Zur Kommasetzung bei Infinitivgruppen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

31 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was sind Infinitivgruppen?

3. Die bisherige Regelung der Kommasetzung bei Infinitivgruppen

4. Die Kommasetzung nach der Neuregelung von

5. Der syntaktisch orientierte Ansatz von Peter Gallmann
5.1. Fälle, bei denen die abhängige Infinitivgruppe immer satzwertig ist
5.2. Fälle, bei denen die abhängige Infinitivgruppe nie satzwertig ist
5.3. Fälle, bei denen nicht ohne weiteres festgestellt werden kann, ob die abhängige Infinitivgruppe mit dem übergeordneten Verb ein komplexes Prädikat bildet oder nicht
5.4. Kritische Betrachtung des syntaktischen Ansatzes

6. Der pragmatisch leserorientierte Ansatz von Gerhard Augst
6.1. Zum Auftreten von Missverständnissen und Doppeldeutigkeiten

7. Die Auslegung der neuen Rechtschreibregeln in der ZEIT

8. Zusammenfassung

9. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Ich rate, ihm zu helfen.

oder

Ich rate ihm, zu helfen. ???

Erfahrungsgemäß gehörten die bisherigen Interpunktionsregeln, insbesondere bei Infinitiv- und Partizipialgruppen, zu den Bereichen der deutschen Rechtschreibung, die den Schreibenden die meisten Probleme bereiteten. Da dieser Aspekt im amtlichen Regelwerk von 1901/02 nicht behandelt wurde, kam es in den Folgejahren zu einer Fülle von Einzelregelungen, die eher zur Verwirrung als zur Übersichtlichkeit und Verständlichkeit beitrugen. (Die neue deutsche Rechtschreibung 1996: 25) Im Zuge der Rechtschreibereform von 1996 wurden daher auch die bisher geltenden Kommaregeln einer genaueren Prüfung unterzogen. Das Ziel dieser Reform bestand im Wesentlichen darin, eine größere Systematik in die deutschsprachige Orthographie zu bringen. Die Rechtschreibregeln sollten vereinfacht, die Zahl der Ungereimtheiten und Zweifelsfälle verringert werden. (Die neue deutsche Rechtschreibung 1996: 23) Für die Kommasetzung bei Infinitivgruppen bedeutet dies in der Zukunft, dass den Schreibenden größere Freiheiten eingeräumt werden, um ihre Aussage zu verdeutlichen. Ob dies tatsächlich zu einer besseren Systematik führt, bleibt zunächst dahin gestellt.

In dieser Arbeit werden nun verschiedene Möglichkeiten der Regelung einer Kommasetzung bei Infinitivgruppen mit „zu“ vorgestellt und diskutiert. In einem kurzen Abriss soll dabei zunächst geklärt werden, was Infinitivgruppen eigentlich sind. Danach werden die bisherige Regelung und die Neuregelung von 1996 für die Kommasetzung bei Infinitivgruppen gegenübergestellt. Vor- und Nachteile, sowie Lücken dieser beiden Regelungen sollen dabei näher untersucht werden.

Im Anschluss daran werden zwei weitere konträre Ansätze diskutiert. Dabei handelt es sich einerseits um den syntaktisch orientierten Ansatz von Peter Gallmann. Bei diesem Ansatz wird das Kriterium der Satzwertigkeit eingeführt, wenn es darum geht zu entscheiden, ob bei einer Infinitivgruppe ein Komma gesetzt werden soll oder nicht. Im Gegensatz dazu steht der pragmatisch leserorientierte Ansatz von Gerhard Augst. Dieser Ansatz spricht sich dafür aus, die Kommasetzung praktisch frei zu geben bzw. das Komma nur zu setzen, wenn dadurch des Leseprozess erleichtert wird.

Am Ende der Arbeit soll am Beispiel des ZEIT-Verlags gezeigt werden, inwieweit die neue Kommaregelung in der Praxis umgesetzt wird. In einer abschließenden Zusammenfassung sollen nochmals die Vor- und Nachteile der verschiedenen Regelungen auch mit Blick auf die Vermittlung im schulischen Unterricht diskutiert werden.

2. Was sind Infinitivgruppen?

Als Infinitivgruppen (Grundformgruppen) bezeichnet man Infinitive (Grundformen), die ein „zu“ bei sich haben, z.B. zu singen, gelaufen zu sein, gelobt zu werden. Ebenso wie Partizipgruppen nehmen sie eine Mittelstellung zwischen Satzteilen und Sätzen, konkreter gesagt zwischen dem Verbalabstraktum/bzw. dem substantivierten Infinitiv und der Nebensatzkonstruktion, ein. Folgendes Beispiel verdeutlicht dies:

- weil er das Bild betrachten wollte.
- um das Bild zu betrachten.

