Der Kreuzzug gegen die Albigenser - Die Innenwendung der Kreuzzugsidee


Hausarbeit, 2006

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhalt

1 Einleitung

2 Die Katharer
2.1 Wer waren die Katharer und was machte ihre Religion aus?
2.2 Gott und Satan – Der Dualismus
2.3 Die katholische Kirche gerät in Bedrängnis

3 Der Kreuzzug gegen die Albigenser
3.1 Der Beginn des Kreuzzuges – Der Fall von Béziers
3.2 Glaubenskrieg oder Eroberungskrieg?
3.3 Exkurs: Die Katharerinnen

4 Fazit

Literatur

1 Einleitung

Wenn heute von Kreuzzügen die Rede ist, denkt man automatisch an den gewaltsamen Eroberungsversuch Jerusalems durch europäische, katholische Adelshäuser im 11., 12. und 13. Jahrhundert. Dies mag auch zutreffend sein, dennoch fanden die Kreuzzüge auch ihre Opfer in Europa. Vielen sind die frühen jüdischen Pogrome unbekannt, und vor einigen Jahrzehnten interessierte sich auch kaum noch jemand für den Albigenserkreuzzug. Ein Kreuzzug gegen die eigene Bevölkerung, ein Kreuzzug der blutiger nicht beschrieben werden kann. Fast hätte die katholische Kirche es geschafft, das Kapitel der Katharer oder Albigenser oder eben Ketzer aus dem kollektiven Erinnerungsbewusstsein zu streichen.

Daher soll es mir nicht nur darum gehen, wie diese Glaubensrichtung vernichtet wurde, sondern viel mehr auch um existenzielle Fragen. Wer waren die Katharer? Was machte ihre Weltsicht, ihren Gott und ihre Religion aus? Woher kamen sie und wohin verschwanden sie wieder? Wie konnten sie so mächtig werden, dass die katholische Kirche den Katharismus unbedingt ausgerottet wissen wollte? Wie wurde der Katharismus am Ende besiegt? Bei der Beantwortung der Fragen habe ich mich bewusst an Sekundärliteratur gehalten, die freilich auch immer wieder auf Quellen zurückgreift, aber einen anderen Einblick in die Geschehnisse der damaligen Zeit zulässt. Die Dokumente der katholischen Kirche, oft Inquisitionsmaterial, sind selbstverständlich parteiisch und müssen daher behutsam gedeutet werden. Auch Chronisten des 13. Jahrhunderts beziehen meist Stellung auf der Seite der katholischen Kirche. Dagegen sind katharische Texte leider eine Seltenheit, lediglich das „Buch von den zwei Prinzipien“, sowie ganz wenige andere Schriften sind der Inquisition nicht zum Opfer gefallen.[1]

Zunächst muss allerdings geklärt werden, wie diese Form von Häresie benannt werden sollte. Schon im Mittelalter waren diverse Bezeichnungen für die Katharer im Umlauf. Auch damals sorgte dies schon für Verwirrungen und Verwechslungen. Die gängigsten Bezeichnungen lauten und lauteten „Katharer“ und „Albigenser“, diese beiden Begriffe werde ich im Weiteren am häufigsten verwenden. Der Name Katharer bzw. cathari geht wohl entweder auf das lateinische Wort „catus“ für Katze zurück oder, was mir wahrscheinlicher erscheint, auf das griechische „catarsis“, was Reinigung bedeutet.[2] Von Albigenser wird gesprochen, weil sich im französischen Albi ein großes Glaubenszentrum des Katharismus herausgebildet hatte. Andere Begriffe waren aber in unterschiedlichen Regionen ebenfalls verbreitet. So zum Beispiel „Patarener“ in Italien, hierbei handelte es sich um die Anspielung auf eine radikale Erneuerungsbewegung in Mailand des 11. Jahrhunderts. Weitere Begriffe waren „Weber“, „Arianer“, „Manichäer“ oder „Bogomilen“. Sie selbst nannten sich aber schlicht gute Christen oder auch gute Leute – boni homines.[3] Bei der genaueren Beleuchtung des Albigenserkrieges werden besonders zwei Quellen vermehrt herangezogen werden – die Chanson de la Croisade und die Historia Albigensis. Auf die Verfasser werde ich im Nachfolgenden noch genauer eingehen.

