Rechtsextreme Jugendliche - Ein Handlungsfeld der Sozialen Arbeit


Studienarbeit, 2007

27 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

I. Begriffsbestimmungen
1.1 Rechtsextremismus
1.2 Rechtsradikalismus
1.3 Nationalismus
1.4 Neonazismus
1.5 Über die Bedeutsamkeit des Studiums der genannten Begriffe und ihrer Inhalte

II. Rechtsextremismus bei Jugendlichen als Folge von abweichendem Verhalten
2.1 Die Bedeutung der Sozialisation beim Mensch
2.2 Exkurs Soziologie: Theorien des abweichenden Verhaltens nach Merton
2.3 Labelling Approach

III. Praktische Arbeit mit rechtsextremen Jugendlichen
3.1 Akzeptierende Arbeit mit Jugendlichen rechtsextremer Ausrichtung
3.1.1 Akzeptierende Jugendarbeit: Theoretische Ansätze
3.1.1.1 Angebote
3.1.1.2 Beziehungsorientierungen
3.1.1.3 Wege des Zugangs
3.1.1.4 Grenzen des Zugangs
3.1.2 Ressourcen
3.1.3 Grenzen der akzeptierenden Arbeit
3.2 Gerechtigkeitsorientierte Arbeit, Ziele und Grundlagen

IV. Austeigerprogramme
4.1 Ausstiegsmotive
4.2 Grenzen des Ausstiegs
4.3 Aussteigerprogramme
4.3.1 EXIT- Modell Schweden
4.3.2 EXIT- Modell Deutschland

Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

Gegenstand dieser Studienarbeit ist die Auseinandersetzung mit dem Thema „ Rechtsextreme Jugendliche, ein Handlungsfeld der Sozialen Arbeit“. Noch immer stellen sich viele Menschen die Frage: Was genau ist Rechtsextremismus? In einem ersten Teil der Arbeit soll dieser Begriff in Abgrenzung von verwandten Begriffen wie Nationalismus, Neonazismus und Rechtsextremismus näher erläutert werden. Dabei sollen die Erkenntnisse der Soziologie verwertet werden. Diese befasst sich unter anderem mit Menschen, die ein Verhalten an den Tag legen, welches von der Gesellschaft nicht geduldet wird. Fachlich wird von „abweichendem Verhalten“ gesprochen. In einem zweiten Teil der Arbeit soll erklärt werden, was unter Rechtsextremismus im Einzelnen zu verstehen ist und welche Folgen das für die rechtsextremen jungen Menschen hat. Da auch in der heutigen Zeit nur wenige Sozialarbeiter Erfahrungen mit rechtsextremen Jugendlichen sammeln konnten, ist es umso wichtiger zu zeigen, wo die „praktische Arbeit“ mit den rechtsextremen Jugendlichen ansetzt. Der dritte Teil der Arbeit wird dies näher thematisieren. Schließlich werden in einem vierten und letzten Teil zwei Modelle dargestellt, die die betroffenen Jugendlichen dazu befähigen sollen, den Ausstieg aus der rechtsextremen Szene zu wagen.

I. Begriffsbestimmungen

Die Begriffe Rechtsextremismus, Rechtsradikalismus, Nationalismus und Neonazismus werden oft fälschlicherweise synonym verwandt. Umso wichtiger ist es, sich ein klares Bild über die Begrifflichkeiten zu verschaffen, damit die Hilfe und Unterstützung bei den jungen Menschen passgenau sein kann.

