Clausewitz und Lenin - Kriegstheorien


Hausarbeit, 2004

18 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhalt

I. Einleitung

II. Clausewitz´ Verständnis vom Krieg
1. Historische Hintergründe und Clausewitz
2. Theorie des Krieges
1. Theoretischer Teil
2. Praktischer Teil
3. Über den Staat und Volk

III. Lenins Verständnis des Krieges
1. Grundlegende Auffassungen zum Krieg, Typus, Ursache und Ziel
2. Krieg und Frieden, Gerechtigkeit und Gewalt
3. Im Zusammenhang mit militärischen Fragen

IV. Clausewitz und Lenin: Ein Vergleich
1. Lenins Bezug auf Clausewitz
2. Inwieweit BEEINFLUSSTE Clausewitz Lenin?
3. (Aus dem) Vergleich von Clausewitz und Lenin

V. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Der Kriegstheoretiker und General Carl von Clausewitz verfaßte in der Zeit der napoleonischen Eroberung Europas im 19. Jahrhundert einige bedeutende kriegstheoretische Fragmente. Seine Frau Marie von Clausewitz, die bei seiner Gedankenentwicklung ihm große Hilfe leistete, veröffentlichte 1832 - 1834 diese unter dem Titel „Vom Kriege. hinterlassenes Werk“. Bei den in diesen Fragmenten geäußerten Überlegungen beeinflußten ihn besonders militärliche ( sowohl praktische als auch erkenntnisreiche) Erfahrungen als Offizier, die er infolge von Kriegsereignissen, die sowohl durch Napoleon als auch durch deren revoltionstypische Eigenschaften – samt dem inhärenten, neu aufkommenden „nationalen“ Charakter – bestimmt wurden.

Zwar beachteten zuerst Militärkreise das Werk nur in Hinblick auf seinen militärischen Nutzen, jedoch begriffen sie kaum sein politisches Hauptanliegen, welches auch einer philosophischen Grundlage nicht entbehrte. Später jedoch auch bei anderen interektuellen Kreisen herrschte die Ansicht, daß Clausewitz mit dem Werk die grundlegende Theorie des Krieges gab.

So begannen sich Marx und Engels mit Clausewitz zu beschäftigen. Die Marxisten studierten den Krieg als solchen und seine Elemente für die Vorbereitung der zu erwartenden soziale Revolution. Es lag für sie nahe, für ihre Grundlagenbildung und entsprechend der Zielsetzung der Revolion, Clausewitz′Werk im Hinblick auf seine politischen Gedankengänge zu untersuchen. Es blieb Lenin vorbehalten, die Clauserwitz-Studien weiterzuführen, um die kriegstheoretisch notwendigen Erkenntnisse für die erfolgreiche Durchführung der bevorstehenden russischen Revoltion anzuwenden.

Clausewitz und Lenin lebten beide in einer Sturmzeit der großen Revoltionen und hatten im Führungsstab mit dem Krieg zu tun. Da jedoch ihre politischen Standpunkte und Ansichten wegen der gesellschaftlich-historischen und individuellen Unterschiede verschieden sind, sind ihre politisch-kriegstheoretischen Gedanken vergleichsbar. Dieser Vergleich ist das Ziel dieser Arbeit.

Dabei habe ich in der Arbeit bewußt eine Form gewählt, in der die Verständnisse von Clausewitz und Lenin bezüglich des Krieges dargelegt werden, ohne auf bekannte Bezüge von Lenin auf Clausewitz und deren Zitate vorher einzugehen bzw. zu erwähnen. Bis jetzt gab es zwar schon Forschungen über diese Bezugnahme bzw. über den Vergleich von beiden. Weil sie aber vom Anfang an den Lenin´schen Bezug auf Clausewitz erwähnten und dadurch einen neutralen Vergleich von Theorien erschwerten, ging es der Forschung vornehmlich darum, ob und inwieweit Clausewitz auf Lenin Einfluß ausübte. Um das zu vermeiden, werde ich diese Bezüge im letzten Kapitel nach der Vorstellung von beiden Theorien vorstellen, so daß man klarere, politikwissenschaftliche Ergebnisse aus beiden ziehen kann. Da die Darstellungsmöglichkeiten einer Hausarbeit für diesen Zweck sehr begrenzt sind, werde ich nur die dafür relevanten Themen und Stoffe vorstellen.

