Der Wahnsinn in El Licenciado Vidriera


Hausarbeit, 2006

12 Seiten, Note: 2,3

Anonym


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Allgemeine Begriffsbestimmung und literaturgeschichtlicher Zusammenhang

3. Die Darstellung des Wahnsinns in El Licenciado Vidriera
3.1. Der Gegensatz zwischen Wissen und Wahnsinn
3.2. Die äußerlichen Besonderheiten des Lizentiaten während der locura
3.2. Die Kritik des Lizentiaten an der Gesellschaft

4. Bezug der Novelle zum biblischen Sündenfall

6. Schlussbetrachtung

7. Bibliografie

1. Einleitung

Die Novelle El Licenciado Vidriera gehört zu den novelas ejemplares, die Miguel de Cervantes Saavedra 1613 veröffentlichte.[1] Cervantes erzählt in dieser Novelle von dem Leben des Protagonisten, der durch eine Vergiftung in einen Wahnsinn verfällt und sich von nun an einbildet, aus Glas zu bestehen. Der Protagonist erhält im Laufe der Erzählung drei verschiedene Namen, wobei der Protagonist selbst seinen wahren Namen während der gesamten Novelle nicht verrät. Zunächst wird er Tomás Rodaja, anschließend Licenciado Vidriera und zuletzt Licenciado Rueda genannt. Hieraus ergibst sich auch die Einteilung der Novelle in verschiedene Abschnitte, die man demnach in drei Teile einteilen kann, nämlich in die Zeit vor seiner locura (Tomás Rodaja), die Zeit während seines Wahnsinns (Licenciado Vidriera) und die Zeit nach seiner Heilung (Licenciado Rueda). An dem Titel der Novelle, El Licenciado Vidriera, wird bereits deutlich, dass man den zweiten Teil, die Zeit während der locura, als den wichtigsten Teil der Novelle ansehen kann, da hier bereits 'das Gläserne' (vidriera) thematisiert wird. Zum anderen ist dieser Teil deutlich länger, als der erste Teil und vor allem der dritte Teil.

In dieser Hausarbeit soll der Schwerpunkt bei der Analyse der Novelle ebenfalls auf der locura, d.h. auf der Darstellung des Wahnsinns liegen. Die Frage, die der Hausarbeit zugrunde liegt, lautet dabei etwa: Wie wird der Wahnsinn in der Novelle dargestellt? Dabei wird zunächst der Wahnsinn allgemein untersucht, d.h. der Begriff Wahnsinn definiert und im literaturgeschichtlichen Zusammenhang betrachtet. Anschließend werde ich genauer auf die Novelle selbst eingehen und dabei beschreiben, wie Cervantes den Wahnsinn in El Licenciado Vidriera darstellt und vor allem das Verhältnis zwischen Wahnsinn und Vernunft bzw. Scharfsinn untersuchen. Abschließend werde ich einen Vergleich ziehen zwischen der Novelle von Cervantes und der biblischen Erzählung des Sündenfalls sowie Gemeinsamkeiten zwischen beiden Erzählungen aufweisen.

2. Allgemeine Begriffsbestimmung und literaturgeschichtlicher Zusammenhang

Wahnsinn wird im Allgemeinen mit einer Geistesstörung in Verbindung gebracht und als ein Zustand beschrieben, der der Vernunft gegenübersteht[2]. Man könnte Wahnsinn auch als die Abwesenheit von Vernunft beschreiben. Im Zustand des Wahnsinns wird ein Verhalten gezeigt, das als von der Norm abweichend und nicht den gesellschaftlichen Konventionen entsprechend bezeichnet werden kann[3]. Da sich die gesellschaftlichen Konventionen im Laufe der Zeit ändern, existieren zu jeder Zeit auch andere Meinungen darüber, was als Wahnsinn bezeichnet wird.

In der Literatur wird das Wechselspiel zwischen Vernunft und Wahnsinn bereits in der Antike behandelt. Dabei wird der Wahnsinn von der Antike an bis zum 19. Jahrhundert in der traditionellen Vorstellung als eine Strafe für Verbrechen und Sünde angesehen[4]. Allerdings bildeten sich auch Ansichten heraus, die den "Wahnsinnigen als Weltweiser [ansehen], der den tiefern Sinn der menschlichen Leiden begreift"[5]. Insgesamt war man nach Ende des Mittelalters und vor allem Anfang des 17. Jahrhunderts "auf eigenartige Weise gastfreundlich gegenüber dem Wahnsinn."[6] Auch Erasmus von Rotterdam greift das Thema 'Wahnsinn' auf[7]. Der niederländische Humanist beseitige in seinen Schriften dabei "alles, was es an kosmischer, dunkler Äußerung im Wahnsinn […] gibt […]"[8], so Foucault.

Auch Cervantes behandelt das Thema des Wahnsinns sowohl in seinem Roman El ingenioso hidalgo Don Quijote de La Mancha als auch in der Novelle El Licenciado Vidriera[9]. Dabei ist die Vorstellung, Wahnsinn als Strafe für Sünde anzusehen, in El Licenciado Vidriera ebenso zu erkennen (Vgl. 4.), wie die Ansicht, den Wahnsinnigen als Wegweiser anzusehen, der den tieferen Sinn der menschlichen Leiden begreift. Dies wird an der Kritik des Lizentiaten an der Gesellschaft deutlich, in dessen Aussagen die Zuhörer äußersten Scharfsinn empfinden (Vgl. 3.3). Die in der Renaissance verbreitete Ansicht, dass die übermäßig einseitige Konzentration auf Ideen oder unvernünftige Leidenschaften zur geistigen Verirrung führen kann, wird auch in Cervantes Don Quijote und El Licenciado Vidriera deutlich[10]. Bei Don Quijote ist das ständige Lesen von Büchern ausschlaggebend für die Entstehung seines Wahnes, beim Lizentiaten Vidriera führt ihn sein übertriebenes Streben nach Wissen in die locura.

[...]


[1] Neuschäfer, Hans-Jörg, Spanische Literaturgeschichte, Stuttgart/Weimar 2001, S. 148

[2] Daemmrich, Horst S. und Ingrid G., Themen und Motive in der Literatur: Ein Handbuch, Tübingen/Basel 1995, S. 368

[3] Wikipedia – Die freie Enzyklopädie, Hrsg., (2006), Wahnsinn, <http://de.wikipedia.org/wiki/Wahnsinn>

[4] Daemmrich 1995, S. 368

[5] Daemmrich 1995., S. 368

[6] Foucault, Michel, Wahnsinn und Gesellschaft – Eine Geschichte des Wahnsinns im Zeitalter der Vernunft, Frankfurt a. M. 1996, S. 67

[7] Berg, Walter Bruno, "Zur Semiotik des Wahnsinns in Cervantes’ 'El licenciado Vidriera'", in: Blumen und andere Gewächse des Bösen in der Literatur. Festschrift für Wolfram Krömer zum 65. Geburtstag (2000), 227-240, S 228

[8] Foucault 1996, S. 44

[9] Berg 2000, S. 228

[10] Daemmrich 1995, S. 368

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Der Wahnsinn in El Licenciado Vidriera
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Institut für Romanistik)
Veranstaltung
Las Novelas Cervantinas
Note
2,3
Jahr
2006
Seiten
12
Katalognummer
V84615
ISBN (eBook)
9783638009300
Dateigröße
481 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wahnsinn, Licenciado, Vidriera, Novelas, Cervantinas
Arbeit zitieren
Anonym, 2006, Der Wahnsinn in El Licenciado Vidriera, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84615

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