Zur Bedeutung der Parameter von Sehfunktionsstörungen

Vorüberlegungen zur Entwicklung einer elektronischen »Low-Vision-Brille«


Examensarbeit, 2004

97 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Einleitung

1 Pädagogische Aspekte
1.1 Die Aufgabe der Sehgeschädigtenpädagogik hinsichtlich technischer Rehabilitationshilfen
1.2 Elektronische Hilfen für Sehbehinderte als optisch-physiologische Kompensationsmaßnahmen
1.3 Visuelle Wahrnehmung
1.3.1 Der visuelle Wahrnehmungsprozess bei unbeeinträchtigten Sehfunktionen und bei Sehbehinderung
1.3.2 Ableitungen für die Notwendigkeit einer elektronischen Low-Vision-Brille
1.4 Grundlegende Aspekte von Sehschädigung

2 Optometrische, medizinische und funktionale Aspekte – Sechs Sehfunktionsstörungen
2.1 Verminderte Sehschärfe
2.1.1 Über die Sehschärfe
2.1.2 Ophthalmologische Faktoren
2.1.3 Funktionale Auswirkungen
2.1.4 Sehschärfeparameter
2.2 Eingeschränktes Gesichtsfeld
2.2.1 Über das Gesichtsfeld
2.2.2 Ophthalmologische Faktoren
2.2.3 Funktionale Auswirkungen
2.2.4 Gesichtsfeldparameter
2.3 Verminderte Kontrastempfindlichkeit
2.3.1 Über den Kontrast und die Kontrastempfindlichkeit
2.3.2 Ophthalmologische Faktoren
2.3.3 Funktionale Auswirkungen
2.3.4 Kontrastparameter
2.4 Farbsinnstörung
2.4.1 Über Störungen des Farbsinns
2.4.2 Ophthalmologische Faktoren
2.4.3 Funktionale Auswirkungen
2.4.4 Parameter des Farbsinns
2.5 Erhöhte Lichtbedürftigkeit
2.5.1 Über das Licht und die Lichtbedürftigkeit
2.5.2 Ophthalmologische Faktoren
2.5.3 Funktionale Auswirkungen
2.5.4 Beleuchtungsparameter bei Lichtbedürftigkeit
2.6 Blendungsempfindlichkeit
2.6.1 Über die Blendung
2.6.2 Ophthalmologische Faktoren
2.6.3 Funktionale Auswirkungen
2.6.4 Beleuchtungsparameter bei Blendung
2.7 Anmerkungen zu psycho-visuellen Phänomenen

3 Technische Aspekte
3.1 Simulationen von Sehbehinderung als Voraussetzung für die Entwicklung einer elektronischen Brille
3.2 Mögliche Funktionsweisen der geplanten Low-Vision-Brille
3.3 Bereits existierende Elektronikbrillen

Zusammenfassung und Ausblick

Anhang
Eine Auswahl der wichtigsten ‚Gesetze des Sehens’
Quellenverzeichnis
Fußnoten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Behinderungsaspekte bei Retinopathia solaris

Abb. 2: Klassifikation von Sehschädigung

Abb. 3: Die Adaptationsfähigkeit des Auges

Abb. 4: Das beidseitige Gesichtsfeld

Abb. 5: Einteilung des 20°-Gesichtsfeldes in vier Sektoren

Abb. 6: Das Farbengesichtsfeld des rechten Auges

Abb. 7: Die Erprobung der Eye-Link-Anlage an der Humboldt-Universität

Abb. 8: Virtual Retinal Displays

Abb. 9: Sichtbeispiel eines Virtual Retinal Displays

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Brechkraft des Auges

Tab. 2 (a, b, c): Konzentrische Gesichtsfeldeinengungen

Tab. 3: Auswahl optimaler Kontraste (nach BMGS)

Tab. 4: Empfehlungen für Kontrastwerte bei gestörter LCS

Tab. 5: Ausdehnung des Farbengesichtsfeldes

Tab. 6: Empfehlungen für Farbkombinationen (nach BMGS)

Tab. 7: Nennbeleuchtungsstärken und zugeordnete Sehaufgaben

Tab. 8: Der Blendungsindex

Einleitung

Veränderte Tätigkeitsmerkmale führen in unserer Gesellschaft zunehmend zu erhöhten Sehanforderungen. Aus den unterschiedlichsten soziokulturell bedingten Erfordernissen resultiert heute eine extreme Beanspruchung des visuellen Systems. Das Sehen ist für den Menschen sicherlich der wichtigste Organisator der Wahrnehmung, nahezu 80 % aller Reize laufen über den visuellen Kanal.[i] Diese Tendenz ist in unserem multimedialen Zeitalter steigend, denn man geht von einer quantitativen Zunahme der visuellen Informationen in den letzten hundert Jahren um das 700-fache aus.[ii] Wenn also bereits nichtsehbehinderte Menschen in ihrem Alltag unter einer verstärkten physischen, psychischen und umweltbedingten Belastung des visuellen Systems leiden, muss man sich erst recht die Frage stellen, welche erhöhten objektiven Erfordernisse heutzutage an einen Menschen mit Sehbehinderung gestellt werden? Sehbehinderte Menschen sind in der Regel ständig gefordert, subnormale Seheindrücke via Sehintelligenz auszuwerten.[iii] Sehintelligenz meint hier im weitesten Sinne die Intensivierung der Wahrnehmungstätigkeit (vgl. 1.3 Visuelle Wahrnehmung). Dies ist zumeist mit deutlich erhöhter Anstrengung, Zeitaufwand, Irrtumsrisiken und unter Umständen auch Gefährdungen verbunden. Um diesen erhöhten Alltagsbelastungen entgegenzuwirken, müssen alle Möglichkeiten der Initiierung von Kompensationshilfen ausgeschöpft werden, wozu auch die Entwicklung technischer Rehabilitationshilfen zählt. Eine elektronische Brille für Sehbehinderte müsste folglich so prägnante Bilder liefern, dass diese Anstrengung, nämlich die psychische Kompensation, minimiert wird. Mein Anliegen in der vorliegenden Arbeit ist es, durch Vorüberlegungen unter Berücksichtigung pädagogischer, augenoptisch-medizinischer und technischer Aspekte ein Verfahren anzuregen, das in verschiedener Weise den Möglichkeiten von optischen Sehhilfen überlegen ist: Eine so genannte elektronische Low-Vision-Brille, die sich im Wesentlichen aus den drei Grundeinheiten Kamera, Verrechnungseinheit und Display konstituieren würde, soll umschriebene Sehfunktionsstörungen so effizient wie möglich ausgleichen. Der Begriff ‚Low Vision’ ist als Terminus technicus mittlerweile sehr verbreitet und meint damit den Personenkreis, den man gemeinhin als Menschen mit Sehbehinderung bezeichnet. Bedeutsam ist hierbei, dass das Suffix ‚Behinderung’ vermieden wird. „Im Gegensatz zum deutschsprachigen Begriff ‚Sehbehinderung’ wird offen gelassen, ob eine herabgesetzte visuelle Leistungsfähigkeit (‚Low Vision’) zu einer (generellen) Behinderung (‚Handicap’) führt oder nicht.“[iv]

Die Entwicklung derartig neuer elektronischer Hilfen ist aller Wahrscheinlichkeit nach aus Sicht Sehbehinderter sehr zu begrüßen, da die technischen Möglichkeiten der Kompensation von Sehbehinderungen bis heute insgesamt eher gering sind. Epidemiologische Daten legitimieren die Notwendigkeit einer elektronischen Brille zusätzlich: Laut der World Health Organization (WHO) gelten etwa 140 Millionen Menschen weltweit als sehbehindert.[v] Vielen dieser Low-Vision-People wäre allerdings bei entsprechender medizinischer Versorgung mit relativ geringem Aufwand zu helfen, da sie lediglich an Katarakt oder Refraktionsfehlern leiden. Leider existieren auch in Deutschland keine verlässlichen Daten bezüglich der Auftretenshäufigkeit von Störungen des visuellen Systems. Das Statistische Bundesamt hat für das Jahr 2001 gut 330.000 Menschen mit einer Sehbehinderung erfasst, gibt aber an, dass diese Zahl um den Faktor 3 multipliziert werden müsste, da nur Personen erfasst sind, die einen Schwerbehindertenausweis beantragt haben.[vi] Die Dunkelziffer liegt folglich bei etwa 1 Million Menschen. In Anbetracht dieser Daten sollte die Entwicklung einer elektronischen Brille auch unter sozioökonomischen Aspekten gerechtfertigt sein.

Tatsächlich ist die Verwirklichung einer derartigen Low-Vision-Brille an der Ben-Gurion-University in Israel geplant. Der Projektleiter, U. Efron, ein internationaler Experte auf dem Gebiet der elektrooptischen Technologie, wendete sich im Herbst 2003 mit der Bitte um Kooperation an P. Nater, Leiter der Abteilung Blinden- und Sehbehindertenpädagogik an der Humboldt-Universität. Da ich als Tutor in dieser Fachabteilung beschäftigt bin und mir dadurch die wesentlichen Vorhaben dieses Projektes bekannt sind, freue ich mich, dass mir das Prüfungsamt für Lehramtsprüfungen Berlin in Absprache mit Professor Nater dieses Thema gestellt hat und mir somit die Gelegenheit geboten wird, mich intensiver mit dieser Thematik zu befassen. Für die inhaltliche Beratung möchte ich danken:

Hr. Prof. Dr. Paul Nater, Abt. Blinden- und Sehbehindertenpädagogik, HU Berlin

Hr. Prof. Dr. Uzi Efron, Unit of Electrooptics, Ben Gurion University, Beer Sheva

Hr. Prof. Dr. Dieter Methling, Abt. Augenoptik, FH Jena

Hr. Dr. Gerd Schneider, Abt. Rehabilitationstechnik und Informatik, HU Berlin

Hr. v. Handorff, Beratungsstelle für Sehbehinderte, Bezirksamt Mitte von Berlin

Im ersten Teil der vorliegenden Arbeit werde ich mich mit den pädagogischen Gesichtspunkten befassen, die es bei der Entwicklung technischer Rehabilitationshilfen zu berücksichtigen gilt. Dabei werde ich auf die Rolle des Sehgeschädigtenpädagogen innerhalb eines interdisziplinären Teams zur Entwicklung technischer Hilfen eingehen und einige Schwierigkeiten benennen, die sich für ihn ergeben. Da es sich bei der geplanten Low-Vision-Brille um eine Sehhilfe handelt, werde ich notwendigerweise sowohl den ungestörten als auch den gestörten visuellen Wahrnehmungsprozess in seinen Grundzügen skizzieren.

Im Hauptteil werde ich die sechs häufigsten Sehfunktionsstörungen erarbeiten, die durch die geplante ‚Brille’ ausgeglichen werden sollen. Hier werden in erster Linie optometrische und ophthalmologische Aspekte beleuchtet. Das besondere Augenmerk liegt jeweils im vierten Subkapitel auf den Parametern jeder Störung, die für die Entwicklung der geplanten Technologie eine unabdingbare Voraussetzung darstellen.

Der dritte Teil wird sich mit den technischen Aspekten einer elektronischen Low-Vision-Brille befassen. Dieser Teil soll lediglich einen groben Überblick über realisierbare Funktionsweisen und mögliche technische Daten verschaffen, da die technische Realisierung Informatikern und Ingeneuren überlassen bleiben soll. Damit möchte ich der Überschreitung fachlicher Kompetenzen vorbeugen. Im Zusammenhang mit Simulationen von Low Vision als notwendige Voraussetzung für die Entwicklung einer geeigneten Software möchte ich hingegen wieder etwas ausführlicher werden, weil sie wieder unmittelbarer Gegenstand der Sehgeschädigtenpädagogik ist.

Auch wenn diese drei Großkapitel relativ autark für sich stehen, ist es von Vorteil, diese Arbeit chronologisch zu lesen, da die pädagogischen, optometrischen und technischen Aspekte aufeinander aufbauen und ggf. an entsprechenden Stellen auch Rückverweisungen erfolgen. Auf die jeweiligen Parameter, die für die Planung einer elektronischen Brille von besonderer Relevanz sind, wird zusätzlich überall dort eingegangen, wo es der Zusammenhang erlaubt. Es erfolgt allerdings eine thesenartige Zusammenfassung und nötigenfalls eine Ergänzung in einem gesonderten Kapitel am Schluss.

Im folgenden Text ist jedes Zitat mit Anführungszeichen („…“) gekennzeichnet. Wenn ein Text zitiert wird, der selbst doppelte Anführungszeichen enthält, werden diese mit einfachen Anführungszeichen (‚…’) wiedergegeben. Längere Zitate setzen sich der Übersichtlichkeit halber vom Text ab, indem sie eingerückt und in einem kleineren Schriftgrad wiedergegeben werden. Auf Anführungszeichen wird hierbei verzichtet. Verwendete Termini, die von Prof. Dr. Paul Nater geprägt wurden und in den Lehrveranstaltungen im Laufe meines Studiums gefallen sind, werden kursiv ohne Angabe einer Quelle dargestellt, da ich sie aus keiner bestimmten Schrift, sondern unmittelbar aus der mündlichen Lehre heraus zitiere. Einfache Anführungszeichen im fortlaufenden Text kennzeichnen Hervorhebungen oder Fachtermini; sie sind von durch doppelte Anführungszeichen gekennzeichnete Textpassagen zu unterscheiden, da diese stets Zitate ausweisen.

Ich habe mich für die klare und serifenlose Schriftart ‚Arial’ entschieden, deren ausreichend großen Zwischenräume und die mittlere Strichstärke die Erkennbarkeit erleichtern. Dies hat sich bei der Vergrößerung für Sehbehinderte von Vorteil erwiesen.

Für die ausschließlich gebrauchte männliche Anrede bitte ich um Verständnis. Die männlichen Bezeichnungen dienen der Lese- und Schreiberleichterung und sind nicht geschlechtsspezifisch aufzufassen.

1. Pädagogische Aspekte

1.1 Die Aufgabe der Sehgeschädigtenpädagogik hinsichtlich technischer Rehabilitationshilfen

In dieser Arbeit wird in erster Linie das Ziel verfolgt, die verschiedenen Parameter von umschriebenen Sehfunktionsstörungen zusammenzutragen. Neben diesen optometrischen und medizinischen Aspekten sollen aber auch pädagogische Gesichtspunkte Berücksichtigung finden, doch ergeben sich hierbei einige Schwierigkeiten. Worin sind diese begründet?

Zunächst einmal befindet sich der Sehgeschädigtenpädagoge, wie selbstverständlich generell alle nichtsehgeschädigten Personen auch, in dem Dilemma, sich außerstande zu sehen, die verschiedenen Arten von Sehschädigung vollends nachempfinden zu können. Offensichtlich fällt es einer auf unbeschränkte Visualität bezogenen Person ebenso schwer, genügend Empathie aufzubringen, sich in die Wahrnehmung, aber auch in die Gefühls- und Denkwelt eines Menschen mit Blindheit oder Sehbehinderung vollends hineinversetzen zu können, wie dies umgekehrt auch der Fall ist. So ist es für einen uneingeschränkt Sehenden, dem seine visuellen Konstruktionen selbst nicht bewusst sind, schwer nachvollziehbar, wie eine Wahrnehmung und damit eine Auseinadersetzung mit der Umwelt mit einem vollkommen anderen Sehvermögen erfolgen kann. Hieraus resultiert die Problematik, nahezu alle denkbaren (psycho-visuellen) Parameter einer Sehfunktionsstörung konstitutiv zu erfassen und verweist gleichzeitig auf die grundlegendere Schwierigkeit der Sehgeschädigtenpädagogik, trotz eines eventuell unangemessenen Wissens über die Wahrnehmung bei Sehschädigung, Konzepte für einen Umgang mit Welt bei Blindheit und Sehbehinderung erarbeiten zu sollen.[vii] Dennoch befindet sich die Sehgeschädigtenpädagogik selbstredend in der Pflicht, diesen Dilemmata entgegenzuwirken. Obwohl Menschen ohne Sehschädigung wahrscheinlich nie gänzlich in der Lage sein werden, Blindheit und Sehbehinderung vollends kognitiv, emotional und wahrnehmungspsychologisch zu erfassen, muss weiterhin die pädagogische Maxime gelten, sich der Vorstellung von Sehschädigung so weit wie möglich anzunähern. Bezogen auf die Sehfunktionsstörungen bedeutet dies, beispielsweise auch Low-Vision-Simulationen als Möglichkeit heranzuziehen, um sich wenigstens ein halbwegs authentisches Bild von einer bestimmten Störung machen zu können. In der Fachliteratur wird nicht selten die Meinung vertreten, Simulationen von Low Vision seien grundsätzlich abzulehnen, da hier eben der unmögliche Versuch unternommen wird, Sehschädigung nachzuahmen; somit komme man zu einer inadäquaten Vorstellung von einer Störung, die nicht sinnvoll und deshalb zu mortifizieren sei. Diese Ansicht teile ich nicht. Es existieren zwar durchaus Simulationen, die dem Fachmann als fragwürdig erscheinen müssen, beispielsweise aufgrund einer allzu undifferenzierten und groben Darstellung einer spezifischen Störung, doch ließe man sich bei einer pauschalen Ablehnung solcher Methoden eine wesentliche Chance entgehen, einen besseren Eindruck von den Sehbehinderungen zu erhalten. Ferner sind Sehschädigungssimulationen eine notwendige Voraussetzung für die Entwicklung technisch-rehabilitatorischer Sehhilfen, wie ich im weiteren Verlauf aufzeigen werde. Diesen Zugang muss sich der Blinden- und Sehbehindertenpädagoge zu Nutzen machen, um sich der sehgeschädigten Perspektive möglichst weit annähern zu können. Dieses Bestreben impliziert auch die Erlangung des Verständnisses vom dialogischen Verhältnis, in dem sich das menschliche Individuum zur Welt befindet: Jeder Mensch, so auch der blinde oder sehbehinderte, ist primär aus seinem allgemeinen Menschsein heraus zu verstehen. Er ist ein sich entwickelndes und nach Selbstbestimmung strebendes Wesen mit intentionaler Gerichtetheit:

Er [der Mensch (Ergänzung von mir; Th. Sch.)] wird von der Welt angesprochen; er besitzt von Anfang an Anlagen und erwirbt zunehmend Fähigkeiten zur Erschließung von Welt. Indem der Mensch Welt erschließt, entwickelt er sich selbst. Der Mensch gibt seiner Welt seine Bedeutung. Der Mensch „konstruiert“ seine Welt. (Nater 2001, 4)

Da jedes sehgeschädigte Kind - gleichermaßen wie jedes nichtsehgeschädigte Kind - als erziehbar und erziehungsbedürftig gelten muss, erhält die Sehgeschädigtenpädagogik im Sinne einer Modifikationspädagogik ihren Sinn und wird nicht nur legitimiert, sondern auch im hohen Maße notwendig. Das Wissen um die Regelpädagogik und das Verständnis der ‚nicht-behinderten’ Persönlichkeit dient als Schichtmodell für die - modifizierte - Sonderpädagogik.* Die Regelpädagogik schafft das notwendige theoretische Vorverständnis und beugt einer defektorientierten Perspektivenverengung vor. „Sehschädigung hat unter grundsätzlichem Aspekt nur modifizierende Auswirkung“, konstatiert NATER.[viii] Unter Rehabilitationspädagogen ist es Konsens geworden, sich gegen eine defizitäre Orientierung zu wenden und stattdessen für eine sonderpädagogische Fokussierung des spezifischen Aspekts zu plädieren. Dies bedeutet beispielsweise, eine bestimmte Sehfunktionsstörung nicht mehr als Sehbehinderung, sondern als „spezifische Sehbedingung“[ix] zu verstehen.

Durch all dies wird in der Sehgeschädigtenpädagogik der Versuch unternommen, die gewonnene Vorstellung von Blindheit oder Sehbehinderung möglichst objektiv, passend und konsensfähig zu gestalten, um darauf aufbauend Adaptationshilfen zu entwickeln. Der Anspruch der Sehgeschädigtenpädagogik ist es, „die Erziehungs- und Bildungsziele des regelpädagogischen Bereichs möglichst ohne Einschränkungen zu erreichen und hierzu bedarf es Maßnahmen zum Ausgleich und zur Aufhebung von Sehschädigungsfolgen“.[x] Insbesondere das Konstrukt der Kompensation von Sehschädigungsfolgen von NATER veranschaulicht mannigfache Kompensationshilfen auf den verschiedenen Persönlichkeitsebenen für Menschen mit Blindheit und Sehbehinderung.

Trotz der berechtigten Vermeidung des Defizitbegriffs in der Sehgeschädigten-pädagogik darf die offensichtliche Erschwerung des „Lebens und Lernens“[xi] eines jeden blinden sowie eines jeden sehbehinderten Menschen nicht diskreditiert werden. Da heute durch die Entwicklung technischer Hilfen ein hohes Maß an Adaptation erfolgen kann, muss als Voraussetzung die Erfassung möglichst exakter Parameter einer jeden Sehfunktionsstörung ins Zentrum des Interesses rücken. Da dies im Sinne einer ganzheitlichen Wissenschaftsauffassung aber nicht allein unter augenmedizinischfunktionellen und optometrischen Aspekten geschehen darf, ist es die Aufgabe der Sehgeschädigtenpädagogik, deren Interdisziplinarität zu berücksichtigen. Es müssen sowohl die pädagogischfunktionalen als nach Möglichkeit auch die psychisch-visuellen Faktoren jeder Sehfunktionsstörung entwickelt werden. „Diese … Parameter gewinnen ihre eigentliche Bedeutung … erst auf den funktionalen Ebenen … .“[xii] Funktionalität meint nicht mehr nur die einfache Reaktion auf sinnfreie Reizmuster, sondern zielt darüber hinaus auf Sehleistungen „im Dienste komplexer lebensbedeutsamer Handlungen“[xiii] ab. Gelingt es dem Betroffenen folglich nicht, seine Sehfunktionsstörung im ausreichenden Maße zu kompensieren, kommt es zu negativen funktionalen Auswirkungen, den Lebenserschwerungen, die sich in pädagogischen und psycho-sozialen Rehabilitationsprozessen als Erschwerungen des Lernens manifestieren.

1.2 Elektronische Hilfen für Sehbehinderte als optisch-physiologische Kompensationsmaßnahmen

Nicht wenige Menschen haben ein reduziertes Auflösungsvermögen des Auges. Andere müssen mit einem stark eingeschränkten Gesichtsfeld leben. Wieder andere können bestimmte Farbtöne nicht unterscheiden. Nehmen wir an, diese Störungen des Sehens sind so gravierend, gehen folglich auch gemessen an medizinischen und optometrischen Kriterien ins Pathologische, haben all die Betroffenen eines gemeinsam: Sie müssen sich gemäß eigener (subjektiver) Bedürfnisse so zufriedenstellend wie möglich mit ihrer Sehfunktionsstörung arrangieren und das Bestreben ent-wickeln, diese in den verschiedenen Bereichen der Lebensbewältigung - so weit es eben geht - auszugleichen. Bereits diese exemplarisch genannten Beeinträchtigungen des Sehvermögens machen deutlich, dass aus ihnen zweifellos eine - wie auch immer geartete - Lebenserschwerung resultieren kann.

Für BOLDT (zitiert nach ADLER) gehört die Befähigung zu „wertpositiven blindseinsadäquaten Kompensationsformen“ zu den wesentlichen Aufgaben der Sehgeschädigtenpädagogik.[xiv]

Diese Beeinträchtigungen und die aus ihnen resultierenden Erschwerungen können selbstverständlich von einem sehgeschädigten Menschen ohne gravierende kognitive Einschränkungen im hohen Maße psychisch kompensiert werden. Bei gleichzeitiger Lernbehinderung oder geistiger Behinderung wäre dies allerdings nicht mehr im erforderlichen Maße der Fall. Aber auch ohne eine Einschränkung des Intellekts ist ab einer bestimmten Schwere der Sehschädigung eine rein psychische Kompensation nicht mehr hinlänglich möglich. Hier muss zusätzlich mittels physiologischer Kompensation oder Passung ein Ausgleich erfolgen. Der Sehgeschädigtenpädagoge sieht sich in der Pflicht, „situative Hilfen anzubieten und Kompetenzen heranzubilden“[xv], aber auch in der Forschung Voraussetzungen für Hilfen zu schaffen, indem er vor allem die funktionellen Folgen von Sehschädigungen, also Sehfunktionsstörungen, klassifiziert, differenziert und quantifiziert. Physiologische Passung beim Sehen schaffen etwa Größenadaptation des Sehobjekts, aber auch die verschiedensten sehgeschädigtenspezifischen Hilfsmittel wie Brillen, Lupen und elektronische Hilfen, um nur einige zu nennen. Damit diese Hilfen in entsprechender Weise dargeboten werden können - man denke z. B. nur an die Anpassung der Gläserstärke einer Brille - muss die jeweilige Sehstörung möglichst genau diagnostiziert werden. Dies ist nur möglich, wenn die Parameter einer Störung sowohl hinreichend bekannt als auch differenziert genug dargelegt worden sind.

Es sollte deutlich geworden sein, dass jeder Mensch, und zwar nicht nur derjenige mit Behinderung, nur leben kann, wenn ihm ständig Ausgleichsprozesse gelingen. Somit „ist Kompensation nichts Behinderten-spezifisches oder gar Diskriminierendes, sondern ein allgemein-menschliches Prinzip“[xvi]. Dem gemäß wird allen devianten Theoriebildungen entgegengewirkt. Die Ermöglichung von Kompensationsvorgängen durch einen Pädagogen „sind Hilfe zur Selbsthilfe in der konkreten Lebens- und Lernsituation, sie sind ‚special help’ in Anbetracht von ‚special needs’“[xvii].

Wie bereits angefügt wurde, gehören zu dieser speziellen Hilfe im physiologischen Bereich nicht nur Maßnahmen der Objektadaptation, sondern auch die Entwicklung von (technischen) Rehabilitationshilfen. Worin in Bezug auf eine elektronische Low-Vision-Brille die speziellen Bedürfnisse liegen, soll im Verlauf der vorliegenden Arbeit deutlich gemacht werden. Die Entwicklung einer Low-Vision-Brille unter der interdisziplinären Beteiligung von Technikern, Ophthalmologen, Augenoptikern und Sehgeschädigtenpädagogen könnte in diesem Sinne als technisch-rehabilitatorische Antwort auf das Vorliegen von „special needs“ gelten und würde somit das pädagogisch geltende Subsidiaritätsprinzip* erfüllen.

Mittels der Entwicklung einer elektronischen Brille für Menschen mit unterschiedlichen Sehfunktionsstörungen würde nahezu in idealtypischer Weise eine physiologische Passung durch den Experten erfolgen und gleichzeitig die Hilfe zur Selbsthilfe implizieren. Spezielle Bedürfnisse, wie die an eine bessere visuelle Erfassung der Umwelt, würden durch eine spezielle Hilfe, der Spezialbrille, befriedigt werden, was in nächster Konsequenz eine größere Unabhängigkeit des sehbehinderten Menschen von anderen mit sich führen würde und somit Aktivitätsstörungen vermindert. Dies wiederum wäre Voraussetzung für eine verstärkte gesellschaftliche Partizipation. All dies hat positive Auswirkungen auf den funktionellen Aspekt der Sehstörung, womit die Sehfunktionsstörung insbesondere auf funktionaler Ebene eine quantitative Reduktion erfahren würde.

1.3 Visuelle Wahrnehmung

1.3.1 Der visuelle Wahrnehmungsprozess bei unbeeinträchtigten Sehfunktionen und bei Sehbehinderung

Obwohl beeinträchtige Sehfunktionen zu teils gravierenden Lebenserschwerungen führen, determinieren sie „den auf Sinnerfassung und Lebensbedeutung gerichteten Wahrnehmungsprozess“[xviii] nicht ausschließlich. Dieser Sachverhalt soll im folgenden Subkapitel mit der Darstellung des visuellen Wahrnehmungsprozesses deutlich gemacht werden. Dabei folge ich NATERs Dreischritt: Nach dem ersten Schritt, der modellhaften Darstellung der ungestörten visuellen Wahrnehmung, wende ich mich im zweiten Schritt der gestörten und damit erschwerten Wahrnehmung zu, um daraus im dritten Schritt die Notwendigkeit einer Low-Vision-Brille zur Initiierung von Kompensation zu deduzieren.

Der visuelle Wahrnehmungsprozess konstituiert sich aus zwei Phasen. In der vielfältigen wahrnehmungspsychologischen Fachliteratur ist hin und wieder auch von einer Dreiphasigkeit zu lesen, was zumeist auf eine andere hermeneutische Herangehensweise zurückzuführen ist und somit ein anderes Postulat innerhalb der entsprechenden Theoriebildung darstellt. Es handelt sich demnach eher um formale als um inhaltliche Unterschiede. ZIMBARDO spricht z. B. von der „sensorischen Empfindung“, „Wahrnehmung im engeren Sinn“ und „Klassifikation“.[xix] Die Grenzen im Vergleich zu anderen Konzepten sind hierbei fließend. Beispielsweise ließen sich die Phase I und II zusammenfassen oder die Phase III als ein Ineinanderübergehen von Phase II und III postulieren. Trotz differenter Strukturdarstellungen und Begrifflichkeiten herrscht dennoch weitgehende Einigkeit über die zwei grundlegenden Wahrnehmungsphasen: Visuelle Wahrnehmung bedeutet im Wesentlichen Figuration und Identifikation.

Zwischen Figuration und Identifikation lassen sich keine klaren Grenzen ziehen, denn diese Prozesse laufen förmlich automatisch ab, so dass sie in der Alltagssituation ineinander verwoben auftreten. Eine konzeptuelle Unterscheidung ist jedoch notwendig. Auch wenn sich Figuration und Identifikation nicht durch eine rigide Chronologie kennzeichnen lassen, so bleibt doch unbestritten, dass Figurationsleistungen in gewisser Weise die Vorraussetzung für die Identifikation bilden müssen. Das Zusammenspiel von Figuration und Identifikation lässt sich wohl am treffendsten als einen Kausalkreis mit positiver Rückkopplung fassen: Im Zuge der ersten Figuration schießen bereits Deutungshypothesen ein, die zu Teilidentifikationen führen können. Bei zunehmender Erfassung von Einzelmerkmalen, also zusätzlicher Figuration, wird immer weiter verifiziert, bis der Betrachter zu einer haltbaren und damit zufriedenstellenden Hypothese gelangt. Dieser Vorgang kann sich nahezu beliebig oft wiederholen, so dass man in dieser Hinsicht von einer Simultanität von Figuration und (Teil-) Identifikation sprechen kann. Der Betrachter muss physikalische und gestaltliche Merkmale eines Objekts erfassen und ordnen, um zu einer Deutungshypothese zu gelangen, die ihm eine Identifikation erlaubt. Während dieses Vorgangs manifestieren sich wesentliche Merkmale des Sehobjekts (physical distal object) in einem Netzhautbild (retinal proximal image) und werden über die bioelektrische Transduktion* dem Gehirn zugeleitet, wobei in erster Instanz eine nahezu bedeutungsfreie Figuration (cerebral construction without meaning) entsteht.[xx] Es handelt sich hierbei um so genannte Bottom-Up-Prozesse. Dabei muss man sich vergegenwärtigen, dass man nicht die Gegenstände als solche sieht, sondern nur das von ihnen reflektierte Licht. Das proximale Bild stellt ein verkleinertes, seitenverkehrtes und auf dem Kopf stehendes Abbild dar.[xxi] Die Figuration entspricht den physikalischen Reizmustern also nicht völlig, es besteht eine Diskrepanz zum distalen Bild, weil aller Wahrscheinlichkeit nach bereits an der Entstehung des proximalen Bildes psychische Faktoren beteiligt sind.[xxii]

Wahrnehmung im Allgemeinen und Sehen im Besonderen kann daher als kontextahängige Erzeugung von Bedeutung begriffen werden. Alles, was wir sehen, sehen wir als Etwas, als im Unterschied von oder in Verbindung zu, weil ein vorgängiges Wissen bestimmt, was wir sehen. […] Wahrnehmen bedeutet unterscheiden, aber auch Einheiten bilden. Die Ein heiten sind jedoch nicht in der Außenwelt vorgegeben, sondern sind konstruktive Leistungen des Wahrnehmenden. (Walthes 2003, 31)

Nach der Perzeption von wahrgenommenen Einzelmerkmalen wird der Betrachter dazu veranlasst, Deutungshypothesen anzustellen, die daraufhin intern verifiziert werden. Hierbei wird vom Betrachter - zumeist unbewusst - auf Erwartungen, Wissen und Motivation zurückgegriffen. Perzepte resp. relevante Merkmale des Wahrgenommenen werden mit im Gedächtnis gespeicherten Engrammen verglichen (Top-Down-Prozess). Wahrnehmung ist in diesem Sinne nicht ein objektives Abbild von Wirklichkeit, sondern ein subjektiver und konstruktiver Prozess. Die intentionale Gerichtetheit eines jeden Betrachters spielt demnach permanent eine entscheidende Rolle. Ob diese Deutungshypothesen ein ausreichendes Maß an Akzeptabilität besitzen, hängt von der Bewertung durch die Psyche ab: Je mehr korrespondierende Merkmale gefunden werden, desto stärker fällt die assoziative Deutungshypothese aus. Die Akzeptanz im Sinne der ersten Hypothese ist von Mensch zu Mensch verschieden. Vor allem bei psychischen und sozialen Erschwerungen - man denke z. B. an sehbehinderte Menschen mit geistiger Behinderung oder an Menschen mit einem impulsiv-kognitiven Stil - kommt es selbst bei äußerst prägnanten Bildern oft zur Fehlidentifikation, da ungenügend intern verifiziert wurde, was aufgrund mangelnder Reflexion auf ein Verharren bei einer all zu schnell einschießenden „most probable hypothesis“[xxiii] zurückzuführen ist. (Die Identifikation ist nach Auffassung des Probabilismus die wahrscheinlichste Hypothese.[xxiv]) Auch SINGER konstatiert: „Wahrnehmung ist die Überprüfung von Hypothesen.“[xxv] Hypothesen kann nur entwickeln, wer das Material dazu hat. Das Material sind die eigenen Erfahrungen. Gewisse Erfahrungen können bei Sehschädigung schwerer gemacht werden, so dass man davon ausgehen muss, dass bei vielen von Sehbehinderung und Blindheit betroffenen Menschen das Hypothetisieren im wahrnehmungs-psychologischen Sinne zusätzlich erschwert wird.

Kommt man auch bei adäquater Überprüfung seiner Deutungshypothesen zu keinem haltbaren Ergebnis, so gelingt es innerhalb des visuellen Wahrnehmungsprozesses nicht, die wahrgenommenen Einzelmerkmale bzw. „Elementarereignisse“[xxvi] zu einem Ganzen zusammenzufassen. Der Betrachter ist demnach ständig dazu angehalten, letztendlich zu einer bedeutungstragenden Figuration (psychic image with meaning) zu gelangen. Hierbei spielen die „Gesetze des Sehens“[xxvii] eine entscheidende Rolle: Der Mensch ist darin bestrebt, wahrgenommene Einzelmerkmale im Sinne einer „Guten Gestalt“[xxviii] zusammenzufügen, um zu einer objektadäquaten Figuration zu gelangen. Zu diesen „Gesetzen des Sehens“ zählen unter anderen die Gesetze der Gleichheit, der Nähe, der Geschlossenheit und der einfachen Schichtung. Hiernach gliedert sich das visuell Wahrgenommene beispielsweise in helle und dunkle, in nahe und ferne oder in gleiche und ungleiche Flächen. In der Regel verhelfen diese Gesetze dem Betrachter zu einer gegenstandsadäquaten Figuration, können aber im Falle einer Minderprägnanz gegenteilig wirken und zu einer ‚falschen’ Figuration führen. Nach NATER lässt sich dieser Vorgang der Fehlfiguration folgendermaßen erklären:

Die Reizverhältnisse auf der Bildvorlage sind nicht eindeutig genug, um die Gliederungstendenzen der Psyche so greifen zu lassen, daß sie in Richtung der ‚gegenstandsadäquaten’ Figuration strukturieren. Ja, es bilden sich sogar ‚falsche’ Figurationen, die für die Bedeutungsfindung eine Missweisung darstellen. Zur Identifikation kommt es trotz intensiver Bemühungen nicht und zwar deswegen, weil die Reizvorlage nicht über genug auswertbare kritische Hinweisreize verfügt. (Nater 1998, 229)

NATER spricht in Verbindung mit dem Wahrnehmungsprozess auch von „sachadäquater Einstellung“. Ein besonders hohes Maß an sach- und situationsadäquater Einstellung wird dann erreicht, wenn „auf Grund gemachter Erfahrungen und erkannter Gesetzmäßigkeiten zukünftige Wahrnehmungsinhalte vorstellungsmäßig vorweggenommen werden.“[xxix] Man spricht hier von Antizipation als eine besondere Form der Einstellung. In diesem Sinne führt eine adäquate Einstellung also vorrangig zu einer Optimierung und Ökonomisierung des Wahrnehmungsprozesses.

Physiologische Beeinträchtigungen aufgrund von strukturellen Abweichungen des Sehorgans können zu gestörten Figurationsleistungen führen. Dies ist in der Minderprägnanz des wahrgenommenen Objekts begründet. Ein Mensch mit einer bestimmten Sehfunktionsstörung sieht ein entsprechendes distales Objekt entweder unscharf, unvollständig oder anderweitig ‚fehlerhaft’. Für ihn handelt es sich bei dem Wahrgenommenen demnach nicht um eine ungestörte Referenzgestalt, sondern um ein „Gestaltprivativ“[xxx] mit physikalischen und/oder gestaltlichen Mängeln. (METZGER 1966 spricht ähnlich wie RAUSCH von „Privation“.[xxxi]) Sehbehinderung führt unter anderem dazu, dass die Gesetze des Sehens nicht mehr hinreichend zum Tragen kommen. Fehlgliederungen führen zu mangelhafter Figuration und somit zu falschen Deutungshypothesen, was wiederum eine korrekte Identifikation verhindert. Nur durch Kompensationsmaßnahmen kann der Betroffene zu einer ‚richtigen’ Figuration gelangen: Dies kann physikalisch geschehen, indem er Veränderungen unmittelbar am Objekt selbst vornimmt. Er kann auch auf psychischer Ebene intervenieren, sei es bewusst oder unbewusst, indem er beispielsweise Erfahrung heranzieht, also eine situationsadäquate Einstellung entwickelt. Er kann aber auch optisch-physiologisch kompensieren, indem er z. B. Sehstrategien einübt oder Sehhilfen heranzieht.

1.3.2 Ableitungen für die Notwendigkeit einer elektronischen Low-Vision-Brille

Sehhilfen ermöglichen es, dem visuell wahrnehmbaren Objekt mehr Hinweisreize (Cues*) zu verleihen und damit die Figurationsleistungen zu normalisieren. Somit kommt es weniger häufig zu inakzeptablen Deutungshypothesen und zur Minimierung möglicher Perseverationen**.

Mittels einer elektronischen Brille würde im Idealfall eine optimale Abstimmung von Sehanforderungen und Sehvermögen erfolgen. Die Anforderungen resultieren aus den physikalischen und gestaltlichen Anforderungen des distalen Objekts, denen der Mensch mit eingeschränktem Sehvermögen nicht gewachsen ist. Erst durch die Nutzung einer Sehhilfe erfolgt die physiologische Passung. Die entsprechende Sehhilfe optimiert das proximale Bild und somit die gesamte Figuration, herbeigeführt durch die Beseitigung der Minderprägnanz des Wahrgenommenen.

Wünschenswert wäre eine Low-Vision-Brille, die alle häufig auftretenden Sehfunktionsstörungen so weit wie möglich kompensieren könnte. Sie müsste demnach imstande sein, die visuelle Umgebung zu vergrößern bzw. bei Bedarf auch zu verkleinern (z. B. bei Flintenrohrgesichtsfeld). Es müsste eine Anpassung der Leuchtdichte und eine Verstärkung der Kontraste ermöglicht werden. Auch eine verstärkte Farbsättigung und die Reduktion der Bewegungsgeschwindigkeit von Objekten müsste intendiert sein. Grundsätzlich muss bei der Entwicklung einer derartigen Brille berücksichtigt werden, dass sie je nach spezifischer Sehfunktionsstörung für die Dominanz betreffender Gliederungsgesetze oder das Wirken mehrerer Gesetze in die selbe Gliederungsrichtung sorgt.

Indem sich der sehbehinderte Mensch einer derartigen technischen Sehhilfe bedient, greift er also aktiv in die entsprechende Wahrnehmungssituation ein. Die elektronische Brille müsste die gegebenen physikalischen Parameter verrechnen, um dann das Bild - je nach Störung - so zu modifizieren, dass die visuellen Reize an das spezifische Sehvermögen adaptieren.

All dies sollte die Notwendigkeit von elektronischen Hilfen zur Verbesserung der Sehfähigkeit deutlich gemacht haben. Durch die sich immer weiterentwickelnde Computertechnologie bieten sich zunehmend Möglichkeiten, strukturelle Schäden („Impairments“) und die daraus resultierenden funktionalen Beeinträchtigungen („Disabilities“) so effizient wie nie zuvor auszugleichen.[xxxii] Technische Rehabilitationshilfen ersetzen selbstverständlich nicht die medizinische, psychologische und pädagogische Intervention, leisten aber zusätzlich einen entscheidenden Beitrag zur Verminderung der Lebenserschwerungen von Menschen mit Behinderung. Wie bereits im vorangegangenen Subkapitel über die visuelle Wahrnehmung dargelegt wurde, sollte bei aller wohlgemeinten Argumentation für elektronische Sehhilfen eines jedoch nicht vergessen werden: Sehen ist mehr als die Abbildung eines Gegenstandes auf der Netzhaut. Dementsprechend ist Sehbehinderung etwas anderes als allein ein Visuswert oder die Prozentangabe eines Gesichtsfeldverlustes. Auch nach NATER relativiert sich die Bedeutung der augenmedizinischfunktionellen optometrischen Parameter auf der Ebene des funktionalen Sehens. Die Beeinträchtigung des Sehvermögens mit ihren physiologischen Auswirkungen tritt in Wechselwirkung mit Anlage-, Erziehungs- und Umweltfaktoren. Erst ihr Zusammenspiel determiniert die eigentliche Sehleistung. Wird dies berücksichtigt und somit nicht allein rehabilitationstechnisch interveniert, stellt eine elektronische Low-Vision-Brille eine sinnvolle und wahrscheinlich höchst effektive Ergänzung im Rahmen der allgemeinen Adaptation und Kompensation einer Sehbehinderung dar.

1.4 Grundlegende Aspekte von Sehschädigung

Der Terminus „handicapped people“ ist heute deshalb zu vermeiden, weil es in der neueren Rehabilitationswissenschaft gerade darum geht, „Disabilities“ nicht zu „Handicaps“ auswachsen zu lassen. Dabei folgt man der Terminologie der WHO[xxxiii]: Einem Gesundheitsproblem liegt in der Regel eine strukturelle Schädigung (Impairment) zugrunde, aus der wiederum funktionale Beeinträchtigungen (Disabilities) resultieren können, die sich bei mangelnder Kompensation zu einem Zustand der stark erschwerten Lebenssituation (Handicap) potenzieren. „Disabilities“ haben sich folglich dann zu „Handicaps“ erweitert, wenn gravierende Aktivitätsstörungen und Partizipationseinschränkungen vorliegen. Behinderung in diesem Sinne muss demnach als soziologisches Phänomen verstanden werden. Die genannten Begrifflichkeiten soll folgende Abbildung veranschaulichen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Behinderungsaspekte bei Retinopathia solaris (Nater 1999, 16)

Das oben erörterte Verständnis von Behinderung lässt die Kompensationstheorie in den Vordergrund rücken, in der es im Wesentlichen darum geht, aus physischen und psychischen Schäden resultierende funktionale Auswirkungen möglichst effizient auszugleichen. Dieser Anspruch an Kompensation ist zu allererst an eine möglichst große Eigenaktivität des Betroffenen geknüpft, aber auch an die von Ärzten, Therapeuten und Pädagogen initiierte professionelle Hilfe von Außen. Da uns hier vor allem die pädagogische Intervention interessiert, rückt das bereits in 1.2 (Elektronische Hilfen für Sehbehinderte als optisch-physiologische Kompensationsmaßnahmen) erwähnte Subsidiaritätsprinzip noch einmal in den Focus: „Unter ‚Hilfe zur Selbsthilfe’ wird hier die Fähigkeit zur wertpositiven Kompensation verstanden. Jedem Kompensationskonstrukt entspricht eine Theorie über die Hilfen, die kompensieren, initiieren, fördern und die Entwicklung kompensatorischer Kompetenzen intendieren.“[xxxiv]

Warum die Entwicklung technischer Hilfen für Menschen mit Behinderung auch in das rehabilitationspädagogische Tätigkeitsfeld fällt, sollte im Vorangegangenen deutlich geworden sein. Ein interdisziplinäres Team, bestehend aus Ärzten, Optometrikern, Technikern und Pädagogen, wäre hierzu wünschenswert. Weiterhin stellt sich aber die Frage, auf welchen Aspekt eines Sehschadens eine mögliche Low-Vision-Brille konkret abheben würde? Bei der Beantwortung dieser Frage muss man sich stets die Dreidimensionalität von „Impairments“ vor Augen halten: Ein Schaden umfasst immer eine ätiologische, strukturelle und funktionelle Dimension. Darum würde eine elektronische Brille zweifellos auf die funktionellen Abweichungen des Sehapparats abzielen. Mit funktionellen Aspekten sind klinische Funktionswerte bzw. optometrische Werte gemeint, die ein reduziertes Sehvermögen quantifizieren. Dieses herabgesetzte Sehvermögen kann sich als Sehfunktionsstörung oder sogar als ein ganzes Konglomerat verschiedener Störungen äußern. Der funktionale Aspekt umfasst dagegen komplexe Sehleistungen, aus denen Erschwerungen des Lebens und Lernens resultieren können. Dabei muss betont werden, dass jede Sehbehinderung individuell ist. Selbst bei anscheinend gleicher Diagnose sind ihre funktionalen Auswirkungen bei den Betroffenen oft gänzlich unterschiedlich. Besonders treffend lässt sich der in der Behindertenpädagogik etablierte Begriff der Funktionalität am Beispiel der funktionalen Diagnostik veranschaulichen:

Funktionale Diagnostik ist im Unterschied zur medizinischen Diagnostik prozess- und alltagsorientiert, sie kann verstanden werden als eine kontextuale Diagnostik, die das individuelle Sehvermögen unter den spezifischen Bedingungen überprüft, unter denen es tatsächlich eingesetzt wird. (Walthes 2003, 64)

Bei dem Vorhaben, eine elektronische Brille für Sehbehinderte zu entwickeln, muss man sowohl medizinische als auch funktionale Aspekte im Blick behalten. Neben der Erfassung absoluter Schwellenwerte unter optimalen Sehbedingungen müssen auch funktionale Determinanten berücksichtigt werden, da die ‚Brille’ ein Hilfsmittel in nahezu allen Alltagssituationen darstellen soll. Es geht also nicht allein darum, das absolute Sehvermögen zu maximieren, sondern auch psycho-visuelle Parameter mit einzurechnen. Nur so kann dem individuellen Sehvermögen eines jeden sehgeschädigten Menschen Rechnung getragen werden, denn alltägliches Sehen bedeutet vor allem Sehen unter nicht optimalen Bedingungen.

Demzufolge ist eine derartige ‚Brille’ - im oben zitierten Sinne - alltagsorientiert und richtet sich an Menschen mit Sehbehinderung. Man findet heute eine Fülle an Definitionen und Klassifikationen von Sehschädigung. In dem Bestreben, eine weltweite Vereinheitlichung zu schaffen, wurde von der WHO die International Classification of Functioning, Disability and Health (ICF)[xxxv] konzipiert. Dieser Schritt ist im Zuge einer internationalen Verständigung notwendig und gutzuheißen, doch möchte ich mich in Kapitel 2.1.4 (Sehschärfeparameter) auf eine leicht modifizierte Klassifikation beziehen, über die bei Ophthalmologen, Augenoptikern und Sehgeschädigtenpädagogen in Deutschland weitgehend Einigkeit herrscht. Gesetzliche Bestimmungen, wie das Schwerbehindertengesetz (SchwbG), weichen allerdings von diesen Klassifikationen partiell ab, wenn es z. B. um die Anerkennung des Grades einer Behinderung (GdB) geht.

Laut verschiedener Autoren (z. B. BANGERTER, NATER, RATH) und der WHO scheint folgende Klassifikation, die an dieser Stelle nur kurze Erwähnung finden soll, legitim und überdies gebräuchlich zu sein: Bei einem Visus von unter 0,8 beginnt man von Sehbehinderung zu sprechen. Sie wird subkategorisiert in geringgradige Sehbehinderung (Visus 0,8 bis >0,3), ‚mittelgradige’ Sehbehinderung (1/3 bis >1/25) und hochgradige Sehbehinderung (1/25 bis 1/50). Das Sehschärfespektrum unter 1/50 wird gemeinhin als Blindheit bezeichnet, wobei man auch hier differenzieren muss (vgl. 2.1.4 Sehschärfeparameter). Fehlt einem Menschen jegliche Projektion und Hell-Dunkel-Empfindung, spricht man von Amaurose. Der Visus beträgt hierbei Null.

2 Optometrische, medizinische und funktionale Aspekte – Sechs Sehfunktionsstörungen

2.1 Verminderte Sehschärfe

2.1.1 Über die Sehschärfe

Die Sehschärfe stellt den Schwellenwert der Fähigkeit dar, kleine Details eines Objekts wahrzunehmen, deren Erkennbarkeit vom Sehwinkel abhängig ist. Sie ist eine Grundsehfunktion. Der Sehwinkel ist derjenige Winkel, unter dem zwei Objektpunkte im Außenraum vom objektseitigen Knotenpunkt des Auges aus erscheinen.[xxxvi] Ein Beobachter, der gerade noch in der Lage ist, zwei kleine Striche mit einem gegenseitigen Abstand von einer Sehwinkelminute visuell zu diskriminieren, besitzt einen Visus von 1,0. Eine Winkelminute entspricht 0,1 mm Strichabstand in gut 30 cm Entfernung. Hierbei handelt es sich dann im Rahmen eines Sehtests um eine Nahprobe. Bei der Fernprobe liegt ein Visus von 1,0 genau dann vor, wenn der Proband aus 5 m Entfernung beispielsweise eine Öffnung von 1,5 mm in einem Landoltring erkennen kann. Etwas vereinfacht kann man infolgedessen bei der Sehschärfe von der Fähigkeit des Auges sprechen, sehr eng benachbarte Objekte getrennt voneinander wahrnehmen zu können. Beim kleinsten Sehwinkel, unter dem zwei Punkte unter gegebenen Darbietungsbedingungen noch getrennt voneinander wahrgenommen werden können, spricht man vom Minimum separabile.[xxxvii]

Sehtüchtige Beobachter können einen Sehschärfewert bis 3,0 erreichen. Dies ist allerdings nur unter besten externen Bedingungen möglich: Eine Darbietung muss bei hohem Kontrast, bei hoher Leuchtdichte und unter 20 Winkelsekunden erfolgen.[xxxviii]

Da der Zahlenwert der Sehschärfe folglich der Reziprokwert des in Winkelminuten angegebenen Sehwinkels ist, unter dem zwei Details gerade noch erkannt und voneinander diskriminiert werden können, stellt sich die Frage nach der Messbarkeit dieser Fähigkeit: Die gängigste Methode besteht in der Darbietung von geeichten Optotypen auf eine variable Prüfentfernung. Von dem entsprechenden Optotyp, z. B. einem Landoltring, ist bekannt, auf welche Sollentfernung er bei einem Visus von 1,0 erkannt werden muss. Die Ermittlung der Istentfernung erfolgt durch die Messung der tatsächlichen Entfernung, aus der der Betrachter die dargebotenen Prüfzeichen erkennen kann. Der Visuswert ergibt sich aus folgender Gleichung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Erwähnt werden muss auch der so genannte Interferenzvisus, der ein Maß für das Auflösungsverfahren des neuronalen Teils des visuellen Systems darstellt. Es handelt sich hierbei um die retinale Sehschärfe, die im Übrigen begrenzter ist, als man gemeinhin glauben mag: Unser Eindruck von Scharfsehen beruht nämlich keineswegs auf einem äquivalentscharfen Netzhautbild! Vielmehr würde uns ein simuliertes Netzhautbild, also ein proximales Bild, wie es die Retina mittels Interferenzmuster wirklich bestimmt, äußerst unprägnant und in seinen Strukturen unfein erscheinen. Die anatomisch-physiologische Kompensationsleistung der Netzhaut besteht nun darin, dass sie durch neurophysiologische Vorgänge für eine Optimierung des proximalen Bildes sorgt. Netzhautzellen, auf die eine hohe Leuchtdichte entfällt, animieren benachbarte Zellen, ebenfalls elektrische Nervenimpulse auszulösen, die über den Sehnerv ins Gehirn gelangen und dort verarbeitet werden. Dagegen hemmen einer geringen Leuchtdichte ausgesetzte Zellen ihr direktes Umfeld. Somit erhält im visuellen Wahrnehmungsprozess erst die zerebrale, noch nicht die proximale Figuration ihre Prägnanz. Somit sind wir imstande, ein hinreichend scharfes Bild wahrzunehmen.[xxxix]

Die häufigsten Ursachen für eine verminderte Sehschärfe sind Kurz-, Weit- und Alterssichtigkeit, die aber noch keine Sehbehinderung quantifizieren.* Diese Refraktionsanomalien sind in einem zu langen bzw. zu kurzen Augapfel begründet. Das Auge ist im Verhältnis zu seiner Brechkraft zu lang bzw. zu kurz, so dass der Brennpunkt parallel einfallender Lichtstrahlen vor bzw. hinter der Netzhaut liegt. Gravierendere Störungsbilder können dagegen Astigmatismus und Trübungen der Hornhaut und Linse darstellen. „Beim Astigmatismus handelt es sich um eine Krümmungsanomalie der brechenden Medien, bei der ein punktförmiges Objekt strich- bzw. stabförmig auf der Netzhaut abgebildet wird … .“[xl]

Selbstverständlich existieren Interdependenzen zwischen der Sehschärfe und anderen Sehfunktionen, so dass beispielsweise ein eingeschränktes Gesichtsfeld, zu geringe Kontraste oder Blendung eine verringerte Sehschärfe bedingen können.

2.1.2 Ophthalmologische Faktoren

Wie bereits in der Einleitung dieser Arbeit dargelegt wurde, sind epidemiologische Aspekte von Sehschädigung und damit auch das Wissen um die Häufigkeit bestimmter Krankheitsbilder für die Entwicklung technischer Hilfen von großem Belang. Deshalb wird im jeweils zweiten Subkapitel jeder Sehfunktionsstörung auf die möglichen Ursachen einer entsprechenden Sehstörung eingegangen. (Leider existieren weder bei der WHO noch beim Statistischen Bundesamt Zahlen über die Häufigkeit spezifischer Augenleiden.) Selbstverständlich können mehreren Störungen die gleiche Ätiologie zugrunde liegen, so dass ich mich in nachfolgenden Kapiteln lediglich auf eine vorangegangene Erklärung berufen werde, um Wiederholungen zu vermeiden.*

[...]


* An dem Termini-Streit um den Begriff der Regelschule möchte ich mich an dieser Stelle nicht beteiligen. Nicht wenige Experten sind der plausiblen Auffassung, der Terminus ‚Allgemeine Schule’ sei dem der ‚Regelschule’ vorzuziehen, da die Sonderschule ­- wie andere Schularten auch - ebenso unter den Begriff der ‚Regelschule’ zu fassen sei. Dementsprechend würde sich ein Modell ergeben, in dem die Allgemeine Schule und die Sonderschule gleichberechtigt auf paradigmatische Weise unter dem Dach der Regelschule bestehen würden.

* Subsidiarität meint hier die pädagogisch initiierte Hilfe zur Selbsthilfe.

* Transduktion = Umsetzung von Umweltreizen in spezifische innere Erregungszustände (vgl. Roth 1996, 87)

* CORN prägte den für Hinweisreize heute üblichen Terminus „Environmental Cues“ (vgl. Corn 1983).

** Perseveration bezeichnet innerhalb des visuellen Wahrnehmungsprozesses das Verharren bei einer bestimmten - evtl. falschen - Figuration. Sie äußert sich in dem Unvermögen, ggf. umzufigurieren.

* Kurzsichtigkeit = Myopie; Weitsichtigkeit = Hyperopie; Alterssichtigkeit = Presbyopie

* Bei allen folgenden augenmedizinischen Ausführungen beziehe ich mich, wenn nicht ausdrücklich anders gekennzeichnet, auf die Ophthalmologie-Vorlesungen (2001) bei Doz. Dr. med. habil. U. Dietze.

[i] Vgl. Wills 1979, 31ff.

[ii] Vgl. Kamper 1995, 204ff.

[iii] Vgl. Nater 1990, 11

[iv] Ebd., 6

[v] Vgl. ICF 2001

[vi] Vgl. Pfau 2000, 25

[vii] Vgl. Walthes 2003, 21

[viii] Nater 2001, 1

[ix] Walthes 2003, 34

[x] Nater 1998, 220

[xi] Nater 2000, 932f.

[xii] Nater 1998, 222

[xiii] Ebd.

[xiv] Boldt 1993, 157

[xv] Nater 1998, 217

[xvi] Ebd.

[xvii] Ebd.

[xviii] Ebd., 224

[xix] Zimbardo 1992, 137f.

[xx] Auf die in Klammern gesetzten englischen Termini einigte ich mich mit Professor Nater in einer Konsultation.

12.02.04, mündl.

[xxi] Vgl. Fritsch 2000, 27

[xxii] Vgl. Nater, Paper zur LV Didaktik I, 2f.

[xxiii] Nater 1998, 229

[xxiv] Nater, Paper zur LV Didaktik I, 3

[xxv] Singer 2002, 108

[xxvi] Roth 1996, 229

[xxvii] Metzger 1975, 641ff.

[xxviii] Ebd.

[xxix] Nater 1998, 230

[xxx] Vgl. Rausch 1966, Kap. 20/21

[xxxi] Metzger 1966, S. 720

[xxxii] Begrifflichkeiten aus: ICIDH-2 (1998)

[xxxiii] Vgl. ICF 2001

[xxxiv] Nater 2000, 932

[xxxv] ICF 2001

[xxxvi] DIN-TB, Nr. 379

[xxxvii] Ebd., Nr. 273

[xxxviii] Vgl. Hartmann 1970, 47

[xxxix] Methling, 14.02.04, mündl.

[xl] Sachsenweger 1994, 388

Ende der Leseprobe aus 97 Seiten

Details

Titel
Zur Bedeutung der Parameter von Sehfunktionsstörungen
Untertitel
Vorüberlegungen zur Entwicklung einer elektronischen »Low-Vision-Brille«
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Institut für Rehabilitationswissenschaften)
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
97
Katalognummer
V84743
ISBN (eBook)
9783638884556
ISBN (Buch)
9783638888622
Dateigröße
1366 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Bedeutung, Parameter, Sehfunktionsstörungen
Arbeit zitieren
Thomas Schumacher (Autor:in), 2004, Zur Bedeutung der Parameter von Sehfunktionsstörungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84743

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