II. Clausewitz´ Verständnis vom Krieg

1. Historische Hintergründe und Clausewitz

Clausewitz´ Berühmtheit gründet sich ausschließlich auf sein Hauptwerk Vom Kriege , in dem seine durch intellektuelle Studien und militärische Erfahrungen wohlgeprüfte, lebenslange Überlegungen vom Krieg niedergelegt sind. Denn für einen Berufsoffizier verlief seine Karriere unter seinen Vorgesetzten, Scharnhorst und Gneisenau, nicht so exorbitant, daß sein Name nachfolgenden Generationen bekannt sein könnte.

Seine Erkenntnisse über den Krieg wurden aus der Sicht eines Preußens in der napoleonischen Zeit gesammelt. Diese wird charakterisiert durch Schlachten und Niederlagen. Die katastrophalen Niederlagen der preußischen Truppen bei Jena und Auerstedt gegen Napoleon 1806 waren so überwältigend, daß sie ein ganzes Weltbild zum Einsturz brachten. Die Napoleonische Kriegsführung, seine Genialität und die neuen Organisationsformen des französischen Militärs (gegenüber deren vom Ancien régime) beeinflußten seine Gedanken, die später durch siegreiche Schlachten gegen Napoleon in Rußland/Moskau 1812 und Belgien/Waterloo 1815 vertieft wurden. Diese hatten auf Clausewitz – genau wie seine Vaterlandsliebe – große Wirkung auf seine Überlegungen über Staat und Gesellschaft.

Clausewitz war seiner Herkunft und Erziehung nach ein wahrer Preuße, der den besiegten Staat Preußen, dem erst keine große Überlebenschance zwischen den Großmächten eingeräumt wurde, als Generalstabsoffizier und Militärschullehrer eifrig und erfolgreich wieder aufbauen half. Clausewitz erkannte, daß der anfängliche Triumph Frankreichs nicht nur auf o.g. Gründen, sondern auch auf die Schwäche des überholten preußischen Militärs zurückzuführen war. Die administrativen und militärischen Reformen sollten eine rationale Führung der Institutionen ermöglichen, in deren Rahmen z.B. der stärkere Zugang von Untertanen in die Institutionen gefördert wurde.[1] Dies bezüglich war die Frage der allgemeinen Wehrpflicht von Interesse. Denn es mußten neue, realistische Ausbildungsmethoden eingeführt werden; zumal eine Gefahr für die Monarchie darin bestehen konnte, daß sich die Streitkraft der Landwehr nicht nur gegen das Ausland, sondern auch gegen sie selbst (wie in der französischen Revolution) wendete. Seit 1809 war Clausewitz als Kapitän des Kriegsdepartement unter Scharnhorst[2] und später als General und Lehrer an der neuen Kriegsschule für Offiziere tätig, so daß er die Qualität der operativen militärischen Führung durch u.a. Vorlesungen über Taktik und Strategie verbessern konnte. Clausewitz befand sich also im Zentrum der Heeresreform. Zugleich gewann er Einsicht in der Wechselwirkung zwischen Militärpolitik und allgemeiner Politik, welches seine Schriften maßgeblich prägte.

