CDU - Verlust der Mitte?

Die schwindenden Machtressourcen der Christdemokratie


Referat (Ausarbeitung), 2006

13 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Der Begriff der „Mitte“

3 Die Machtressourcen
3.1 Die Gründungsressource
3.2 Christliche Grundorientierung
3.3 Antisozialismus
3.4 Demographische Ressource
3.5 Partei der Mitte

4 Mitglieder und Wählerzahlen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Lange Jahre schien die CDU die „natürliche Regierungspartei“ der Bundesrepublik zu sein. Doch seit den neunziger Jahren ist die Rede vom Ende der „christdemokratischen Ära“ (Bösch/Walter, 1998, S. 46ff.). Augenfällig wurde dies in der Bundestagswahl des Jahres 1998: Nach 16 Jahren Regierung Kohl verloren Union und FDP die Macht an die erste rotgrüne Bundesregierung. Gleichzeitig regierten die Sozialdemokraten auch elf der sechzehn Bundesländer. Die ursprünglichen CDU-Bastionen NordrheinWestfalen und Niedersachsen waren schon lange an die SPD gefallen und wurden erst 2004 und 2005 zurückgewonnen.

Das Ende der christdemokratischen Ära war keine deutsche Spezialität. In ganz Europa hatten die christlichen Parteien Wähler und Mitglieder verloren, war ihr Einfluss dezimiert worden. Das Besondere in Deutschland: Die Entwicklung kam Jahre später.

Das Referat „CDU - Verlust der Mitte?“, dass ich mit Theresa Nietsch gehalten habe und dessen Ausarbeitung dieser Text ist, ging der These nach, dass die CDU verschiedene Machtressourcen hatte, die sie inzwischen verloren hat. Dazu stellten wir die verschiedenen Ressourcen dar und ana-lysierten sie. Zuletzt untermauerten wir die These des Ressourcenverlustes durch entsprechende Zahlen und Statistiken. Im Referat hatte ich diesen letzten Part übernommen, auf den ich hier besonders eingehen werde. Ich habe die entsprechenden Grafiken und Zahlen bei der Darstellung der Res-sourcen eingefügt. Am Ende habe ich Grafiken über die Mitgliederzahl und die Stammwählerschaft der CDU ergänzt, in denen die Entwicklung der Machtressourcen sich widerspiegelt.

2 Der Begriff der „Mitte“

Den Begriff der politischen Mitte genau zu definieren, ist schwierig, wenn nicht unmöglich. Rainer-Olaf Schultze beschreibt ihn in Nohlens „Lexikon der Politik“ als „analytisch nicht brauchbar und als politischer Kampfbegriff fast beliebig einsetzbar“: „Mitte“ sei ein „im politischen Alltag gern und häufig verwandter weil ein-gängiger, aber auch besonders unpräziser, ja schillernder Be-griff. (...). Als politisch-ideologischer Richtungsbegriff meint er die zentristischen, gemäßigten politischen Kräfte zwischen den Polen Rechts und Links. Soziologisch bezeichnet er die Mittel-schicht(en).“ (Nohlen, Dieter: Lexikon der Politik, Band 7, S. 390 f. 1998)

Dementsprechend ist der Begriff eine Negativdefinition: Zur Mitte gehören alle, die nicht links- oder rechtsextrem sind. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass man den politischen Gegner, den man nicht als Teil der politischen Mitte ansieht, in die Nähe des Extremismus rückt. Wer sich als Vertreter der Mitte sieht, sieht sich als Vertreter der übergroßen gesellschaftlichen Mehrheit. Eine Politik der Mitte will das bestehende System reformieren, nicht revolutionieren.

3 Die Machtressourcen

Als Machtressourcen der CDU wirkten die Gründungsressource, die christ-liche Grundorientierung, der Antisozialismus, die demografische Ressource und der erfolgreich durchgesetzte Anspruch, Partei der Mitte zu sein. Damit hatte die CDU eine ungewöhnlich hohe Zahl von Ressourcen. Die SPD hatte im Gegensatz dazu ihre einzige genuine Ressource, Partei der Arbeiterklasse zu sein, schon vor Jahrzehnten verloren, da sich - auch durch die Politik der SPD - die Situation der Arbeiter verbessert hatte. Diese wurden beispiels-weise mit staatlicher Unterstützung Hauseigentümer und bauten Vermögen auf - und empfanden sich nicht mehr als Teil der Arbeiterklasse, eine Ent-wicklung, die zur Proklamation der „Neuen Mitte“ führte. Ähnliches erlebte Großbritannien. Dort führte die Politik der Konservativen - beispielsweise sei hier der Verkauf von staatlichen Wohnungen an die Mieter genannt, der von der Regierung Thatchers durchgeführt wurde - zu einem dauerhaften Machtverlust für die Labour Party, bis diese erfolgreich in die Mitte rückte und als „New Labour“ an die Macht zurückkehrte.

