Das Widerstandspotential im Südoldenburger Kreuzkampf 1936


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

27 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I. Methodische Vorüberlegung

II. Historischer Kontext
1. Die politisch-gesellschaftliche Struktur des Oldenburger Münsterlandes
2. Die Schulpolitik der NSDAP
3. Der Kreuzerlass vom 4. November 1936

III. Auseinandersetzung mit dem Widerstandspotential im Kreuzkampf
4. Typologisierung des Widerstandsbegriffes nach Gotto/ Hockerts/ Repgen
5. Die Beweggründe für den Widerstand im Kreuzkampf
6.Das Widerstandspotential im Verhältnis zwischen Kirchenleitung und Kirchenbasis

IV. Rezeptionsgeschichte
7. Die Großkundgebung in der Münsterlandhalle Cloppenburg vom 25.11.1936
7.1. Die Reaktion der katholischen Kirche
7.2. Die Rezeption durch die Nationalsozialisten

V. Integration der Quellen in den historisch-politischen Gesamtzusammenhang
8. Die Auswirkungen des Kreuzkampfes und Arbeitsergebnis

Literaturverzeichnis

Internetquelle

I. Methodische Vorüberlegung

Die Jahre 1936/37 stellen im Bezug auf den Kirchenkampf den Höhepunkt der Auseinandersetzung zwischen dem nationalsozialistisch universalen Machtanspruch und der kirchlichen Einflussnahme in bestimmten gesellschaftlichen Bereichen dar. In dieser Zeit trat der Kampf der Nationalsozialisten gegen die Kirche immer offener zu Tage. Die Partei versuchte keine Gelegenheit auszulassen um einen Keil zwischen Klerus, Kirchenleitung und Kirchenbasis zu treiben. Indem die Nationalsozialisten beispielsweise versuchten, durch inszenierte Devisen- und Sittlichkeitsprozesse den katholischen Klerus als korrupt und sittlich verkommen darzustellen, sollte eine antiklerikale Grundstimmung erzeugt werden, die das moralische Ansehen der Kirche untergraben sollte. Auch der Verleumdungsfeldzug der Nationalsozialisten, der die Antwort des Regimes auf die vatikanische Enzyklika „Mit brennender Sorge“ vom 14. März 1937 darstellte, spiegelt die nun offensichtlich werdende feindliche Haltung der Nationalsozialisten gegenüber der Kirche wieder.

Einen besonderen Streitpunkt stellte immer wieder der kirchliche Einfluss auf die Schulen dar, der von der Regierung teilweise missliebig geduldet, aber auf der anderen Seite auch kompromisslos eliminiert wurde. So wurden zum Beispiel seit 1934/35 die Bekenntnisschulen gebietsweise in nationalsozialistische Deutsche Schulen umgewandelt und kirchliche Privatschulen wurden schrittweise reduziert.

In dieser angespannten und feindseligen Atmosphäre kam es im November 1936 in Südoldenburg zum sogenannten Kreuzkampf. Der Kreuzkampf steht bekanntermaßen für das außergewöhnliche Verhalten der katholischen Kirche bzw. der katholischen Bevölkerung dieser Region, sich gegen den verbindlichen Erlass der nationalsozialistischen Landesregierung, alle christlichen Symbole aus der Schule zu entfernen, mit Erfolg zu widersetzen.

Im Rahmen des kirchlichen Widerstandes spielt der Kreuzkampf in Südoldenburg eine beispielhafte und herausragende Rolle. In dieser Arbeit soll dementsprechend das Widerstandspotential der Katholischen Kirche im Südoldenburger Kreuzkampf kritisch untersucht und bewertet werden. Um eine Beurteilung des Widerstandspotentials vornehmen zu können wird zunächst das politisch– gesellschaftliche Milieu der Südoldenburger Region beschrieben und die nationalsozialistische Schulpolitik in ihren Grundzügen skizziert. Nach einer Typologisierung des Widerstandsbegriffes nach Gotto, Hockerts und Repgen gilt es anhand von verschiedenen Reaktionen, welche der Kreuzerlass auf Seiten der Kirche und der katholischen Bevölkerung hervorgerufen hat, das Widerstandspotential des Kreuzkampfes einzustufen. Ein weiterer Aspekt dieser Arbeit wird die Rezeption der Großkundgebung in der Münsterlandhalle Cloppenburg sein, in welcher Gauleiter Röver den Erlass zurückgezogen hat. Zum Schluss werden die Auswirkungen des Kreuzkampfes in den historischen Gesamtzusammenhang eingeordnet und eine abschließende Bewertung des kirchlichen Widerstandes in Südoldenburg vorgenommen.

