Außenwirtschaftspolitik im Zeitalter der Globalisierung: Mexiko und die Konkurrenz aus China


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

39 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Mexiko
2.1 Vom Protektionismus zur Globalisierung
2.1.1 Die wirtschaftliche Entwicklung
2.1.2 Die Schuldenkrise von 1982
2.1.3 Von der Tequila-Krise bis heute
2.2 Außenhandel
2.2.1 Außenhandelsstruktur
2.2.2 Die Handelsbilanz
2.3 Außenwirtschaftsbeziehungen
2.3.1 Der GATT-Beitritt
2.3.2 Die Freihandelszone NAFTA
2.3.3 Mexiko und die EU

3. VR China
3.1 Die Reform- und Öffnungspolitik seit 1978
3.1.1 Die Phase der Importsubstitution
3.1.2 Die Phase der Exportorientierung
3.1.3. Ausdehnung der Öffnungspolitik und die Asienkrise
3.1.4. Beitritt zur WTO
3.2 Außenhandel
3.2.1 Außenhandelsstruktur
3.2.2 Die Handelsbilanz
3.3 Außenwirtschaftsbeziehungen

4. Kennzahlenvergleich zwischen China und Mexiko

5. Schlussbetrachtung: Interpretation und Konsequenzen für Mexiko aus der Konkurrenzsituation mit China

Anhang:

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Handelsbilanz von 1945 - 1996

Abbildung 2: Investitionsquote 2004

Abbildung 3: Infrastruktrurniveau

Abbildung 4: Ausländische Direktinvestitionen

Abbildung 5: Technologieentwicklungl

Abbildung 6: Facharbeitskräftepotential

Abbildung 7: Anteil an US-Importen von Mexiko und China

Abbildung 8: Kostenvergleich von Mexiko und China

1. Die Außenwirtschaft als Sperrspitze des Wandels

„Mexiko ist ein interessanter Markt und durch die Vielzahl der Freihandelsabkommen mit insgesamt 42 Ländern das wohl globalisierteste Land der Welt.“[1]

Diese Einschätzung des Camexa-Geschäftsführer Johannes Hauser steht stellvertretend für die derzeitige Meinung einer Vielzahl von ausländischen Investoren. Umso erstaunlicher ist diese Einstellung gegenüber Mexiko, da der Beginn der wirtschaftlichen Öffnungs- und Reformpolitik gerade einmal 25 Jahren zurückliegt.

Seit den frühen 1980er Jahren betreibt Mexiko diese wirtschaftliche Neuorientierung, die sich trotz der schwerwiegenden Tequila-Krise in den Jahren 1994/95 bisher beeindruckend entwickelt hat. Auch für die kommenden Jahre weist Mexiko ein beachtliches Wachstumspotential auf. Mittlerweile gilt das Land als einer der weltweit bedeutendsten Schwellenländer hinsichtlich Qualität der Wirtschaftspolitik als auch der Offenheit seiner Wirtschaft.[2]

Gerade auf dem Gebiet der Außenwirtschaft ist der dramatische Strukturwandel der mexikanischen Wirtschaftsentwicklung besonders deutlich zu erkennen. So hat in den letzten 100 Jahren die mexikanische Außenwirtschaft zwei grundlegende Richtungswechsel erfahren: Die exportorientierte Phase des „desarollo hacia afuera“ wurde in den 1930er Jahren von der Phase des „desarollo hacia adentro“ abgelöst, die durch Binnenmarktorientierung und Protektionismus geprägt war. Ganz im Trend der Weltwirtschaft, insbesondere Lateinamerikas wurde diese Phase in den 1980er Jahre durch eine neuerliche Öffnung für den Weltmarkt abgelöst.[3]

Die VR China betreibt nach Jahren der wirtschaftlichen Abschottung seit 1978/79 auch eine wohldosierte Öffnungspolitik und positioniert sich gleichsam mit Mexiko zu Beginn des 21. Jahrhunderts als aufstrebendes Schwellenland im Weltmarkt. Seitdem der Revolutionsveteran Deng Xiaoping dem „Reich der Mitte“ einen wirtschaftlichen Reformkurs verordnete, wächst die Wirtschaft mit einer beeindruckenden Rasanz. Die New York Times sprach im Juli 2004 vom „chinesischen Jahrhundert“ und fügte hinzu: „Das Land hat sich verändert, nun verändert es die Welt.“[4]

Die Außenwirtschaft als Sperrspitze des Wandels von Mexiko und China wurde als Anlass für diese Arbeit mit dem Thema „Außenwirtschaftspolitik im Zeitalter der Globalisierung: Mexiko und die Konkurrenz aus China“ genommen. Eine Analyse des direkten Konkurrenzverhältnisses zwischen Mexiko und China steht dabei als zentrale Frage in der Diskussion.

