Dekadenzphänomene in Thomas Manns Roman Buddenbrooks


Hausarbeit, 2004

16 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Verfall und Dekadenzphänomene in „Buddenbrooks“
2.1 Der Verfall der Familie Buddenbrook
2.1.1 Der familiäre Verfall
2.1.2 Der soziale Verfall
2.1.3 Der wirtschaftliche Verfall
2.1.4 Der gesundheitliche Verfall
2.2 Dekadenzphänomene der Charaktere
2.2.1 Johann (Jean) Buddenbrook
2.2.1.1 körperliche Dekadenz
2.2.1.2 geistige Dekadenz
2.2.2 Thomas Buddenbrook
2.2.2.1 körperliche Dekadenz
2.2.2.2 geistige Dekadenz
2.2.3 Christian Buddenbrook
2.2.3.1 körperliche Dekadenz
2.2.3.2 geistige Dekadenz
2.2.4 Johann (Hanno) Buddenbrook
2.2.4.1 körperliche Dekadenz
2.2.4.2 geistige Dekadenz

3. Schluss

Literatur

1. Einleitung

„Es wurde der Übermensch geliebt, es wurde der Untermensch geliebt; es wurden die Gesundheit und die Sonne angebetet, und es wurde die Zärtlichkeit brustkranker Mädchen angebetet; man begeisterte sich für das Heldenglaubensbekenntnis und für das soziale Allemannsglaubensbekenntnis; man war gläubig und skeptisch, naturalistisch und preziös, robust und morbid [...] Würde man jene Zeit zerlegt haben, so wäre so ein Unsinn herausgekommen sein, wie ein eckiger Kreis, der aus hölzernem Eisen bestehen will, aber in Wirklichkeit war alles zu einem schimmernden Sinn verschmolzen.“[1]

Robert Musil beschreibt auf diese Weise wohl am besten die Stimmung, die zur Zeit der Jahrhundertwende unter deutschen Schriftstellern herrscht. Die verschiedenen literarischen Strömungen der Zeit um 1900 führen zu einem gigantischen Stilpluralismus aus Naturalismus, Dekadenz- und Ästhetizismus-Literatur, Symbolismus, Impressionismus, Jugendstil und anderen. Genau in diese Zeit fällt auch ein Teil des Werks Thomas Manns – und vor allem sein erster großer Roman, Buddenbrooks.

Dieser lässt sich jedoch keinesfalls eindeutig einer bestimmten Stilrichtung zuordnen. So ist die Erzählweise zum Beispiel sehr traditionell, erinnert teilweise an Romane Theodor Fontanes – zumindest, was Charakterbeschreibungen, Räumlichkeiten, Konversationen, oder die Schilderung bürgerlicher Rituale angeht – sogar der Name „Buddenbrooks“ taucht schon bei Fontane auf. Gleichzeitig ist aber auch eine Beziehung zum Naturalismus zu erkennen, beispielsweise als im letzten Kapitel die Krankheit Hannos sehr sachlich beschrieben wird. Auch die Dekadenz, der Verfall spielt hier natürlich eine große Rolle – er steckt ja bereits im Untertitel des Romans. Um diese Dekadenz, sowie die Verwendung dekadenter Merkmale in der Literatur, geht es vorrangig in dieser Arbeit.

Zum besseren Verständnis wird zunächst auf den Inhalt des Romans, also auf den eigentlichen Verfall der Familie eingegangen. Dieser besteht zunächst aus einer Art familiären Verfall – die gesunde, stolze Familie vom Anfang, die sich jeden Donnerstag zu üppigen Mittagessen trifft und mit drei Generationen im vollen Leben steht, verfällt nach und nach. Am Ende bleibt nur noch ein kümmerlicher Rest alleinstehender Damen übrig. Eine logische Folge ist der soziale Verfall – das Ansehen der Familie leidet nicht nur unter familiären Vorkommnissen, wie der zweimaligen Scheidung Tonys, sondern beispielsweise auch unter dem Verhalten Christians in der Öffentlichkeit. Schließlich kommt der Verfall der Firma, also der wirtschaftliche Aspekt des Untergangs noch hinzu: Das florierende Unternehmen des alten Johann Buddenbrook stagniert, verliert immer mehr an Bedeutung und Kapital, und wird schließlich nach dem Tod Thomas’ aufgelöst. Der wohl deutlichste Verfallsprozess in dem Roman zeigt sich jedoch in der Gesundheit der Familienmitglieder. Sie werden von Generation zu Generation schwächer, anfälliger, nervöser und kränker. So sinkt nicht nur die Geburtenrate, sondern auch das Lebensalter von Generation zu Generation beträchtlich.

