Betrachtungen zum ontologischen Gottesbeweis von Anselm von Canterbury und dessen kritische Rezeption bei Kant

„...wenn mir jemand in Wirklichkeit oder auch nur in Gedanken etwas findet außer dem ,worüber hinaus größeres nicht gedacht werden kann’, worauf sich die Logik dieses meines Arguments anwenden ließe...“


Hausarbeit, 2007

16 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zum Begriff „Gottesbeweis“

3. Der ontologische Gottesbeweis nach Anselm von Canterbury
3.1 Zur Person Anselm von Canterbury
3.2 Der ontologische Gottesbeweis
3.2.1 Zur Entstehung des Gottesbeweises
3.2.2 Gottesbeweise in der Schrift „Monologion“
3.2.3 Der Gottesbeweis in der Schrift „Proslogion“
3.3 Zur Rezeption des ontologischen Gottesbeweises

4. Immanuel Kants Kritik am ontologischen Gottesbeweis
4.1 Zur Person Immanuel Kants
4.2 Kants Kritik

5. Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Thematik „Gottesbeweise“ zieht eine Vielzahl an Fragen und Problematiken nach sich, welche eine vertiefende Bearbeitung dieser erschweren. Die vorliegende Arbeit stellt einen Versuch dar, sich mit einem der Gottesbeweise, nämlich dem von Immanuel Kant als „ontologischen[1] Gottesbeweis“ bezeichneten, auseinander zu setzen.

Dabei wird zunächst der Begriff „Gottesbeweis“ definiert und anschließend der wohl bekannteste unter ihnen, der „ontologische Gottesbeweis“ bzw. das so genannte „ansel­mianische Argument“ mit seiner Geschichte vorgestellt. Wie der Name schon sagt, ist dieser auf Anselm von Canterbury zurückzuführen.

Zuletzt folgt ein Einblick in die Kritik Kants bezüglich des ontologischen Gottesbeweises.

Die Auswahl der beiden Philosophen unter der Vielzahl derer, die sich mit dem ontologischen Gottesbeweis beschäftigten, begründet sich auf ihre Stellung, die sie ihm bezüglich einnehmen: Anselm von Can­terbury als Begründer und Immanuel Kant als schärfster Kritiker und gleichzeitig Über­winder desselben.

Zunächst aber muss an dieser Stelle kurz auf grundsätzliche Probleme der Thematik eingegangen werden. Die Gottesbeweise an sich grenzen an zwei große Disziplinen. Zum Einen an die Theologie und die zum Anderen an die Philosophie. Am unproblematischsten lassen sie sich wohl in den Bereich der Religionsphilosophie einordnen, der philosophischen Disziplin, welche „[t]rotz aller damit verbundenen Vorbehalte [...] eine mehr oder minder reflektierte Unterscheidung zwischen dem religiösen Vollzug einerseits und der menschlichen Vernunft andererseits“[2] voraussetzt und sich mit diesem „religiösen Vollzug“ eben auf Basis „der menschlichen Vernunft“ auseinandersetzt.

Des Weiteren hat die uralte Frage nach Gott und somit die Suche nach Gottesbeweisen besonders durch die Aufklärung an Bedeutung verloren. Sie zählt nicht mehr zu den existentiellen Fragen der Menschheit, aber sie steht trotzdem nach wie vor im Interesse der Geisteswissenschaften. Gerade der ontologische Beweis hat innerhalb seiner bald tausendjährigen Existenz zahlreiche Angriffe und Kritiken überdauert und geriet niemals endgültig ins Abseits. Auch heute setzen sich immer wieder Religionsphilosophen mit ihm auseinander. Aus diesem Grund erscheint eine nähere Auseinandersetzung mit dem ontologischen Gottesbeweis im Rahmen einer Hausarbeit als eine durchaus interessante Herausforderung.