Zunächst erfolgt eine getrennte Erläuterung der fast parallel einsetzenden Öffnungs- und Reformpolitik von Mexiko und China bis zum heutigen Tag. In einem weiteren Schritt werden Außenhandelsstruktur sowie die Außenbeziehungen beider Länder separat analysiert. Die Arbeit findet in einer vergleichenden Darstellung wichtiger entwicklungsrelevanter Kennzahlen und deren Effekt auf den Konkurrenzkampf seinen Abschluss. Dabei steht der mexikanische Gesichtspunkt klar im Vordergrund, was sich auch in Umfang und Detaillierungsgrad der Arbeit widerspiegelt.

2. Mexiko

2.1 Vom Protektionismus zur Globalisierung

2.1.1 Die wirtschaftliche Entwicklung

„Queremos que México sea parte del Primer Mundo y no del Tercero“[5]

Gemäß dieser Zielsetzung aus dem zweiten Rechenschaftsbericht am 01.11.1990 des damaligen Präsidenten Carlos Salinas (1988 – 1994) ist dem Staat Mexiko zu Beginn des 21. Jahrhunderts ein eher ernüchterndes Zeugnis auszustellen. Trotz gewisser Erfolge ist es bislang bei wichtigen Entwicklungsgrößen nicht gelungen, zu den führenden Industrienationen aufzuschließen.[6]

Das Pro-Kopf-Einkommen Mexikos ist immer noch deutlich niedriger als beispielsweise in den USA, Deutschland und Japan. Die derzeitige Einstufung Mexikos als Schwellenland gilt als angemessen, da Mexiko in wichtigen Bereichen wie dem Industrialisierungsgrad, Pro-Kopf-Einkommen, Bildung und der Infrastruktur deutlich vor vielen Ländern der Dritten Welt und im Spitzenfeld Lateinamerikas rangiert.[7]

Die Entwicklung Mexikos ist angesichts der großen Herausforderungen und Problemen, mit denen sich das Land konfrontiert sieht, besser zu verstehen: In Anbetracht einer rasant wachsenden Bevölkerung ist ein erheblicher Entwicklungsrückstand aufzuholen. Daher ist eine ständige Expansion der mexikanischen Wirtschaft vonnöten, um allein das Versorgungs- und Einkommensniveau der wachsenden Bevölkerung zu halten.[8]

Auf dem Weg Mexikos in die Erste Welt stellen strukturelle Defizite entscheidende Entwicklungshemmnisse dar. In diesem Kontext ist als grundlegendes Problem die hohe Außenabhängigkeit der mexikanischen Wirtschaft zu nennen, die das Land für jegliche Entwicklungen der Weltwirtschaft besonders anfällig macht. Aus dieser Abhängigkeit resultiert ein komplexes Wechselwirkungsgefüge aus endogenen und exogenen Ursachen der Unterentwicklung: Auf der einen Seite verstärkt die Außenabhängigkeit die strukturellen Defizite Mexikos, andererseits ist die Außenabhängigkeit auch eine Folge der Strukturprobleme der mexikanischen Wirtschaft. Dieses Phänomen wird zusätzlich durch eine einseitige Fixierung auf den übermächtigen Wirtschaftspartner den USA verstärkt.[9] Schon der ehemalige Diktator Porfirio Díaz prägte hierzu in Anspielung auf das bedeutende wirtschaftliche und politische Gewicht der USA in Mexiko den Satz: „Armes Mexiko – Gott so fern und die Vereinigten Staaten so nah“.[10]

