Neuronale Reorganisation


Hausarbeit, 2004

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Funktionell anatomische Übersicht des zentralen somatosensorischen Systems
1.2 Das Hinterstrangsystem
1.3 Das Vorderseitenstrangsystem
1.4 Somatotopie des somatosensorischen Kortex
1.5 Ausfälle bei Rückenmarkverletzungen

2. Amputationen und Reorganisation

3. Prothesen und deren neuronale Ansteuerung

4. Hand Transplantationen

5. Beidseitige Handtransplantation
5.1 Reaktivierung des motorischen Kortex nach Transplantation

6. Ausblick

7. Literaturverzeichnis:

1. Einleitung

Die subjektive Wahrnehmung unseres Körpers beruht zu einem sehr großen Teil auf der Funktionalität des somatoviszeralen sensorischen Systems. Dieses Sinnessystem umfasst die Wahrnehmungsfunktionen der Haut, der inneren Organe und des Bewegungsapparates. Störungen des Körperbildes bei Ausfällen (z.B. Phantomschmerzen nach Amputationen, Lähmung nach Schlaganfall) sollen in dieser Arbeit untersucht werden [1]. Das menschliche Gehirn ist bei solchen Störungen zu massiver funktioneller Reorganisation fähig, welche in dieser Arbeit genauer betrachtet werden soll und als neuronale Plastizität bezeichnet wird. Untersuchungen hierzu zeigten, dass diese Plastizität eine grundlegende Eigenschaft des Nervensystems ist und auch Regionen des menschlichen Nervensystems betrifft, die früher als fest verdrahtet angesehen wurden [2].

1.1 Funktionell anatomische Übersicht des zentralen somatosensorischen Systems

Die zentrale Verarbeitung der Meldungen aus den peripheren Sensoren können funktionell in 3 Ebenen abgegrenzt werden:

1. afferente Systeme
2. integrative Systeme
3. efferente Systeme.

Die periphere Sinnesfläche, also die Gesamtheit der Sensoren, projiziert zum Thalamus und zum Kortex und man kann hier von einer geordneten Abbildung der Peripherie auf zentralnervöse Bereiche sprechen. Diese räumliche Zuordnung wird als Somatotopie bezeichnet. Die nachfolgenden Stationen zentralnervöser Verarbeitung sind die integrativen und efferenten Ebenen. Überwiegend integrative Funktionen haben das Assoziationssystem und das limbische System. Zu den wichtigsten Leistungen dieser Systeme gehört auch die Zusammenführung von Meldungen aus mehreren Sinnessystemen sowie von gespeicherter Information aus dem Gedächtnis.

Das motorische und das vegetative System haben efferente Funktionen.

Im Hinblick auf Sinnesreize besteht Verhalten aus Wahrnehmungen und Reaktionen mit kognitiven (bewusst erkennenden), affektiven (gefühlsmäßigen), motivationalen (antriebserzeugenden), motorischen und vegetativen Komponenten [3].

Prinzipell gibt es zwei dominierende aufsteigende Bahnsysteme, das Hinterstrang-System (Lemniskus) und das Vorderseitenstrang-System. Die afferenten Nervenfasern (also die Reizaufnahme des Körpers) treten über die Spinalnerven ins Rückenmark ein, die des Gesichts über den Trigeminusnerv in den Hirnstamm. Die Nachrichten aus den Sensoren werden einmal im Rückenmark bzw. im Hirnstamm auf vielfältige Art in motorische und vegetative Reflexe einbezogen, zum anderen werden sie über aufsteigende Fasersysteme zum Gehirn weitergegeben. Die Abb. 1 gibt eine stark vereinfachte Orientierung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Funktionell anatomische Übersicht des somatosensorischen Systems [3]

Beide Bahnen verbinden jede Körperseite im wesentlichen mit der jeweils gegenseitigen (kontralateralen) Hirnhälfte. Das Hinterstrangsystem ist funktionell mit den Mechanorezeptoren der Haut und den Propriozeptoren assoziiert, das Vorderseitenstrangsystem vorwiegend mit den Termperaturrezeptoren und den Schmerzrezeptoren (Nozizeption). Im Rückenmark gibt es weitere aufsteigende Wege für somatosensorische Informationen, es ist jedoch für diese Arbeit nützlich, die Unterteilung entsprechend den beiden dominierenden Bahnensystemen beizubehalten.

1.2 Das Hinterstrangsystem

Das Hinterstrangsystem (in Abb. 1 rot gekennzeichnet) führt seinen Namen nach dem Hinterstrang, einem mächtigen Faserzug in der weißen Substanz des dorsalen Rückenmarks. Er besteht aus direkten Kollateralen von dicken myelinisierten afferenten Fasern (Gruppen I und II) der Spinalnerven. Er wird auch als Lemniscussystem bezeichnet, nach dem Tractus lemnicus medialis (mediale Schleifenbahn). Dieses aufsteigende Teilsystem der Somatosensorik enthält eine anatomisch und neurophysiologisch gut abgrenzbare Verbindung von spinalen und trigeminalen mechanoreceptiven Afferenzen zu 2 Kortexgebieten des Scheitellappens (parietaler Kortex), dem ersten somatosensorischen Areal S I und dem zweiten somatosensorischen Areal S II.

