Arbeitsschutzmanagement in kleinen und mittleren Bauunternehmen


Studienarbeit, 2002

81 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltverzeichnis

Abkurzungsverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Grundlagen des Arbeitsschutzes
2.1 Begriffe im Arbeitsschutz
2.2 Notwendigkeit des Arbeitsschutzes
2.3 Ziele des Arbeitsschutzes
2.4 Felder des Arbeitsschutzes
2.5 Trager des Arbeitsschutzes

3 Rechtsverordnungen und Unfallverhutungsvorschriften
3.1 Rahmenrichtlinien der Europaischen Union
3.2 Basisgesetze
3.3 Arbeitschutzgesetze
3.4 Vorschriften der Unfallverhutungstrager
3.5 Normen und Regeln

4 Sicherheitsgerechte Organisation
4.1 Betriebliche Sicherheitsorganisation
4.1.1 Unternehmer und Fuhrungskrafte
4.1.2 Arbeitnehmer
4.1.3 Betriebsrat
4.1.4 Sicherheitsbeauftragter und Sicherheitsausschuss
4.1.5 Fachkraft fur Arbeitssicherheit
4.1.6 Betriebsarzt
4.1.7 Arbeitsschutzausschuss
4.2 Strukturen betrieblicher Sicherheitsorganisation
4.2.1 Organisationsmodelle
4.2.2 Besonderheiten der betrieblichen Sicherheitsorganisation in kleinen und mittelstandischen Unternehmen
4.3 AuGerbetriebliche Sicherheitsorganisation
4.3.1 Europaische Gemeinschaft
4.3.2 Staatliche Gesetzgebung und Aufsicht
4.3.3 Gesetzliche Unfallversicherung
4.3.4 Sachverstandige
4.3.5 Koordinierungsgremien und Forschungsinstitute
4.3.6 Sozialpartner
4.3.7 Normensetzer
4.3.8 Wissenschaftliche Gesellschaften
4.3.9 Berufsstandige Organisationen
4.4 Zusammenwirken betrieblicher und auGerbetrieblicher Organe

5 Arbeitsschutzmanagement
5.1 Notwendigkeit und Anforderungen
5.2 Konzepte
5.3 Vorhandene Ansatze

6 Arbeitschutzmanagementsysteme fur kleine und mittelstandische Bauunternehmen
6.1 Grundlagen
6.1.1 Besonderheiten in kleinen und mittelstandischen Bauunternehmen
6.1.2 Anforderungen an AMS-Konzepte fur kleine und mittelstandische Bauunternehmen
6.1.3 Anforderungen an kleinbetriebstaugliche Arbeitsschutzmanagementsysteme
6.2 Praktische Umsetzung im Unternehmen
6.2.1 Rahmenbedingungen
6.2.2 Vorgehensweise
6.3 AMS auf Baustellen
6.4 Unterstutzung fur KMU
6.4.1 Anleitungen, Checklisten, Handbucher und Leitfaden
6.4.2 Informationsmaterial, Datenbanken und Netzwerke
6.4.3 Beratung und Schulung
6.4.4 Weitere Instrumente und Datenquellen

7 AMS in der betrieblichen Praxis
7.1 Einstellung zum Arbeitsschutz und Anwendung der AMS
7.2 Defizite der Arbeitsschutzmanagementsysteme
7.3 Verbesserungsmoglichkeiten

8 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Abkurzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 2-1 Arbeitsschutzsystem der Bundesrepublik Deutschland

Abbildung 4-1 Arbeitsschutzorganisation im GroGunternehmen

Abbildung 4-2 Sicherheitsorganisation in kleinen Unternehmen

Abbildung 4-3 Sicherheitsorganisation in mittelstandischen Unternehmen

Abbildung 5-1 Beziehung zwischen den Ebenen

Abbildung 5-2 Struktur eines prozessorientierten AMS-Konzepts

Abbildung 5-3 Handlungsfelder eines Managementsystems

Abbildung 5-4 Ubersicht uber die Systemelemente eines AMS

Abbildung 6-1 Schematische Darstellung der Schritte zur Einfuhrung eines AMS

Abbildung 6-2 AMS auf der Baustelle

Abbildung 6-3 Mogliche Einbindung der Arbeit eines SiGeKo in ein AMS auf Baustellen

Tabelle 3-1 Umsetzung der EU-Richtlinien

Tabelle 6-1 Elemente eines kleinbetrieblichen AMS im Vergleich zu den Eckpunkte fur AMS-Konzepte des BMA