Zu den weiteren Hauptproblemen zählt die ungleiche Einkommens- und Vermögensverteilung und die damit verbundene geringe Massenkaufkraft. Verschärft wird diese Problematik durch die geringe Binnennachfrage sowie das geringe Sparvolumen, das nicht zur Deckung der erforderlichen Investitionen ausreicht und eine weitere Abhängigkeit von Auslandskapital hervorruft. Um den Problembereichen wie mangelnder Effizienz und Produktivität zu begegnen, sind große Investitionen in Bildung und Qualifizierung der Arbeitskräfte und in die technologische Modernisierung des Produktionsapparates unabdingbar.[11]

2.1.2 Die Schuldenkrise von 1982

Im Angesicht dieser strukturellen Defizite kam es in den 80er-Jahren zu einem entscheidendem Umdenken der wirtschaftspolitischen Ausrichtung Mexikos. Bis dato war Mexikos Wirtschaftspolitik von den Prinzipien der Binnenmarktorientierung mit weitgehender Abschottung vom Weltmarkt („desarollo hacia adentro“) und umfangreichem staatlichen Engagement in der Wirtschaft geprägt. Ausländischen Investoren wurde so der Zugang zum mexikanischen Markt durch staatliche Kontrolle und Staatseigentum ganzer Industrien wie Energie, Banken und Telekommunikation, sowie durch protektionistische Maßnahmen durch die Einführung hoher Zölle erheblich erschwert.[12]

Die Finanzierung dieses Entwicklungsmodells erfolgte durch die Aufnahme von günstigen Krediten, die auf den damaligen negativen Realzinsen basierten. Bis in die 70er Jahre entwickelte sich die Auslandsverschuldung Mexikos noch relativ moderat, doch die Entdeckung von Ölquellen Mitte und Ende der 70er Jahre ließ die Kreditaufnahme in Erwartung sprudelnder, neuer Einnahmequellen sprunghaft ansteigen: von 14,4 Mrd. US-$ (1974) auf 80,3 Mrd. US-$ (1982).[13]

Im Krisenjahr 1982 kam es durch die Erhöhung der US-Leitzinsen durch die Federal Reserve Bank der USA zu einem sprunghaften Anstieg der globalen Zinssätze. Zusätzlich hatte Mexiko aufgrund des ab 1980 einsetzenden Verfalls des Rohölpreises verminderte Exporteinnahmen zu verzeichnen. Mexiko war infolgedessen nicht mehr fähig die Auslandskredite zu bedienen, und musste gegenüber seinen Gläubigern die Zahlungsunfähigkeit erklären. Im Zeichen dieser Krise wurde unter Einbezug des IWF ein Umschuldungsabkommen geschlossen, worin sich Mexiko zur Verfolgung eines strikten Stabilisierungsprogramms und einer grundlegenden Neuordnung der Wirtschaft verpflichtete. Somit wurde zumindest das akute Problem der Zahlungsunfähigkeit behoben, doch die finanzielle Abhängigkeit Mexikos vom Ausland wurde damit weiter verstärkt.[14]

Infolge des Mexiko-Schocks bzw. der Erklärung seiner Zahlungsunfähigkeit löste die mexikanische Regierung eine weltweite Verschuldungskrise aus, da die Gläubigerbanken die für viele Länder zur Befriedigung des Schuldendienstes notwendige Neuvergabe an Krediten fast gänzlich einstellten.[15]

Im Rahmen des Stabilisierungsprogramms erfolgte eine gewisse Senkung der Zölle, die Einführung eines freien Wechselkurssystems, eine Abwertung des Pesos sowie eine Reduzierung der Staatsausgaben.[16] Eine weitere wichtige Maßnahme bestand in der Privatisierung ehemaliger Staatsunternehmen und eine Abkehr vom Prinzip der Nationalisierung der Wirtschaft. Dadurch wurden ausländischen Investoren Kapitalbeteiligungen von 100% ermöglicht und weitere Freiheiten eingeräumt, um somit den internationalen Kapital- und Technologieimport nach Mexiko erheblich zu erleichtern. Der wirtschaftspolitische Paradigmenwechsel Mexikos findet letztendlich seinen Ausdruck in dem Beitritt zum GATT-Abkommen[17] im Jahr 1986, wodurch die Integration Mexikos in den arbeitsteiligen Weltmarkt vollzogen wird.[18]

