Der Samba in Brasilien

Symbol kultureller Vielfalt und nationaler Identität


Seminararbeit, 2005

19 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

I Die Wurzeln des Sambas
I.1 Die ersten Brasilianer
I.1.2 Geschichtlicher Hintergrund und Indianische Musiktradition
I.1.2 Das indianische Musik-Erbe im Samba
I.2 Die Portugiesen in Brasilien
I.2.1 Die Musiktradition der Portugiesen
I.2.2 Die musikalische Weiterentwicklung in Brasilien
I.2.3 Das abendländische Musikerbe im Samba
I.3 Der afrikanische Einfluss
I.3.1 Geschichtlicher Hintergrund
I.3.2 Die Entstehung und Ausbreitung afro-brasilianischer Musikstile
I.3.3 Das afrikanische Musik-Erbe im Samba

II Der Samba: Entstehung, Charakteristik und Entwicklung
II.1 Entstehungsgeschichte
II.1.1 Die ersten brasilianischen Musikstile
II.1.2 Pelo Telefono
II.2 Charakteristik
II.3 Weiterentwicklung
II.3.1 Verschiedene Sambastile
II.3.2 Die Mischung macht´s

III Abschlussdiskussion

Literaturverzeichnis

Einleitung

Brasilien ist als ehemalige portugiesische Kolonie ein Land, in dem im Laufe seiner Geschichte Völker unterschiedlicher Herkunft zu einer Nation vereint wurden. Aus dieser kulturellen Vermischung entstanden überaus heterogene und vielschichtige Musikstile, die in sich doch etwas Neues, nämlich Brasilianisches darstellen. Das beste Beispiel für eine Musikrichtung, die auch im Ausland als Teil der brasilianische Identität verstanden wird, ist der Samba. Seit er den Anschluss an das internationale Musikgeschäft gefunden hat, stehen seine Komponisten und Interpreten mehr und mehr im Wettbewerb um die Gunst eines internationalen Musikpublikums. Bekannte Vertreter brasilianischer Mùsica Popular wie Rita Lee, Milton Nascimento, Roquiero Ritchie und Marina verkaufen den Sambarhythmus in Verbindung mit westlichen Popmischungen als charakteristisches Markenzeichen Brasilianischer Kultur. Dagegen wird in der Literatur oft versucht die Música Popular Brasileira von traditionellen Musikformen zu trennen, so problematisch sich oftmals ihre Grenzen erweisen, um den ursprünglichen Samba als Teil brasilianischer Volkskultur zu bewaren (Pinto 1986, S. 7). Die tatsächlichen Wurzeln seines Rhythmus’ scheinen dabei in Vergessenheit zu geraten. Gerade bei Diskussionen über globalisierungsbedingte Veränderungstendenzen in der brasilianischen Musikkultur wird ersichtlich, dass dem Samba eine eigene Authentizität und Tradition zugeschrieben wird. So äußerte sich Paulinho da Viola, überzeugter Vertreter des traditionellen Sambas, über den populären Samba-Pop von Marina sehr kritisch: „Für mich hat das nichts mehr mit dem authentischen Lebensgefühl einer Samba zu tun, es ist vielmehr eine Entfremdung dessen was uns als Brasilianer bezeichnet“ (Alvarenga 1995, S.45): Der Amerikanische Rocksänger David Byrne geriet ebenfalls ins Kreuzfeuer der Kritik traditioneller Sambistas, als er in seinem Song „One Ozean“(1989) Samba Elemente aneignete und zu seinen Gunsten vermarktete (Gowan 1991, S. 130). Diese Aussagen reflektieren im Prinzip ganz allgemeine Befürchtungen der Gegner kultureller Globalisierung: Die Angst vor Authentizitätsverlust in der Kunst aufgrund der Einengung symbolischer Repertoires und der Angleichung kultureller Systeme. Im Rückblick auf die Entstehungsgeschichte des Sambas werden diese Aussagen zu einem Phänomen.

Was beschreibt die Authentizität eines Musikstils, der sich aus der Vielfalt verschiedener Kulturen entwickelt hat und im Zuge der Globalisierung unter neuen kulturellen Einflüssen steht? Woher kommt der Samba ursprünglich, auf welche Wurzeln greift er zurück und wie können die Begriffe Authentizität und kulturelle Identität im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte und im Hinblick auf die aktuelle Situation der kulturellen Globalisierung verstanden werden?

In meiner Hausarbeit werde ich die geschichtlichen Hintergründe der brasilianischen Kultur analysieren, die Wurzeln des Sambas rekonstruieren und die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des Sambas erläutern. Zum Schluss will ich die oben gestellten Fragen noch mal aufgreifen, um die Augen für eine notwendige Neudefinition des Kulturbegriffes in der aktuellen Globalisierungsdebatte zu öffnen.

I Die Wurzeln des Sambas

Vorbemerkung:

Die nicht selten bei Kulturbetrachtung geäußerte Auffassung, Brasilien sei ein junges Land, trifft nur bedingt zu. Jung ist Brasilien zweifellos in seinem Nationalbewusstsein und Gefühl, alt sind jedoch die Grundlagen seiner Kultur. Brasilien muss zwar im Formungsprozess als staatliches Gebilde und als Nation innerhalb des eigenen historischen Rahmens betrachtet werden, die Wurzeln der Kultur seines Volkes reichen aber tiefer. Die Geschichte Brasiliens beginnt offiziell am 22 April 1500, dem Tag, an dem das Land von Portugal in Besitz genommen und zu seiner Kolonie erklärt wurde. Auch in den Geschichtsbüchern wird die historische Entwicklung des Landes entsprechend vornehmlich als die Geschichte der portugiesischen Kolonialherren und deren Nachfolger interpretiert (Pinto 1986, S.9). Es darf dabei nicht vergessen werden, dass schon lange vor der Landung Cabrals eigenständige Kulturen den Kontinent besiedelten, die eine jahrtausend alte Musiktradition besaßen.