1.1 Rechtsextremismus

Der Begriff des Rechtsextremismus ist eng verbunden mit dem des Extremismus. Die beiden Begriffe stehen im Verhältnis der Unterwerfung (Subordination) zueinander. Man kann also zunächst davon sprechen, dass Rechtsextremismus eine Form des Extremismus ist. Wird Rechtsextremismus im Verhältnis zum demokratischen Verfassungsstaat gesehen, so bezieht man sich auf gewisse politische Maximen, Ziele und Inhalte, die ohne dauerhafte Verständigungsbereitschaft mit anderen politischen Kräften und Gruppen verfolgt werden. Ist die psychologische Grundausstattung der Rechtsextremen gemeint, so richtet man das Hauptaugenmerk auf die Persönlichkeitsmerkmale.[1] Die politische Psychologie geht von acht Merkmalen aus, die charakteristisch für eine rechtsextreme Persönlichkeit sind:

- Starke Bindung an die konventionellen Werte des Mittelstandes Konventionalismus,
- autoritäre Unterwürfigkeit,
- autoritäre Aggressionen,
- rigides Denken,
- ausgeprägtes Verhalten bezüglich des Zeigens von Macht und Körperkraft,
- Diffamierung humanen Verhaltens,
- Glaube an gefährliche Taten
- ausgeprägtes Sexualverhalten.

Das Ausleben von Rechtsextremismus zeigt sich vor allem in einem starken Männlichkeitsgefühl und einem Verlangen nach einem starken Leiter (Führer). Es werden „Zucht und Ordnung“ in den Vordergrund gestellt. Die Menschen dieser Ausrichtung haben außerdem die Vorstellung, dass ihre ethnische(„völkische“) Zugehörigkeit, die im Vordergrund steht, sehr bedeutsam ist. Werte und Normen sowie Menschen- und Bürgerrechte sind ihnen nicht wichtig. Rechtsextremismus äußert sich charakteristischerweise wie folgt:

- Hohes Potential an aggressiven Einstellungen gegenüber Minderheiten
- Hohe Einschätzung der eigenen Nation
- Herabsetzende Äußerungen (Wertungen) gegenüber anderen Nationen
- Glaube an eine von der Natur gegebene Andersartigkeit der Menschen
- Fremdenfeindlichkeit
- Antisemitismus
- Großes Streben nach Einigkeit und Einheit in der „Volksgemeinschaft“.
- Starkes Gefühl von Macht gegenüber scheinbaren Minderheiten
- Potential zur Beschwichtigung der NS- Zeit.[2]

Rechtsextremisten setzen sich für ein politisches System ein, das mit unserer freiheitlich-demokratischen Verfassung nicht in Einklang zu bringen ist. Sie sind gegen den existenten Verfassungsstaat, und treten für eine Politik ein, bei der Herkunft, ethnische und rassische Zugehörigkeit eine entscheidende Rolle spielt. Es besteht die starke Tendenz, andere Meinungen, insbesondere auch andere politische Auffassungen unterdrücken, mit allen Mitteln bekämpfen zu wollen; das politische Endziel ist eine politische und ethnische Homogenität. Tatsächlich läuft dies auf ein antipluralistisches System hinaus, das für demokratische Entscheidungsprozesse keinen Raum lässt. Zwar ist der Rechtsextremismus in Deutschland ideologisch nicht homogen. Eine Überbewertung ethnischer Zugehörigkeit und eine gegen den Gleichheitsgrundsatz gerichtete Fremdenfeindlichkeit sind allerdings bei allen Rechtsextremisten festzustellen. Auch hinsichtlich seines Erscheinungsbildes stellt der Rechtsextremismus kein einheitliches, geschlossenes Phänomen dar. Er artikuliert sich in unterschiedlichen Formen, z. B. in einer jugendlichen Subkultur gewaltbereiter rechtsextremistischer Skinheads, in neonazistischen Gruppierungen, die einen totalitären Staat propagieren, in Parteien, die auch über die Beteiligung an Wahlen politischen Einfluss erreichen wollen, im Schrifttum rechtsextremistischer Autoren und Verlagen, die propagandistisch agitieren. Die verfassungsfeindliche, zumeist menschen-verachtende Ideologie entlädt sich in rechtsextremistischen, insbesondere fremdenfeindlichen Straftaten, die sich gegen Minderheiten allein wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit richten. Zur Eindämmung der rechtsextremistischen Gewalttaten und zur Verhinderung strafbarer rechtsextremistischer Propagandaaktivitäten wurde eine Vielzahl staatlicher Maßnahmen ergriffen, wie insbesondere Vereins- und Versammlungsverbote. Letztlich stellt sich die Frage, ob und in wie weit die oben nur angeschnittenen Erklärungsansätze des Rechtsextremismus bei der praktischen Arbeit tatsächlich hilfreich sind. Rechtsextremismus ist in seiner Komplexität weitaus tiefgreifender als bislang angedeutet, aber noch nicht befriedigend aufgeklärt. Eine inkonsistente und nicht präzise Verwendung des Begriffes ist ein weiteres Hindernis für Wissenschaft und Forscher.[3]