2.1.3 Von der Tequila-Krise bis heute

Bis Anfang der 1990er Jahre ist Mexiko trotz der problematischen wirtschaftlichen Situation eine bemerkenswerte wirtschaftliche Konsolidierung und Stabilisierung der Wirtschaft gelungen. Doch schon Ende 1994 rief die Abhängigkeit Mexikos von ausländischen Kapital wiederum eine der schwersten Wirtschaftskrisen der jüngeren Vergangenheit des Landes hervor. Die unsichere politische Lage, eine Neubewertung des Standortes Mexikos und die erwartete Abwertung des überbewerteten Pesos lösten massive Kapitalabzüge aus und ließen Mexiko in eine schwere Rezession gleiten. Dank des größten, je einem Land gewährten Hilfspaketes von über 50 Mrd. US-$ von Seiten des IWF und der USA und einer straffen Geld- und Finanzpolitik konnte sich das mittelamerikanische Land unerwartet rasch von dem „Tequila-Schock“ erholen. Ein weiterer wichtiger Grund für die schnelle Erholung Mexikos ist der einsetzende Exportboom, der durch den niedrigen Pesokurs stimuliert wurde.[19] Für viele Unternehmen lautete daher die Devise „Globalisierung oder Untergang“. Dieses exportorientierte Entwicklungsmodell scheint sich aufgrund der nachhaltigen Wirtschaftsent-wicklung bislang zu bewähren. Bei der Bewertung der wirtschaftlichen Kennzahlen Mexikos ist zu beachten, dass es im Krisenjahr 1995 zu einem Einbruch der Reallöhne um mehr als 25% kam, das Bruttoinlandsprodukt um bis zu 6% sank und die Inflation 50% betrug.[20] Von Seiten der IWF wurde die Mexiko-Krise schon für überwunden erklärt, sobald das Land mit der Begleichung seiner Verbindlichkeiten bei den Banken und internationalen Kreditgebern begann. Doch erst fünf Jahre nach der Krise näherten sich die Löhne der Arbeitnehmer gerade mal wieder ihrer Höhe vor der Krise an.[21]

2.2 Außenhandel

2.2.1 Außenhandelsstruktur

Wie Abbildung 1 zeigt, hat die Exportwirtschaft Mexikos seit der Verschuldungskrise zu Beginn der 80er-Jahre bezogen auf den Anteil an der Wertschöpfung einen rasanten Anstieg zu verzeichnen. Während in der Phase der Binnenmarktorientierung („desarollo hacia adentro“) das Exportvolumen bestenfalls 15% Anteil am Bruttosozialprodukt erwirtschaftet hat, wurde im Jahr 1996 ein Wert von ca. 29% Prozent erreicht. 2005 konnte eine Exportquote 28% erzielt werden.[22] Diese Zahlen verdeutlichen die erfolgreiche Förderung des mexikanischen Exportsektors, die als die entscheidende Zielsetzung der Liberalisierung des mexikanischen Außenhandels ausgerufen wurde.

Durch die Integration Mexikos in den internationalen Markt ist es zudem zu einer beachtlichen Diversifizierung der Exportstruktur sowie einer gewünschten Steigerung des Exportvolumens bei Industrieprodukten gekommen.[23]

Seit den 1990er Jahren nehmen die Industrieprodukte auch die Spitzenposition bei den mexikanischen Exporterlösen ein: Während 1985 ihr Anteil noch bei 15,4% lag, war er 1995 schon bei 57.1%.[24]

Bis zu Beginn der 1970er Jahren war die mexikanische Exportstruktur stark auf die Ausfuhr von Bergbau- und Agrarprodukten ausgerichtet, heute dagegen besitzen landwirtschaftliche Produkte nur noch einen Anteil von ca. 3% . Erst mit dem Erdölboom der 1970er Jahre wurde Erdöl zum wichtigsten Exportartikel und erzielte zeitweise bis zu 90% der Exporterlöse. Bis heute wurde der Exportanteil auf ca. 12,5 % reduziert, umso die mexikanische Volkswirtschaft vom Einfluss der Preisschwankungen für Rohöl weniger verwundbar zu machen.[25]

