Russlandsdeutsche

Ein neuer Anfang in der alten Heimat


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

20 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Weg von der Problematik der ausländischen Migranten hin zu der Problematik der deutschstämmigen Migranten

2. Kleiner Überblick über die Situation der (Spät-)Aussiedler

3. Berufliche Integration: Ein Schritt in die richtige Richtung?

4. Bestehen Gemeinsamkeiten zwischen (Spät-)Aussiedlern und ausländischen Migranten?

5. Wie groß ist die Chance erwerbstätig zu werden?

6. Berufliche Dequalifizierung: vom Arzt zum Bauarbeiter

7. (Spät-)Aussiedlerinnen und ihre Integration in den Arbeitsmarkt

8. Sind die Integrationsbemühungen erfolgreich gewesen?

9. Literaturliste

1. Weg von der Problematik der ausländischen Migranten hin zu der Problematik der deutschstämmigen Migranten

Die junge Bundesrepublik Deutschland musste in ihrer bisherigen Bestehungsgeschichte bereits eine sehr hohe Anzahl an Zuwanderern aufnehmen, die entweder die Absicht hegten hier für eine relativ kurze Zeit zu verweilen oder Deutschland zu ihrer neuen Heimat zu machen. Offiziell gilt die BR Deutschland nicht als ein Zuwanderungsland. „Aus heutiger Sicht [ist diese Maxime] für eine deutsche Zuwanderungs- und Integrationspolitik unhaltbar geworden. Denn eine solche Maxime würde verhindern, dass weitreichende politische Konzepte für dieses zentrale Politikfeld entwickelt werden“ (Bericht der Unabhängigen Kommission „Zuwanderung“, 2001: S. 12ff). Zuwanderung ist für die BRD, bereits seit ihren Anfängen bis zur heutigen Zeit, ein hochaktuelles Thema gewesen. Kurz nach der Gründung der Bundesrepublik wurden ausländische Arbeitskräfte seitens der damaligen jungen Regierung angeworben, damit diese beim Wiederaufbau Deutschlands mithelfen konnten. So reisten bis 1973 mehrere Millionen ausländischer Arbeitskräfte ein, um der Bitte der deutschen Regierung nach zu kommen. Trotz des Anwerbestopps lebten bis Ende des Jahres 2000 7,3 Millionen (8,9% der Gesamtbevölkerung) und Ende des Jahres 2004 6,7 Millionen (8,1% der Gesamtbevölkerung) Ausländer in Deutschland (Migrationsbericht, 2005: S. 175).

In den letzten 18 Jahren hat sich ein drastischer Wandel in der Zusammensetzung der Zuwanderung vollzogen. Der „Fall der Mauer“ im Jahre 1989 brachte einen Strom an deutschstämmigen Zuwanderern mit sich. Die Bundesrepublik Deutschland musste in den Jahren 1989 und 1990 circa 780.000 Zuwanderer unterbringen und ihnen eine angemessene Versorgung gewährleisten. Dies stellte sowohl Bund als auch Länder auf eine harte Bewährungsprobe. Denn diesen Zuwanderern standen und stehen immer noch Leistungen und Hilfsmaßnahmen zu, auf die die ausländischen Migranten keinen Anspruch haben (vgl. Wagner, 1992; vgl. Bundesvertriebenengsetz (BVFG) § 9). Der starke Migrantenzustrom aus den osteuropäischen Ländern und der ehemaligen UdSSR riss nur langsam ab, d.h. dass heutzutage noch immer zehntausende an Zuwanderern aus diesen Regionen, insbesondere aus den Gebieten der ehemaligen UdSSR, nach Deutschland einreisen.

Es stellt sich in Anbetracht der Massen, die in kürzester Zeit eingewandert sind, die Frage: Wie gut konnten diese Personen in die hiesige Gesellschaft integriert werden? Ein wichtiger Teil der Integration läuft über die berufliche Integration bzw. die Arbeitsmarktintegration der Neuankömmlinge in Deutschland ab. Diesen Punkt haben auch Ursula Mehrländer und Gunter Schultze, in der Vorbemerkung des „Gesprächskreises Migration und Integration“, als „ein Kriterium für „erfolgreiche“ Integrationsprozesse von Migrantinnen und Migranten“ aufgefasst (Mehrländer & Schultze, 2003: S. 5).

Es gilt nun in dieser Arbeit zu klären wie gut die berufliche Eingliederung von deutschstämmigen Zuwanderern in den vergangen Jahren abgelaufen ist. Diese Gruppe wird im Folgenden mit der ausländischen Einwanderergruppe verglichen, um eventuelle Parallelen oder Differenzen in Anbetracht ihrer Integration heraus zu arbeiten. Eine weitere Referenzgruppe stellen die einheimischen Deutschen dar. Damit man herausfinden kann wie erfolgreich die Arbeitsmarktintegration und, im weiteren Sinne, in die deutsche Gesellschaft ist bzw. war.