Die Afferenzen des Hinterstrangsystems sind die der niederschwelligen Mechanosensoren der Haut (also der SA-, RA- und PC-Sensoren), der Muskelspindeln, Sehnensensoren und Gelenkstellungssensoren. Der aufsteigende Weg ist schnellleitend, er enthält nur 3 synaptische Umschaltungen. Es erfolgt eine Kreuzung zur Gegenseite, dem Tractus lemnicus medialis und die anschließende Weiterleitung zum Thalamus. Ein besonderes Charakteristikum des Hinterstrangsystems ist die Somatotopie: Dieser Begriff bezeichnet die geordnete räumliche (topographische) Zuordnung zwischen der Haut als peripherer Sinnesfläche und allen zentralnervösen Schaltstationen. Wir können dabei auch von einer (geometrisch verzerrten) Abbildung oder Projektion sprechen (Abb. 2). Das Hinterstrangsystem ist bei Primaten, also Affen und Menschen, besonders hoch entwickelt. Es ist die anatomische Basis der taktilen Sensibilität (Tastsinn, Getast) und der Propriozeption (Stellung im Raum), also aller (bewussten und unbewussten) Fähigkeiten, die eine Unterscheidung (Diskrimination) der räumlichen und zeitlichen Details eines mechanischen Reizes im Bereich des Körpers erfordern.

Eine wichtige Rolle spielen die Informationen aus Haut, Muskeln und Gelenken über den Hinterstrang als Rückmeldungen bei der Führung von Bewegungen, besonders von Tastbewegungen. Patienten mit Verletzungen des Hinterstrangs haben deshalb eine stark verminderte Fähigkeit, z.B. Gegenstände durch Tasten oder auf die Haut geschriebene Zahlen zu erkennen. Die Zweipunktschwelle ist erhöht.

1.3 Das Vorderseitenstrangsystem

Das Vorderseitenstrang-System enthält aufsteigende Fasern von Rückenmarkneuronen, die in der grauen Substanz liegen, v.a. im Hinterhorn. Im Bereich des Trigeminus entstammen die dem Vorderseitenstrang entsprechenden Axone Neuronen des spinalen Trigeminuskerns. Die afferenten Zuflüsse über die Spinalnerven bzw. den Trigeminusnerv kommen aus Thermosensoren und Schmerzsensoren, jedoch auch aus niederschwelligen Mechanosensoren, v.a. solchen der Haut.

Der Vorderseitenstrang verläuft kontralateral, vom Eintritt der Afferenzen ins Rückenmark gesehen. Die Zielgebiete sind v.a. in der Formatio reticularis und anderen Hirnstammarealen, sowie im Thalamus. Entsprechend werden der Tractus spinoreticularis und der Tractus spinothalamicus unterschieden. Von dort aus scheinen die über den Vorderseitenstrang vermittelten Informationen viele Gehirngebiete zu erreichen, überwiegend über polysynaptische, langsam leitende Verbindungen. Dabei fehlt jedoch eine ausgeprägte Somatotopie, auch besteht keine deutliche Projektion zum Kortex, vergleichbar mit der des Hinterstrangsystems. Das Vorderseitenstrangsystem gilt als die anatomische Basis von Thermosensibilität und Schmerz. Darüber hinaus wird es auch als Teil des unspezifischen Systems angesehen, das nachfolgend erörtert wird.

1.4 Somatotopie des somatosensorischen Kortex

Meldungen von der Haut (Oberflächensensibilität) und vom Bewegungsapparat (Tiefensensibilität) erreichen über die Hinterwurzel das Rückenmark und laufen über die o.g. zwei Strangsysteme zentralwärts in die Areale SI und SII des saomatosensorischen Kortex. Er enthält eine topografische geordnete Abbildung der kontralateralen Haut. Diese Zuordnung wird als Somatotopie bezeichnet. Hier ist die gesamte Körperoberfläche abgebildet (Abb. 2) [3]. SII enthält eine (weniger ausgeprägte) somatotopische Gliederung, die z.T. bilateral ist.

[...]

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Neuronale Reorganisation
Hochschule
Universität Koblenz-Landau
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
22
Katalognummer
V86029
ISBN (eBook)
9783638043489
Dateigröße
1553 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Neuronale, Reorganisation
Arbeit zitieren
Diana von Kopp (Autor:in), 2004, Neuronale Reorganisation, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/86029

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