Tabelle 6-2 Zuordnung der Arbeitsschritte zu den Systemelementen und Elementen eines kleinbetrieblichen AMS

Tabelle 6-3 Beispiele fur Arbeitschritte und MaGnahmen wahrend der Einfuhrung des AMS im Bauunternehmen bzw. auf Baustellen

1 Einleitung

Der Arbeitsschutz hat in Deutschland in den letzten Jahren ein hohes Niveau er- reicht. Dennoch treten bei der praktischen Umsetzung immer noch Mangel auf. Diese sind vor allem auf unzureichende organisatorische Bedingungen zuruckzu- fuhren. Die Problematik zeigt sich besonders in kleinen und mittelstandischen Un- ternehmen. In Unternehmen mit weniger als 200 Beschaftigten ist die Unfallquote fast dreimal so hoch, wie in Unternehmen mit mehr als 1000 Beschaftigten [1, S. 7]. Mehr als ein Drittel aller Arbeitsunfalle im Jahr 2000 ereigneten sich im Bauge- werbe [2].

Ziel der vorliegenden Arbeit ist die systematische Darstellung und Analyse von Managementsystemen im Arbeitsschutz und deren Eignung fur kleine mittelstan- dige Unternehmen im Bauwesen.

Im Verlauf dieser Arbeit werden auf Basis der rechtlichen Grundlagen vorhandene Organisationsstrukturen des Arbeitsschutzes in Unternehmen analysiert. Es wer­den die Moglichkeiten zur Verbesserung der bestehenden Situation im Bereich des Arbeitsschutzes aufgefuhrt und erlautert. Deren Anwendbarkeit wird in kleinen und mittelstandischen Unternehmen und speziell im Baugewerbe untersucht.

2 Grundlagen des Arbeitsschutzes

2.1 Begriffe im Arbeitsschutz

Arbeitsschutz

Unter dem Begriff Arbeitsschutz ist die Summe aller rechtlichen, organisatori- schen, medizinischen und technischen MaBnahmen zu verstehen, die zum Schutz der korperlichen und geistigen Unversehrtheit und der Personlichkeitsrechte der Arbeitnehmer bei der Arbeit getroffen werden mussen.

Es wird zwischen

- technischem, sozialem und medizinischem Arbeitsschutz (sachliche Be- trachtungsweise) und
- staatlichem und selbstverwalteten Arbeitsschutzrecht (formelle Betrach- tungsweise) unterschieden [3, S. 218 ff.].

Arbeitssicherheit

Arbeitssicherheit bezeichnet den Zustand, bei dem die Berufausubung gefahren- frei erfolgen kann [4]. Arbeitssicherheit ist das Ziel der MaBnahmen des Arbeits- schutzes.

Arbeitsschutzvorschrift

Nach dem allgemeinen Begriffverstandnis umfassen Arbeitsschutzvorschriften alle staatlichen Bestimmungen (Gesetze und Verordnungen) und die von den Beruf- genossenschaften erlassenen Unfallverhutungsvorschriften. Rechtssystematisch zahlen zu den Arbeitsschutzvorschriften nur die staatlichen Bestimmungen 3, S. 219]. Im Weiteren wird der Begriff der Vorschrift sowohl fur die staatlichen als auch fur die nicht staatlichen Verordnungen und Regelungen verwendet.

Richtlinie

Richtlinien sind Verwaltungsvorschriften, die dazu dienen, Organisation und Han- deln der Verwaltung naher zu bestimmen [3, S. 231].

Unfall

Als Unfall wird ein plotzliches, ungewolltes, einen Personenschaden bewirkendes Ereignis bezeichnet. Dieses resultiert durch Aufeinanderwirken von Mensch und einen die Koperverletzung bewirkenden Gegenstand [4, S. 523].

Im Gegensatz dazu bezeichnet ein Storfall ein ungewolltes Ereignis, welches Per- sonen- und/oder Sachsschaden bewirkt.

2.2 Notwendigkeit des Arbeitsschutzes

Arbeitssicherheit als Ziel des Arbeitsschutzes ist ein anzustrebender gefahrenfrei- er Zustand bei der Berufsausfuhrung. Die auf den Menschen bezogenen Auswir- kungen sind Personenschaden als Folge von [4, S. 20]:

- Verletzungen (Unfallen),
- Berufskrankheiten und
- sonstigen schadigenden Einflussen auf die Gesundheit.

Das Wohlbefinden und die wirtschaftliche Existenz eines Beschaftigten sind ao- hangig von der Vermeidung berufsbedingter gesundheitlicher Schadigungen. Es liegt folglich ein grundlegendes Bedurfnis nach Selbsterhaltung vor [4, S. 20].

Davon ausgehend ergibt sich die gesellschaftsorientierte Begrundung der Not­wendigkeit des Schutzes vor berufsbedingten Personenschaden. Es wird unter- schieden zwischen humanen (moralisch-ethischen) sowie wirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Grunden [4, S. 20].

Humane Grunde

Die Achtung der Menschenwurde steht in unserer Gesellschaftsordnung an erster Stelle. Demnach ist die Vermeidung berufbedingter Personenschaden eine selbst- verstandliche menschliche Aufgabe aller Beteiligten.

Diese humane Verpflichtung wird durch den Artikel 1 des Grundgesetzes unter- mauert. Entsprechend Ziffer 1 ist die Wurde des Menschen unantastbar. Sie zu achten und zu schutzen ist die Verpflichtung aller staatlicher Gewalt. Der Artikel 2 Ziffer 2 des Grundgesetzes sichert daruber hinaus jedem das Recht auf Leben und korperliche Unversehrtheit zu [4, S. 20].

Wirtschaftliche Grunde

Unternehmen sind auf die Wertschopfung ausgerichtet. Jeder Unfall stellt einen kostenverursachenden Storfaktor im betrieblichen Ablauf dar. Storfalle und die damit oftmals verbundenen Personen- und Sachschaden beeinflussen die Produk- tionsfaktoren Organisation, Arbeit und Kapital. Insbesondere sind die Kosten fur Lohnfortzahlungen und fur MaGnahmen zum Ausgleich fur den entstandenen Leis- tungsausfall (Uberstunden, Ersatz von Personal) zu nennen. Daruber hinaus ent- stehen Kosten durch Ertrags- und Umsatzverluste, zusatzliche Verwaltungsarbeit und Imageverlust.

Eine erhohte Wirksamkeit der MaGnahmen zur Vermeidung von Storfallen und die Verbesserung der Arbeitssicherheit vergroGern den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens unmittelbar [4, S. 20].

Volkswirtschaftliche Grunde

Kosten fur berufsbedingte Personenschaden (Unfalle, Berufskrankheiten) und fur die damit zusammenhangenden Sachschaden belasten die volkswirtschaftliche Erfolgsrechnung. Jede Verhutung dieser Schaden wirkt sich positiv auf die betrieb- liche Wertschopfung und somit auf das Nettosozialprodukt aus. Dies hat eine Stei- gerung des Einkommens der Bevolkerung zur Folge [4, S. 20].

2.3 Ziele des Arbeitsschutzes

Oberstes Ziel aller Beteiligten ist das Erreichen der Arbeitssicherheit, d. h. eines Zustandes, bei dem die Ausubung der Arbeit gefahrenfrei erfolgen kann. Es soll dem Menschen das Bewusstsein einer weitgehenden technischen und sozialen Absicherung bei der Ausubung seines Berufes gegeben werden. Diese Zielstel- lungen folgen in erster Linie aus dem sozialpolitischen Konzept der Gesellschaft [5, S. 45].

Weitere, aus der Notwendigkeit des Arbeitsschutzes abgeleitete, Zielstellungen

sind:

- Kontinuitat der Wertschopfungskette (Vermeidung von Storungen im Pro- duktionsablauf),
- Verringerung der durch Arbeitsunfalle entstehenden Belastung der Volks- wirtschaft und
- Erhohung des unternehmerischen Gewinnes durch Arbeitssicherheit.

Zum Erreichen der dieser Ziele muss das Arbeitssystem die folgenden Zieleigen-

schaften besitzen [4, S. 27 ff.]:

1. Gefahrenbewusstsein (Information des Menschen uber Gefahren, z. B durch Ausbildung)
2. Sicherheitsbewusstsein (Motivation zu sicherheitsgerechtem Verhalten, bspw. durch Pramiensystem)
3. Eignung (zu sicherheitsgerechtem Verhalten, z. B. durch Training und Aus­bildung)
4. sicherheitsgerechte personliche Arbeitsumwelt (z. B. durch entsprechende Organisation)
5. Funktionssicherheit (der Arbeitsgegenstande und -mittel)
6. Gestaltungssicherheit (der Arbeitsgegenstande und -mittel, z. B. durch An- passung an die menschlichen Fahigkeiten)
7. sicherheitsgerechte auGerbetriebliche Arbeitsumwelt (z. B. durch Vermei­dung von Staubemissionen)
8. sicherheitsgerechte gegenstandliche Arbeitsumwelt (z. B. durch ausrei- chende Beleuchtung)
9. Verringerung der Unfallfolgen (z. B. durch Erste-Hilfe-Einrichtungen)