2.2.2 Die Handelsbilanz

Bei der chronologischen Analyse der Handelsbilanz der mexikanischen Volkswirtschaft gemäß Abildung 1 ist festzustellen, dass zwischen 1950 bis Anfang der 1980er ein permanentes Handelsbilanzdefizit vorherrschte. Diese Entwicklung ist dadurch zu erklären, dass trotz der importsubstituierenden Wirtschaftsstrategie jener Zeit ein erheblicher Teil an Vorprodukten und Investitionsgütern aus dem Ausland importiert werden musste. Wegen der bewussten Vernachlässigung des Exportsektors konnten diese Defizite auch nicht allein durch die Ausfuhr von Agrarprodukten und mineralischen Rohstoffen aufgefangen werden. Nach der Schuldenkrise von 1982 konnte aufgrund einer konsequenten Sparpolitik, dem damit verbundenen Einbruch der Importe, sowie beträchtlicher Einnahmen aus dem Erdölexport kurzfristig ein positives Handelsbilanzsaldo erreicht werden. Doch schon von den frühen 1990er Jahren bis heute hat Mexiko wieder ein Handelsbilanzdefizit zu verzeichnen. Unterbrochen wurde diese Entwicklung kurzzeitig durch den immensen Importrückgang aufgrund der rückläufigen Nachfrage und Investitionen während der Tequila-Krise im Jahr 1995.[26] Ursachen des negativen Handelsbilanzsaldos stellen trotz einer beträchtlichen Ausweitung des mexikanischen Exportvolumens strukturelle Defizite in der mexikanischen Industrie dar. Investitionsgüter (1997: 13,8%) wie komplizierte Maschinen und Fertigungsanlagen und Vorprodukte (1997: 77,7%) müssen bis in die heutige Zeit in erheblichem Maße für die Konsumgüterproduktion aus dem Ausland eingeführt werden. Zudem muss aufgrund erheblicher Mängel im Bildungs- und Forschungssektor moderne Spitzentechnologie zumeist aus dem Ausland importiert werden. Hierin liegt der Grund, warum US-amerikanische, europäische und japanische Konzerne das Rückrat der mexikanischen Automobilindustrie und Elektroindustrie bilden. Infolge der beschriebenen, defizitären Wirtschaftsstruktur gilt für die mexikanische Volkswirtschaft, dass mit einer Steigerung der Exporte zwangsläufig immer eine Steigerung der Importe einhergeht. Den Prognosen zufolge wird sich diese Tendenz in den nächsten Jahren durch die internationale Arbeitsteilung insbesondere mit den USA auch weiter verstärken.[27]

Trotz der Exporterfolge mit NAFTA, der hohen Erdölexporte (2005: rund 31,9 Mrd. US-$), den zunehmenden Gastarbeiterüberweisungen (2005: rund 20 Mrd. US-$) und den wachsenden Einnahmen aus dem Tourismusgeschäft (2005: rund 11 Mrd. US-$) hat Mexiko ein erhebliches Handelsbilanzdefizit (2005: 7,5 Mrd. US-$) zu beklagen. Erhebliche Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Schuldendienst gegenüber dem Ausland lassen der mexikanischen Leistungsbilanz ebenfalls ein negatives Saldo in Höhe von ca. 9,5 Mrd. US-$ (1,3 % BIP) ausweisen. Doch aufgrund der hohen ausländischen Direktinvestitionen kann die mexikanische Volkswirtschaft zumindest einen Zahlungsbilanzüberschuss von etwa 5,5 Mrd. US-$ (0,7% BIP) erzielen. Dieses Ergebnis schlägt sich in steigenden Devisenreserven (11/2005: 72,7 Mrd. US-$, dies entspricht ca. 9,5 % des BIP) und einem schon seit längerem starken Peso nieder.[28]

2.3 Außenwirtschaftsbeziehungen

Seit der bereits beschriebenen Liberalisierung, Privatisierungen und einiger Freihandelsabkommen hat der Standort Mexiko stark an Attraktivität als Stützpunkt einer Global- bzw. Lateinamerikastrategie gewonnen. Mexiko ist über ein System von 13 Freihandelsabkommen mit 43 Staaten mit der Weltwirtschaft vernetzt. Zuletzt trat 2005 das Freihandelsabkommen mit Japan in Kraft. Am folgenreichsten für Mexiko ist jedoch das wirtschaftliche Integrationsbündnis NAFTA mit den USA und Kanada. Im Rahmen von NAFTA wickelt Mexiko rund 70 % seines Außenhandels mit den Vereinigten Staaten ab, wodurch die konjunkturelle Entwicklung der USA stark das mexikanische Wachstum bestimmt. 2005 waren die wichtigsten Handelspartner Mexikos nach den USA in der genannten Reihenfolge China, Japan, Deutschland und Kanada.[29] Seit 1994 ist Mexiko außerdem aufgrund seines Entwicklungsstandes als 25. Land in die OECD aufgenommen worden.[30]