I.1 Die ersten Brasilianer

I.1.1 Geschichtlicher Hintergrund und indianische Musiktradition

Die Vorfahren der heute benannten Indianer emigrierten vermutlich vor über 40.000 Jahren von der asiatischen- zu der westlichen Hemisphäre und von dort nach Südamerika (Gowan 1991, S.18). Die Tatsache, dass die indianische Musik, trotz der Wichtigkeit, die sie in ihrem kulturellen und sozialen Leben einnahm, einen nicht allzu großen Einfluss auf die neue brasilianischen Musikkultur ausüben konnte, hat verschiedene Gründe. Anders als die spanischen Conquistadores in Zentralamerika und in der Andenregion waren die Portugiesen auf Menschen gestoßen, die weder einem organisierten Staat angehörten noch Gold und Edelsteine in großen Mengen besaßen. Sehr schnell wurden die Indianer assimiliert, in das Hinterland zurückgedrängt oder durch Versklavung, eingeschleppte Krankheiten und Gewalt vernichtet. Den überlebenden Indianern blieb nichts anderes übrig, als sich den sozialen Umständen und Bedingungen der Kolonialherren anzupassen. Das bedeutete umgekehrt aber auch, dass viele Indianer nur deshalb überlebten, weil sie bereit waren ihre Kultur aufzugeben. Um die Missionierung und Umerziehung kümmerten sich die Jesuiten, welche 1549 nach Brasilien kamen und ihren ganzen Missionarseifer in die „Reorientierung“ der Indianer steckten. So lernten die Indianer auf diese Weise nicht nur das Sprechen der portugiesischen Sprache, sondern auch das musizieren auf europäischen Instrumenten (Gowan 1986, S. 19). Bei der Analyse, welche kulturelle Merkmale indianischer Prägung von der brasilianischen Musikkultur letztendlich aufgenommen wurden, stellt sich auch ein musikethnologisches Rechercheproblem. Alles was wir über die ursprüngliche Musikkultur der Indios wissen stammt aus alten Missionarsberichten. Der Missionar Fernao Cardim beschreibt 1583 die indianische Musik als „ein Stampfen und Singen zum Klang einer Rassel, wobei sie den Kopf und Körper hin und herbewegen und all das mit einer großer Freude zum Rhythmus tun“ (Pinto S. 11). Im Gegensatz zu dieser eher spärlichen Beschreibung ist einem Französischen Misssionar, Jean de Lery, schließlich die erste in Notenschrift aufgezeichnete Melodie (1557) aus Brasilien zu verdanken (Siehe Anhang 1.1).

1.1.2 Das indianische Musik-Erbe im Samba

Der Vergleich des Beispieles 1.1 mit den ersten in Brasilien entstandenen portugiesischen Liedern (siehe 1.2) lässt die Vermutung aufkommen, dass die Portugiesen sich bei der Komposition neuer Lieder von der Rhythmik indianischer Musik inspirieren ließen. Dazu hatten die Indianer Einfluss auf die afro-brasilianische Kultur. Dort wo Indianer und Afrikaner als Sklaven oder Dienstboten aufeinander trafen wurde auch zusammen musiziert. Viele Autoren sprechen deshalb von einem indirekten Einfluss, den die indianische Musikkultur auf die Entwicklung des Sambarhythmus hatte. So kann der durchgehende Beat eines jeden Sambas, der bei den Samba Schulen mit einer großen Trommel geschlagen wird, als indianisches Element gedeutet werden. Bei den gängigen Sambainstrumenten macht sich der indianische Einfluss direkt bemerkbar. Die Yakokoukamity Rassel indianischer Herkunft wird häufig bei dem traditionellen Karneval-Samba verwendet (Bastos 1986, S. 45) Ein weiteres Indio Instrument, dass man auch in populären brasilianischen Musikstücken oft vorfindet, ist der Reco-Reco (Siehe Anhang 1.3). Er wird mit einem kleinen Stock angespielt, der über vorgestanzte Rillen des Instrumentes schabt und so ein klackerndes Geräusch erzeugt. Ursprünglich aus Holz, wurde es in der brasilianischen Popkultur in eine Metallform transformiert, um den Klang für Studioaufnahmen zu präzisieren. Unter den populären brasilianischen Musikern ist es vor allem Egberto Gismonti, der mit indianischen Instrumenten und Musikphrasen experimentiert und damit große Erfolge feiert.

[...]

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Details

Titel
Der Samba in Brasilien
Untertitel
Symbol kultureller Vielfalt und nationaler Identität
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Institut für Ethnologie und Afrikanistik)
Veranstaltung
Kunst und Musik im globalisierenden Latainamerika
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
19
Katalognummer
V84710
ISBN (eBook)
9783638010818
ISBN (Buch)
9783656058595
Dateigröße
392 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Samba, Brasilien, Kunst, Musik, Latainamerika
Arbeit zitieren
Dipl. Soz. Tobias Lohmann (Autor:in), 2005, Der Samba in Brasilien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84710

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