2 Die Katharer

Bevor näher auf den Albigenserkreuzzug selbst eingegangen werden kann, muss zunächst geklärt werden, wer die Albigenser oder auch Katharer eigentlich waren. Desweiteren muss die Weltsicht bzw. Religionsausübung der Katharer näher beleuchtet werden. Erst aus der sich daraus ergebenden gesellschaftlichen Stellung der Katharer ergibt sich die Antwort auf die Frage, warum die katholische Kirche so massiv gegen diese vorging.

2.1 Wer waren die Katharer und was machte ihre Religion aus?

Zunächst muss man sich vor Augen führen, dass es sich beim Katharertum um die wohl machtvollste Häresie im 13. Jahrhundert handelte, es trieb somit die Entwicklung der späteren Inquisition unabsichtlich voran.[4] Die katholische Kirche wusste aber anfangs nicht wie sie mit den Katharern umgehen sollte.[5] Wer aber wurde Katharer und warum? Die Katharer verstanden sich als die wahre Kirche, dass heißt im Umkehrschluss auch, dass sie sich als Christen im eigentlichen Sinne verstanden. Ihr Glaube vereinte dabei aber christliche und unchristliche Traditionen und Vorstellungen. Da die katholische Kirche zu dieser Zeit den Anspruch erhob, die einzige Religion in Europa zu sein und keinerlei Andersgläubige duldete, waren Zusammenstöße faktisch vorprogrammiert.[6]

Die Anziehungskraft, die der Katharismus ausstrahlte, lässt sich durch verschiedene Beispiele verdeutlichen. Ein wichtiges Element des katharischen Glaubens war die Stellung der Vollkommenen, aber auch der Dualismus spielte eine wichtige Rolle, da er Fragen beantworten konnte mit denen die römisch-katholische Kirche immer noch ihre Schwierigkeiten hatte. Zum Beispiel die Standardfrage auch noch in der heutigen Zeit: Wenn Gott so sanftmütig und gut und wohlwollend den Menschen gegenüber ist, warum existiert dann soviel Böses auf der Welt? Der Katharische Dualismus beantwortet diese Frage verblüffend einfach, aber dazu komme ich später. Zunächst sollte die Stellung der Vollkommenen genauer erläutert werden. Bei den Vollkommenen handelte es sich um die Eingeweihten des Glaubens, eine kleine Elite von Männern und Frauen aller Stände. Sie waren die eigentlichen Träger das Katharismus, sie lebten in Armut, Demut, achteten auf strengste Askese und Disziplin.[7] Um ein Vollkommener, oder auch perfecti, zu werden, mussten Anwärter eine einjährige Probezeit bestehen. Perfecti ernährten sich niemals von Zeugungsprodukten wie Fleisch, Milch, Eier oder Käse, Fisch dagegen galt als direkt dem Meer entsprungen und durfte somit verspeist werden. Teilweise durfte über einen längeren Zeitraum auch lediglich Wasser und Brot zu sich genommen werden.[8] Die Vollkommenen waren die Priesterelite, die umherzog und Menschen vom Katharismus überzeugte, auch wegen dieser Predigten waren sie der katholischen Kirche ein Dorn im Auge. Die Nähe der Vollkommenen wurde von allen Anhängern gesucht, weil allein sie einen Sterbenden von allen Sünden befreien konnten und ihn auf seine Seelenwanderung vorbereiteten. Unter den Vollkommenen standen die gläubigen Anhänger, credentes, und die Förderer – defensores. Dabei handelte es sich oft um katholische Adlige, die ihren Untertanen eine Art Religionsfreiheit zugestanden und dabei selbst mit dem Katharismus liebäugelten, oft auch aus einem vorherigen Zerwürfnis mit der römischen Kirche einhergehend.[9]

2.2 Gott und Satan – Der Dualismus

Der Dualismus der Katharer war keineswegs unvariabel, aber er war der festeste Bestandteil der Religion und bildete den Schwerpunkt ihrer Weltsicht. Im Laufe der Zeit und sicher auch mit zunehmender Unterdrückung durch die Katholiken wandelte sich dieser Dualismus immer mehr ab. Von den ersten Bogomilen wissen wir, dass sie Satan als Gottes Untertan verstanden. Bei den Katharern ist die Sichtweise unterschiedlich, je nachdem wie radikal die Einzelperson ihren Glauben lebte bzw. verstand und für sich interpretierte. Der Kern des Dualismus ist jedoch für alle Katharer gleich: Es existieren zwei ewig feindliche Gottheiten. Eine davon spiegelt das GUTE wieder, die andere das BÖSE.