2. Zum Begriff „Gottesbeweis“

Gottesbeweise im Allgemeinen sind Versuche die Existenz eines Wesens, von dem alles stammt, und welches im Konsens als Gott bezeichnet wird, zu beweisen. Dabei „unterscheidet man aposteriorische und apriorische Gottesbeweise.“[3] Als „aposteriorische“ (a posteriori: „im Nachhinein“, d. V.) Gottesbeweise bezeichnet man jene, die aus empirischen Beobachtungen, also Erfahrungen, gezogen werden. „Apriorisch“ (a priori: „vom Früheren her“, d. V.) charakterisiert man die, welche sich aus der Vernunft heraus bzw. durch ihren Begriff selbst erklären und nicht auf Empirie basieren. Doch beispielsweise der Philosoph Paul Weingartner betont, dass diese Trennung im Grunde genommen nur sehr selten eindeutig ist, „..da sich die Formen durchmischten..“.[4]

Die rationale Methode der Versuche, einen Beweis für Gottes Existenz zu finden, stellt zunächst einen Widerspruch zu den Religionen dar, die sich für gewöhnlich durch das Mythische bzw. das Irrationale auszeichnen und den Glauben an Gott dem Wissen über ihn vorziehen. Doch so einfach gestaltet sich dies durchaus nicht, da im Laufe der Geschichte die Rationalisierung auch vor den Religionen nicht gestoppt hat. „Solange religiöser Glaube und Autorität das Bedürfnis nach rationaler Begründung in den Hintergrund drängten, schienen Gottesbeweise nicht erforderlich zu sein.“[5] Bereits im 11. Jahrhundert versuchten die „Dialektiker“[6] die Vernunftseinsicht vom Glauben zu trennen. Rationalistische Strömungen hielten auf diese Weise Einzug in die Theologie. Gottesbeweise erschienen als notwendig. Auf diese Weise konnte die von den „Scholastikern“[7] als gut geheißene Rationalisierung von Glaubensgehalten umgesetzt werden. Die Vermittlung von Vernunft und Glauben schloss sich somit nicht aus. In diese Zeit fiel die Begründung des ontologischen Gottesbeweises durch Anselm von Canterbury.

Auch wenn in dieser Arbeit lediglich ein christlicher Gottesbeweis vorgestellt wird, beziehen sich nicht alle Beweise auf das Christentum. Sie sind nicht dringend auf einen bestimmten Gott einer Religion ausgelegt, stehen jedoch „...durch ihren Ursprung im Erbe der Metaphysik...“[8] griechischer Philosophen wie Platon und Aristoteles. Gottesbeweise existieren vor allem im Islam, Judentum und Christentum und dienten in der Vergangenheit auch als Mittel zur „Bekehrung von Heiden“[9].

Im Laufe ihrer Geschichten entwickeln sich verschiedene Beweistypen. Zu den bekanntesten gehören der kausale (u.a. Thomas von Aquin), der ontologische (u.a. Anselm von Canterbury, Descartes), der teleologische (bedeutendster Kritiker Hume) und der kosmologische (u.a. Leibniz) Gottesbeweis.

Die Bedeutung der Gottesbeweise erlebte durch Kant eine Wendung. Mit seiner „Kritik der reinen Vernunft“ stellte er die bis dato gefundenen „Beweise“ in Frage und erklärte sie für mehr oder weniger ungültig und setzt sie durch seine Kritik außer Kraft.

Trotz dieser Kritik vertreten einige Religionsphilosophen auch heute noch ähnliche Gottesbeweise, etwa im Rahmen der so genannten „Natürlichen Theologie“[10]. Das Interesse an Gottesbeweisen besteht innerhalb der Religionsphilosophie weiterhin in der Auseinandersetzung mit den klassischen Modellen, den Kritiken bzw. in einer Neuschöpfung eines möglichen und logischen, neuen Beweises. Der eine, allgemein gültige und gleichzeitig schlüssige Gottesbeweis wurde bisher allerdings noch nicht gefunden.

3. Der ontologische Gottesbeweis nach Anselm von Canterbury

3.1 Zur Person Anselm von Canterbury

Anselm von Canterbury wird noch heute zu den wichtigsten Denkern der christlichen Kirche gezählt. Seine Bedeutung, welche er vor allem durch seine Auseinandersetzung mit der Frage nach Gott verdankt, verlieh ihm nicht nur die Heiligsprechung der Katholischen Kirche, sondern auch den Titel „Vater der Scholastik“[11].

Geboren wurde Anselm 1033/34 in Aosta (Norditalien). Sein Studium absolvierte er in Burgund und Frankreich. Anschließend wurde er von dem ebenfalls italienischstämmigen Lanfranc in einer Klosterschule in der Normandie unterrichtet. Nachdem Anselm die Nachfolge Lanfrancs als Leiter und Prior der Schule angetreten hatte, wurde er schließlich 1093 Erzbischof von Canterbury, wiederum seinem ehemaligen Lehrer folgend. 1109 starb er in seiner letzten Wirkungsstätte, der er auch seinen Beinamen verdankt.

