Die Selbstdeutung der Intellektuellen am Beispiel von Michel Foucault und Jean-Francois Lyotard


Hausarbeit (Hauptseminar), 2001

15 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung: Die Definition des Intellektuellen als Selbstdefinition

2 Geschichtliche Vorbetrachtungen zum Begriff des „Intellektuellen“
2.1 Der „Bordereau“ und die Affäre Alfred Dreyfus
2.2 Der Offene Brief Emile Zolas
2.3 Die Entstehung des Wortes „les intellectuels“
2.4 Die Bedeutung des Wortes während der Dreyfus-Affäre

3 Michel Foucaults Auffassungen vom Intellektuellen
3.1 Die Intellektuellen und die Macht
3.2 Der „universelle Intellektuelle“ bei Foucault
3.3 Der „spezifische Intellektuelle“ bei Foucault

4 Jean-Francois Lyotards Auffassung vom Intellektuellen
4.1 Universelle Subjekte und Meta-Erzählungen
4.2 Das Grabmal des Intellektuellen bei Lyotard

5 Zusammenfassung.

Literaturverzeichnis

Internet

1 Einführung: Die Definition des Intellektuellen als Selbstdefinition

„Was immer auch die Intellektuellen sind – sie und sie allein waren es, die ihre jeweiligen Definitionen entwarfen und verwarfen. Jeder Versuch, Intellektuelle zu definieren, ist ein Versuch der Selbstdefinition; jeder Versuch, den Status eines Intellektuellen zu gewähren oder zu verweigern, ist ein Versuch der Selbstentwerfung. Definieren und über Definitionen zu streiten sind das Kernstück der Produktion und Reproduktion des intellektuellen Ich.“1 Die Definition des Intellektuellen ist immer eine Diskussion um diese Definition. Die Diskussionen werden in der Regel von Intellektuellen selbst vorgenommen. Man hat es hier mit einem sich selbst reproduzierenden bzw. produzierenden Diskurs zu tun.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Selbstdeutungen der Intellektuellen am Beispiel der beiden französischen Intellektuellen Michel Foucault und Jean-Francois Lyotard darzustellen. Beide Persönlichkeiten versuchen Antworten auf die Fragen nach dem Status, der Rolle und der Funktion des Intellektuellen in der Gesellschaft zu finden. Sie gehen davon aus, daß sich der heutige Intellektuelle nicht mehr mit universellen Subjekten identifizieren kann.

Die Arbeit gliedert sich in fünf Abschnitte: Nach der Einleitung, im zweiten Teil der Arbeit, wird die geschichtliche Entstehung des Begriffs „Intellektuelle“ dargestellt. Als Ausgangspunkt dient hierbei die Dreyfus-Affäre im Großen Generalstab der französischen Armee im Jahre 1894 und der Offene Brief Emile Zolas an den französischen Präsidenten. Im dritten Abschnitt werden Michel Foucaults Auffassungen vom Intellektuellen erläutert. Im Vordergrund steht die Definition der beiden Begriffe „universeller“ und „spezifischer Intellektueller“, sowie ihre inhaltliche Abgrenzung. Im vierten Teil werden die Überlegungen Jean-Francois Lyotards zum Begriff des Intellektuellen aufgezeigt und erläutert. In der Zusammenfassung werden die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit noch einmal kurz und thesenartig zusammengeführt.

2 Geschichtliche Vorbetrachtungen zum Begriff des „Intellektuellen“

Im zweiten Abschnitt der Arbeit werden die geschichtlichen Hintergründe des Begriffs dargestellt und erläutert. Als Grundlage hierfür dienen die Dreyfus-Affäre und der Offene Brief Emile Zolas an den Präsidenten der Französischen Republik. Außerdem wird die Entstehung des Wortes „les intellectuels“ und seine Bedeutung während er Dreyfus-Affäre untersucht.

2.1 Der „Bordereau“ und die Affäre Alfred Dreyfus

Im September des Jahres 1894 taucht im Großen Generalstab der französischen Armee ein anonymer Brief auf, der bald unter der Bezeichnung „Bordereau“ weltberühmt werden soll. Ein unbekannter Absender kündigt in diesem Brief einem ungenannten Empfänger die Übersendung verschiedener Informationen über die Gliederung und Ausrüstung der französischen Armee an. Was als Gerede hinter vorgehaltener Hand im Generalstab beginnt, beherrscht wenige Monate später die öffentliche Diskussion in ganz Frankreich. Die französische Öffentlichkeit ist sich schnell einig, in welchen Kreisen Empfänger und Absender des Briefes zu finden sind. Nur der „Erbfeind“ und Sieger von 1870 kann an militärischen Informationen über die französische Armee interessiert sein. Als Empfänger des Briefes kommen daher nur Vertreter der deutschen Botschaft in Paris in Frage. Nun fehlt nur noch ein Absender und der ist ebenfalls schnell gefunden. Ein Franzose gäbe sich niemals für einen Landesverrat her. Da in dieser Zeit der Antisemitismus in Frankreich weit verbreitet ist, kann nach Auffassung der französischen Öffentlichkeit nur ein Jude der Täter sein. Der Tat bezichtigt wird Alfred Dreyfus, Hauptmann im Großen Generalstab der französischen Armee. In Wirklichkeit schrieb aber ein gewisser Major Esterhazy den Brief, um Hauptmann Dreyfus in Spionageverdacht zu bringen und seine Karriere zu zerstören. In wessen Auftrag der Major gehandelt hat, ist bis heute nicht geklärt. Im Dezember 1894 wird Dreyfus vor das Kriegsgericht gestellt und zu lebenslanger Verbannung verurteilt. Richter und öffentliche Meinung in Frankreich sind sich einig, nur der Jude Dreyfus kann der Verräter sein. Seine wiederholten Unschuldsbeteuerungen finden daher kein Gehör.2