2.3.1 Der GATT-Beitritt

Im Rahmen der seit dem Wirtschaftsdebakel Mitte der achtziger Jahre eingeläuteten Ära der wirtschaftlichen Liberalisierung und Marktöffnung trat Mexiko bereits 1986 dem GATT-Abkommen (General Agreement on Tariffs and Trade) bei. Nachdem die Wirtschaftskrise und das Außenhandelsdefizit nicht allein behoben werden konnten, erhoffte sich die mexikanische Regierung von diesem Schritt eine wirtschaftliche Wende. Auf der einen Seite wurden durch die im GATT-Abkommen vereinbarten Zollsenkungen bisher verschlossene Auslandsmärkte geöffnet, andererseits setzte man sich aber einem erhöhten internationalen Wettbewerbsdruck aus, da die ausländische Konkurrenz den mexikanischen Firmen teilweise überlegen ist. Der Beitritt symbolisierte die endgültige Abkehr Mexikos von der Strategie der Importsubstitution. Die Zölle wurden infolgedessen gesenkt.[31]

Schon seit der Gründung des GATT als Institution zur Regelung des internationalen Freihandels im Rahmen des Bretton-Woods-Abkommen aus dem Jahre 1948 bemühte sich vor allem die US-Regierung um den Beitritt Mexikos. Erst 1986 ließ sich die damalige neoliberale Regierung von de la Madrid in Anbetracht des wirtschaftspolitischen Paradigmenwechsel zu diesem Schritt bewegen. Angenehme Begleitumstände für Mexiko stellten die an den Beitritt gekoppelten Kredite dar, die im Jahr 1985 bis zu 500 Mio. US-$ betrugen. Die Kreditvergabe diente der Kompensation negativer Beitrittsfolgen, die durch die Senkung der Zölle (von 40% auf 10%) entstanden waren.[32]

2.3.2 Die Freihandelszone NAFTA

Durch den Beitritt zur NAFTA im 1994 schuf Mexiko einen Zugang zu einem der bedeutendsten Zielmärkte der Welt mit ca. 390 Mio. Einwohnern. „Als Tor zum amerikanischen Markt“ hat sich Mexiko dadurch letztlich auch sehr interessant gemacht für europäische und asiatische Investoren.[33] Eigentlich ist die NAFTA eine Erweiterung der 1989 beschlossenen Freihandelszone zwischen den USA und Kanada und hat als Hauptziel die Förderung des Warenaustausches zwischen den beteiligten Ländern.

Mexikos Motivation zum NAFTA-Beitritt lag in der Erwartung höherer Exporteinnahmen und dem vermehrten Zufluss von Auslandsinvestitionen begründet. Die Freihandelszone sollte den eingeschlagenen neoliberalen Reformkurs der Regierung unterstützen und unumkehrbar machen. Vor dem Hintergrund der schwerwiegenden ökonomischen Probleme des Landes sowie einer Abschottungspolitik seitens Asiens und Europas blieb Mexiko auch kaum eine andere Alternative zum Beitritt. Für die USA dagegen diente die NAFTA vorrangig als Instrument zur Stärkung seiner globalen Wettbewerbsfähigkeit angesichts der europäischen und japanisch-südostasiatischen Blockbildung. Der damalige US-Präsident Bush unterstrich zudem auch die gestiegene Bedeutung der Ökonomie nach dem Ende des Ost-West-Konflikts und sah darin auch eine Begründung der NAFTA: „The Cold War is over. The principal challenge now facing the United States is to compete in a rapidly changing and expanding global marketplace.”[34] Die US-Regierung erhoffte sich von einer Integration Mexikos in den Weltmarkt bzw. durch die Gründung der NAFTA des weiteren eine verbesserte Kontrolle über den südlichen Nachbarn im Angesicht einer 3200 km langen gemeinsamen Grenze, einer sehr wechselhaften Geschichte zwischen den beiden Ländern mit Anti-US-amerikanischen Ressentiments und einem kontinuierlich wachsenden mexikanischen Bevölkerungsanteil in den USA.[35] Diese Themen werden zudem von der Problematik der (illegalen) Migration in die USA und des Drogenhandels überschattet.

Insgesamt ist festzuhalten, dass der Güteraustausch innerhalb der drei Mitgliedsstaaten seit Gründung der NAFTA erheblich gestiegen ist und ganz auf der Linie der Regionalisierung bzw. Blockbildung der Wirtschaftsbeziehungen liegt. Das Wachstum ist vor allem auf die Zunahme des intraindustriellen Handel zurückzuführen.[36]. Als weiterer Effekt ist vor allem die Maquiladora-Industrie in Grenznähe zu den USA stark angewachsen.[37] Unter Maquiladoras[38] versteht man „exportorientierte Montagewerke, die durch arbeitsintensive Verarbeitung importierter Komponenten charakterisiert werden“[39]. Zu diesen so genannten Lohnveredelungsindustrien zählen vor allem US-Unternehmen, die hier fertigungsintensive Produktionsschritte auslagern. Der Prozess läuft folgendermaßen ab: von den USA vorgefertigte Produkte oder Bauteile werden nach Mexiko eingeführt, dort in Tochterunternehmen weiterverarbeitet oder montiert und anschließend in die USA reimportiert. Dabei sind die Maquiladoras in sogenannten „twin-plants“ auf beiden Seiten der Grenze angesiedelt. Die Unternehmen in den USA haben vor allem große Rohstofflager, während auf mexikanischer Seite große Hallen zur Verarbeitung der Materialien (zumeist in Handarbeit) stehen.[40] Diese eng verflochtene Arbeitsteilung ist auch außerhalb der Maquiladora-Industrie ein prägendes Element und beruht auf dem geringen Lohnkostenniveau in Mexiko.[41] Durch das Stocken der Verhandlungen bezüglich einer gesamtamerikanischen Freihandelszone behält Mexiko auch weiterhin die Rolle des Billiglohnlandes in der NAFTA und versucht diese Schlüsselrolle durch bilaterale Handelsabkommen weiter auszubauen.

Die Steigerungen des mexikanischen Außenhandels durch den Beitritt zur NAFTA sind erheblich, wobei die USA eine weitaus bedeutendere Rolle als Handelspartner einnehmen. Während zu Beginn der 1980er Jahre ca. 60% der mexikanischen Ausfuhren in die USA gingen, war der Anteil 1995 schon auf 85% gestiegen. Die Importe Mexikos aus den USA haben sich ebenfalls von 65% zu Beginn der 1980er Jahre auf 75% im Jahr 1995 erhöht.[42]

Diese Abhängigkeit wird noch durch folgendes Beispiel verdeutlicht: „Würde das BIP der USA beispielsweise um 1% sinken, würde gemäß einer Studie der Deutschen Bank die Exporte Mexikos um 2,6% fallen. Im Vergleich zu anderen lateinamerikanischen Staaten wäre Mexiko am stärksten von einem Rückgang des US-amerikanischen BIP betroffen. Beispielsweise würden die Einbußen in Kolumbien 1,5% und in Chile 1,1% betragen.[43]

2.3.3 Mexiko und die EU

Am 1. Juli 2000 ist ein Freihandelsvertrag zwischen der Europäischen Union und Mexiko in Kraft getreten. Der Vertrag sieht neben der politischen Kooperation vor, dass bis 2007 jegliche Zölle auf gewerbliche Waren fallen sollen. Bis dahin gelten als Übergangsregelungen, dass 82% der mexikanischen Exporte nach Europa zollfrei sind. Dasselbe gilt für 47% der EU-Ausfuhren nach Mexiko, für die restlichen Exporte ist ein Höchstsatz von 5% vereinbart. Mexiko erhofft sich vor allem durch eine mögliche Verdreifachung des Handels mit der EU eine Verringerung der Außenhandelsabhängigkeit von den USA. Durch eine Zunahme an europäischen Direktinvestitionen soll zudem die Arbeitslosigkeit, mangelnde Produktivität und das niedrige Lohnniveau mexikanischer Arbeiter bekämpft werden. Die europäischen Firmen dagegen versprechen sich durch das Abkommen neben einem größeren Nachfragemarkt auch eine Steigerung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit im amerikanischen Raum, bzw. sehen Mexiko als Sprungbrett in die Märkte der mexikanischen NAFTA-Partner USA und Kanada.[44]

[...]


[1] vgl. Duscha (2006), S. 1

[2] vgl. Voss (2006), S. 1.

[3] vgl. Sommerhoff/Weber (1999), S. 313 f..

[4] vgl. Hesse (2005), S. 3.

[5] Sommerhoff/Weber (1999): S. 294, zit. nach Mols (1993), S. 161.

[6] vgl. Sommerhoff/Weber (1999): Mexiko, S. 294.

[7] vgl. Sommerhoff/Weber (1999): Mexiko, S. 294.

[8] vgl. Sommerhoff/Weber (1999), S. 294.

[9] vgl. Sommerhoff/Weber (1999), S. 302 f.

[10] vgl. Fuentes (2000), S. 40.

[11] vgl. Sommerhoff/Weber (1999), S. 303.

[12] vgl. Arlinghaus (2002), S. 74 f.

[13] vgl. Schirm (1994), S. 56 f.

[14] vgl. Sommerhoff/Weber (1999), S.311.

[15] vgl. Schirm (1994), S. 58.

[16] vgl. Arlinghaus (2002), S. 75.

[17] vgl. Gliederungspunkt 2.3.1.

[18] vgl. Sommerhoff/Weber (1999), S. 311.

[19] vgl. Sommerhoff/Weber (1999), S. 313.

[20] vgl. Arlinghaus (2002), S. 76, zit. nach Siemsen/Gerz (1998), S. 36.

[21] vgl. Stiglitz (2004), S. 163 f.

[22] vgl. Auswärtiges Amt (2006).

[23] vgl. Sommerhoff/Weber (1999), S. 315.

[24] vgl. Sommerhoff/Weber (1999), S. 315.

[25] vgl. Sommerhoff/Weber (1999), S. 315.

[26] vgl. Sommerhoff/Weber (1999), S. 313.

[27] vgl. Sommerhoff/Weber (1999), S. 316 ff.

[28] vgl. Auswärtiges Amt (2006).

[29] vgl. Auswärtiges Amt (2006).

[30] vgl. Schwanecke (1999), S. 8.

[31] vgl. Bellers/Demuth (1993): S. 262 f.

[32] vgl. Schirm (1994), S. 75.

[33] vgl. Arlinghaus (2002), S. 76 f.

[34] vgl. Schirm (1994), S. 79 f.

[35] vgl. Klauke/Stachels (1999), S. 21.

[36] vgl. Sommerhoff/Weber (1999), S. 316.

[37] vgl. Arlinghaus (2002), S. 77.

[38] Maquiladora ist von den dem spanischen Wort “maquila” abgeleitet und stammt noch aus Zeiten

der spanischen Kolonialherrschaft. Damals wurde der Anteil des gemahlenen Korns, daß der Müller

von den Bauern als Lohn erhielt als „Maquila bezeichnet. (Berndt (2001): El paso del norte, S. 245)

[39] Biles (2004), S. 519.

[40] vgl. Witt (2003), S. 112.

[41] vgl. Sommerhoff/Weber (1999), S. 316.

[42] vgl. Sommerhoff/Weber (1999), S. 315 f.

[43] vgl. Arlinghaus (2002), S. 80.

[44] vgl. Arlinghaus (2002), S. 81 f.

Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Außenwirtschaftspolitik im Zeitalter der Globalisierung: Mexiko und die Konkurrenz aus China
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Veranstaltung
Mexiko und Brasilien im transatlantischen Dreieck: Politische und wirtschaftliche Neuorientierung?
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
39
Katalognummer
V85292
ISBN (eBook)
9783638010856
Dateigröße
570 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Außenwirtschaftspolitik, Zeitalter, Globalisierung, Mexiko, Konkurrenz, China, Mexiko, Brasilien, Dreieck, Politische, Neuorientierung
Arbeit zitieren
Manuel Bücheler (Autor:in), 2006, Außenwirtschaftspolitik im Zeitalter der Globalisierung: Mexiko und die Konkurrenz aus China, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85292

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