Der eigentliche Hauptteil dieser Arbeit liegt schließlich in der Herausarbeitung der Dekadenzphänomene. Hierbei werde ich mich auf die Charaktere beschränken, die diese am deutlichsten aufzeigen und für die die Folgen dieser körperlichen und geistigen Erscheinungen am fatalsten sind. Um den Unterschied und das Fortschreiten der Dekadenz von Generation zu Generation zu verdeutlichen, wird mit dem noch relativ gesunden Johann (Jean) Buddenbrook, dem Konsul, begonnen. Bereits in seiner Kindheit zeigt sein jüngerer Sohn, Christian, einige dieser Dekadenzmerkmale, die sich in seinem späteren Leben verstärken und schließlich zum totalen geistigen Verfall führen – er endet in einer Irrenanstalt. Thomas, der ältere Sohn, zeigt zwar ähnlich dekadente Symptome, allerdings werden diese äußerlichen Merkmale durch eine sorgfältig gepflegte Fassade vertuscht. Bei Hanno, dem letzten Buddenbrook, schließlich, zeigen sich die ersten Merkmale bereits kurz nach der Geburt. Er ist beinahe lebensunfähig und stirbt bereits im Alter von 16 Jahren an Typhus.

2. Verfall und Dekadenzphänomene in „Buddenbrooks“

Wie bereits erwähnt soll zunächst auf die Verfallsgeschichte der Buddenbrooks eingegangen werden, die den eigentlichen Inhalt des Romans wiederspiegelt. Erst danach werden im Besonderen die Dekadenzphänomene der einzelnen Charaktere erläutert.

2.1 Der Verfall der Familie Buddenbrook

Der Untergang der Familie Buddenbrook ist nicht nur bereits im Untertitel (Verfall einer Familie) vorgegeben, sondern wird auch im dritten Kapitel schon angekündigt. So wird vom Untergang der Familie Ratenkamp – einer ehemals genauso erfolgreichen Kaufmannsfamilie gedacht, die schließlich völlig verarmt die Stadt verlassen und ihr Haus den Buddenbrooks verkaufen musste.[2]

Der folgende Punkt wird sich mit dem Untergang der Buddenbrooks beschäftigen. Wie bereits erwähnt, aufgeteilt in die Aspekte der Familie, des sozialen, wirtschaftlichen und gesundheitlichen Verfalls.

2.1.1 Der familiäre Verfall

Der Titel des familiären Verfalls ist vielleicht nicht ganz richtig – vielmehr soll dieser Punkt den Verfall des familiären Zusammenhalts und der Familienstärke darstellen. Dieser Zusammenhalt lässt von Generation zu Generation nach. So ist am Anfang des Buches, zur Einweihung des Hauses in der Mengstraße ein Mittagessen beschrieben, an dem nicht nur die engste Familie (die alten Buddenbrooks, Jean Buddenbrook mit Familie, die Krögers und Justus Kröger), sondern auch gute Freunde teilnehmen. Das ganze Essen, die Unterhaltungen und die Stimmung, die beschrieben wird, macht einen familiären, freundlichen Eindruck. Kurz: die Familie wirkt intakt und scheint gut zusammen zu halten.[3]

Doch bereits als Thomas und Tony nach Travemünde fahren, wird deutlich, dass sogar den „Kindern“ eine Veränderung der Familienbande bewusst wird:

„Ihre wunden Punkte hat jede Familie. [...] Wie es zum Beispiel mit Onkel Justus steht, weiß der liebe Gott. Papa schüttelt immer den Kopf, wenn er von ihm spricht und Großvater hat ein paar mal, glaube ich, mit großen Summen aushelfen müssen... Und mit den Vettern ist auch nicht alles in Ordnung. [...] Nein, ich finde, man soll keinen Stein aufheben.“[4]

Klärt Thomas Tony über die Verhältnisse auf.

Zwischenzeitlich, während der ersten Ehe Tonys und der Ausbildung Christians und Thomas’ scheint die Familie an sich gar nicht mehr existent. Zu den Essen in der Mengstraße kommt nur noch der engste Kreis (das Ehepaar Buddenbrook, Clara, Klothilde und Ida Jungmann) zusammen. Eine Weile später, während Tonys zweiter Ehe sind es nur noch die Konsulin und Ida Jungmann, die in der Mengstraße wohnen. Später wird immer öfter den alten Zeiten und verstorbenen Familienmitgliedern gedacht. Von den Buddenbrooks aus der Breitenstraße ist sowieso seit jeher nur Missgunst und Neid in spitzen Äußerungen zu hören. Die Anklage gegen den Schwiegersohn Tonys drückt dann zusätzlich die Stimmung ins unerträgliche.[5]

Gänzlich zerfallen stellt sich die Familie am Ende des Romans dar. Der männliche Zweig ist komplett ausgestorben oder vegetiert in einer Anstalt dahin (Christian). Gerda ist im Begriff zu ihrem Vater nach Amsterdam zurückzukehren. Somit bleiben von der Familie nur Tony und Erika mit Elisabeth, allesamt verlassen von ihren Ehemännern, bzw. vom Vater, die Buddenbrooks aus der Breitenstraße und Klothilde. Weder die familiäre Stimmung noch der Zusammenhalt sind noch vorhanden.[6]

2.1.2 Der soziale Verfall

Der Verfall, und damit so zu sagen die Verstümmelung der Familie, bleibt natürlich nach außen hin nicht ohne Folgen. So ist auch das soziale, gesellschaftliche Ansehen der Familie am Ende des Romans nicht mehr dasselbe wie am Anfang. Die Buddenbrooks genießen anfangs noch das Ansehen der ganzen Stadt. Sie sind um einige Ecken mit Oeverdieks verwandt, deren Familie den späteren Bürgermeister stellt, und natürlich auch mit Konsul Kröger, dem Schwiegervater Jeans, der zu den reichsten und angesehensten Männern der Stadt gehört. Jean hat zudem viele öffentliche Ämter inne, und ist Vorsitzender verschiedener Vereine und Gesellschaften. Er kann auch nicht nur mit den Bessergestellten, Adeligen oder Kaufleuten, die im Stadtrat sitzen, sondern auch mit den einfachen Leuten und seinen Angestellten umgehen, was ihm allerseits großes Ansehen verleiht.

[...]


[1]Deutsche Literaturgeschichte. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. 6. überarbeitete Auflage. Stuttgart/Weimar. J.B. Metzler Verlag 2001. S. 355.

[2]Mann, Thomas: Buddenbrooks. Verfall einer Familie. Frankfurt am Main. Fischer Taschenbuch Verlag 2002. S. 21 ff (Buddenbrooks)

[3]Buddenbrooks, S. 14ff

[4]ebd. S. 117

[5]ebd., S. 528 ff

[6]ebd., S. 754 ff

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Dekadenzphänomene in Thomas Manns Roman Buddenbrooks
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
16
Katalognummer
V86219
ISBN (eBook)
9783638016575
ISBN (Buch)
9783640522613
Dateigröße
423 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Dekadenzphänomene, Thomas, Manns, Roman, Buddenbrooks
Arbeit zitieren
Dipl. Germ. Univ. Nikolai Sokoliuk (Autor:in), 2004, Dekadenzphänomene in Thomas Manns Roman Buddenbrooks, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86219

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