch Kollokationen, und die damit zusammenhängenden vielfältigen Definitions - und Abgrenzungprobleme erörtert. Weiterhin werden die, für die Sprachwissenschaft wichtigsten Grundkonzepte des Kollokationsbegriffs und dessen Abgrenzung von anderen linguistischen Konzepten erläutert. Diese Vorüberlegungen zu Kollokationen bilden den theoretischen Rahmen der kontrastiven Analyse, die den zweiten Teil der Arbeit ausmacht. Die Analyse beschränkt sich auf deutsche und italienische Substantiv - Verb - Kollokationen und Substantiv - Adjektiv - Kollokationen im Wortfeld „Körperteile“, die verschiedenen ein - und zweisprachigen Wörterbüchern entnommen wurden. Das dadurch entstandene Untersuchungskorpus wird nach verschiedenen Methoden untersucht und bewertet. Das Korpus musste insoweit begrenzt werden, dass dessen manuelle Bearbeitung möglich war und der Rahmen dieser Arbeit nicht gesprengt wurde.

1.2 Stand der Wissenschaft

Das Konzept der Kollokation im Bereich der Sprachwissenschaft existiert schon länger, doch wurde ihm bisher nicht die entsprechende Bedeutung zugemessen. Bereits Charles Bally, der erste Nachfolger Ferdinand de Saussures[1] an der Universität Genf behandelte in seinem erstmals 1909 erschienen zweibändigen Werk „Traité de stylistique franVaise“ das zu behandelnde Phänomen unter dem noch vagen Begriff groupements usuels. Im Jahr 1934 publizierte Walter Porzig seinen Aufsatz „Wesenhafte Bedeutungsbeziehungen“, mit dem er einen wesentlichen Beitrag für die weitere Kollokationsforschung leistete.

Erst ab den fünfziger Jahren wurde die Problematik der freien und begrenzten Kombinierbarkeit sprachlicher Elemente erneut aufgegriffen. Bereits vorhandene Unteruchungen wurden durch den Britischen Kontextualismus theoretisch und methodologisch vertieft. Der Hauptvertreter dieser Schule, John Rupert Firth ist der Schöpfer des Terminus Kollokation.

„Der Gebrauch des Terminus Kollokation variiert in der wissenschaftlichen Literatur stark“ (Herbst/ Stoll/ Westermayr 1991: 164).

Einerseits handelt es sich um die „Bezeichnung für eine bestimmte Kategorie von Zweierverbindungen von Lexemen“ (Bahns 1996: 1). In diesem Sinn steht der Begriff Kollokation auf einer Ebene mit den Begriffen Idiom und freie Wortverbindung. Andererseits versteht man unter Kollokation das „Zusammenvorkommen linguistischer Elemente“ (Handbuch der Linguistik, s.v. Kollokation) oder “die assoziative Verbindung von Wörtern“ (Welte 1974: 248). In diesem Sinn steht der Begriff der Kollokation auf einer Ebene mit Begriffen wie Distribution, Konkomitanz, Kookkurrenz, Kompatibilität und Selektion[2] (vgl. Bahns 1996: 1).

Kollokationen werden sowohl auf syntaktisch - semantischer als auch auf statistischer Ebene analysiert. Kollokationen, die mit Hilfe statistischer Verfahren erhoben wurden, umfassen beliebige Wortkombinationen, die durchaus grammatisch unkorrekt sein können. Folgt man dem syntaktisch - semantischen Ansatz, so sind Kollokationen auf die Kombination bestimmter Wortarten (z.B. Substantiv-Verb-Kollokationen) beschränkt.

Der Kollokationsbegriff wurde in verschiedenen sprachwissenschaftlichen Schulen (Strukturalismus, Transformations- grammatik und Kontextualismus) untersucht und ist für unterschiedliche Bereiche der Linguistik von Bedeutung (z.B. Lexikologie und Lexikographie, Übersetzungswissenschaft oder Computerlinguistik).

Die Tatsache, dass das Phänomen der Kollokation an der Grenze zwischen Grammatik und Lexik bzw. Syntax und Semantik anzusiedeln ist, stellt nach Bartsch ein wichtiges Kriterium für die unterschiedlichen Definitionsansätze des Kollokationsbegriffs dar.

„The multifacted nature of collocations begs an integrated, multilevel description incorporating syntactic, semantic, lexical and pragmatic, and in some cases even phonological criteria” (Bartsch 2004: 27).

Kollokationen können demnach nicht ausschließlich auf syntaktischer Ebene betrachtet werden, da dadurch die spezifischen lexikalischen und pragmatischen Eigenschaften von Kollokationen unbeachtet bleiben.

2. Die Stellung der Kollokationen in der Phraseologie

Eine Kollokation „ist die phraseologische Kombination von Bett und machen, von Zähne und putzen, von Tisch und decken, von Ruhe und einkehren, von Glück und unverschämt, von Unterschied und himmelweit“ (Hausmann 2003: 311).

Kollokationen werden zunächst als feste Wortverbindungen in ein Teilgebiet der Sprachwissenschaft, die Phraseologie, eingeordnet.

Als Teildisziplin der Lexikologie untersucht die Phraseologie die semantischen, syntaktischen und funktionalen Eigenschaften der Phraseologismen oder phraseologischen Einheiten (PE) [3] .

In dieser Arbeit werden die Begriffe phraseologische Einheit, Phraseologismus und Phraseolexem zur Bezeichnung aller phraseologischen Ausprägungen, unter die auch die stabilen Wortverbindungen fallen, synonym verwendet.

2.1 Gegenstandsbestimmung der Phraseologie

Die Phraseologie ist die Lehre von den festen Wortverbindungen. Diese werden in phraseologische und nicht phraseologische Wortverbindungen unterteilt.

Nach Fleischer (1982: 11) sollten in den „Bestand der Phraseologismen quantitativ alle Einheiten der Sprache aufgenommen werden, die qualitativ als Phraseologismen bestimmt würden“.

Man unterscheidet zwischen Phraseologie im engeren Sinne und Phraseologie im weiteren Sinne. Den Bereich der Phraseologie im weiteren Sinne bilden diejenigen Phraseologismen, die die Merkmale Mehrgliedrigkeit und Stabilität aufweisen (vgl. Burger 2003: 14). Die Vetreter der Phraseologie im weiteren Sinne betrachten die „Einheiten der Phraseologie und der Lexik als einander in jeder Beziehung ebenbürtig“ (Häusermann 1977: 10). Die Menge derjenigen Phraseologismen, die neben den bereits genannten Eigenschaften Idiomatizität aufweisen, bilden den Bereich der Phraeologie im engeren Sinne (vgl. Burger 2003: 15).

Fleischer (1982: 2) spricht auch von Zentrum und Peripherie.

2.2 Zum Wesen phraseologischer Einheiten

Fleischer (1982: 13) schlägt zur Bestimmung derjenigen Wortverbindungen, die als Phraseologismen zu klassifizieren sind, die Erstellung einer Merkmalsmatrix vor. Die Merkmale müssen nicht für alle Einheiten gemeinsam gelten, können aber „zusammenfallen“. Die Einheiten müssen ebenso nicht alle Merkmale aufweisen, um als Phraseologismen zu gelten.

2.2.1 Polylexikalität

Eine phraseologische Einheit besteht aus zwei oder mehreren Wörtern. Ein Autosemantikum[4] dient als Basiselement und wird entweder mit einem weiteren Autosemantikum und/oder einem Synsemantikum[5] verknüpft. Der Phraseologismus wird in der Sprachgemeinschaft wie eine sprachliche Einheit verwendet.

2.2.2 Idiomatizität

Die Gesamtbedeutung eines Phraseologismus entspricht nicht der Summe der Bedeutung seiner Konstituenten. Wenn eine Diskrepanz zwischen der phraseologischen Bedeutung und der wörtlichen Bedeutung besteht, dann ist der Ausdruck idiomatisch (vgl. Burger 2003: 31). „Die phraseologische Bedeutung ist nicht regulär aus den freien Bedeutungen der Komponenten ableitbar, sondern kommt nur zustande, wenn genau diese und keine andere morphosyntaktische und lexikalische Realisierung der Wortverbindung vorliegt“ (Burger 2003: 32).

Das Merkmal der Idiomatizität zeigt sich in unterschiedlicher Ausprägung. Bei vollidiomatischen Phraseologismen wurden alle Komponenten der Wortverbindung semantisch umgedeutet.

(1) vedere le stelle
(2) essere la quinta ruota del carro
(3) ins Gras beißen
Bei teilidiomatischen Phraseologismen behält mindestens eine Komponente ihre ursprüngliche Bedeutung, die in die Gesamtbedeutung eingeht.
(4) salvare la pelle- salvare la vita
(5) das Bett hüten

Durch die Ausweitung des Gegenstandbereichs auf nichtidiomatische Wortverbindungen, ist die Idiomatizität das Hauptmerkmal vieler phraseologischer Einheiten.

2.2.3 Stabilität

Bezeichnungen wie „feste Wortverbindungen“ (Agricola 1977: 29), „feste Syntagmen“ (Rothkegel 1973) und „feste Wendungen“ (Fleischer 1982: 9) deuten darauf hin, dass Stabilität als ein wichtiges Definitionskriterium von phraseologischen Einheiten gilt.

Es hängt mit der Idiomatizität zusammen, dass dem Austausch der Konstituenten einer phraseologischen Einheit Grenzen gesetzt sind.

„Die Gesamtbedeutung des Phraseologismus ist an die Kombination einzelner konkreter lexikalischer Elemente gebunden“ (Fleischer 1982: 41).

Für Burger (2003: 16) ist die Gebräuchlichkeit ein wichtiges Merkmal der Phraseologismen.

„Für alle Phraseologismen gilt als Grundbedingung ihrer Festigkeit, dass sie in einem synchronen Sprachquerschnitt „gebräuchlich“ sind“.

Stabilität ist notwendig, um von phraseologischen Einheiten sprechen zu können. Veränderungen führen dazu, dass ihre spezifische phraseologische Semantik verloren geht und sie in freie Syntagmen umgeformt werden.

2.2.4 Reproduzierbarkeit

Die Reproduzierbarkeit einer PE steht in engem Verhältnis zur Stabilität. Der Phraseologismus ist mental als Einheit „gespeichert“, ähnlich wie ein Wort, und kann als ganzer abgerufen und produziert werden (vgl. Burger 2003: 17).

Die phraseologische Einheit wird in der entsprechenden, sich wiederholenden Kommunikationssituation nicht neu produziert, sondern reproduziert.

„Eine Äußerung ist unter anderem stabil, weil sie ständig reproduziert wird, sie wird u.a. reproduziert, weil sie stabil ist“ (Irsula 1994: 18).

2.2.5 Lexikalisierung

Lexikalisierung bedeutet „die Aufnahme in den Wortbestand einer Sprache als usuelle [gebräuchliche, Anm. der Verfasserin] Bildung, die im Lexikon gespeichert und bei Gebrauch dort abgerufen wird“ (Bußmann 2002: 405).

Phraseologismen stehen somit als Einheiten zur Bennennung von Erscheinungen und Sachverhalten der Wirklichkeit in der alltäglichen Kommunikation zur Verfügung.

„Diese im Wortbestand der Sprache bereits fertig vorhandenen geprägten Wortverbindungen brauchen im Prozess der Rede nur reproduziert zu werden, sie verhalten sich also auch in dieser Hinsicht wie die kleinsten selbständigen, potentiell isolierbaren Bedeutungsträger der Sprache, die Wörter“ (Schmidt 1967: 70).

Phraseologismen werden deshalb auch als Wortgruppenlexeme oder Phraseolexeme bezeichnet.

Die Lexikalisierung ist das Ergebnis der Stabilität und Reproduzierbarkeit von Wortverbindungen.

Die PE stehen neben den Einzelwörtern und Komposita im Lexikon, gehören dem Sprachsystem (Langue) an und werden nicht individuell neu geprägt bzw. produziert, sondern reproduziert. Sie sind in der Sprachkompetenz, im mentalen Lexikon eines jeden Individuums gespeichert und können je nach Kommunikationsbedarf ebenso wie Wörter eingesetzt werden.

Eine generalisierende Zuordnung zur Langue ist insofern problematisch, da die Merkmale Stabilität, Reproduzierbarkeit und Lexikalisierung eine besondere Berücksichtigung erfahren, hingegen Mehrgliedrigkeit und Idiomatizität vernachlässigt werden. Zutreffender wäre die Zuordnung der PE zur Ebene der Norm, dem traditionell verfestigten Sprachgebrauch einer Gemeinschaft (vgl. Lengert 2001: 808).

2.3 Klassifikation der phraseologischen Einheiten

„Phraseologische Einheiten sind alle von der Phraseologie untersuchten stabilen Wortverbindungen. Es handelt sich um polylexikalische Einheiten, Wortgruppen oder satzäquivalente Gebilde, die in getrennter Form auftreten und als Einheiten der Nomination bzw. der Kommunikation ‚halbfertige’ sprachliche Einheiten darstellen, die in der Rede dem Sprachverwender zur Verfügung stehen“ (Irsula 1994: 19).

Eine eindeutige Klassifikation und Gegenstandsbestimmung ist schwierig und wird für die Zwecke dieser Arbeit weder angestrebt noch benötigt. Zum besseren Verständnis der Stellung der Kollokationen in der Phraseologie soll die folgende Klassifikation die weitgefasste Auffassung vom Gegenstandsbereich der Phraseologie verdeutlichen. Die Phraseologie wird in zwei Bereiche eingeteilt, die durch zwei selbständige Kreise dargestellt werden.

2.3.1 PE als festgeprägte Sätze

Die phraseologischen Einheiten dieses Bereichs weisen eine vollständige oder reduzierte Satzstruktur auf und sind nicht oder kaum grammatisch variabel. Sie werden in die Phraseologie einbezogen, da sie die kennzeichnenden Merkmale einer phraseologischen Einheit, wie Stabilität, Reproduzierbarkeit und ggf. auch Idiomatizität aufweisen.

Zu diesem Bereich gehören Routineformeln, Sprichwörter, Gemeinplätze, Zitate, geflügelte Wörter, Losungen und Gebote.

2.3.2 PE als Wortgruppen

Die phraseologischen Einheiten dieses Bereichs weisen die Struktur einer Wortgruppe oder einer festgeprägten Konstruktion auf und spiegeln Objekte oder Sachverhalte der Wirklichkeit wider. Innerhalb dieses Bereichs unterscheidet man zwischen zentralen phraseologischen

Einheiten, den Phraseologismen, phraseologischen Einheiten oder Phraseolexemen (PL)[6] und den peripheren phraseologischen Einheiten (PPE).[7]

Die Kollokationen gehören zu den peripheren phraseologischen Einheiten.

„Ich schlage vor, den Terminus Kollokation für den ganzen Bereich der festen Wortverbindungen, die nicht oder nur schwach idiomatisch sind, zu verwenden“ (Burger 2003: 50).