Er ging einen Schritt zurück

- zum Betrachten des Bildes.
- zur Betrachtung des Bildes.

Auf Grund dieser Zwischenstellung wurden Infinitivkonstruktionen bisher entweder analog zum Nebensatz kommatiert oder analog zum Verbalabstraktum/bzw. substantivierten Infinitiv ohne Komma geschrieben. (vgl. Augst 5)

Infinitive, die kein „zu“ bei sich haben, gehören dagegen nicht zu den Infinitivgruppen. Sie sind immer einfaches Satzglied oder Teil eines Satzgliedes und werden nicht durch Kommas abgetrennt. (vgl. Duden Taschenbücher 1998: 68)

3. Die bisherige Regelung der Kommasetzung bei Infinitivgruppen

Die bisher angewandten Regeln stützten sich im Wesentlichen auf die Opposition von einfach versus erweitert. Die an sich leicht nachvollziehbare Hauptregel besagte:

>> Ein erweiterter Infinitiv wird mit Komma abgetrennt, ein einfacher nicht.

a) Sie hatte geplant einzukaufen.
b) Sie hatte geplant, Brot einzukaufen.

Auf Grund dieser Regel wurde bei Satz a) kein Komma gesetzt, da die Infinitivgruppe als einfache Infinitivgruppe ohne Erweiterung galt. In Satz b) wurde dahingegen das Objekt „Brot“ als Erweiterung angesehen. Demzufolge musste das Komma gesetzt werden.

Diese Regel für den erweiterten Infinitiv galt jedoch nicht, wenn dieser als Subjekt am Anfang eines zusammengesetzten Satzes stand. So wurde im folgenden Satz kein Komma gesetzt, da die erweiterte Infinitivgruppe „[d]iesen Film gesehen zu haben“ in der Funktion eines Subjekts in Spitzenstellung stand.

c) Diesen Film gesehen zu haben hat noch niemandem geschadet.

Hingegen stand ein Komma, wenn die erweiterte Infinitivgruppe gegenüber dem übergeordneten Satz die Rolle des Objekts einnahm.

d) Diesen Film gesehen zu haben, hat noch niemand bereut.

Ein Komma wurde auch gesetzt, wenn ein Infinitiv, auch wenn er nicht erweitert war, als Subjekt dem übergeordnetem Prädikat folgte.

e) Ihre Absicht war, fernzusehen.

Aus diesen wenigen Beispielen wird deutlich, wie schwierig und teilweise auch willkürlich der Gebrauch der Kommaregeln bisher war. Wer das Komma hier richtig setzen wollte, musste sich in der Grammatik sehr gut auskennen. Hinzu kommt, dass die Sachverhalte hinter den Kommaregeln Spezialistenwissen waren und als solche den „normalen“ Schreibenden überforderten. In der Diskussion um eine Rechtschreibreform des Deutschen hat daher auch das Komma bei Infinitivgruppen immer eine wichtige Rolle gespielt. Seit den 50er Jahren gab es Reformansätze, die dahin tendierten, die Kommasetzung praktisch freizugeben bzw. dafür plädierten, das Komma sparsamer und in größerer Freiheit zu setzen. Herausragend waren dabei vor allem die Stuttgarter Empfehlungen von 1955 und die Wiesbadener Empfehlungen von 1959. (Gallmann (1997): 1f)

[...]

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Zur Kommasetzung bei Infinitivgruppen
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Germanistische Sprachwissenschaft)
Veranstaltung
HpS Schriftsystem und Orthographie
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
31
Katalognummer
V8617
ISBN (eBook)
9783638155465
ISBN (Buch)
9783638640589
Dateigröße
639 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In der Arbeit werden die verschiedenen Möglichkeiten der Kommasetzung bei Infinitivgruppen mit -zu- vor und nach der Rechtschreibreform von 1996 vorgestellt. 20 Seiten Hausarbeit plus Anhang
Schlagworte
Kommasetzung, Infinitivgruppen, Schriftsystem, Orthographie
Arbeit zitieren
Hendrikje Schulze (Autor:in), 2002, Zur Kommasetzung bei Infinitivgruppen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8617

Kommentare

  • Gast am 25.4.2005

    Existiert der Aufsatz von Augst?.

    "Der pragmatisch leserorientierte Ansatz von Gerhard Augst" (Punkt 6 im Inhalt) existiert in keiner Bücherei. Auch die Suche über Google hat nichts gebracht. Ich mache mir schon Gedanken, ob die Autorin diesen Ansatz vielleicht selbst ausgedacht hat...

    Könnte mir jemand Auskunft geben, wo diese Handschrift (Aufsatz, Artikel?) von G.Augst zu finden wäre?

    MfG
    Tatsiana L.

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