1.2 Rechtsradikalismus

Der Begriff des Rechtsradikalismus wird vom lateinischem Wort „radix“ abgleitet und heißt übersetzt „Wurzel“. Er bezeichnet die politische Einstellung von Parteien und Bünden, die an die Vorstellungen des Faschismus und Nationalsozialismus anknüpfen. Diese Parteien und Bünden sind vom kompromiss- und rücksichtslosen Willen zur gründlichen Veränderung des Systems im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie (bzw. vergleichbarer Bewegungen) beseelt. Um diese Ideologie durchzusetzen, gehen Rechtsradikale bis ins Äußerste. Die Grundlagen des Rechtsradikalismus lassen sich stichwortartig wie folgt zusammenfassen:

- Fremden-/Ausländerhass
- Gleichgültigkeit gegenüber Verlusten, Opfern und menschl. Leben
- Antisemitismus
- Respektlosigkeit

Überschneidungen mit den Inhalten des Rechtsextremismus sind unverkennbar. Aus Sicht der sozialen Arbeit sollen auch die betreffenden Jungendlichen, die sich für eine derartige Umwälzung des Systems entschieden haben, wieder in die Gesellschaft integriert werden.[4]

1.3 Nationalismus

Der Fremdwörterduden beschreibt den Nationalismus als, „ starkes, meist intolerantes, übersteigertes Nationalbewusstsein, das Macht und Größe der eigenen Nation als höchsten Wert erachtet.“[5] Mit Nationalismus ist also nicht etwa gemeint, dass man sich seinem Staat, in dem man lebt, zugehörig fühlt und sich für ihn einsetzt - Einsetzen zu Gunsten des Staates und seiner Bürger kann löblich sein-, Nationalismus ist vielmehr eine Ideologie, die den Gedanken der Nation – der eigenen – militant nach außen und innen vertritt. Nicht zuletzt wegen der durch ihn hervorgerufenen Konflikte und Kriege hat der Begriff Nationalismus eine negative Bedeutung,

1.4 Neonazismus

Der Begriff des Neonazismus umfasst politische Gruppen, Bewegungen, die den Nationalsozialismus, mindestens aber Teile seiner Vorstellungen propagieren, in die Tat umzusetzen versuchen und dabei auch gewaltsam vorzugehen bebsichtigen (wo sich hierzu eine Chance bietet). Symptomatisch für den Neonazismus sind Leugnung/Verharmlosung der Massenvernichtungen der Juden im 2.Weltkrieges und die Vertretung der nationalsozialistischen Ideologie in der heutigen Zeit. Im Grunde genommen kann der Neonazismus als spezielle Form des Rechtsextremismus beschrieben werden. Nach dem Duden wird es als „ Rechtsradikale Bewegung zur Wiederbelebung des Nationalsozialismus“[6], gesehen.