2.2 Der Offene Brief Emile Zolas

Zwei Jahre später können Verwandte und Freunde des Hauptmanns seine Unschuld beweisen. „Aber weil die hohen Chefs der Armee es mit allen Mitteln verhindern mußten, daß die Affäre aufgeklärt wurde, weil der Nationalismus, der die öffentliche Meinung beherrschte und terrorisierte, die Schuld des Hauptmanns Dreyfus als ein patriotisches Dogma durchsetzen wollte, entbrannt nun der Glaubenskrieg um das Opfer der falschen Anklage in dem Augenblick, da seine Unschuld bewiesen war.“3

Den Höhe- und Wendepunkt dieser Auseinandersetzung bildet der am 13. Januar 1898 in George Clemenceaus Zeitung „L‘Aurore“ veröffentlichte Offene Brief Emile Zolas an den Präsidenten der Französischen Republik Felix Faure. Zola legt in diesem Brief die Fakten und Hintergründe der Affäre um Hauptmann Dreyfus schonungslos offen. Am Ende formuliert er mit siebenmaligem „J’accuse“4 seine Anklagen gegen das Militär und die Justiz in Frankreich. Seine Veröffentlichung bleibt nicht ohne Folgen. Der französische Staat setzt sich letztlich durch, und Emile Zola wird wegen Beleidigung des Militärgerichts der Prozeß gemacht. „Für einen Augenblick verkörperte er das Gewissen der Menschheit.“5

Zola bleibt mit seinem Protest gegen die Ungerechtigkeit und Willkür der französischen Staatsmacht nicht allein. Vertreter der akademischen Berufe, Künstler und Publizisten schließen sich zusammen und veröffentlichen am 14. Januar 1898 in der „L’Aurore“ ein Manifest, in dem sie gegen die Verletzung der Rechtsformen während des Prozesses von 1894 protestieren und eine Revision des Urteils fordern.6

2.3 Die Entstehung des Wortes „les intellectuels“

Der Protest von Akademikern, Künstlern und Publizisten ist im Jahre 1898 so neu wie ihre Bezeichnung als „Intellektuelle“. In keinem Lexikon der damaligen Zeit findet man den Begriff des „Intellektuellen“. Das Wort taucht erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts im öffentlichen Sprachgebrauch auf. Über die Frage der Urheberschaft wird selbst heute immer noch diskutiert. Fest steht jedoch, daß das Wort „les intellectuels“ in dieser Zeit als neu empfunden wurde und daß man seinen Schöpfer dort suchte, woher der energischste Widerstand gegen Militär und Justiz kam. In der Realität hat der Begriff jedoch schon viel länger existiert.7

[...]


1 Vgl. Bauman, Zygmunt: Unerwiderte Liebe. Die Macht, die Intellektuellen und die Macht der Intellektuellen, in: Daniel, Ute/ Siemann, Wolfram (Hrsg.): Propaganda, Meinungskampf, Verführung und politische Sinnstiftung 1789-1989. Frankfurt a. M. 1994, S. 172.

2 Vgl. Bering, Dietz: Die Intellektuellen. Geschichte eines Schimpfwortes, Stuttgart 1978, S. 32-35.

3 Vgl. Bering, Dietz: Die Intellektuellen. Geschichte eines Schimpfwortes, Stuttgart 1978, S. 35-36.

4 Deutsch: „Ich klage an.“

5 Vgl. Bering: Die Intellektuellen, S. 38.

6 Vgl. Bering: Die Intellektuellen, S. 35-38.

7 Vgl. Bering: Die Intellektuellen, S. 39-43.

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Die Selbstdeutung der Intellektuellen am Beispiel von Michel Foucault und Jean-Francois Lyotard
Hochschule
Universität der Bundeswehr München, Neubiberg  (Fakultät für Sozialwissenschaften)
Veranstaltung
Interdisziplinäres Seminar Soziologie/ Politische Theorie: Kritische und Postmoderne Theorien: Ausgewählte Vergleichsaspekte
Note
2,3
Autor
Jahr
2001
Seiten
15
Katalognummer
V8502
ISBN (eBook)
9783638154550
ISBN (Buch)
9783638787093
Dateigröße
533 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Selbstdeutung, Intellektuellen, Beispiel, Michel, Foucault, Jean-Francois, Lyotard, Interdisziplinäres, Seminar, Soziologie/, Politische, Theorie, Kritische, Postmoderne, Theorien, Ausgewählte, Vergleichsaspekte
Arbeit zitieren
Martin Wolf (Autor:in), 2001, Die Selbstdeutung der Intellektuellen am Beispiel von Michel Foucault und Jean-Francois Lyotard, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8502

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