Für einen Teil der Katharer bedeutete das, Gott hatte zwei Söhne. Einer der beiden wollte sich die Herrschaft des Vaters verschaffen und zettelte einen Aufstand im Himmel an. Als Strafe wurde dieser Gottessohn, Luzifer (der Erleuchtete) mit den abtrünnigen Engeln des Himmels verwiesen. Als Reaktion darauf erschuf Luzifer die Welt und bevölkerte sie mit den gefallenen Engeln, den Menschen. Luzifer oder Satan wird somit zum Anti-Gott oder schwarzen Gott.[10] Für den anderen Teil war Luzifer der ältere Sohn Gottes – also der mächtigere und somit gottgleich, denn er war stark genug die Erde zu schaffen. Er nahm auch sonst dieselbe starke Stellung wie Gott ein, jeder der beiden Herrscher galt in seinem eigenen Reich als unbesiegbar. Die Gemäßigten gingen von zwei verschiedenen Müttern aus, wenn Gott Vater von Satan und Christus seien sollte. In Spanien und Italien wandelte sich der Gottesglaube mit der Zeit. Einige Radikale ersetzten den bösen Gott durch die Natur, also einer kalten physikalischen Macht. Den Radikalen ist Satan somit näher als Gott, er spielt eine wichtigere Rolle für das Leben auf der Erde, da er diese geschaffen hat. Erst 1230 beginnen die Katharer sich mit der Heiligen Dreifaltigkeit auseinanderzusetzen, sie erkennen dabei an, dass Christus Gott ist. 1326 lehrte einer der letzten noch lebenden Katharer, dass der gute Gott die Natur sei und die jungfräulichen Elemente Erde, Wasser und Wind die Dreifaltigkeit. Gut und Böse wurden also einander immer ähnlicher und am Ende schließlich fast gleich gesetzt.[11]

[...]


[1] Vgl. Oberste, Jörg: Der „Kreuzzug” gegen die Albigenser. Ketzerei und Machtpolitik im Mittelalter. Darmstadt, 2003. S. 28.

[2] Vgl. Ebenda. S. 28.

[3] Vgl. Ebenda. S. 29.

[4] Vgl. Lambert, Malcolm: Häresie im Mittelalter. Von den Katharern bis zu den Hussiten. Darmstadt, 2001. S. 108.

[5] Vgl. Ernst, Werner: Ketzer und Heilige. Das religöse Leben im Hochmittelalter. Wien u.a., 1986. S. 335 – 337.

[6] Vgl. Oberste: Der „Kreuzzug“ gegen die Albigenser. S. 28.

[7] Vgl. Lambert: Häresie im Mittelalter. S. 108. Und Oberste. S. 31.

[8] Vgl. Lambert. S. 109.

[9] Vgl. Oberste. S. 31, 32.

[10] Vgl. Borst, Arno: Die Katharer. 2. durchges. Auflage. Freiburg, 1992. S. 115. Und Oberste. S. 28, 29. Sowie Müller, Daniela: „Ketzerinnen“ – Frauen gehen ihren eigenen Weg. Vom Leben und Sterben der Katharerinnen im 13. und 14. Jahrhundert. Würzburg, 2004. S. 159 – 160.

[11] Vgl. Borst: Die Katharer. S. 116 – 118.

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Der Kreuzzug gegen die Albigenser - Die Innenwendung der Kreuzzugsidee
Hochschule
Universität Erfurt
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
21
Katalognummer
V86411
ISBN (eBook)
9783638020862
ISBN (Buch)
9783638922784
Dateigröße
473 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kreuzzug, Albigenser, Innenwendung, Kreuzzugsidee
Arbeit zitieren
Andreas Greif (Autor:in), 2006, Der Kreuzzug gegen die Albigenser - Die Innenwendung der Kreuzzugsidee, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86411

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