Das staatstheoretische Denken Carl Schmitts


Hausarbeit (Hauptseminar), 2004

23 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Biographie

3. Der Begriff des Politischen

4. Die verfassungsrechtliche Lage des NS-Staates 1933

5. Die Dreigliederung der politischen Einheit

6. Der Führergrundsatz

7. Die nationalsozialistische Rechtspraxis

8. Kritische Betrachtung der untersuchten Texte

9. Literaturverzeichnis.

1. Einleitung

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem staatstheoretischen Denken Carl Schmitts. Angesichts der Fülle des von Schmitt verfassten Materials kann es sich dabei nur um eine sehr fragmentarische Perspektive handeln. Die Grundlage der Untersuchung bilden im Wesentlichen die Texte „Der Begriff des Politischen“, „Staat, Bewegung, Volk“, „Über die drei Arten des Rechtswissenschaftlichen Denkens“ sowie der propagandistische Artikel „Der Führer schützt das Recht“, in dem Schmitt die politischen Morde an hohen SA-Funktionären im Sommer 1934 kommentiert. Der zeitliche Rahmen umfasst dabei die Jahre von 1932 bis 1934, da sich in dieser Zeit Schmitts Entwicklung von einem konservativen Staats- und Völkerrechtler zum „Kronjuristen des Dritten Reiches“[1] vollzieht.

Da Schmitt nicht selten als ein situativ handelnder Opportunist bezeichnet wird[2], soll zu Beginn ein kurzer biographischer Umriss über die wichtigsten Stationen in Carl Schmitts Leben bis 1945 informieren. Anschließend wird „Der Begriff des Politischen“ unter die Lupe genommen, während in den Kapiteln vier bis sieben Schmitts Legitimation der NS-Diktatur betrachtet werden soll. Im achten Kapitel sollen die Texte einer kritischen Untersuchung unterzogen werden.

Bei dem Text „Der Begriff des Politischen“ handelt es sich hier um die überarbeitete Fassung von 1932, die in einigen Punkten von der Erstauflage von 1927 abweicht, auch wenn Schmitt im Vorwort versichert, keine inhaltlichen Veränderungen vorgenommen zu haben[3].

Die zahlreichen Zitate sind mit dem besonderen Untersuchungsgegenstand zu erklären. Um dem „Wortzauberer“ und „Künstler der Begriffsschöpfung“[4] Carl Schmitt gerecht zu werden und den Inhalt und die Botschaft seiner Texte exakt und unmissverständlich wiederzugeben, ist es oft sinnvoller, die einschlägige Textpassage wörtlich zu zitieren, anstatt bei dem Versuch, die Aussage des Autors mit anderen Worten auszudrücken, sein Anliegen auch nur leicht zu verwässern oder gar zu verfälschen. Auch soll der Hinweis Jürgen Seiferts berücksichtigt werden, dass es darauf ankomme, stets zu fragen, gegen wen Schmitt denkt, für wen und in welcher Situation.[5]

2. Biographie

Carl Schmitt wurde am 11. Juli 1888 im sauerländischen Plettenberg als das zweite von fünf Kindern einer katholischen Familie geboren.[6] Die katholische Sozialisation ist ein wesentlicher Faktor im Lebenslauf Carl Schmitts, der auch in seinem literarischen Werk immer wieder zum Vorschein kommt. „Ich bin Katholik nicht nur dem Bekenntnis, sondern auch der geschichtlichen Herkunft, wenn ich so sagen darf, der Rasse nach“, sagte der Gelehrte einst über sich selbst.[7]

Der in einem mehrheitlich protestantischen Gebiet aufgewachsene Katholik beabsichtigte ursprünglich Philologie zu studieren, entschied sich aber nach dem Abitur im Jahre 1907, dem Rat eines Onkels folgend, für ein Studium an der Juristischen Fakultät der Königlichen Friedrich-Wilhelm Universität in Berlin.[8]

Nach einer nicht nur aus heutiger Sicht unwahrscheinlich kurzen Studiendauer von nur sechs Semestern promovierte Schmitt 1910 mit einer Arbeit, die den Titel „Über Schuld und Schuldarten“ trägt[9]. 1914 schrieb er „Der Wert des Staates und die Bedeutung des Einzelnen“, das 1916 in Straßburg als Habilitationsschrift anerkannt wurde.[10] 1915 trat er als Kriegsfreiwilliger den Militärdienst an. Aufgrund von Rückenproblemen verbringt Schmitt seine Dienstzeit in einer Zensur- und Überwachungsbehörde.[11]

Im Jahre 1919 lieferte Schmitt mit der „Politischen Romantik“ sein „konservatives Gesellenstück“, wie Paul Noack meint, das bereits kurz nach der Veröffentlichung große Beachtung unter den Geisteswissenschaftlern jener Zeit fand.[12]

In den Jahren bis 1932 stieg Schmitt zu einem der bedeutendsten konservativen Rechtsphilosophen seiner Zeit auf.

1922 erschien die Erstausgabe der „Politischen Theologie“, nur ein Jahr später das „Hohelied auf die katholische Kirche“ (Noack), „Römischer Katholizismus und politische Form“, sowie „Die geistesgeschichtliche Lage des heutigen Parlamentarismus“.[13] Bereits die Titel dieser Publikationen machen deutlich, wie sehr der Verfasser in seiner Denk- und Ausdrucksweise von religiösen und theologischen Vorstellungen und Begriffen beeinflusst wurde.