1.5 Über die Bedeutsamkeit des Studiums der genannten Begriffe und ihrer Inhalte

Das Studium der Begriffe und ihrer Inhalte, der Ursache ihrer Anziehungskraft auf Jugendliche ist für die Jugendarbeit von großer Bedeutung. Denn in der Jugendarbeit kommt es zum einen darauf an, eine deutliche und passgenaue Aufklärung zu leisten, zum anderen aber auch die richtigen Maßnahmen zu treffen, um eine Lösung der Jugendlichen von Ideologie und Gruppenzwängen zu fördern. Die jungen Menschen sind in ihrer Adoleszenz auf der Suche nach Annerkennung, wollen sich zu Gruppen, einer bestimmten politischen Richtung zugehörig fühlen. Oft kommt es jedoch dazu, dass sie sich einer Gruppe anschließen, der sie ursprünglich gar nicht wirklich angehören wollen. Doch aufgrund ihrer oftmals bestehenden Unwissenheit geraten sie in Kreise, die eine Fehlentwicklung der Persönlichkeitsbildung auslösen. Erst durch aufklärende Jugendarbeit wird ihnen bewusst, welcher Ideologie sie sich angeschlossen hatten und ggf. warum. Die Jugendlichen sollen mit Hilfe der sozialen Arbeit eine klare Vorstellung von diesen Gruppen und deren ideologische Ausrichtung bekommen. Es ist demnach besonders auf Wortwahl und verwendete Literatur zu achten, wenn man diese Themen mit den Klienten bearbeitet. „ Wir sollten im privaten Umgang, in der öffentlichen Debatte und in pädagogischen Handlungsfeldern überlegen, welchen Effekt die jeweils verwendeten Begrifflichkeiten auf das Selbstbild von rechten Jugendlichen hat- und welche Konsequenten diese daraus ziehen. Mitunter erzeugen oder verstärken wir das, was wir bekämpfen wollen.“[7]

[...]


[1] Schubarth, Wilfried, Stöss, Richard ( Hrsg.), Rechtsextremismus in der Bundesrepublik
Deutschland, Eine Bilanz, Leske und Buderich Verlag, Bonn 2000 S. 44

[2] Espenhorst, Ingo, Rechtsextreme Jugendliche, Was kann die soziale Arbeit tun?, Tectum
Verlag, Marburg 2006, S. 11

[3] Espenhorst, Ingo, Rechtsextreme Jugendliche, Was kann die soziale Arbeit tun?, Tectum
Verlag, Marburg 2006, S. 13

[4] Espenhorst, Ingo, Rechtsextreme Jugendliche, Was kann die soziale Arbeit tun?, Tectum
Verlag, Marburg 2006, S. 14

[5] Duden Fremdwörterbuch, 6., auf der Grundlage der amtlichen Neuregelung der deutschen
Rechtschreibung überarbeitete und erweiterte Auflage, Dudenverlag, Mannheim-Leipzig-
Wien-Zürich, 1997, S.542

[6] Duden Fremdwörterbuch, 6., auf der Grundlage der amtlichen Neuregelung der deutschen
Rechtschreibung überarbeitete und erweiterte Auflage, Dudenverlag, Mannheim-Leipzig-
Wien-Zürich, 1997, S. 546

[7] Wippermann, C./ Zarcos- Lamolda, A.: a.a.O., S. 173, In: Espenhorst, Ingo, Rechtsextreme
Jugendliche, Was kann die soziale Arbeit tun?, Tectum Verlag, Marburg 2006, S. 16

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Rechtsextreme Jugendliche - Ein Handlungsfeld der Sozialen Arbeit
Hochschule
Fachhochschule Heidelberg
Veranstaltung
Rassismus und Islam in der sozialen Arbeit
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
27
Katalognummer
V84920
ISBN (eBook)
9783638014489
ISBN (Buch)
9783640193950
Dateigröße
501 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rechtsextreme, Jugendliche, Handlungsfeld, Sozialen, Arbeit, Rassismus, Islam, Arbeit
Arbeit zitieren
Katharina Fischer (Autor:in), 2007, Rechtsextreme Jugendliche - Ein Handlungsfeld der Sozialen Arbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84920

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Rechtsextreme Jugendliche -  Ein Handlungsfeld der Sozialen Arbeit



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden