Der deutsche Katholizismus in den gesellschaftlichen Umbrüchen der 60er Jahre


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Eine Gesellschaft im Umbruch – Allgemeine Betrachtungen

3. Der deutsche Katholizismus und die Besonderheit des katholischen Milieus

4. Die Nachkriegsjahre und die Hoffnung auf Erneuerung durch das II. Vatikanum
4.1. Der Weg ins Konzil
4.2. Das II. Vatikanische Konzil läutet den Aufbruch ein

5. Dem Aufbruch folgt die Erosion – Der Katholizismus im Kontext der modernisierten Gesellschaft

6. Zusammenfassung

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Für keine Institution und soziale Gruppe in der deutschen Gesellschaft dürften die 60er Jahre von ähnlich weitreichender Bedeutung gewesen sein, wie für die katholische Kirche und die Katholiken.“[1] Diese unmissverständliche Aussage in einem recht aktuellen Aufsatz zum Thema soll mir als Hinführung und zugleich These dienen, wenn es darum geht, dieses komplexe und spannungsreiche Jahrzehnt hinsichtlich der Entwicklungen im deutschen Katholizismus zu beleuchten.

Auch wenn es verwundern mag, stellte sich die Thematik als relativ frisches Forschungsthema heraus. Während ein Wandel der Religiosität der Deutschen anhand verschiedener statistischer Untersuchungen bereits in den 70er Jahren festgestellt wurde, sind entsprechende Auswertungen vermehrt erst in den 90er Jahren entstanden.

Aufgrund des begrenzten Umfangs wird sich diese Arbeit – soviel nimmt das Titel vorweg – ausschließlich auf den Katholizismus, vor allem aber auch ausschließlich auf die Bundesrepublik Deutschland beziehen, die im Vergleich zur westdeutschen Sicht gänzlich verschiedene Situation in der DDR möchte ich bewusst ausklammern.

Obwohl der Titel dieser Arbeit den Focus sehr deutlich auf die Jahre ab 1960 setzt, sei vorweg auch erwähnt, dass ein derart präzise zeitliche Abgrenzung an sich nicht möglich ist. Auch wenn die 60er Jahre aus Sicht des Katholizismus die einschneidendsten und sichtbarsten Veränderungen mit sich brachte, möchte und kann ich die unmittelbare Zeit davor nicht ausblenden. So ist es auch Anliegen dieser Arbeit, neben den gesellschaftlichen Aspekten vor allem auf die Besonderheiten des katholischen Milieus einzugehen sowie das II. Vatikanische Konzil als wichtiges innerkirchliches Reformwerk der Zeit und dessen Auswirkungen zu untersuchen bzw. Wechselwirkungen aufzuzeigen.

2. Eine Gesellschaft im Umbruch – Allgemeine Betrachtungen

Der spezifischen Analyse der Entwicklung der Katholischen Kirche in den 60er Jahren in Deutschland sei ein grober Überblick über die deutsche Gesellschaft in dieser Zeit vorangestellt – wohlwissend, dass der Komplexität dieser durch eine ungeheure Dynamik gekennzeichneten Zeit der ausgehenden fünfziger, bzw. sechziger und teils auch siebziger Jahre hier nicht entsprochen werden kann.

Während die ältere Forschung die hier behandelte Phase in der Entwicklung der Bundesrepublik eher unspektakulär als „Zeit vergessener Anfänge“ bezeichnete[2], beschreibt die aktuelle zeitgeschichtliche Forschungsliteratur das Ende der 50er Jahre sowie die 60er und auch 70er Jahre als von tiefgreifenden Umbruchprozessen in vielen gesellschaftlichen Bereichen geprägt. Auch wendet man sich diesbezüglich ab von einer zu starken Fixierung auf das Jahr 1968. und betont den "Eigenwert" der 60er[3] als eine vielversprechende "Phase der Gärung".[4]

Dem entbehrungsvollen Jahrzehnt des Wiederaufbaus nach Kriegsende schloss sich das „Scharnierjahrzehnt“ der 60er Jahre an, welches die deutsche Gesellschaft – geprägt von unterschiedlichsten Modernisierungstendenzen – in die kulturelle Moderne führte.[5] Eine wichtige Rolle spielte zunächst der wirtschaftliche Aufschwung in Folge des erfolgreichen Wiederaufbaus. Laut Brehm war „der Aufbruch in die totale Industriegesellschaft (...) die wohl entscheidende Rahmenbedingung der bundesrepublikanischen Binnenentwicklung“.[6] Dass auch der Bereich der Politik in Bewegung geraten war, zeigt ein Blick auf die in der relativ kurzen Zeitspanne zwischen 1959 und 1974 viermal wechselnde Kanzlerschaft, was mit einer generellen politischen Liberalisierung und dem Ende der Hegemonie der christdemokratischen Staatspartei in Verbindung zu bringen ist.[7]

Die von Korte geprägten und vielzitierten Worte einer „Gesellschaft im Aufbruch“[8] gehen des weiteren vor allem auf einen ausgeprägten gesellschaftlichen Veränderungswillen und Zukunftsoptimismus dieser Zeit zurück, welcher wohl auch mit einem nicht zu unterschätzenden Reformdruck in vielen Bereichen (nicht zuletzt dem der Kirche) einherging. Die aktuelle zeithistorische Forschung sieht in den 60er Jahren einen prägnanten Wandel überkommener Wertorientierungen bzw. die starke Dominanz nicht nur politischer sondern auch gesellschaftlicher und kultureller Liberalisierungstendenzen. Bildungsexpansion, demographische Veränderungen, die Entdeckung des Individualismus und nicht zuletzt ein ganz neues Selbstbewusstsein vor allem der Jugend bestimmten ein neues, ein pluralistisches Gesellschaftsbild. Die Veränderungen dieser Zeit hatten weitreichende Auswirkungen in allen Aspekten der Gesellschaft und ziehen sich bis in die deutsche Gegenwart, und so möchte ich meinen Blick nun spezifisch auf die Entwicklung des deutschen Katholizismus in dieser Zeit bzw. den innerkatholischen Umgang mit den beschriebenen Modernisierungstendenzen lenken.

[...]


[1] Gabriel, Karl: Zwischen Aufbruch und Absturz in die Moderne. Die katholische Kirche in den 60er Jahren, in: Dynamische Zeiten. Die 60er Jahre in beiden deutschen Gesellschaften, hrsg. von Axel Schildt; Detlef Siegfried; Karl Christian Lammers, 2. Aufl., Hamburg, 2003, S. 528

[2] zitiert in: Wolfrum, Edgar: Die Bundesrepublik Deutschland (1949-1990), in: Gebhardt. Handbuch der Deutschen Geschichte, Bd. 23, hrsg. von Bruno Gebhardt, Stuttgart, 2005, S. 240

[3] Schildt, Axel; Siegfried, Detlef; Lammers, Karl Christian (Hrsg): Dynamische Zeiten. Die 60er Jahre in den beiden deutschen Gesellschaften, Hamburg, 2000, S. 13

[4] ebenda, S. 23

[5] vgl. ebenda, S. 13

[6] Brehm, Thomas: Gesellschaft im Wandel. Zur Annäherung von Katholizismus und Sozialdemokratie während der fünfziger und sechziger Jahre, in: Christentum und politische Verantwortung. Kirchen im Nachkriegsdeutschland (Konfession und Gesellschaft, Bd. 2), hrsg. von Jochen-Christoph Kaiser; Anselm Doering-Manteuffel, Stuttgart, 1990, S. 113

[7] vgl. Wolfrum, Edgar: Die Bundesrepublik Deutschland (1949-1990), in: Gebhardt. Handbuch der Deutschen Geschichte, Bd. 23, hrsg. von Bruno Gebhardt, Stuttgart, 2005, S. 239

[8] zitiert in: ebenda, S. 240

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Der deutsche Katholizismus in den gesellschaftlichen Umbrüchen der 60er Jahre
Hochschule
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg  (Institut für Geschichte)
Veranstaltung
„Dynamische Zeiten“ – Gesellschaft, Kultur und Politik in den 1960er und 1970er Jahren in Europa
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
17
Katalognummer
V86420
ISBN (eBook)
9783638020923
ISBN (Buch)
9783640504077
Dateigröße
690 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Es wird der Wandel der katholischen Religiösität im Rahmen der gesellschaftlichen Umbruchserscheinungen der 60er/70er Jahre in Deutschland untersucht. Kommentar des Dozenten: Eine gute und gewissenhaft angefertigte (auch formal korrekte) Arbeit, in der die zentralen Entwicklungslinien gut herausgearbeitet sind.
Schlagworte
Katholizismus, Umbrüchen, Jahre, Zeiten“, Gesellschaft, Kultur, Politik, Jahren, Europa
Arbeit zitieren
Matthias Buchholz (Autor:in), 2007, Der deutsche Katholizismus in den gesellschaftlichen Umbrüchen der 60er Jahre, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86420

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