3. Die Analyse des Kollokationbegriffes im Rahmen der Sprachwissenschaft

Die Grundlage für das Konzept des Kollokationsbegriffes bilden zwei verwandte sprachliche Phänomene, die wesenhaften Bedeutungsbeziehungen von Porzig und die lexikalischen Solidaritäten von Coseriu. Beide Konzepte sowie der Kollokationsbegriff sind Teilaspekte der Analyse syntagmatischer Beziehungen im Lexikon.

Sie werden zunächst erläutert und mit dem Kollokationsbegriff in Beziehung gesetzt. Das Konzept der Kollokationen ist ein Teil der Linguistik, dem einerseits wenig Bedeutung zugemessen wurde und für den andererseits viele verschiedene Definitionsansätze vorliegen. Die verschiedenen Ansätze und Studien, die durch Linguisten wie Firth, Halliday, Sinclair, Benson, Cowie und Hausmann in der Vergangenheit durchgeführt wurden und dem Kollokationsbegriff zu seiner heutigen Position in der Sprachwissenschaft verholfen haben, machen ihn in seiner theoretischen Bedeutung und empirischen Anwendbarkeit zu einem äußerst interessanten Themenbereich. Die wichtigsten Erkenntnisse der verschiedenen Forschungsansätze werden erklärt und ggf. kritisch beleuchtet bevor das Konzept der Kollokationen klassifiziert und definiert wird.

3.1 Die Abgrenzung der Kollokationen von anderen syntagmatischen Beziehungen

Eine Kollokation ist nach Firth (1957) eine charakteristische, häufig auftretende Wortverbindung, deren gemeinsames Vorkommen auf einer Regelhaftigkeit gegenseitiger Erwartbarkeit beruht.[8]

Diese Auffassung steht in engem Zusammenhang mit den wesenhaften Bedeutungsbeziehungen von Porzig (1934) und den lexikalischen Solidaritäten von Coseriu (1967).

3.1.1 Wesenhafte Bedeutungsbeziehungen von Porzig

Einen wesentlichen Beitrag zur Theorie der syntagmatischen Beziehungen leistete Porzig (1934) mit seinem Beitrag über die „wesenhaften Bedeutungsbeziehungen“.

Er beobachtete, dass ein Wort als Teil seiner Bedeutung die Bedeutungen anderer Wörter mitenthalten kann.

„Es handelt sich dabei offenbar nicht um eine bloße consociation [...], also darum, daß einem bei dem einen Wort das andere leicht einfiele, sondern um eine beziehung, die im wesen der gemeinten bedeutungen selbst gründet. Für die feststellung des eigentlichen bezirks eines wortes kann man mit vorteil das vorhin gewonnene ergebnis verwenden, dass in einem wort ein anderes, das zu ihm in wesenhafter bedeutungsbeziehung steht, schon mitenthalten ist. Alle bedeutungen also, die in einem wort mitenthalten sind, auch wenn sie nicht ausgesprochen werden, gehören zu seinem bedeutungsfeld“ (Porzig 1934: 78).

Beispiele für wesenhafte Bedeutungsbeziehungen sind

(6) wiehern - Pferd

(7) blond - Haar

(8) lecken - Zunge

(9) beißen - Zähne[9].

Die Auswahl eines bestimmten Verbs setzt ein bestimmtes Subjekt voraus, das gewissermaßen voraussehbar ist, da es vom Verb impliziert wird. Reiten impliziert die Subjekte Pferd, Maultier oder Esel. In diesem Fall ist es unwesentlich, ob das Subjekt explizit ausgedrückt wird.[10] Porzig nannte die wesenhaften Bedeutungsbeziehungen auch elementare Bedeutungsfelder, da er davon ausging, dass derartige Beziehungen jeweils zwei Wörter betreffen.

3.1.2 Lexikalische Solidaritäten von Coseriu

Mit lexikalischen Solidaritäten bezeichnet Coseriu (1967) syntagmatische Bedeutungsbeziehungen zwischen sprachlichen Elementen. Sein Ausgangspunkt sind Porzigs Beobachtungen der wesenhaften Bedeutungsbeziehungen zwischen zwei Wörtern.

Die lexikalische Solidarität ist für Coseriu eine gerichtete bzw. orientierte semantische Beziehung zwischen einem determinierenden (z.B. blond) und einem determinierten Lexem (z.B. Haar). Die determinierten Lexeme benötigen zu ihrer Bedeutungsbeschreibung die determinierenden Lexeme, d.h. die lexikalische Solidarität wird bereits in der Wortbedeutung ausgedrückt und es bedarf keiner weiteren Erklärung durch Kenntnisse des Sprechers über die Wirklichkeit.

Die Wortbedeutung von fällen impliziert, dass diese Tätigkeit an Bäumen ausgeführt wird sowie bellen eine Lautäußerung von Hunden ist.

„Eine lexikalische Soldarität kann als inhaltliche Bestimmung eines Wortes durch eine Klasse, ein Archilexem oder ein Lexem definiert werden, und zwar in der Hinsicht, dass eine bestimmte Klasse, ein bestimmtes Archilexem oder ein bestimmtes Lexem im Inhalt des betreffenden Wortes als unterscheidender Zug funktioniert“ (Coseriu 1967: 296).

Die Definition besagt, dass eine Klasse, ein Archilexem oder ein Lexem auf der Ebene der minimalen Bedeutungsunterschiede zur inhaltlichen Definition eines Wortes gehört.

Coseriu (1967: 299) unterscheidet drei Arten von lexikalischen Solidaritäten: Affinität, Selektion und Implikation.

Bei Affinität erfolgt die Inhaltsbestimmung des determinierten Lexems durch das determinierende Element aufgrund eines klassenbildenden Merkmals (Klassem). Zum Beispiel erfordert essen oder trinken ein Subjekt aus der Klasse von Substantiven, die durch das Merkmal [MENSCHLICH] konstituiert sind.

Bei Selektion erfolgt die Inhaltsbestimmung durch ein übergreifendes Merkmal (Archilexem). Zum Beispiel kann dem Archilexem Zeit entsprechend ein Tag, eine Stunde, eine Woche oder ein ganzer Monat vergehen.

Im Fall der Implikation erfolgt die Inhaltsbestimmung durch das gesamte Lexem als solches. Ein Lexem setzt automatisch ein anderes voraus, wobei dieses nicht immer explizit verwendet werden muss. Zum Beispiel werden die italienischen Wörter baio, sauro, balzano leardo, rabicano und storno nur für Pferde gebraucht, d.h. Pferd wird als determiniertes Lexem impliziert (vgl. Bußmann 2002: 405).

Neben diesen drei Typen lexikalischer Solidaritäten unterscheidet Coseriu (1967:298) zwischen einseitigen und mehrseitigen Solidaritäten. Die einseitigen Solidaritäten sind durch die Abwesenheit des determinierenden Lexems charakterisiert.

In dem Satz (10) „* He kissed her with his lips” ist die explizite Realisierung von “with his lips“ überflüssig, da die Bedeutung von lips zu den primär unterscheidenden Zügen von kiss gehört.

Im Fall einer mehrseitigen Solidarität kann das determinierende Lexem im Kontext erscheinen oder nicht. Ein gemeinsames Auftreten beider Lexeme wird nicht als tautologisch[11] empfunden (vgl. Bahns 1996: 4).

(11) Man hörte ein Wiehern.

(12) Man hörte ein Pferd wiehern.

Coserius Anliegen deckt sich nicht mit dem Anliegen der Kollokationsanalyse. Er verfolgt keine Analyse und linguistische Erklärung der Kollokation im Sinne von typisch kookkurrierenden Lexemen in Texten. Sein Interesse gilt den verschiedenen Typen bedeutungsspezifizierender Angaben (Klasse, Klassem, Archilexem, Lexem) und indirekt berücksichtigt er die daraus resultierenden Folgen für syntagmatische Beziehungen zwischen Lexemen (vgl. Coseriu 1967, Kohn 1992: 375).

3.2 Verschiedene Definitionsansätze zum Begriff der Kollokation

“Words are like people [...]

We all feel comfortable when we are surrounded by friends and acquaintances, but anxious in unfamiliar situations when we are surrounded by strangers. We have friendships of different kinds - close, intense relationships which, even if relatively infrequent, are the most important in our lives - loved ones who live abroad, for example. But we also have relationships which are frequent but unimportant - the person who travels on the same train to and from work, five days a week. There is also the one - night - stand - a serendipitous one - off, creative encounter, but however sadly, not part of everyday life. The relationships between words closely resemble the relationships between people” (Hill et al. 2000: 88).

Der Begriff Kollokation geht auf das Lateinische COLLOCATIO zurück und bedeutet im Deutschen Stellung oder Anordnung.

Der Gegenstandsbereich der Kollokationen ist weder terminologisch noch inhaltlich konkretisiert. Die Definitionen dieses Begriffs bleiben entweder vage oder wenig ausgearbeitet.

Allgemein besteht die Annahme, dass semantisch in Beziehung stehende Einheiten in verschiedenen Umgebungen gemeinsam auftauchen. Diese Eigenschaft nennt man Kollokation.

Die Problematik der Begriffsbestimmung der Kollokation liegt Bahns (1996: 1) zufolge in seiner doppeldeutigen Verwendung. Einerseits wird der Begriff Kollokation für eine bestimmte Kategorie von Zweierverbindungen von Lexemen gebraucht. In dieser Perspektive wird der Begriff Kollokation parallel zu den anderen syntagmatischen Wortverbindungen (freie Kombinationen und Idiome) verwendet. In diesem Sinne definiert Hausmann (1984: 398) Kollokation als die „affine[12] Kombination zweier Wörter, die sich entsprechend differenzierten semantischen Regeln und einer gewissen zusätzlichen Üblichkeit verbinden“. Gläser (1986: 38) verwendet den Begriff der Kollokation als „bevorzugte, gewohnheitsmäßige Kombination von Einzelwörtern“ ebenfalls in diesem Sinne.

Andererseits wird der Begriff Kollokation als das Zusammenvorkommen lexikalischer Elemente verstanden.

Lehr (1993: 2) spricht vom „faktischen Miteinandervorkommen zweier oder mehrerer beliebiger Wörter und/ oder lexikalischer Einheiten“.

Im Britischen Kontextualismus wird der Begriff Kollokation meist in diesem Sinne verwendet.

Die Unübersichtlichkeit in der resultierenden Diskussion um den Kollokationsbegriff verschärft sich dadurch, dass sich hinter der gleichen Terminologie zum Teil unterschiedliche Konzepte verbergen. In diesem Zusammenhang besteht auch eine Vielfalt modifizierender Adjektive mittels derer der Terminus Kollokation beschrieben wird. Darunter fallen restricted und open collocations[13] (Cowie 1981), significant und casual collocations[14] (Jones/ Sinclair 1974) und grammatical und lexical collocations[15] (Benson 1985).

Bereits Bally (1909: 67-73) beobachtete, dass Wortkombinationen eine „fixité variable“ aufweisen und es zwischen den Extremen der „groupements passagers“ und „unités indissolubles/ indécomposables/ phraséologiques“ Wortgruppen gibt, „où la cohésion des termes n’est que relative“. Diese „séries phraséologiques“ oder „groupements usuels“ entsprechen den Kollokationen.

In Verbindung mit Kollokationen fällt der Name John Rupert Firth, der im Rahmen seiner Sprachtheorie 1951 den Kollokationsbegriff in die sprachwissenschaftliche Diskussion eingeführte. Im gleichen Zusammenhang wird dann oftmals eines der Firthschen Beispiele wie dark+night, milk+cow, angeführt.[16]

Kollokationen sind Wortsequenzen, die relativ stabil sind und mehr oder weniger feste Syntagmen bilden. Sie befinden sich auf einem Kontinuum, das sich von einer einfachen, im Sprachgebrauch üblichen Wortverbindung bis zu einem idiomatischen Ausdruck erstreckt (vgl. Iliescu 2004: 1).

Klare (1998: 236) versteht unter Kollokationen „charakteristische Verknüpfungen von lexikalischen Einheiten oder typisch syntaktische Konstruktionen, [...] die häufig wiederkehren oder noch anders formuliert: Kollokationen sind syntaktische Einheiten, die sich auf Grund des Sprachgebrauchs (usus) [...] gefestigt haben und deshalb auch häufiger verwendet werden“.

Zimmer (1990: 120) definiert Kollokation als „eine gewisse Lexemverbindung, deren Einzelelemente besonders stark aufeinander bezogen sind“.

Fleischer (1982) spricht von einer Kollokation, wenn die Kombination von Lexemen sich offensichtlich oft wiederholt, dass ihr Gebrauch allgemein üblich und normgerecht wird.

„Die Kollokation bezieht sich auf den empirisch leicht nachweisbaren Tatbestand, dass im gesellschaftlichen Sprachgebrauch bestimmte Kombinationen von Wörtern möglich, andere hingegen nicht üblich und nicht akzeptabel sind, weil sie gegen die Norm verstoßen“ (Gläser 1986: 38).

Meistens wird unter Kollokation das häufige, aber nicht zwangsläufige Zusammen - Auftreten zweier oder mehrerer Wörter verstanden bzw. „das mögliche oder sogar notwendige Zusammen - Auftreten von Wörtern“ (Leisi 1985: 154).

Kollokation bezieht sich dabei auf die mehr oder weniger große Wahrscheinlichkeit, dass bestimmte lexikalische Einheiten in einer Sprache miteinander auftreten.

Kjellmer (1987: 133) definiert Kollokation als „a sequence of words that occurs more than once in identical form […] and which is grammaticaly well-structured” und betont, dass Kollokationen vor allem auch “textelements” sind.

Kollokationen treten in manchen Texten offenbar häufiger auf als in anderen. „Collocations are significantly more frequent in

,informative /formal genres than in imaginative /informal ones“ (Kjellmer 1987: 136).

Man findet derartige textsortenspezifische Kollokationen vor allem in fachsprachlichen Texten bzw. in Texten, die stark an Konventionen gebunden sind. Dazu gehören Gesetzestexte, Bedienungsanleitungen, Wetterberichte und viele andere mehr.

3.3 Kollokationen in Abgrenzung zu anderen Kategorien von syntagmatischen Wortverbindungen

Neben den Kollokationen gibt es andere syntagmatisch gebunden auftretende Lexemkombinationen. Die Abgrenzung der Kollokationen von den freien Wortverbindungen, Idiomen und Funktionsverbgefügen bleibt angesichts des Bestehens „fließender Übergänge“ (Bahns 1993: 1) schwierig. Häufig werden graduelle Kriterien wie Häufigkeit, Üblichkeit und Erwartbarkeit zur Differenzierung angeführt (vgl. Busse 1995: 125).

„Kollokationen sind jedoch situierbar auf dem Kontinuum zwischen den freien Wortgefügen (freien Verbindungen) und Phraseolexemen (Idiomen, Anm. der Verfasserin). Es gibt offensichtlich auch einen Übergangsbereich, eine breitere Grenzzone zwischen Kollokationen und Phraseolexemen, die nicht die im Zentrum, wohl aber die an der Peripherie beider Mengen liegenden Lexemverbindungen in sich aufnimmt“ (Klare 1998: 247).

3.3.1 Kollokation und freie Wortverbindung

Eine freie Wortverbindung umfasst alle auf der Ebene der Sprachverwendung (Parole) realisierten individuellen Äußerungen. Die Wörter sind in dieser Kategorie unbegrenzt kombinierbar.

Die Bedeutung der freien Wortverbindung lässt sich aus der Bedeutung ihrer Komponenten erschließen.

Kollokationen werden nach Hausmann auf der Ebene des Sprachsystems (Langue) realisiert. „La collocation est une unité non de la parole mais de la langue“ (Hausmann 1989a: 1010).

Innerhalb der syntagmatischen Konstruktionen gibt es Wortkombinationen, die im Sprachgebrauch nur so und nicht anders gebraucht werden, obwohl das jeweilige Sprachsystem auch andere Kombinationen zuließe, die nicht üblich sind. „Die Kollokation ist somit das, was in einer gegebenen Sprache an Wortkombinationen usuell, normgerecht, typisiert und stereotypisiert ist“ (Klare 1998: 236).

Die Verbindung ein Buch aufschlagen ist demnach eine Kollokationsbildung, während Kombinationen wie ein Buch kaufen oder ein interessantes Buch in die Kategorie der freien Wortverbindungen fallen (Hausmann 1985: 119).[17]

Eine Idee, die durch eine Kollokation ausgedrückt wird, kann nur in einem begrenzten Rahmen durch eine andere Wortverbindung mit der gleichen Struktur zum Ausdruck gebracht werden.

Darüber hinaus unterscheiden sich Kollokationen wesentlich durch ihre häufige, im Sprachgebrauch übliche Verwendung von freien Kombinationen. Dieses Merkmal hält Benson (1989: 5) für „most important“, denn in ihrer Eigenschaft als „recurrent combinations“ sind Kollokationen einem Muttersprachler immer verfügbar.

3.3.2 Kollokation und Idiom

Die Kollokation ist ein Teilgebiet der Phraseologie, da sich ihre Kombinationspartner einerseits durch Polylexikalität und andererseits durch eine gewisse Festigkeit untereinander auszeichnen.

Kollokationen sind nicht idiomatisiert. Ihre Bedeutung ist aus den Komponenten erschließbar, sie sind somit transparent.

Die Gesamtbedeutung eines Idioms hingegen ist nicht aus den Einzelbedeutungen der Komponenten erschließbar

In der Wortverbindung Zähne putzen weisen alle Konstituenten ihre wörtliche Bedeutung auf. Dennoch ist diese Wortverbindung in gewisser Hinsicht phraseologisch, denn sie zeichnet sich durch die Festigkeit oder Stabilität ihrer Konstituenten aus. Diese Festigkeit findet in der Sprachnorm ihren Ausdruck, denn auf Grund von Regeln der semantischen Vereinbarkeit[18] ist ein paradigmatischer Austausch mit Verben von analoger Bedeutung wie reinigen oder waschen unzulässig.

„Als wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Arten von syntagmatischen Verbindungen ergibt sich hieraus, dass die idiomatischen Wendungen aufgrund ihres höheren Grades an Idiomatizität eine komplexive, d.h. nicht aus den beteiligten Lexemen ableitbare Bedeutung aufweisen, während die Bedeutung einer Kollokation als grundsätzlich analysierbar [...] betrachtet werden kann“ (Staib 1997: 294).

3.3.3 Kollokation und Funktionsverbgefüge

Funktionsverbgefüge sind eine besondere Gruppe von Verb - Substantiv - Verbindungen.[19]

Sie bestehen aus einem präpositionalen Objekt und einem Funktionsverb.[20]

Kollokationen und Funktionsverbgefüge ähneln sich insofern, als sie in formaler Hinsicht eine identische morphosyntaktische und semantische Struktur aufweisen. Der Unterschied besteht in der Semantik des Verbteils. Gerd Wotjak, der Substantiv - Verb - Kollokationen näher untersuchte, fand heraus, dass die Verben der Kollokationen im Gegensatz zu den semantisch leeren Funktionsverben nicht nur als prädikativer Teil fungieren, sondern in semantischer Hinsicht einen wesentlichen Eigenwert besitzen (ebd. 1994: 672).

Funktionsverbgefüge sind für Wotjak (1994: 665) “stets und zweifelsfrei [...] Kollokationen“.

3.4 Kollokationen im britischen Kontextualismus

Der Kollokationsbegriff ist in seiner ursprünglichen Bedeutung untrennbar mit der sprachwissenschaftlichen Schule des britischen Kontextualismus[21] verbunden.

John R. Firth, der Begründer dieser Schule führte 1951 im Rahmen seiner Bedeutungstheorie den Begriff der Kollokation in die linguistische Terminologie ein. Firth (1957: 190-215) entwickelte sein Kollokationskonzept meaning by collocation, das sich auf das häufige gemeinsame Auftreten von lexikalischen Einheiten in einer charakteristischen, gewohnheitsmäßigen Verbindung bezieht.

Im Anschluss an Firth wurden Kollokationen von weiteren Vertretern der kontextualistischen Schule, in der Lexikographie und im Rahmen einer generativen Transformationsgrammatik[22] untersucht.

Von einem sehr weitgefassten Kollokationskonzept geht Halliday aus, der im Rahmen seiner Analysen köhäsive Verknüpfungen in Texten untersuchte.

Sinclair, ein weiterer Vertreter des britischen Kontextualismus, versuchte mit Hilfe statistischer Verfahren den für Kollokationen charakteristischen Zusammenhang zwischen typischer Kookkurrenz und Vorkommenserwartung darzustellen.

3.4.1 Kollokationen nach Firth

In seinem Aufsatz „The Technics of Semantics“ (1935) untergliederte Firth den sprachlichen Kontext in vier Beschreibungsebenen (levels). Die phonetische, die morphologische, die syntaktische (Grammar) und die lexikalische Ebene (Lexis). Firth komplettiert sein Sprachbeschreibungsmodell mit einer semantischen Ebene, auf der die Textproduktionssituationen berücksichtigt werden (vgl. Abb.1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Die fünf Ebenen des Firthschen Sprachbeschreibungsmodells und ihre Kontextualisierung (Lehr 1996: 17)

Auf jeder Beschreibungsebene sieht Firth Sprache sowohl syntagmatisch als auch paradigmatisch organisiert. Syntagmatische Beziehungen äußern sich in Strukturen, während paradigmatische Beziehungen Systeme bilden.

Auf der syntaktischen und lexikalischen Ebene zeigt sich das Strukturkonzept in den Phänomenen colligation und collocation.

Bei colligation handelt es sich um syntagmatische Beziehungen zwischen grammatischen Kategorien. Collocation bezieht sich auf die syntagmatischen Verbindungen von Wörtern (vgl. Bahns 1996: 6). “Meaning by collocation is an abstraction at the syntagmatic level and is not directly concerned with the conceptual or idea approach to the meaning of words. One of the meanings of night is its collocability with dark, and of dark, of course with night” (Firth 1957: 196).

Collocation im Sinne Firths bezieht sich demnach auf das häufige Zusammenauftreten einzelner lexikalischer Einheiten in charakteristischen Verbindungen. Dabei ist die gegenseitige Erwartbarkeit der Lexeme von großer Bedeutung.

Firth (1957: 195) spricht von der „mutual expectancy of words“ und versteht darunter eine regelhafte, nachvollziehbare und gewohnheitsmäßige assoziative Verbindung von Wörtern, die eher semantisch als grammatisch begründet ist.

Die Wörter, mit denen ein betrachtetes Lexem üblicherweise gemeinsam vorkommt, d.h. eine Kollokation bildet, liefern die Grundlage für dessen Bedeutungsdefinition.

“You shall know a word by the company it keeps. Collocations of a given word are statements of the habitual or customary places of that word” (Firth 1957: 181).

Firth unterscheidet mehrere Arten von Kollokationen, die durch ihren Stabilitätsgrad bestimmt werden.[23] Der Grad der Wahrscheinlichkeit, dass ein Lexem mit einem anderen kollokiert, ist ebenfalls durchaus verschieden (vgl. Klare 1998: 238).

Der Kollokationsbegriff bleibt in Firths Bedeutungstheorie eher vage.

Er ist „Auslöser und geistiger Vater der Theorie des Britischen Kontextualismus ohne diese Theorie selbst zusammenhängend zu formulieren“ (Steiner 1983: 84).

3.4.2 Kollokationen nach Halliday

Viele der theoretischen Ansätze Firths wurden von seinen Schülern aufgenommen und aufgearbeitet. Halliday war einer von ihnen und unterscheidet in seinen Ausführungen ebenfalls zwischen der Ebene der Grammatik und der Ebene der Lexik.

Halliday erkennt auf beiden Ebenen chain relations („one thing after another“) und choice relations („one thing as opposed to another“).

“The chain relations are ‘collocation’ in lexis; the choice relations are ‘set’ in lexis” (Halliday/ McIntosh/ Strevens 1964: 35).

Die vier zentralen Begriffe, die sich hieraus ergeben, sind structure und system sowie collocation und set.

Ein set ist die paradigmatische Entsprechung zu den syntagmatisch angelegten Kollokationen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Die Ebenen Grammar und Lexis bei Halliday (Halliday/ McIntosh/ Strevens 1964: 25; Bahns 1996: 8)

Zur Erfassung eines lexical set ist es notwendig, die Kollokationspartner einzelner lexical items zu ermitteln. Halliday (1966: 158) führt in diesem Zusammenhang den Begriff node ein und bezeichnet damit die lexikalische Einheit, deren Kombinationspartner ermittelt werden sollen. Im Rahmen einer solchen Analyse bildet sich ein cluster heraus, das alle für den node gefundenen Kollokate umfasst.[24]

Halliday unterscheidet verschiedene Abstufungen kollokativer Bindung.

“So for example there is a strong collocational bond between cold and ice, but not nearly so strong between cold and snow, though it would make just as good sense; snow is more likely to conjure up white. We collocate friends and relations, and also friends and neighbours; but not very often relations and neighbours, although family and neighbourhood seem to be associated” (Halliday 1985: 313).

3.4.3 Kollokationen nach Sinclair

Sinclair, dessen Theorie ebenfalls in der Tradition des britischen Kontextualismus steht, untersuchte den für Kollokationen charakteristischen Zusammenhang zwischen typischer Kookkurrenz und Vorkommenserwartung. Sein Ziel war es dabei ein statistisches Verfahren zur Ermittlung von Kollokationen zu entwickeln und für die Wörterbucharbeit einzusetzen.

„’Collocation’ is the co-occurrence of two items in a text within a specified environment.

‘Significant’ collocation is regular collocation between items, such that they co-occur more often than their respective frequencies and the length of text in which they appear would predict. Standard statistical tests can be used to tell whether the association between word A and word B is a significant one” (Jones & Sinclair 1974: 19).

Der Grundkonzeption des britischen Kontextualismus entsprechend, unterscheidet auch Sinclair zwischen einer grammatischen und einer lexikalischen Ebene.

Die Ähnlichkeit zweier Lexeme wird nicht aufgrund semantischer Kriterien erstellt, sondern rein formal über Wörter, die in der Nähe der betrachteten Lexeme auftauchen, die mit ihnen kollokieren.

In Anlehnung an Halliday verwendet Sinclair die Begriffe node, collocate, collocational range und collocational span.[25]

Sinclair geht davon aus, dass es unübliche (unusual), mögliche (casual) und wahrscheinliche (significant) Kollokationen gibt[26]. Wahrscheinlichkeit korreliert mit Frequenz. „The vital distinction between casual and significant collocation is […] made according to the frequency of repetition of the collocates in several occurrences of an item” (Sinclair 1966: 418).

Die Nutzung automatisierter statistischer Verfahren führten zu einem recht weiten Kollokationsverständnis Sinclairs.

Eine Kollokation ist demnach eine zusammenhängende Wortkombination, die mehr als einmal im zu untersuchenden Korpus auftaucht und deren Bestandteile in einer syntaktischen Beziehung zueinander stehen.

3.5 Kollokationen in der Lexikographie

Im Bereich der Lexikographie beschäftigen sich Sprachwissenschaftler schon seit langem mit dem Phänomen der Kollokationen. Es geht hierbei um die Frage, welche Kollokationen in ein Wörterbuch aufgenommen werden sollten und welche nicht.

3.5.1 Kollokationen nach Cowie

Die Kollokationstheorie von Anthony P. Cowie steht in engem Zusammenhang mit der Erarbeitung des Oxford Dictionary of Current Idiomatic English (ODCIE).

Cowie entwickelte zwei Kriterien, um Wortverbindungen kategorisieren zu können:

a) die Art der Relation zwischen der Gesamtbedeutung einer Kombination und den Bedeutungen ihrer Konstituenten
b) die Möglichkeit der Substitution bzw. Variation von Teilen der Wortkombination

Daraus resultiert folgende Kategorisierung von Wortverbindungen in vier Typen (Cowie 1983: xii-xiii; vgl. Bahns 1996: 15f.)

1) pure idioms sind alle Ausdrücke, deren Gesamtbedeutung sich nicht aus den Einzelbedeutungen ihrer Konstituenten erschließen lässt, z.B. kick the bucket, blow the gaff. Die Konstituenten derartiger Verbindungen sind in keinster Weise substituierbar.
2) figurative idioms sind Verbindungen, die sowohl eine übertragene als auch eine wörtliche Bedeutung haben, z.B. catch fire, close ranks.
3) restricted collocations sind Wortverbindungen, bei denen eine Konstituente in übertragener Bedeutung gebraucht wird, während die andere ihre ursprüngliche Bedeutung beibehält. Beispiele sind a blind alley und a cardinal error. Gelegentlich ist die Substitution einer Konstituente möglich, z.B. a cardinal error/sin/virtue/grace.
4) open collocations zeichnen sich dadurch aus, dass beide Konstituenten einer Wortverbindung in ihrer ursprünglichen Bedeutung gebraucht werden, z.B. fill the sink und broken window. Beide Bestandteile sind mit anderen Lexemen frei kombinierbar, fill/empty/drain the sink oder fill the sink/basin/bucket.

Cowies Begriffsbestimmung für Kollokation lautet: „A collocation is by definition a composite unit which permits the substituability of items for at least one of ist constituent elements (the sense of the other element or elements, remaining constant)” (ebd: 1981: 224)

“By collocation is meant the co-occurrence of two or more lexical items as realizations of structural elements within a given syntactic pattern” (ebd: 1978: 132).

Er nennt explizit drei Strukturtypen:

1) verb + noun (check a bill, consider my suggestion)
2) noun + noun (tea service, marriage service)
3) verb + adverb (argue vehemently)

3.5.2 Kollokationen nach Benson

Die Entwicklung einer Kollokationstheorie steht bei Benson in engem Zusammenhang mit der Erstellung des Kollokationswörterbuches BBI Combinatory Dictionary of English (BBI).