Im Jahre 1927 erscheint die erste Auflage des „Begriffs des Politischen“, eines der wohl meistdiskutierten Arbeiten Carl Schmitts. Daneben veröffentlichte Schmitt zahlreiche Aufsätze in den katholischen Blättern „Hochland“ und „Schildgenossen“.[14]

Das Verhältnis des Gelehrten zur katholischen Kirche wurde in Mitleidenschaft gezogen, als sich Schmitt 1924 vor einem päpstlichen Ehegericht vergeblich um die Annulierung seiner ersten Ehe mit der angeblichen Serbin Pawla Dorotic bemüht.[15]

“Das bedeutet: Der Katholik Carl Schmitt, dessen Denken seine Kirche so viel verdankt und der sich bis zuletzt in ihr verankert fühlte, galt seit seiner zweiten Eheschließung 1926 und bis zum Tode seiner Frau Duschka Todorovic im Jahre 1950 als exkommuniziert.“ [16]

Mit der „deutschen Revolution“[17] von 1933 beginnt ein in der Literatur kontrovers diskutierter Abschnitt in der Biographie Carl Schmitts.

Schon kurz nach der Machtübernahme Hitlers erklärte Schmitt in „Staat, Bewegung, Volk“ die Weimarer Verfassung für endgültig überwunden.[18] Am 1. Mai 1933 wurde Schmitt Mitglied der NSDAP.

Einen Monat nach den von Hitler befohlenen Morden an etwa 85 Menschen am 30. Juni 1934, die von der NS-Propaganda als die Abwehr eines angeblichen „Röhm-Putsches“ dargestellt wurde, erschien in der „Deutschen Juristenzeitung“ unter dem Titel „Der Führer schützt das Recht“ Schmitts Rechtfertigung der Tötungsaktion.[19]

Über die Gründe des Autors, diesen für dessen Verhältnisse ungewöhnlich plumpen Text zu veröffentlichen, wurden in der einschlägigen Literatur unterschiedliche Vermutungen angestellt.[20] Neben der These, „Der Führer schützt das Recht“ sei ein cleverer und zugleich hilfloser Appell an den Diktator, keine „Sonderaktionen“ außerhalb des „reinen Rechts des Führers“ zuzulassen, wurde die Ansicht geäußert, Schmitts publizistischer Übereifer weise auf dessen berufliche und politische Karriereabsichten hin.[21] „Niemand musste zu diesen Ereignissen hurtige Artikel schreiben. Die große Mehrheit der juristischen Autoren hat geschwiegen. Niemand ist wegen seines Schweigens etwa verfolgt worden. Wer schrieb, wollte – wie auch immer – dabei sein.“[22]

Ab 1935 zeigt sich ein bis dahin bei Schmitt nicht gekannter primitiver Antisemitismus.[23] 1936 organisierte er den „Kongreß zum Kampf gegen den jüdischen Geist“, der am 3. und 4. Oktober in Berlin stattfand.[24] Auf dieser Veranstaltung forderte der Jurist die Einführung eines „literarischen Judensterns“, das heißt die Verpflichtung, einen jüdischen Autor, „wenn er überhaupt zitiert wird“, nur mit dem Zusatz „jüdisch“ zu zitieren.[25]

Durch das antisemitische Engagement wurde der Neid missgünstiger Konkurrenten geweckt, die Schmitt öffentlich Opportunismus vorwarfen und die auf seine früheren Kontakte und Freundschaften mit jüdischen Schülern und Gelehrten hinwiesen.[26] In diesem Zusammenhang wurde der zum Katholizismus konvertierte Jude Waldemar Gurian zitiert, der im Schweizer Exil mehrere Zeitungsartikel verfasste, in denen er über Schmitts frühere Ablehnung der NS-Ideologie berichtete.[27] Damit endete die politische Karriere des “Kronjuristen des Dritten Reiches”. Eine Intervention Görings bei der SS schützte Schmitt allerdings vor persönlichen Repressalien.[28]

[...]


[1] Rüthers, S. 71.

[2] Ebd. S. 63.

[3] Meier, S. 15.

[4] Rüthers, S. 52.

[5] Seifert, S.365.

[6] Noack, S. 15.

[7] Ebd. S. 45.

[8] Ebd, S. 18.

[9] Ebd. S. 22.

[10] Ebd. S. 26.

[11] Noack, S.38.

[12] Noack, S. 49.

[13] Ebd. S. 64.

[14] Rüthers. S. 30.

[15] Noack. S. 43ff.

[16] Ebd. S. 45.

[17] Schmitt. Staat, Bewegung, Volk. S. 8.

[18] Schmitt. Staat, Bewegung, Volk. S. 7.

[19] Rüthers, S. 53f.

[20] Ebd. S. 57f.

[21] Ebd.

[22] Ebd.

[23] Ebd. S. 72.

[24] Ebd. S. 74.

[25] Ebd. S. 77.

[26] Rüthers, S. 79.

[27] Ebd. S. 70f.

[28] Ebd. S.79f.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Das staatstheoretische Denken Carl Schmitts
Hochschule
Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover  (Historisches Seminar)
Note
1,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
23
Katalognummer
V84834
ISBN (eBook)
9783638012546
ISBN (Buch)
9783638920018
Dateigröße
435 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Denken, Carl, Schmitts
Arbeit zitieren
M. A. Politische Wissenschaft / Geschichte Marcin Marcinkowski (Autor:in), 2004, Das staatstheoretische Denken Carl Schmitts, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84834

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