2.4 Felder des Arbeitsschutzes

Aus den Zielstellungen im Arbeitsschutz ergibt sich eine Vielzahl von Aufgaben. Die traditionellen Aufgaben im Arbeitsschutz sind:

- der Schutz des Lebens und der Gesundheit der arbeitenden Menschen,
- die Erhaltung der Arbeitskraft und
- die menschengerechte Gestaltung der Arbeit.

Der Arbeitsschutz umfasst ferner Regelungen zur Arbeitszeit, zum Jugendschutz und zum Schutz werdender Mutter sowie anderer Personengruppen [5].

Der moderne Arbeitsschutz in Deutschland geht uber eine reine Gefahrenabwehr hinaus 5, S. 45]. Zunehmend gewinnt auch die umfassende Prevention an Bedeu- tung. Dazu gehoren [6, S. 13 ff.]:

- vorausschauender Schutz vor Unfallen, Berufkrankheiten und sonstigen ar- beitsbedingten Erkrankungen,
- die gezielte Forderung der Gesundheit und
- die Erhohung der Leistungsbereitschaft, der Leistungsfahigkeit und der Kompetenz der Beschaftigten in Bezug auf den Arbeitsschutz.

Es wird zwischen technischem, sozialem und medizinischem Arbeitsschutz unter- schieden (sachliche Betrachtungsweise). Die Aufgaben der einzelnen Arbeits- schutzfelder sind [5, S. 45]:

- technischer Arbeitschutz:

Schutz vor Verletzungen, Erkrankungen sowie Humanisierung der Arbeit durch uberwiegend technische und organisatorische MaGnahmen,

- sozialer Arbeitschutz:

Unfallversicherung, Arbeitszeitschutz, Schutz bestimmter Personengrup- pen,

- medizinischer Arbeitsschutz:

Schutz vor negativen Auswirkungen durch den Arbeitsablauf oder die Ar- beitsumgebung auf die Gesundheit oder das Wohlbefinden der Arbeitneh- mer durch Prophylaxe und Heilbehandlung, Vorgabe arbeitsmedizinischer Normen, Beurteilung und Beeinflussung der Arbeitssicherheit im Betrieb durch vorwiegend arbeitshygienische MaGnahmen.

Aus diesen Aufgaben ergeben sich eine Vielzahl von ArbeitsschutzmaGnahmen, die sich inhaltliche in die Sachgebiete

- Arbeitsstatten und Betriebshygiene,
- Maschinen, Gerate und technische Anlagen,
- Gefahrstoffe,
- Arbeitszeitregelungen,
- Schutz bestimmter Personengruppen,
- Arbeitsschutzorganisation im Betrieb und
- Arbeitsmedizinische Vorsorge gliedern.[5, S. 45].

Da die einzelnen Sachgebiete sich teilweise uber mehrere Felder erstrecken, ist eine eindeutige Zuordnung in diese Felder nicht moglich.

2.5 Trager des Arbeitsschutzes

Der deutsche Arbeitsschutz ist historisch gewachsen und stark zergliedert. Die vorhandene Unubersichtlichkeit beruht zum einen auf dem Foderalismus in Deutschland und zum anderen auf dem dualen System im Arbeitsschutz.

Der Arbeitsschutz untergliedert sich in den staatlichen Arbeitsschutz der Bundes- republik Deutschland und den selbstverwalteten (autonomen) Arbeitsschutz der Unfallversicherungstrager (formelle Betrachtungsweise). Abbildung 2-1 zeigt die, als duales System im Arbeitsschutz bezeichnete, Teilung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2-1 Arbeitsschutzsystem der Bundesrepublik Deutschland [2, S. 16]

Der staatliche Arbeitsschutz beschaftigt sich vor allem mit der Rechtsetzung und der Uberwachung der daraus resultierenden Aufgaben. Auf Grund des foderalisti- schen Systems kann die Gesetzgebung sowohl auf Bundes- als auch auf Lander- ebene erfolgen. Da es sich beim Arbeitsschutzrecht um bundeseinheitliche Geset- ze handelt, obliegt die Gesetzgebungsbefugnis dem Bund. Die Bundeslander fuh- ren die Arbeitsschutzgesetze aus und uberwachen deren Einhaltung. Die Uberwa­chung erfolgt durch die Arbeitsschutzaufsicht (Gewerbeaufsichtsamt, Amt fur Ar- beitsschutz) der einzelnen Bundeslander[7].

