Hermann Hesses 'Unterm Rad' als Schullektüre mit Lektürehilfenvergleich


Hausarbeit (Hauptseminar), 2007

29 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Einbettung in den Unterricht
2.1. Prosa und Lyrik aus der unmittelbaren Gegenwart unter dem Aspekt Jugend in der Literatur des 20. Jahrhunderts
2.1.1. Aufbau
2.1.2. Handlung
2.1.3. Wirkungsabsicht

3. Die Vorstellung der Lektürehilfen
3.1. Königserläuterungen
3.2. Oldenbourg Interpretationen
3.3. Der Vergleich der Lektürehilfen
3.4. Die kritische Betrachtung der Lektürehilfen

4. Schlussbemerkung

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Grundlage für diese Hausarbeit bietet mein Studium zur Deutschlehrerin sowie das Praktikum, das ich in diesem Fach absolvierte. Ich möchte untersuchen, ob sich Hesses Werk Unterm Rad für die Behandlung im Deutschunterricht der 9. Klasse eignet.

Im Folgenden werde ich die geforderten Richtlinien des Lehrplanes sowie die Eignung und die speziellen Vorzüge des Werkes darlegen.

Danach stelle ich zwei Lektürehilfen vor. Ich werde die beiden Lektürehilfen zunächst wertungsfrei beschreiben, sie anschließend vergleichen und ihre Tauglichkeit für SchülerInnen anhand der Unterrichtsinhalte prüfen. Hierzu nutze ich die Königserläuterungen des C. Bange Verlages und die Oldenbourg Interpretationen des Oldenbourg Verlages.

2. Die Einbettung in den Unterricht

Der Literaturunterricht am Gymnasium soll den SchülerInnen eine weite sowie tiefgründige literarische Bildung vermitteln. Sie sollen mit den wichtigsten Werken der nationalen und internationalen Literatur bekannt gemacht werden. Dadurch sollen Werte wie eine „weltoffene Einstellung, Liebe zur nationalen sowie die Achtung fremder Kulturen“1 vermittelt werden. Ebenso ist es die Aufgabe des Literaturunterrichtes den SchülerInnen Freude am Lesen, Hören und Erleben literarischer Kunst, aber auch Fachwissen, wie die grundsätzlichen Verfahren und Methoden sowie Herangehensweisen für wissenschaftliches Arbeiten, weiterzugeben. Innerhalb des Lehrplans ist es der Lernbereich 3, der den Umgang mit literarischen Texten zum Inhalt hat. Die Zielvorgaben sind Dargestelltes inhaltlich und formal zu erfassen, die Autorenintension zu erfragen, Wirkungen zu reflektieren ebenso mit Gattungen und Genres bekannt zu machen sowie „Kenntnisse über literarische Strömungen und Epochen, aktuelle Tendenzen, Textstrukturen, Verfahren der Textanalyse und des Wertens, ästhetische Wertungskategorien, historische und aktuelle Bedingungen der Entstehung sowie die Verbreitung und Wirkung von Literatur“2 zu vermitteln.

Von den „Lehrplanmachern“ wird empfohlen, dass das Werk Unterm Rad Stoff der 9. Klasse sein soll. Es wird angeregt, es im Rahmen des Unterpunktes ‚Prosa und Lyrik aus der unmittelbaren Gegenwart unter dem Aspekt Jugend in der Literatur des 20. Jahrhunderts’ zu behandeln.

2.1. Prosa und Lyrik aus der unmittelbaren Gegenwart unter dem Aspekt Jugend in der Literatur des 20. Jahrhunderts

Das Ziel dieses Bereiches ist es, die formalen Merkmale eines Werkes wie Aufbau, Handlung und Wirkung aber auch Thematiken wie die Persönlichkeits- und Selbstwertfindung zu erarbeiten.

2.1.1. Aufbau

In diesem Bereich sieht der Lehrplan die Erarbeitung und Beschäftigung mit genres- und gattungsspezifischen Elementen, vorkommenden Motiven und der Sprache vor.

Die Eignung Hermann Hesses Werk

Hesses Unterm Rad ist für das Erarbeiten der, durch den Lehrplan vorgegebenen, Schwerpunkte eine gut gewählte Lektüre, da man an diesem Werk sowohl die genres- und gattungsspezifischen Elemente der Prosa und der Erzählung als auch die Problematik der Motive, die sich des Öfteren durch ein Werk ziehen sowie die Sprache eines Autors gut thematisieren kann.

Die Struktur dieser Erzählung ist gut zu verfolgen, da sie der Gliederung in die drei Komponenten: Einleitung, Hauptteil und Schlussteil folgt. Diese Teile lassen sich grob an den Orten der jeweiligen Handlung festmachen. So spielt die Einleitung in dem kleinen Schwarzwaldort, wo Hans hoffnungsvoll dem Neuen entgegenblickt, der Hauptteil im Kloster und Internat Maulbronn und der Endteil wieder in seiner Heimat, wo Hans dann von der anfänglichen Hoffnung der Einleitung in eine Melancholie und Depression verfällt. Auch die Erarbeitung der Erzählsituation lässt sich an Unterm Rad gut darstellen. So tritt der Erzähler als ein auktorialer, allwissender, der die Gefühle und Gedanken der Personen kennt, auf. Ebenso spricht der Erzähler wertend und kommentierend, wie zum Beispiel als er sagt „ […] die Vergeistigung sei eklatant geworden“ (S.11), „ …Das war bis jetzt der einzige Segen, […]“ (S.17) oder „[…], dass er heute sein Kind gegen einen Geldvorteil verkaufe.“ (S.60). Dies sind nur wenige Kommentare und Wertungen, die der Erzähler macht. Dennoch lässt sich aus ihnen die Tendenz zur Ironie und zum Sarkasmus ablesen. Vor allem was die Schule betrifft, flammt immer wieder der Sarkasmus in den Aussagen des Erzählers auf. So beschreibt er die Pflicht der Schule dahingehend: „[…] in dem jungen Knaben die rohen Kräfte und Begierden der Natur zu bändigen und auszurotten und an ihre Stelle stille, mäßige und staatlich anerkannte Ideale zu pflanzen.“ (S.46). In Hans sieht er dieses Erziehungsziel erreicht, in dem er sagt: „Wie schön hatte sich der kleine Giebenrath entwickelt! Das Strolchen und Spielen hatte er fast von selber abgelegt, das dumme Lachen in den Lektionen kam bei ihm längst nimmer vor, auch die Gärtnerei, das Kanninchenhalten und das leidige Angeln hatte er sich abgewöhnt.“ (S.47). So war Hans auf dem besten Wege sich als ideales Glied in die Gesellschaft des wilhelminischen Staates einzugliedern, da er alles, was ihm Spaß bereitete, geopfert hatte um sich voll und ganz den vorgegeben Normen der Lehrer zu verschreiben.

Auch die Begriffe ‚Erzählte Zeit’ sowie ‚Episches Präteritum’ lassen sich an diesem Werk gut belegen. So beträgt die Erzählte Zeit etwa eineinhalb Jahre, vom Frühling des ersten Jahres bis zum Herbst des folgenden Jahres. Hierbei läuft die Geschichte chronologisch vor den Augen des Lesers ab. Auch in der Wahl der Jahreszeiten zu Beginn der Erzählung und dann zum Ende zeichnet sich wieder der Kreis, in dem sich Hans befindet, ab, vom Aufblühen des Frühlings und auch Hans’ Person bis hin zur Vergänglichkeit des Herbstes und Hans’ Tod.

Als weitere Strukturmerkmale sind in Unterm Rad die Konstruktion und das Vergleichen von Gegensätzen sowie Vorausdeutungen anzutreffen. Offensichtlich wird dies durch die kontrastierenden Personen, die Hesse in dieser Erzählung nutzt. So stellt er seiner Hauptperson Hans Giebenrath, der als Streber, Leidender und anschließend Scheiternder dargestellt wird, seinen Freund Hermann Heilner gegenüber. Dieser ist ein Schwärmer, ein selbstbewusster Dichter und einer, der später seinen eigenen Weg geht. Hesse kontrastiert durch die Figur des Schuhmachers Flaig das Auftreten der Lehrer und des Stadtpfarrers. Während sich die Lehrer an Leistungen, Gehorsam und Disziplin orientieren, tritt Flaig als „Retter und Fürsprecher“ für die kindlichen und menschlichen Bedürfnisse auf. Hierbei nutzt er als Pietist immer wieder Gott, so sagt er auch, als Hans von Versagensangst spricht: „Durchzufallen ist keine Schande, das könne dem Besten passieren, und falls es ihm so gehen sollte, möge er bedenken, dass Gott mit jeder Seele seine besondern Absichten habe und sie eigene Wege führe.“ (S. 14). Auch Vorausdeutungen nutzt Hesse in Unterm Rad. Zum einen Hans’ Freund Hermann Rechtenheil aus Kindertagen, der ihm das Angeln beibrachte. Er deutet schon namentlich auf Hermann Heilner voraus. Beide zeigten Hans einen Weg aus dem intellektuellen Leben. Zum anderen kommt zweimal im Werk eine Emma vor, die Nichte des Schuhmachers und ein Mädchen aus Kindertagen. Beide trugen den Namen Emma und in Beide war Hans verliebt. Doch während es die eine nicht einmal merkte, spielte die andere nur mit ihm und so nahmen die Bekanntschaften mit Emma kein glückliches Ende.

Des Weiteren lassen sich im Werk mehrere Motive feststellen, die die Geschichte auch auf einer tieferen Ebene schließen. Dies sind das Rad, das Kopfweh, das Angeln und das Wasser.

Das Rad

Die zentrale Bedeutung des Rades findet sich in einem Ausspruch des Ephorus:

„Nur nicht matt werden, sonst kommt man unters Rad“ (S.93). Der Titel des Romans Unterm Rad sagt allerdings aus, dass Hans bereits unter das Rad gekommen ist. Dies sind zwei verschiedene Sichtweisen. Während der Lehrer den Begriff ‚unters Rad kommen’ im Zusammenhang mit dem Versagen in der Schule nutzt, erschließt sich der Leser diese Wendung so, dass Hans erst durch die Schule, seinen Ehrgeiz, die viel zu hohen Anforderungen, die an ihn gestellt werden, unter das Rad getrieben wird. Doch auch schon viel früher taucht das Rad als Symbol auf. Einen Tag vor seinem Landexamen findet Hans das Wasserrädchen wieder, das er mit August gebaut hatte. Er biegt daran herum und zerbricht es. Wütend über die verlorene schöne Zeit als Kind mit seinem Freund richtet er seinen ganzen Ärger gegen das Spielzeug: „Fort mit dem Zeug, das war ja alles schon lang aus und vorbei.“ (S.15). Auch in Hans’ Zeit als Lehrling taucht dieses Symbol als gusseisernes Rädchen wieder auf, das er mühsam säubern muss. Zunächst empfindet er diese körperlich harte Arbeit als befreiend, doch dann erliegt er der körperlichen Härte, er ist „todunglücklich […] und kratzte hoffnungslos an seinem Rädchen herum“ (S.153).

Das Angeln

Das Angeln kann als Gegenstück zum Rad angesehen werden. Das Rad ist immer verbunden mit Arbeit und Anforderungen. Das Angeln jedoch, das er von Hermann Rechtenheil in Kindertagen gelernt hat, wird als ein zweckfreies Tun ohne Anstrengung und Anforderung empfunden. Der Sinn des Angelns ist nur Träumen und Frei sein.

Das Kopfweh

Das Motiv des Kopfwehs taucht schon früh (S.12) im Werk auf und zieht sich dann durch die ganze Geschichte. Diese häufigen Erwähnungen des Kopfwehs und der Erschöpfung zeigen wie sehr Hans schon unters Rad gekommen ist. Diese Erschöpfung geht im Laufe der Geschehnisse immer mehr mit Vorausdeutungen auf den Tod einher. Am deutlichsten zeigt sich dies im 5. Kapitel: „In dieser Not und Verlassenheit trat dem kranken Knaben ein anderes Gespenst als trügerischer Tröster nahe und wurde ihm allmählich vertraut und notwendig. Das war der Gedanke an den Tod.“ (S.114). Für Hans war der Tod eine beschlossene Sache. Der Gedanke an ihn verlieh Hans ein wohliges Gefühl und zunächst wollte er „noch ein wenig von der bitteren Süße des Lebens“ (S.115) geschmeckt haben.

Das Wasser

Auch dieses Motiv zieht sich durch das gesamte Werk. Schon früh im Roman wird die Schönheit des Wassers und die Faszination Hans’ durch dieses (S. 12, 26) erwähnt. Das Wasser wird zumeist als Beruhigung empfunden, das alle Angst die Hans fühlt, hinweg tragen kann. Dennoch kann das Wasser ab dem Aufenthalt in Maulbronn auch als Todessymbol gedeutet werden, da ein Mitschüler im Wasser stirbt (S.84). Auch als Hermann Heilner weggelaufen ist, wird vermutet, dass ihm das Selbe wie dem Hindinger passiert sei. Und auch Hans’ Seele droht langsam im Wasser unterzugehen: „Keiner, außer vielleicht jenem mitleidigen Repetenten, sah hinter dem hilflosen Lächeln des schmalen Knabengesichts eine untergehende Seele leiden und im Ertrinken angstvoll und verzweifelnd um sich blicken.“ (S.109).

2.1.2. Handlung

Unter diesen Punkt fällt der Aufbau der Handlung. Des Weiteren sollen die Figuren näher betrachtet werden.

Die Eignung Hesses Werk

Die Handlung ist, wie bei einer Erzählung üblich, in drei Teile gegliedert. So nehmen die Kapitel 1 und 2 die Einleitung ein, in der Hans noch in seiner Heimatstadt lebt und der Konflikt durch die Vorbereitung auf das Landexamen langsam entsteht. In den zwei folgenden Kapiteln befindet sich der Protagonist im Klosterseminar Maulbronn und lernt dort Hermann Heilner kennen. In diesem Erzählabschnitt kommt es zu einem Wendepunkt der Entwicklung, dadurch dass die Selbstentfremdung Hans’ einsetzt. In den letzten Kapiteln (5-7) ist Hans wieder in seiner Heimatstadt und der Konflikt verschärft sich weiterhin und führt bis zu Hans’ Tod und somit in der Katastrophe endet. Der Roman folgt einem linearen Erzählverlauf, an dessen Anfang die Entwicklung des Konfliktes steht. Dieser verschärft sich im weiteren Verlauf der Ereignisse und Ende zum Schluss in der Katastrophe. Trotz des chronologischen Ablaufs sind immer wieder Vorausdeutungen oder Rückblenden eingeflochten.

[...]


1 Lehrplan Gymnasium Sachsen

2 Lehrplan Gymnasium Sachsen

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Hermann Hesses 'Unterm Rad' als Schullektüre mit Lektürehilfenvergleich
Hochschule
Universität Leipzig
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
29
Katalognummer
V86231
ISBN (eBook)
9783638043533
ISBN (Buch)
9783640330751
Dateigröße
3052 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Hermann, Hesses, Unterm, Schullektüre, Lektürehilfenvergleich
Arbeit zitieren
Elisabeth Pietsch (Autor:in), 2007, Hermann Hesses 'Unterm Rad' als Schullektüre mit Lektürehilfenvergleich, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86231

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