2. Kleiner Überblick über die Situation der (Spät-)Aussiedler

Zunächst sollte geklärt werden, wer genau diese deutschstämmigen Zuwanderer sind, Um danach den Erfolg ihrer beruflichen Integration analysieren zu können.

Bereits seit Ende der 1930er Jahre wandern deutsche Minderheiten aus den Staaten Ostmittel-, Südost- und Osteuropas in die Bundesrepublik Deutschland ein. Dabei handelt es sich um die so genannten Vertriebenen. Als nächstes wird anhand von Definitionen eine begriffliche Grundlage dargestellt. „Vertriebener ist, wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger seinen Wohnsitz in den ehemals unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebieten oder in den Gebieten außerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches nach dem Gebietsstande vom 31. Dezember 1937 hatte und diesen im Zusammenhang mit den Ereignissen des Zweiten infolge Vertreibung, insbesondere durch Ausweisung oder Flucht, verloren hat“ (BVFG §1). Vertriebene sind, laut dem Bundesministerium des Innern, Aussiedler (vgl. bmi, nach Internet). Diese sind im Bundesvertriebenengesetz (BVFG) folgendermaßen definiert „Vertriebener ist auch, wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger nach Abschluß der allgemeinen Vertreibungsmaßnahmen vor dem 1. Juli 1990 oder danach im Wege des Aufnahmeverfahrens vor dem 1. Januar 1993 die ehemals unter fremder Verwaltung stehenden deutschen Ostgebiete, Danzig, Estland, Lettland, Litauen, die ehemalige Sowjetunion, Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien, Albanien oder China verlassen hat oder verläßt, es sei denn, daß er, ohne aus diesen Gebieten vertrieben und bis zum 31. März 1952 dorthin zurückgekehrt zu sein, nach dem 8. Mai 1945 einen Wohnsitz in diesen Gebieten begründet hat (Aussiedler)“ (BVFG §1 Abs. 2 Nr. 2). Schließlich gilt es noch zu klären, wer der Bezeichnung „Spätaussiedler“ entspricht: „Spätaussiedler ist in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion, Estland, Lettland oder Litauen nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat“ (BVFG §4 Abs. 1).

In den weiteren Ausführungen wird nicht zwischen AussiedlerInnen und SpätaussiedlerInnen unterschieden, wenn die einheitliche Bezeichnung (Spät-)Aussiedler gewählt wird (vgl. Migrationsbericht, 2005).

Aussiedler und Spätaussiedler „galten [und gelten immer noch] in der Regel als Deutsche (s.o.), die keiner besonderen Integrationsmaßnahmen bedürfen. Deshalb wurden sie auch nicht als MigrantInnen wahrgenommen“ (Gemende, 2003: S. 95).

Zwischen 1950 und 1960 betrug die Zuwanderungszahl in den Westen Deutschlands circa 460.000 Aussiedler. In den darauf folgenden Jahren bis 1988 gab es leichte Schwankungen auf Grund der damaligen politischen Lage zwischen „dem Osten und dem Westen“ Europas und der ehemaligen UdSSR. Die Aussiedlerzahlen lagen zwischen 20.000 und 60.000 (vgl. OECD, 2005). Ab Mitte der 1980er Jahre wurde ein neuer Kurs seitens des ehemaligen Präsidenten der UdSSR, Michail Gorbatschow, mit seinen Perestroika- und Glasnost-Politiken angestrebt, die die Wogen zwischen „dem Westen und dem Osten“ glätten sollten und schließlich tatsächlich geglättet haben. Diese politische Neuorientierung und Annährung der beiden Seiten hatte zur Folge, dass die Ausreisemöglichkeiten erleichtert wurden und somit trat ein spürbarer Zuwachs an neuen Migranten aus diesen Gebieten auf (vgl. Wagner, 1992).

Polen galt bis zu dieser Zeit als das Hauptauswanderungsland der deutschstämmigen Migranten. Ab Ende der 1980er Jahre bis heute bilden die (Spät-)Aussiedler aus den Gebieten der ehemaligen UdSSR die überwiegende Mehrheit der Zuwanderer. Der Höhepunkt der Aussiedlerzuzugsraten wurde in den Jahren 1989 mit insgesamt 377.075 und 1990 mit 397.073 Aussiedlern erreicht. In diesen beiden Jahren immigrierten fast doppelt (774.148) so viele Aussiedler wie in den Jahren zwischen 1968 und 1980 (insgesamt 460.888 Aussiedler).

Um nun die Zuwanderungszahlen abzubremsen und diese in Grenzen des Möglichen für Bund und Länder zu halten ist am 1. Januar 1993 das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz in Kraft getreten. Dieses Gesetz betrifft Deutschstämmige aus Rumänien, Polen, Jugoslawien, (ehem.) CSSR, Ungarn und anderen Ländern. Bisher wurde vom Gesetzgeber angenommen, dass alle Aussiedler am Kriegsfolgenschicksal litten. Nun dürfen Aussiedler aus diesen Staaten nach Deutschland einreisen, „wenn sie nachweisen können, dass sie in ihrem Ursprungsland auf Grund ihrer deutschen Abstammung Nachteile erleiden“ (Bundesvertriebengesetz (BVFG) § 4 Abs. 1 Nr. 3; OECD, 2005: S. 17). Von dieser Regelung sind (Spät-)Aussiedler aus den Nachfolgestaaten der ehemaligen UdSSR (u.a. Kasachstan, Ukraine, Russland) ausgeschlossen (vgl. OECD, 2005). Diese müssen zwar keine Benachteiligung nachweisen, jedoch betrifft eine weitere Regelung auch sie. Das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz setzt auch eine weitere Regulierung in Kraft, gemäß dieser wird ein Aufnahmekontingent (circa 200.000 Spätaussiedler pro Jahr) festgelegt (vgl. Münz, Seifert & Ulrich, 1997). Seit 2000 dürfen höchstens 100.000 Spätaussiedler pro Jahr einreisen bzw. die Spätaussiedlerzuwanderungszahl vom letzten Jahr darf nicht um 10% überschritten werden (vgl. Bericht der Unabhängigen Kommission „Zuwanderung“, 2001). Als ein weiterer Beitrag zu Senkung der Spätaussiedlerzahlen gilt der seit dem 1. Januar 1997 eingeführte Sprachtest, der von jedem „Spätaussiedlerbewerber“ zum Zeitpunkt der Aussiedlung absolviert und bestanden werden muss (Bundesvertriebengesetz (BVFG) §6 Abs. 2 Nr. 2; Migrationsbericht, 2005: S. 43). Dabei sollte dieser einen einfachen Alltagswortschatz beherrschen und er sollte ein Gespräch auf Deutsch führen können, unter Anwendung ganzer Sätze (vgl. Migrationsbericht, 2003). Von diesem Sprachtest sind jedoch die Angehörigen des „Spätaussiedlerbewerbers“, der Ehegatte und die Abkömmlinge, ausgeschlossen. Ein Großteil der mitgereisten Familienangehörigen, die nicht deutschstämmig sind, erhalten in BR Deutschland eine deutsche Staatsangehörigkeit (vgl. Migrationsbericht, 2003). Die Zahl der gemischtnationalen Ehen ist in den letzten Jahren stark angestiegen. Als Folge dieser Entwicklung, ist der Anteil der Spätaussiedler in den aussiedelnden Familienverbänden kontinuierlich von etwas über 75% im Jahre 1993 auf circa 21% im Jahre 2005 gesunken (vgl. Migrationsbericht, 2005). Das Verhältnis zwischen deutschstämmigen (Spät-)Aussiedlern und nicht-deutschstämmigen Familienangehörigen hat sich quasi umgedreht.

Diese Regelungen haben u.a. dazu beigetragen, dass nur noch relativ wenige Spätaussiedler mit ihren Familien nach Deutschland einreisen. Im Jahre 2004 kamen insgesamt 59.093 Spätaussiedler mit ihren Familienangehörigen nach Deutschland ein. Im folgenden Jahr ist die Summe noch weiter nach unten gesunken, sie lag am Ende des Jahres 2005 bei 35.522 Spätaussiedlern mit ihren Familienangehörigen (vgl. Migrationsbericht, 2005). Die sinkende Aussiedlungsneigung ist nicht nur auf die neuen gesetzlichen Regulierungen der Bundesregierung zurück zu führen. Sondern auch auf die „Beseitigung der Ursachen für die Auswanderung“ in den meisten osteuropäischen Ländern. Dazu zählen u.a. „die schlechte wirtschaftliche und soziale Lage in den Herkunftsländern, ethnisch begründete Benachteiligungen […] und schließlich der Wunsch nach Familienzusammenführung mit bereits in Deutschland lebenden Verwandten“ (Migrationsbericht, 2005: S. 47).

Sobald die (Spät-)Aussiedler in der Bundesrepublik Deutschland ankommen müssen sie wieder neu in eine Gesellschaft integriert werden, damit sie ein Teil dieser werden können. Vor allem da sie mit dem Ziel ankamen, in der für sie neuen Gesellschaft und dem Land ihrer Vorfahren, dauerhaft sesshaft zu werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Russlandsdeutsche
Untertitel
Ein neuer Anfang in der alten Heimat
Hochschule
Universität Mannheim
Note
2,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
20
Katalognummer
V86251
ISBN (eBook)
9783638020602
ISBN (Buch)
9783638921442
Dateigröße
432 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Russlandsdeutsche
Arbeit zitieren
Lydia Jeske (Autor:in), 2006, Russlandsdeutsche, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86251

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