Anselm wirkte zu der Zeit der Dialektiker, „deren Einseitigkeit er ablehnt[e], aber ihr Anliegen auf seine Weise [aufnahm].“[12] Der Glauben stand für ihn stets über der Vernunft, aber er versuchte die Glaubensinhalte mit ihrer Hilfe zu erklären. Auch wenn seine Schriften vor allem theologisch geprägt waren, nahmen Anselms Gottesbeweise eine zentrale Rolle innerhalb der Philosophie ein. Er gehörte durch sie zu den Ersten, die den Gottesglauben mit einer „logisch stringenten Beweisführung“[13] in Beziehung setzten.

[...]


[1] Als Ontologie bezeichnet man das philosophische Nachdenken über das Seiende, sofern es tatsächlich ist.

[2] Grätzel, Stephan; Kreiner, Armin (1999): Religionsphilosophie. Lehrbuch Philosophie. Stuttgart, S. XI.

[3] Weingartner, Paul (1991): Wie schwach können die Beweismittel für Gottesbeweise sein? In: Ricken, Friedo; Essler, Wilhelm K. (Hrsg.; 1991): Klassische Gottesbeweise in der Sicht der gegenwärtigen Logik und Wissenschaftstheorie. Stuttgart, S. 36.

[4] Ebenda, S. 37.

[5] Röd, Wolfgang (1992): Der Gott der reinen Vernunft. Die Auseinandersetzung um den ontologischen Gottesbeweis von Anselm bis Hegel. München, S. 22.

[6] Eine Richtung der scholastischen Philosophie, deren Vertreter sich mit christlicher Theologie erstmals dialektisch, d.h., in Form von Thesen und Antithesen, auseinander setzten und mit der Kirche in Konflikt gerieten.

[7] Philosophische Hauptströmung des christlich-abendländischen Mittelalters, welche in dem, in Dogmen festgehaltenen, christlichen Glauben ihre Grundlage für Wissenschaft und Philosophie sieht.

[8] Philosophische Lehre, die sich mit dem auseinandersetzt, was jenseits dem sinnlich Erfahrbaren bzw. Natürlichem liegt, d.h., sich dem Übernatürlichen widmet und sich mit den ungeklärten Fragen des Seins beschäftigt.

[9] http://de.wikipedia.org/wiki/Gottesbeweis

[10] Eine Strömung der christlichen Theologie, deren Aussagen die natürliche menschliche Vernunft voraussetzt.

[11] Hirschberger, Johannes (o.A.): Geschichte der Philosophie. Band I. Altertum und Mittelalter. Frankfurt am Main, S. 404.

[12] Coreth, Emerich (2001): Gott im philosophischen Denken. Stuttgart: W. Kohlhammer, S. 98.

[13] Ebenda.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Betrachtungen zum ontologischen Gottesbeweis von Anselm von Canterbury und dessen kritische Rezeption bei Kant
Untertitel
„...wenn mir jemand in Wirklichkeit oder auch nur in Gedanken etwas findet außer dem ,worüber hinaus größeres nicht gedacht werden kann’, worauf sich die Logik dieses meines Arguments anwenden ließe...“
Hochschule
Universität Potsdam  (Institut für Philosophie)
Veranstaltung
Das Gute
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
16
Katalognummer
V85794
ISBN (eBook)
9783638008365
ISBN (Buch)
9783638914239
Dateigröße
450 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
2. Zum Begriff „Gottesbeweis“ 3. Der ontologische Gottesbeweis nach Anselm von Canterbury 3.1 Zur Person Anselm von Canterbury 3.2 Der ontologische Gottesbeweis 3.2.1 Zur Entstehung des Gottesbeweises 3.2.2 Gottesbeweise in der Schrift „Monologion 3.2.3 Der Gottesbeweis in der Schrift „Proslogion 3.3 Zur Rezeption des ontologischen Gottesbeweises 4. Immanuel Kants Kritik am ontologischen Gottesbeweis 4.1 Zur Person Immanuel Kants 4.2 Kants Kritik
Schlagworte
Betrachtungen, Gottesbeweis, Anselm, Canterbury, Rezeption, Kant, Gute, Hausarbeit, Essay, wissenschaftliche Arbeit, Religion, Religionswissenschaft
Arbeit zitieren
Michael Dathe (Autor:in), 2007, Betrachtungen zum ontologischen Gottesbeweis von Anselm von Canterbury und dessen kritische Rezeption bei Kant, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85794

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