Die Quellen, die dieser Arbeit zugrunde liegen, gelten als vorausgesetzt und werden deshalb im folgenden nicht im einzelnen inhaltlich vorgestellt.

II. Historischer Kontext

1. Die politisch-gesellschaftliche Struktur des Oldenburger Münsterlandes

Bevor einzelne Reaktionen auf den Kreuzerlass hinsichtlich des daraus resultierenden Widerstandspotential untersucht werden können, gilt es die politisch – gesellschaftliche Situation des Oldenburger Münsterlandes zu beschreiben, um die Grundvoraussetzungen für mögliche Widerstandsaktionen zu klären.

Das Oldenburger Münsterland entspricht dem 1815 nach dem Wiener Kongress[1] erworbenen ehemaligen südlichen Landesteil des Großherzogtums Oldenburgs. Im Jahr 1936 umfasste das Oldenburger Münsterland die Ämter Cloppenburg, Vechta und Friesoythe. Der Großteil der Südoldenburger Bevölkerung (60%) lebte in ländlichen Gemeinden und war dementsprechend im landwirtschaftlichen Sektor tätig. Gemeinden wie beispielsweise Emstek oder Goldenstedt lagen mit einer Betätigung von 70 – 90% im primären Sektor weit über dem Reichsdurchschnitt, der nur bei 30,5% lag.[2] Lediglich knapp 40% der Bevölkerung lebten in städtischen Gemeinden, wie Cloppenburg, Vechta oder Lohne, die ebenso weitgehend ländlichen Charakter hatten. Die konfessionelle Strukturierung dieser Region war im Vergleich zum gesamten Deutschen Reich ebenfalls untypisch. Es gab eine eindeutige konfessionelle Grenze zwischen dem protestantischen Oldenburger Norden (ca. 90% evangelisch) und dem Südoldenburger Münsterland, das nahezu vollständig katholisch (ca. 90%) gewesen ist.[3] Dabei lag das Amt Cloppenburg mit 93,3% eindeutig über dem Reichsdurchschnitt, denn dieser lag bei 32,4%.[4]

Folglich prägte die katholisch-agrarische Struktur die Südoldenburger Bevölkerung; dies verdeutlicht auch die feste Verwurzelung des katholischen Glaubens im alltäglichen Leben, welche sich unter anderem in den regelmäßigen Gottesdienstbesuchen, den Mitgliedschaften in altersgemäßen katholischen Vereinigungen (z.B. katholische Landjugend, Kolpingverein u.a.) oder auch in dem Einfluss der Pastore im weltlichen Leben manifestierte. Das öffentliche Leben und der gesellschaftliche Austausch fand dementsprechend in der Schule, in Vereinen und in der Kirche an Sonn- und Feiertag sowie an manchen Werktagen statt.

Die konfessionelle Prägung hatte zudem weitreichende politische Auswirkungen auf das Wahlspektrum in dieser Region. Da die Zentrumspartei die politische Vertretung der katholischen Bevölkerung darstellte, kam ihr in diesem Gebiet ein entsprechend hoher Stimmanteil zu. Die Ergebnisse der Reichs- und Landtagswahlen von 1919 bis 1933 verdeutlichen, dass das Oldenburger Münsterland für die Nationalsozialisten ein „politisches Notstandsgebiet und Kampfgebiet im wahren Sinne des Wortes“[5] war – schließlich war die Zentrumspartei mit einem relativ konstanten Stimmanteil von 70 – 90% die mit Abstand stärkste Partei im Oldenburger Münsterland.[6] Der höchste Stimmanteil der Nationalsozialisten in dieser Region lag bei den Reichstagswahlen im März 1933 bei ca. 22%. Nur wenige Kilometer von Südoldenburg entfernt, in Nordoldenburg, gab es keine konstante Dominanz einer Partei zu verzeichnen, und die Entwicklung der Stimmanteile war sehr schwankend. Bei den Landtagswahlen vom 29.Mai 1932 erzielte die NSDAP einen Stimmanteil von über 50%, was diametral zu den Ergebnissen in Südoldenburg stand.[7] Durch diesen Stimmanteil erlangte die NSDAP 1932 die absolute Mehrheit im Oldenburger Landtag, wodurch die erste rein nationalsozialistische Landesregierung im Deutschen Reich gebildet werden konnte. Ministerpräsident des Freistaates Oldenburg, der aufgrund seiner Bevölkerungszahl und der Fläche das zehnt größte Land des Reiches war, wurde Carl Röver[8], der ab dem 5.5.1933 Reichsstatthalter in Bremen wurde, und dessen Posten als Ministerpräsident von Georg Joel[9] übernommen wurde. Minister für Justiz, Kirchen und Schulen wurde Heinz Spangemacher,[10] dessen Ressort ab dem 5.5.1933 in den Zuständigkeitsbereich von Julius Pauly,[11] vorher verantwortlich für Finanzen und soziale Fürsorge, fiel.[12]

[...]


[1] http://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9Fherzogtum_Oldenburg

[2] vgl. Elsbeth Südbeck: Vom Großherzogtum zum Freistaat. Cloppenburg und das Oldenburger Münsterland. In: Stadt Cloppenburg (Hg.): Beiträge zur Geschichte der Stadt Cloppenburg. Cloppenburg nach 1900 – eine Stadt im Wandel. Bd. 2, Cloppenburg 1988, S. 8 – 28, 11.

[3] vgl. Joachim Kuropka: Für Wahrheit, Recht und Freiheit – gegen den Nationalsozialismus. Vechta 1983, 10.

[4] vgl. Südbeck, Beiträge zur Geschichte der Stadt Cloppenburg, S.11.

[5] Joachim Kuropka: „Das Volk steht auf“. Zur Geschichte, Einordnung und Bewertung des Kreuzkampfes in Oldenburg im Jahre 1936. In: Joachim Kuropka: Zur Sache – Kreuz! Vechta 1987, S. 11 - 56, 55.

[6] vgl. Kuropka: Für Wahrheit, Recht und Freiheit, 18.

[7] vgl. Kuropka: Für Wahrheit, Recht und Freiheit, 19.

[8] Carl Röver: ab Oktober 1928 Gauleiter des NSDAP Gaus Weser Ems; 1928 Abgeordneter des Oldenburger Landtages; Juni 1932 – Mai 1933 Oldenburgischer Ministerpräsident; ab Mai 1933 Reichsstatthalter für Oldenburg und Bremen.

[9] Georg Joel: 1931 Mitglied des Oldenburger Landtages; 1932 Landtagspräsident; Mai 1933 Ministerpräsident, stellvertretender Gauleiter.

[10] Heinz Spangemacher: bis 1932 Reichstagsabgeordneter; 1932/33 Oldenburgischer Staatsminister für Kultus und Justiz; 1933 Landesobmann des NSKOV (Nationalsozialistische Kriegsopferversorgung) für Niedersachsen und Mitglied der Reichsleitung der NSKOV.

[11] Julius Pauly: seit 1932 Abgeordneter im Oldenburgischen Landtag; Juni 1932 Minister für Finanzen und soziale Fürsorge; seit 1933 Minister für Finanzen, Justiz, Kirchen und Schulen.

[12] vgl. Berthold Spuler: Regenten und Regierungen der Welt: Neuste Zeit. 1917/18 – 1964. Freiburg 1964, S. 419 ff.

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Das Widerstandspotential im Südoldenburger Kreuzkampf 1936
Hochschule
Universität Münster  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Der deutsche Widerstand gegen die NS - Diktatur
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
27
Katalognummer
V85521
ISBN (eBook)
9783638011716
ISBN (Buch)
9783656869979
Dateigröße
496 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Widerstandspotential, Südoldenburger, Kreuzkampf, Widerstand, Diktatur
Arbeit zitieren
Carina Malcherek (Autor:in), 2005, Das Widerstandspotential im Südoldenburger Kreuzkampf 1936, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85521

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