Ähnlich wie Cowie unterscheidet auch Benson verschiedene Typen von Wortkombinationen:

1) Free combinations sind Syntagmen, deren Konstituenten
frei mit anderen Elementen kombinierbar sind. Nach Benson entfällt der größte Teil lexikalischer Wortverbindungen auf diese Kategorie.
2) Idioms sind „relatively frozen expressions“ (Benson 1985b: 4), deren Gesamtbedeutung nicht aus der Einzelbedeutung ihrer Konstituenten ableitbar ist.
3) Collocations sind nach Benson (1985a: 61) „a group of words that occurs repeatedly, i.e. recurs, in a language”. Sie sind zwischen freien Kombinationen und Idiomen anzusiedeln. Zu einem späteren Zeitpunkt präzisiert er seine Definition: “Thus, we can say that collocations should be defined not just as ‘recurrent word combinations’, but as ‘arbitrary recurrent word combinations’” (Benson 1989: 3). Im Gegensatz zum Idiom lässt sich die Gesamtbedeutung einer Kollokation aus den Einzelbedeutungen ihrer Konstituenten erschließen.

Sie sind durch zwei wesentliche Kriterien von den freien

Wortverbindungen abgrenzbar. Zum einen werden

Kollokationen häufiger verwendet als freie

Kombinationen. Damit verbunden ist die Eigenschaft der

Kollokationen im Sprachbewusstsein des native speaker

als Kombination präsent zu sein. „...it springs readily to

mind; it is psychologically salient“ (Benson/Benson/Ilson:

1986: 253). Zum anderen sind die Möglichkeiten ein,

durch eine Kollokation ausgedrücktes, semantisches

Konzept durch andere ähnliche Verbindungen zu ersetzen

relativ begrenzt. „...the synonymy of the verb is restricted“

(Benson 1985: 5).

4) Compounds (Komposita) sind nach Benson (1985: 6)

„completely frozen“, denn ihre Konstituenten sind in

keiner Weise variierbar.

Ein zentraler Punkt seines Kollokationskonzepts ist die von Benson getroffene Unterscheidung zwischen grammatischen und lexikalischen Kollokationen. Im BBI (Benson/ Benson/ Ilson 1986: ix) heißt es: “In English, as in other languages, there are many fixed, identifiable, non-idiomatic phrases and constructions. Such groups of words are called recurrent combinations, fixed combinations, or collocations. Collocations fall into two major groups: grammatical collocations and lexical collocations”.

Grammatische Kollokationen sind Wortverbindungen, die aus einem dominierenden Teil (Verb, Substantiv, Adjektiv) und einem beigeordneten Teil (Präposition, Partikel). Lexikalische Kollokationen dagegen enthalten keine Präpositionen, Partikel, o.ä. „Typical lexical collocations consist of nouns, adjectives, verbs and adverbs“.

Benson/Benson/Ilson (1986) unterscheiden sieben Haupttypen von lexikalischen Kollokationen, wobei die Struktur der Verbindung als Hauptkriterium dient.

3.5.3 Kollokationen nach Hausmann

Franz Josef Hausmann behandelt Kollokationen nicht nur aus lexikographischer, sondern auch aus sprachwissenschaftlicher und fremdsprachen - didaktischer Perspektive. Die von ihm entworfene Typologie von Wortkombinationen trug wesentlich zum Verständnis des Kollokationsbegriffs bei (vgl. Bahns 1996: 22).

Hausmann unterscheidet zunächst zwischen fixierten und nicht fixierten Wortverbindungen.

Fixierte Wortverbindungen sind Redewendungen (z.B. laver la tête à qn., jdn. durch den Kakao ziehen) sowie Wortbildungen bzw. Komposita (z.B. chambre forte, taubstumm)[27].

Die nicht fixierten Wortverbindungen[28] bestehen aus zwei sprachlichen Zeichen. In Abhängigkeit vom Kombinierbarkeitsgrad der Konstituenten einer Kollokation unterscheidet Hausmann (1984: 398) drei Typen:

1) Ko-Kreationen sind Verbindungen von Wörtern, die unter

Berücksichtigung gewisser semantischer Mindestregeln,

unbegrenzt miteinander kombinierbar sind. Sie werden

„entsprechend den Regeln des Sprachsystems“ kreativ

zusammengestellt. Hausmann nennt für diesen Typus, der

in anderen Typologien von Wortverbindungen free

combination (Benson) oder free collocation (Cowie)

gennant wird, die Beispiele valise rouge, regarder un

arbre und une maison agréable.

2) Kollokationen sind Wortverbindungen mit begrenzter

Kombinierbarkeit, „die sich entsprechend differenzierten

semantischen Regeln und einer gewissen zusätzlichen

Üblichkeit mit Wörter, zu denen sie in Affinität stehen

[verbinden]. Affinität sei definiert als die Neigung zweier

Wörter kombiniert aufzutreten“ (ebd: 1984: 398).

Kollokationen sind „Halbfertigprodukte der Sprache“, da

sie nicht kreativ zusammengesetzt, sondern als

Kombinationen aus dem Gedächtnis abgerufen werden.

Als Beispiele führt Hausmann die Verbindungen un ton

péremptoire und rentrer sa colère an.

3) Konter-Kreationen sind Verbindungen zwischen einem

begrenzt kombinierbaren Wort und Wörtern, die

„außerhalb ihres normalen Kombinationsbereichs“ (ebd:

1984: 399) liegen und somit gegen allgemeine

semantische Regeln verstoßen. Ein Beispiel für diesen

Typus ist schwarze Milch.

[...]


[1] Ferdinand de Saussure ist der Hauptvertreter des Strukturalismus. Die wichtigsten Prinzipien des Strukturalismus sind die Trennung von synchroner und diachroner Sprachbetrachtung, die vorrangige Untersuchung der gesprochenen Sprache und die Unterscheidung der Sprache als System (langue) und ihrer Realisierung (parole) (vgl. Stein 1998: 9)

[2] Grundlegende syntaktische Relationen, die das Miteinandervorkommen von sprachlichen Elementen verschiedener Klassen in Sätzen bezeichnet. Kookkurrenz meint jegliches Miteinandervorkommen von autosemantischen lexikalischen Einheiten

[3] Phraseologismen sind lexikalische Einheiten, die aus Wortgruppen mit einer stabilen morphologischen Struktur bestehen und eine komplexe, nicht immer motiviert erscheinende Bedeutung aufweisen (vgl. Gläser 1986). Als Beschreibungskriterien gelten Mehrgliedrigkeit, Idiomatizität, Stabilität, Reproduzierbarkeit und Lexikalisierung.

[4] Wort, das eine kontextunabhängige, selbständige lexikalische Bedeutung hat (Substantiv, Adjektiv, Verb) (Bußmann 2002: 111)

5 Wort, das bei isoliertem Auftreten (angeblich) keine selbständige lexikalische Bedeutung trägt (Pronomen, Präposition, Artikel, Konjunktion) (Bußmann 2002: 674).

[6] Phraseolexeme sind besonders durch ihre Idiomatizität gekennzeichnet. Nach Fleischer bilden sie den Kernbereich der Phraseologie.

[7] PPE weisen keinerlei Idiomatizität auf und sind zwischen den festen und freien Wortverbindungen anzusiedeln. Dazu gehören Paar-oder Zwillingsformeln (dick und fett, klipp und klar, gang und gäbe), onymische Einheiten (Das Rote Kreuz, Der Ferne Osten), Nominationsstereotype (Tag und Nacht, trautes Heim) und Kollokationen (eingefleischter Junggeselle, schütteres Haar).

[8] Beispiele sind Hund - bellen und dunkel - Nacht.

[9] Porzig schreibt in der zweiten Auflage seines Buches „Das Wunder der Sprache“ 1957: 120: „Womit beißt man? Natürlich mit den Zähnen. Womit leckt man? Selbstverständlich mit der Zunge. Wer bellt ? Der Hund. Was fällt man? Bäume. Was ist blond ? Menschliches Haar“.

[10] „Wenn bisher nur von den wesenhaften bedeutungsbeziehungen die rede war, die von einem verbum ausgehen, so entspricht das der bedeutung gerade dieser gruppen für das gesamtgefüge der sprache. Es muß jetzt aber hinzugefügt werden, dass auch von adjectiven aus eindeutige und notwendige beziehungen festzustellen sind, d.h. dass auch adjectiva die zugehörigen substantiva implicite schon mit enthalten können. Dagegen ist vom substantivum aus gesehen die beziehung weniger eindeutig. Greifen kann man nur mit der hand, aber die hand kann noch manches andere tun als greifen (Porzig 1934:75).

[11] Der begriffliche Gehalt eines Substantivs besteht aus invarianten Merkmalen, die die Klasse, zu der das Substantiv gehört, bestimmen und definieren. Hinzu kommen Merkmale allgemeinen Charakters, die spezifizierend wirken. Zu den invarianten Merkmalen von Ball gehört die Eigenschaft rund, die Teil der Definition von Ball ist. Zu den allgemeinen Merkmalen gehört die Farbe. Würde man dem Ball die Eigenschaft rund zusprechen, entsteht eine Tautologie. Der runde Ball. vs. Der blaue Ball.

[12] Affinität ist die Neigung zweier Wörter kombiniert aufzutreten.

[13] Die open collocations bezeichnen die freien Wortverbindungen.

[14] Der Unterschied besteht in der gemeinsamen Vorkommenswahrscheinlichkeit.

[15] Grammatische Kollokationen bestehen aus einem Verb, Substantiv oder Adjektiv und einer Präposition oder Partikel (z.B. auf etwas stoßen). Lexikalische Kollokationen bestehen nur aus einem Verb, Substantiv oder Adjektiv (z.B. ein Urteil fällen).

[16] Darauf soll ausführlicher in Kapitel 3.4.1 auf Seite 23 dieser Arbeit eingegangen werden.

[17] Hausmann kritisiert in diesem Zusammenhang die frequenzorientierte Kollokationsforschung der britischen Lexikographen, in der die Mehrzahl der freien Wortverbindungen als Kollokationen eingestuft werden. Er führt weiter aus, dass viele Kollokationen eher selten auftreten, doch beim Muttersprachler als solche Kombinationen verfügbar sind. Die Kollokation wird vom Sprecher als Ganzes aus der Erinnerung reproduziert und vom Hörer als bekannt empfunden (Hausmann 1984: 398ff.).

[18] Siehe Kapitel 3.6 Seite und 3.7 Seite 36ff. dieser Arbeit.

[19] Beispiele sind zur Aufführung bringen, Untersuchungen anstellen und eine Andeutung machen.

[20] Funktionsverben bilden eine Teilmenge der Verben, die in bestimmten Kontexten ihre lexikalische Bedeutung als Vollverb fast ganz verloren haben (z.B. bringen, kommen, finden, stehen, nehmen). Sie erfüllen vorwiegend grammatische Funktionen, indem sie in FVG als Bindeglied zwischen Subjekt und präpositionalem Objekt erscheinen und somit Träger der syntaktisch-morphologischen Merkmale sind (Bußmann 2002: 231).

[21] Der Kontextualismus ist eine Richtung der strukturalistischen Sprachwissenschaft. Im Gegensatz zu anderen strukturalistischen Richtungen, die die Sprache als ein in sich geschlossenes, isoliertes System betrachteten, untersuchte der Kontextualismus nicht primär das Sprachsystem, sondern die Sprachverwendung im sozialen Situationskontext (Bußmann 2002: 375).

[22] Bezeichnung für die von Noam Chomsky entwickelte Syntaxtheorie, deren Ziel es ist, durch ein System von expliziten Regeln das implizite Wissen von Sprache abzubilden (Bußmann 2002: 710).

[23] Er unterscheidet „general or usual collocations and more restricted technical or personal collocations“ (Firth 1958: 195).

[24] Zur Illustration führt Butler (1985: 131) Hallidays Beispiel der nodes sun und moon an. Auf der Basis einer Korpusanalyse könnte sich für den node sun eine cluster-Liste, auf der bright, hot, shine, light, lie und come out zu den häufigeren und damit zentralen Gliedern gehören. Eine Analyse für moon als node könnte als zentrale cluster-Glieder bright, full, new, light, night und shine ergeben. Die in beiden Listen vorhandenen Elemente bright, shine und light ergeben ein lexical set, da sie sowohl mit sun als auch mit moon kollokieren.

[25] Node bezeichnet das Wort, dessen Kollokationen untersucht werden und collocate den Kollokator, der in spezifischer Umgebung eines node auftritt. Jedes Wort kann je nach Blickrichtung node oder collocate sein, aber nicht beides zugleich. Collocational range ist der Kollokationsradius und collocational span die Kollokationsspanne. Als span werden die lexikalischen Einheiten bezeichnet, die vom node ausgehend, nach links und rechts betrachtet werden. Die Kollokationspartner müssen dabei nicht direkt nebeneinander vorkommen, sondern können über die Satzgrenze hinaus voneinander entfernt sein. Sinclair sieht als relevanten Kontext eine Spanne von vier Wörtern, ohne Berücksichtigung von Syntax, Interpunktion oder Sprecherwechsel (Busse 1995: 123).

[26] Für die wahrscheinlichen Kollokationen ist nicht nur die Häufigkeit, mit der zwei Lexeme kollokieren, wichtig, sondern auch die Häufigkeit der collocates in der gesamten Untersuchungsbasis. Ein Wort, das besonders häufig innerhalb und nur selten außerhalb der collocational span eines anderen auftritt, bildet gemeinsam mit diesem node eine significant collocation (Bahns 1996: 11).

[27] Beide Typen von fixierten Wortverbindungen werden von Hausmann als ein sprachliches Zeichen aufgefasst und er bezeichnet sie deshalb als „Pseudokombinationen“ (ebd: 1984: 398).

[28] Hausmann charakterisiert die drei Typen nicht fixierter Kombinationen bezogen auf ihre Üblichkeit: „Unter dem Gesichtspunkt der Üblichkeit sind die Kollokationen Kombinationen von auffallender Üblichkeit, die Ko-Kreationen solche von unauffälliger Üblichkeit und die Konter-Kreationen solche von auffälliger Unüblichkeit“ (ebd: 1984: 399).

Ende der Leseprobe aus 77 Seiten

Details

Titel
Eine kontrastive Analyse von deutschen und italienischen Kollokationen im Wortfeld „Körperteile“
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Institut für Romanistik)
Veranstaltung
Romanistik Italienisch
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
77
Katalognummer
V86430
ISBN (eBook)
9783638003681
ISBN (Buch)
9783640115204
Dateigröße
744 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Eine, Analyse, Kollokationen, Wortfeld, Romanistik, Italienisch
Arbeit zitieren
Ines Will (Autor:in), 2005, Eine kontrastive Analyse von deutschen und italienischen Kollokationen im Wortfeld „Körperteile“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86430

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