Die Aufgabe der Unfallversicherungstrager ist unter anderem die Verhutung von Arbeitsunfallen, Berufserkrankungen und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren mit geeigneten Mitteln. Daneben gewahrleisten sie auch Versicherungsschutz [8].

Zu den Unfallversicherungstragern gehoren die Berufgenossenschaften und die Unfallversicherungstrager der offentlichen Hand. Beide unterhalten technische Aufsichtsdienste zur Uberwachung der ArbeitsschutzmaGnahmen.

Alle Uhternehmen, Betriebe und Verwaltungen sind Pflichtmitglieder, so dass jeder Arbeitnehmer Versicherungsschutz bei Arbeitsunfallen und Berufskrankheiten g9- nieGt.

3 Rechtsverordnungen und Unfallverhutungsvor­schriften

3.1 Rahmenrichtlinien der Europaischen Union

Der Arbeitsschutz wurde innerhalb der Europaischen Union (EU) einzelstaatlich und auf sehr unterschiedlichem Niveau geregelt. Dies veranlasste die EU zur Ver- abschiedung einer Rahmenrichtlinie mit Mindestvorschriften zum Schutz der Be- schaftigten. In Folge dieser Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 uber die Durchfuhrung von Maftnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes dbr Arbeitnehmer bei der Arbeit wurden bis zum heutigen Tag 15 Einzelrichtlinien erlassen. Diese beschaftigen sich u. a. mit Anforderungen an Arbeitsstatten, der Nutzung von Arbeitsmitteln und personlichen Schutzausrus- tungen [9, 10].

EU-Baustellenrichtlinie

Als achte Einzelrichtlinie in Sinne der o. g. Rahmenrichtlinie wurde die Richtlinie 92/57/EWG des Rates vom 24. Juni 1992 uber die auf zeitlich begrenzte oder ortsveranderliche Baustellen anzuwendenden Mindestvorschriften fur die Sicher­heit und den Gesundheitsschutz (EU-Baustellenrichtlinie) erlassen. Sie stellt die grundlegendste Vorschrift fur das Baugewerbe dar. Unbeschadet der in der EU- Baustellenrichtlinie enthaltenen strengeren bzw. spezifischeren Bestimmungen gilt die Richtlinie 89/391/EWG in vollem Umfang [11, Artikel 1 Absatz 3].

Die EU-Baustellenrichtlinie hat die wesentliche Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes auf Baustellen zum Ziel. Die wichtigsten Regelungen sind [12]:

- die Bestellung eines Koordinators, wenn mehrere Arbeitnehmer auf der Baustelle tatig werden,
- die Erarbeitung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes bei groGe- ren Baustellen und bei besonders gefahrlichen Arbeiten und
- die Ankundigung groGere Baustellen bei der Behorde.

Weitere Einzelrichtlinien

Weitere, fur den Arbeits- und Gesundheitsschutz auf Baustellen bedeutende Ein­zelrichtlinien der Rahmenrichtlinie 89/391/EWG sind:

- Richtlinie 89/654/EWG des Rates vom 30. November 1989 uber Mindest- vorschriften fur Sicherheit und Gesundheitsschutz in Arbeitsstatten (erste Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG),
- Richtlinie 2001/45/EG des Europaischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 zur Anderung der Richtlinie 89/655/EWG des Rates uber Mindestvorschriften fur Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Benutzung von Arbeitsmitteln durch Arbeitnehmer bei der Arbeit (zweite Einzelrichtli­nie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG) und
- Richtlinie 89/656/EWG des Rates vom 30. November 1989 uber Mindest­vorschriften fur Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Benutzung personli- cher Schutzausrustungen durch Arbeitnehmer bei der Arbeit (dritte Einzel- richtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG).

Umsetzung der EU-Richtlinien

Die Mitgliedsstaaten der Europaischen Union sind verpflichtet, nationale Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, um den Anforderungen aus der Rah­menrichtlinie 89/391/EWG nachzukommen. Die Verpflichtung ergibt sich aus Arti- kel 18 Absatz 1 der EU-Rahmenrichtlinie 89/391/EWG, gestutzt auf den Vertrag zur Grundung der Europaischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere Artikel 118a (neu: Artikel 137). Bestehende oder kunftige nationale und gemeinschaftli- che Bestimmungen, die fur die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeit­nehmer am Arbeitsplatz gunstiger sind, bleiben davon unberuhrt [13, Artikel 1 Ab­satz 3].

Die Umsetzung der EU-Einzelrichtlinien zur Rahmenrichtlinie 89/391/EWG ist in Tabelle 3-1 dargestellt [10]:

Tabelle 3-1 Umsetzung der EU-Richtlinien

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

3.2 Basisgesetze

Die Grundlage aller Arbeitsschutzvorschriften stellt das Grundgesetz dar. Artikel 2 des Grundgesetzes sichert fur jeden Menschen das Recht auf korperliche Unver- sehrtheit.

Weitergehende Gesetze, die Bezug auf den Arbeitsschutz nehmen, sind [7]:

- Burgerliches Gesetzbuch

§ 618 BGB: Pflicht von Dienstberechtigten zu SchutzmaGnahmen

- Handelsgesetzbuch

§ 62 HGB: Fursorgepflicht des Prinzipals als Arbeitgeber

- Gewerbeordnung

§ 120 GewO: Verpflichtung des Gewerbeunternehmer zur Betriebssicher- heit

Das Sozialgesetzbuch ist die Rechtsgrundlage der Trager des selbstverwalteten Arbeitsschutzes; Handlungsgrundlage der Berufsgenossenschaften ist das SGB VII (Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz) [7].

3.3 Arbeitschutzgesetze

Gesetze und Vorschriften, die sich speziell mit dem Arbeitsschutz beschaftigen, sind [5, S. 51]:

- das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG),
- das Arbeitssicherheitsgesetz (AsiG),
- die Arbeitsstattenverordnung (ArbStattV) und
- die Arbeitsstattenrichtlinien (ASR).

Sie dienen der Verbesserung der Arbeitsbedingungen, der Verhutung von Arbeits- unfallen und Berufskrankheiten sowie der Einschrankung von arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren.

Arbeitsschutzgesetz

Das Arbeitsschutzgesetz ist die grundlegende Arbeitsschutzvorschrift. Es ist die Umsetzung der EG-Richtlinien 89/391/EWG und 91/383/EWG. Dieses Gesetz dient der Sicherung und Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschut- zes der Beschaftigten bei der Arbeit durch MaGnahmen des Arbeitsschutzes. Es gilt in allen Tatigkeitsbereichen [14, § 1].

Die grundlegenden Aussagen des Arbeitsschutzgesetzes sind [15]:

- Die grundsatzliche Verantwortung fur den betrieblichen Arbeitsschutz tragt der Unternehmer. Er muss fur die geeignete Organisation des Arbeits­schutzes sorgen und die erforderlichen Mittel bereitstellen. Dienststellen der offentlichen Verwaltung sind den Betrieben gleichgesetzt.
- Die ArbeitsschutzmaGnahmen umfassen neben der Verhutung von Arbeitsunfallen und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren auch MaGnahmen zur menschengerechten Gestaltung der Arbeit.
- Der Arbeitgeber muss die Gesundheitsgefahren bei der Arbeit beurteilen und die danach erforderlichen GesundheitsschutzmaGnahmen ergreifen. Sie sind auf ihre Wirksamkeit zu uberprufen und an neue Erkenntnisse und Entwicklungen anzupassen. Die entsprechenden Bestrebungen sind in ge- eigneter Weise zu dokumentieren. Kleinbetriebe mit weniger als 10 Be­schaftigten sind von der Dokumentationspflicht ausgeschlossen, sofern in anderen Rechtsvorschriften nichts Gegenteiliges bestimmt ist.

Weitere Eckpunkte sind [15]:

- Fur besondere Gefahren sind besondere SchutzmaGnahmen zu ergreifen. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, Vorkehrungen zur Ersten Hilfe, Barndbe- kampfung und Evakuierung zu treffen.
- Der Arbeitgeber kooperiert mit den Beschaftigten, den Personal- oder Be- triebsrat und den betrieblichen und/oder auGerbetrieblichen Sicherheits- fachkraften. Die Arbeitnehmer sind uber die Gefahren und SchutzmaGnah­men zu unterrichten, in Schutzvorkehrungen am Arbeitsplatz einzuweisen und in Fragen des Arbeitsschutzes anzuhoren.
- Beschaftigte mussen aktiv am Arbeitsschutz mitarbeiten. Dazu gehoren die ordnungsgemaGe Bedienung von Geraten, die Benutzung der personlichen Schutzausrustung und daruber hinaus auch die unverzugliche Meldung er- kannter Gefahren.
- In Abhangigkeit von moglichen Gesundheitsgefahren erhalten die Arbeit- nehmer ein Recht auf arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen.

Das Arbeitsschutzgesetz ist Grundlage fur zahlreiche Gesetze und Vorschriften. Sie konkretisieren die Thematik und gehen auf die speziellen Belange und Beson- derheiten hinsichtlich des Arbeitsschutzes in den einzelnen Branchen ein.

Baustellenverordnung

Die wichtigste Rechtsvorschrift speziell fur das Baugewerbe ist die Verordnung uber Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen (Baustellenverordnung). Sie ist die Umsetzung der EU-Baustellenrichtlinie und beruht auf § 19 des Arbeits- schutzgesetzes [16].

Aus Umsetzung der EU-Baustellenrichtlinie ergeben sich aus der Baustellen­verordnung als Erganzung zum deutschen Arbeitsschutzgesetz folgende Pflichten fur den Bauherrn [16]:

- Berucksichtigung der allgemeinen Grundsatze nach § 4 Arbeitsschutzge­setz bei der Planung und Ausfuhrung des Bauvorhabens,
- Ankundigung des Vorhabens bei der Behorde im Fall groGerer Baustellen,
- Bestellung eines Koordinators, wenn mehrere Arbeitgeber auf der Baustelle tatig werden,
- Erarbeitung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplanes bei groGeren Baustellen und/oder bei besonders gefahrlichen Arbeiten und
- Zusammenstellung einer Unterlage fur spatere Arbeiten an der baulichen Anlage.

Der Bauherr kann die genannten Pflichten selbst wahrnehmen oder sie einem Drit- ten, beispielsweise dem Bauleiter, ubertragen. Die Verantwortung der am Bau be- teiligten Unternehmer fur den Arbeitsschutz ihrer Beschaftigten bleibt davon unbe- ruhrt.

Der nach der Baustellenverordnung zu bestellende Koordinator hat die Pflichten [16]:

- die allgemeinen Grundsatze des Arbeitsschutzes bereits in der Planungs- phase zu berucksichtigen und zu koordinieren,
- den SiGe-Plan auszuarbeiten oder ausarbeiten zu lassen,
- eine Unterlage mit allen erforderlichen, auch bei moglichen spateren Arbei- ten zu berucksichtigenden Aufgaben zu Sicherheit und Gesundheitsschutz zusammenzustellen,
- die Anwendung der allgemeinen Grundsatze des Arbeitsschutzgesetzes nach § 4 zu koordinieren,
- darauf zu achten, dass der Arbeitgeber und die Arbeitnehmer ihren Pflich­ten nach der Baustellenverordnung nachkommen,
- die Zusammenarbeit mehrer Arbeitnehmer hinsichtlich des Arbeitsschutzes zu koordinieren und
- die ordnungsgemaGe Anwendung der Arbeitsverfahren zu uberwachen.

Die Baustellenverordnung konkretisiert auch die Pflichten der Arbeitgeber. Sie ha- ben nach § 5 der Baustellenverordnung alle erforderlichen MaGnahmen des Ar­beitsschutzes zu treffen, insbesondere [16]:

- Instandhaltung der Arbeitsmittel
- Vorkehrungen zur sicheren Lagerung und Entsorgung der Arbeitsstoffe, ins­besondere der Gefahrstoffe,
- Anpassung der Ausfuhrungszeiten fur die Arbeiten unter Berucksichtigung der Gegebenheiten der Baustelle und
- Berucksichtigung von anderen Tatigkeiten in der Nahe der Baustelle. AuGerdem mussen sie verhindern, dass sich die Tatigkeiten ihres Unternehmens negativ auf die Arbeitssicherheit anderer am Bau Beteiligter auswirkt.

Der SiGe-Plan und die Hinweise des Koordinators sind zu berucksichtigen. Die Beschaftigten sind in verstandlicher Form und Sprache uber die sie betreffenden SicherheitsmaGnahmen durch den Arbeitgeber oder seinen Bevollmachtigten zu informieren.

Die Baustellenverordnung entbindet den Arbeitnehmer nicht von seinen Pflichten, die sich aus dem Arbeitsschutzgesetz ergeben.

Weitere Arbeitsschutzgesetze und -verordnungen

Speziell fur das Baugewerbe sind weitere Gesetze und Verordnungen von Bedeu- tung:

- Arbeitssicherheitsgesetz
- Geratesicherheitsgesetz
- Bundes-Immissionsschutzgesetz
- Lasthandhabungsverordnung
- PSA-Benutzungsverordnung
- Arbeitsstattenverordnung

3.4 Vorschriften der Unfallverhutungstrager

Die Trager des selbstverwalteten Arbeitsschutzes, also die Berufsgenossenschaf- ten und anderen Unfallversicherungstrager, erlassen auf Grundlage des Sozialge- setzbuches Unfallverhutungsvorschriften (UVV) [7]. Diese umfassen neben allge- meinen Vorschriften u. a. Vorschriften zu [17]:

- Anlagen und Betriebsmitteln,
- Arbeitsmedizinischer Vorsorge und Erster Hilfe,
- Umgang mit Gefahrstoffen und
- Arbeitsverfahren.

Die Einhaltung der Vorschriften wird durch die Technischen Aufsichtsdienste (TAD) uberwacht.

Wichtige Unfallverhutungsvorschriften fur das Baugewerbe sind beispielsweise:

- VBG 5 „Kranbetriebene Arbeitsmittel"
- BGV D1 „SchweiR>en, Schneiden und verwandte Verfahren"
- BGV C22 „Bauarbeiten"
- VBG 40 „Bagger, Lader, Planiergerate, Schurfgerate und Spezialmaschinen des Erdbaues".

Die Unfallverhutungsvorschriften werden durch zahlreiche Richtlinien, Regeln fur Sicherheit und Gesundheitsschutz (BG-Regeln), Merkblatter und arbeitsplatzbe- zogene Schriften erganzt[18]. Fur das Baugewebe von Interesse sind u. a.:

- die Regeln zum Arbeitsschutz auf Baustellen (RAB),
- die BG-Regeln 189 bis 199 (Schutzausrustungen) und
- die „Bausteine“.

Diese Hilfestellungen erleichtern die praktische Umsetzung des Arbeits- und Ge- sundheitsschutzes in den Betrieben.

3.5 Normen und Regeln

Zur Anpassung der starren Rechtvorschriften an die Entwicklung der Technik, gibt es vorschriftenahnliche Regelwerke unterhalb der Rechtsvorschriften. Dazu zah- len [5, S. 52]:

- technische Regeln und Richtlinien,
- gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse,
- sicherheitstechnische Normen und
- Generalklauseln.

Durch die anerkannten Regeln der Technik, der Hygiene und der Arbeitsmedizin sowie den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen werden die Ein- zelheiten der Rechtsvorschriften geregelt.

Die durch das Bundesministerium fur Arbeit und Sozialordnung herausgegebenen, technischen Regeln und Richtlinien enthalten anerkannte Regeln der Technik, der Hygiene und der Arbeitsmedizin. Diese beziehen sich beispielsweise auf die Ar- beitsstatten- oder Gefahrstoffverordnung.

Die gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnisse haben lediglich einen empfehlenden Charakter und dienen der Ausfullung der Rechtsvorschriften.

Sicherheitstechnischen Normen werden von den bestehenden Normenorganisati- onen in der Bundesrepublik Deutschland herausgegeben. Sie enthalten die allge- mein anerkannten Regeln der Technik.

[...]

Ende der Leseprobe aus 81 Seiten

Details

Titel
Arbeitsschutzmanagement in kleinen und mittleren Bauunternehmen
Hochschule
Bauhaus-Universität Weimar  (Lehrstuhl Baubetrieb)
Note
1,7
Autor
Jahr
2002
Seiten
81
Katalognummer
V8482
ISBN (eBook)
9783638154390
ISBN (Buch)
9783668148161
Dateigröße
693 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Bei der Arbeit handelt es sich um eine Studienarbeit. Eine Studienarbeit vom Anspruch ähnlich wie die eigentliche Diplomarbeit, jedoch ist die Bearbeitungsdauer kürzer.
Schlagworte
Arbeitsschutz
Arbeit zitieren
Julia Katharina Voigtmann (Autor:in), 2002, Arbeitsschutzmanagement in kleinen und mittleren Bauunternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/8482

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