Im Folgenden möchte ich genauer auf die einzelnen CDU-Machtressourcen eingehen.

3.1 Die Gründungsressource

Die Gründungsressource ist in der Wahrnehmung eines Großteils der deut-schen Bevölkerung begründet, dass die CDU die Gründungspartei der BRD und des Wirtschaftswunders gewesen sei. Die CDU erschien als die Partei, die bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg durch die Regierung Kon-rad Adenauers den Grundstein für Wohlstand legte und die Bundesrepublik zum Schutz gegen den Kommunismus an den Westen angliederte, in NATO und EG verankerte - und auch politisch die Deutschen von ihrer jüngsten Vergangenheit entlastete.

Bereits in den 80er Jahren versiegte die Gründungsressource. Die Men-schen, die das Ende des Krieges und das Wirtschaftswunder bewusst miter-lebt hatte, bildeten einen immer kleineren Teil der Bevölkerung. Die CDU hatte sich auch zu lange auf Ludwig Erhards Erbe ausgeruht, ohne einen neuen Erhard hervorzubringen. So verschleuderte sie den Anspruch, Partei des Wohlstands und der wirtschaftlichen Kompetenz zu sein. In den Zeiten eines Wählerverhaltens, das immer stärker durch Rationalität geprägt ist, reicht die Legende eines Politikers, der Jahrzehnte zuvor aktiv war, nicht mehr aus, um Wähler und Anhänger mobilisieren.

3.2 Christliche Grundorientierung

Parteibildend und identitätsstiftend wirkte die zweite Ressource, die christ-liche Grundorientierung der Union. Mit der Einigung auf das konfessions-übergreifende „C“ konnte die Union die Spaltung des bürgerlich-agrarischen Lagers überwinden. Mit dem Kriterium der Kirchenzugehörigkeit umschloss die Union zudem die denkbar größte Menge aller Bürger. Außerdem bot das identitätsstifende „C“ den großen Vorteil, dass es einen überzeitlichen ver-ankerten Wertekatalog anbot, dessen Ursprung weder im Bereich der Politik noch der Wirtschaft lag. Die CDU baute sich somit zum Garanten der Werte auf, die im ersten Vierteljahrhundert der Bundesrepublik als erstrebenswert und bewahrenswert galten. Ehe, Familie und Moral waren nur einige wenige Assoziationen, die über das „C“ vermittelt wurden.

Die Organisationsstruktur der Partei basierte auf dem Verbandswesen des katholischen Milieus, denn die katholischen Parteiführer hatten schon vor 1933 in der Zentrumspartei viele Erfahrungen sammeln können, bei-spielsweise beim Ausbalancieren verschiedener Interessen. Die katholische Zentrumspartei war bis 1933 eine Honoratioren- und Milieupartei gewe-sen. Sie hatte sich auf die Institutionen des katholischen Verbandswesens gestützt und dabei eine ausdifferenzierte Parteistruktur ausgebildet. Die Loyalität zur Kirche sicherte die Bindungen der Gläubigen an die Union. Aus der christlichen Lebenswelt rekrutierte sich so der Funktionsnachwuchs der Christdemokratie.

Diese christlich-demokratische Quelle ist ausgetrocknet. Das „C“ mobili-siert und bindet nicht mehr ausreichend. Im Laufe der Säkularisierung ver-änderten sich die Normen und Wertbezüge der Deutschen grundlegend und entkirchlichten sich. Die Erosion der Wählerbindung, die sich schon seit den 70er Jahren vollzieht, ist ein kontinuierlicher Prozess. Die katholische Säule in der deutschen Gesellschaft wird immer kleiner.

[...]

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
CDU - Verlust der Mitte?
Untertitel
Die schwindenden Machtressourcen der Christdemokratie
Hochschule
Universität Münster  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Hauptseminar: Wohin entwickelt sich unser Parteiensystem? Zur Soziologie der Parteien
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
13
Katalognummer
V85033
ISBN (eBook)
9783638007917
ISBN (Buch)
9783638933612
Dateigröße
2118 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
"Wie schon Ihr Referat, ist auch Ihre Ausarbeitung sehr gut gelungen, klar geschrieben und analytisch auf einem angemessenen Niveau. [...] auch sprachlich gut und flüssig geschrieben. Sehr gut (1,0)"
Schlagworte
Verlust, Mitte, Hauptseminar, Wohin, Parteiensystem, Soziologie, Parteien
Arbeit zitieren
Marius Meyer (Autor:in), 2006, CDU - Verlust der Mitte?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/85033

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: CDU - Verlust der Mitte?



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden