Sexuelle Gewalt - Eine evolutionspsychologische Betrachtung


Hausarbeit, 2007

15 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundlagen
2.1. Was ist sexuelle Gewalt?
2.2. Adaption, Nebenprodukte oder Zufallsrauschen?
2.3. Sexuelle Gewaltadaptionen im Tierreich

3. Hauptteil
3.1. Hypothetische Adaptionen des Mannes
3.2. Hypothetische Adaptionen der Frau

4. Zusammenfassung

5. Literaturverzeichnis

1. EINLEITUNG

„Why do men rape?“, fragten sich Randy Thornhill und Craig T. Palmer als sie ihr Buch A Natural History Rape schrieben. Ausgangspunkt war die Entdeckung Thornhills, dass Fruchtfliegen eine spezielle Adaption entwickelt haben, die nur einer Vergewaltigung dient, falls ein Fruchtfliegenmännchen auf einvernehmlichen Weg keine Sexualpartnerin findet. Die Autoren untersuchten später psychologische Mechanismen des Menschen, die Männer unter gewissen Umständen zu Vergewaltigern werden lassen. Dabei stand die Frage im Focus, ob sexuelle Gewalt ein adaptives Verhalten ist, um die eigene Reproduktion sicherzustellen, falls der Wettbewerb mit anderen Männern um Frauen verloren wird. Denn das Fehlen einer geeigneten Sexualpartnerin stellt unter evolutionären Gesichtspunkten ein adaptives Problem dar. Die Vergewaltigung kann in diesem Zusammenhang entweder eine Adaption speziell zur Lösung des adaptiven Problems - das der Reproduktion - oder ein Nebenprodukt einer anderen Adaption sein (Thornhill & Palmer, 2000).

In dieser Arbeit sollen sechs hypothetische Adaptionen vorgestellt werden, die Männer unter bestimmten Bedingungen zu Sexualstraftätern werden lassen. Thornhill & Palmer (2000) sagen zu diesen Adaptionen, dass eine, keine oder mehrere tatsächlich mit sexueller Gewalt in Zusammenhang stehen. Das liegt vor allem an der schwierigen Überprüfbarkeit der einzelnen Hypothesen. Da sich durch die sexuelle Gewalt von Männer ein adaptives Problem für die Frauen ergibt (z.B.: Verletzung oder Tod), sollen im Weiteren mögliche weibliche Gegenadaptionen betrachtet werden, die vor einer Viktimisierung schützen können.

2. GRUNDLAGEN

In Punkt 2.1 wird zunächst auf das Phänomen der sexuellen Gewalt eingegangen. In Punkt 2.2. werden die Hauptprodukte der Evolution vorgestellt: Adaption, Nebenprodukt und Zufallsrauschen. Anschließend soll die sexuelle Gewaltadaption der Fruchtfliege besprochen werden; Punkt 2.3.

2.1. Was ist sexuelle Gewalt?

Als sexuelle Gewalt bezeichnet man alle sexuellen Handlungen, die durch Drohungen oder körperliche Aggression erzwungen werden und die gegen den Willen einer Person stattfinden (Bange, 2002). Eine große Anzahl weiterer Begriffe fällt in diesen Themenbereich wie Missbrauch, Inzest oder sexuelle Ausbeutung. Die einzig reproduktive Form der sexuellen Gewalt ist die Vergewaltigung, bei der es zu einer vaginalen Penetration durch den Penis kommt. Durch eine Ejakulation kann es zu einer Schwangerschaft kommen. Der Focus dieser Arbeit liegt, wegen des reproduktiven Vorteils, auf dieser Art der Vergewaltigung.

Entgegen der Meinung der breiten Öffentlichkeit ist sexuelle Gewalt nicht lediglich ein Produkt der neuzeitlichen medialen Umwelt. Vielmehr lässt sich zeigen, dass Aggressionen in Bezug auf die Sexualität seit Anbeginn der Menschheit und in vielen Kulturen vorhanden sind (König, 2003). Darüber hinaus benutzen auch zahlreiche Tiere Gewalt, um sich fortzupflanzen, wie die Fruchtfliege (s. Kapitel 2.3).

Betrachtet man die Statistiken des deutschen Bundeskriminalamtes (2005), dann lassen sich einige interessante Erkenntnisse zum Thema sexueller Gewalt ziehen. Im Jahr 2005 wurden 55.203 Straftaten erfasst, die mit sexueller Gewalt in Verbindung stehen. Es gab 8.133 Fälle von Vergewaltigung und sexueller Nötigung, 13.962 Fälle bei denen Kinder missbraucht wurden und 8.764 exhibitionistische Handlungen. Bedeutsam ist, dass in den meisten Fällen die Täter Männer waren (94,7 %). Dagegen waren die Opfer von Vergewaltigungen fast immer Frauen (95,4%) - von denen ein Großteil jugendliche und heranwachsende Frauen zwischen 14 und 21 Jahren waren. Bei einer solchen Verteilung kommt die Frage auf, ob Männer spezielle Adaptionen entwickelt haben, die sie in einem gesellschaftlichen Kontext zu Tätern werden lassen und ob Frauen Adaptionen besitzen, die sie vor einer Viktimisierung schützen.

2.2. Adaption, Nebenprodukte oder Zufallsrauschen?

Nach Thornhill & Palmer (2000) sind Adaptionen vererbbare phänotypische Eigenschaften eines Organismus, die durch die Gene und die Umwelt bedingt sind und sich durch die natürliche Selektion entwickelt haben. Es sind Lösungen zu adaptiven Problemen bezüglich Überleben und Reproduktion und schließen sowohl physiologische als auch psychologische Merkmale ein. Ein Beispiel einer Adaption ist die Nabelschnur. Sie hat die Funktion, das Überleben eines Kindes im Mutterleib sicherzustellen. Neben den Adaptionen hat die Evolution zwei weitere Produkte hervorgebracht: Nebenprodukte und Zufallsrauschen (Buss, 2004). Nebenprodukte weisen kein funktionelles Design auf und lösen keine adaptiven Probleme. Sie treten nur als Anhängsel anderer Adaptionen auf. So ist der Bauchnabel ein Nebenprodukt der Nabelschnur. Basieren die Merkmale dagegen auf zufälligen Mutationen, die sich durch plötzliche und einmalige Umweltveränderungen ergeben, nennt man sie Zufallsrauschen. Die Form eines Bauchnabels ist ein Zufallsprodukt. Da Zufallsrauschen nicht artentypisch ist (Buss, 2004), wird im Weiteren auf dieses Produkt der Evolution verzichtet.

Die Identifikation von Adaptionen, besonders der psychologischen, ist nicht ganz unproblematisch. George C. Williams bietet einige Bestimmungskriterien an, bei deren Vorliegen von einer Adaption gesprochen werden kann (Buss, 2004). Hierzu zählen Zuverlässigkeit, Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Präzision. Zuverlässig ist ein Merkmal oder Mechanismus dann, wenn er bei allen Vertretern einer Art vorhanden ist und unter „normalen“ Umweltbedingungen funktioniert. Dass heißt, das Merkmal löst das Problem für das es entwickelt wurde. Eine Adaption ist effizient, wenn sie ein adaptives Problem gut löst und dem Organismus nicht zu große Kosten verursacht (Wirtschaftlichkeit). Präzise ist der Mechanismus, wenn er lediglich Lösung für ein spezielles Problems ist.

2.3. Sexuelle Gewaltadaptionen im Tierreich

Ausgangspunkt der Überlegungen von Thornhill & Palmer (2000), ob Menschen Adaptionen hinsichtlich sexueller Gewalt entwickelt haben, ist die Fruchtfliege (mecoptera panorpa). Nach Thornhill (1980) beginnt das Paarungsverhalten dieses Insekts im Normalfall damit, dass das Männchen entweder ein totes Insekt sucht oder aus seinem Speichel einen Klumpen formt. Mit diesem Hochzeitsgeschenk umwerben sie die Weibchen und füttern sie damit während der Kopulation.

Es kann aber vorkommen, dass manche Männchen nicht in der Lage sind, ein solches Geschenk zu machen, da entweder der Speichel aufgebraucht oder ein totes Insekt nicht zu finden ist. Da die Weibchen eine Präferenz für Männchen mit Hochzeitsgeschenken haben, werden diejenigen ohne Geschenk nicht für die Paarung gewählt. Die einzige Möglichkeit sich dennoch reproduzieren zu können, besteht in der Anwendung von Gewalt. Zu diesem Zweck besitzen die Männchen am Körperende eine Art Zange, in deren Mitte sich die Fortpflanzungsorgane befinden. Sie fliegen los und stürzen sich auf ein Weibchen, das dann versucht zu flüchten. Gelingt es dem Männchen das Weibchen mit der Zange zu greifen, erfolgt die Penetration und damit die Weitergabe des männlichen Genpools. Laut Thornhill (1980) ist das die einzige Funktion der Zange und damit eine physiologische Adaption speziell für eine Vergewaltigung. Theoretisch könnte jede männliche Fruchtfliege diese Strategie anwenden. Doch wegen der Präferenz der Weibchen für Hochzeitsgeschenke und der einhergehenden Fitnesssteigerung durch die Bereitstellung von Nahrungsressourcen, bevorzugen auch die männlichen Fruchtfliegen das Werben um Sexualpartnerinnen, anstatt zu vergewaltigen. Aufbauend auf dieser Erkenntnis forschten Thornhill & Palmer (2000) nach Adaptionen beim Menschen, die mit sexueller Gewalt in Verbindung stehen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Sexuelle Gewalt - Eine evolutionspsychologische Betrachtung
Hochschule
Universität zu Köln  (Wirtschafts- und Sozialpsychologie)
Veranstaltung
Evolutionspsychologie
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
15
Katalognummer
V84721
ISBN (eBook)
9783638009867
Dateigröße
467 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sexuelle, Gewalt, Eine, Betrachtung, Evolutionspsychologie
Arbeit zitieren
Kamal Abdul-Karim (Autor:in), 2007, Sexuelle Gewalt - Eine evolutionspsychologische Betrachtung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84721

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