2. Theorie des Krieges

1. Theoretischer Teil

Es wird oft erwähnt, daß Clausewitz´ Theorie in Vom Kriege einige Widersprüche in sich beinhaltet, da das Werk (samt den gemachten Korrekturen einiger Stellen) unvollendet blieb.[3] Dennoch zeigt diese einige Hauptgedanken von Clausewitz klar umrissen. Um das Phänomen Krieg genauer zu fassen, untersucht Clausewitz dieses sowohl auf der begrifflich-abstrakten als auch auf der realen Ebene. Als er 1817 mit dem Hauptwerk begann, erklärte er, daß dessen Sinn „in dem Bestreben liegen würde, das Wesen der kriegerischen Erscheinungen zu erforschen,...zu zeigen...Untersuchung und Beobachtung, Philosophie und Erfahrung dürfen nie einander verachten noch ausschließen“[4]. Das erste Buch, Über die Natur des Krieges , beginnt daher mit einer abstrakt gehaltenen Diskussion, nämlich über den"absoluten Krieg". Dort wird der Krieg zuerst definiert als „ein Akt der Gewalt, um den Gegner zur Erfüllung unseres Willens zu zwingen“[5], wobei die Voraussetzung dieser Definition für Clausewitz diese ist: der Krieg ist ein erweiterter Zweikampf zwischen Gegnern. Die Gewalt ist das Mittel des Krieges im Unterschied zum Zweck des Krieges, der in dem Willen der feindseligen Absicht zu sehen ist. Sie ist in erster Linie als die physische Gewalt des kriegerischen Aktes zu verstehen. Wenn die beiden Gegner gleichzeitig diesen Zweck mit der Gewalt und Willenskraft um des Sieges willen verfolgen würden, d.h. im gleichen Maß, würde sich der Akt der Gewalt gegenseitig steigern, so daß der Krieg sich zu einem „Absoluten“ verwandeln würde.[6]

Jedoch versteht Clausewitz diese Definition im langläufigen Sinn (also wenn z.B. ein Laie an Krieg denkt) und bleibt somit im theoretischen Rahmen ohne reale Bedingungen. In der Wirklichkeit gibt es verschiedene Störfaktoren dieses „absoluten Krieges“ und die Definition des Krieges braucht Modifikationen bzw. Ergänzungen. Diese sind:

1. Es werden beispielsweise unter Umständen jeweils verschiedene, mögliche Gefahren, Anstrengungen, der Informationsgrad der Nachrichten, Unsicherheits- und Zufallsfaktoren wie die Wetterveränderung erwähnt, die große Schwierigkeiten für das Entwerfen und Ausführen der kriegerischen Operationen bedeuten und die den reinen Akt der Gewaltverfolgung im Krieg unmöglich machen. Clausewitz faßt diese Faktoren unter dem Begriff „Friktion“ zusammen.[7]

2. Die Modifkation des kriegerischen Geschehens ist nicht allein der Friktion zuzuschreiben. Der Krieg, besonders der Zweikampf, besteht, wie erwähnt, in einer Reihe von Wechselwirkungen, in denen nicht nur die Feindseligkeit und Gewaltätigkeit gesteigert wird, sondern in denen die durch Menschen verursachten Friktionen in einer viel komplizierteren Art des kausalen Zusammenhangs die Unvorhersehbarkeit der Kriegsführung verursacht.[8] Dies erkannte Clausewitz durch seine Studien historischer Fälle. Um die Mitte der 20er Jahre war er überzeugt, daß hierdurch in der Vergangenheit häufig begrenzte Konflikte entstanden.

Durch 1. und 2. verliert dennoch der analytisch abgeleitete Begriff des absoluten Krieges nicht seine Gültigkeit. Denn die Gewalt bleibt weiterhin das Wesentliche im kriegerischen Akt – auch für begrenzte Kriege. In diesem Fall zeigt sich diese wesentliche Eigenschaft des Krieges nicht im vollen Ausmaß.

3. In einem begrenzten Krieg ist es entscheidend, welches Ziel und welcher Zweck im Krieg von den Führungseliten verfolgt wird. Wenn die Absicht zum Krieg beschränkt ist, ergiebt dies prinzipiell ohne Friktion einen begrenzten Krieg. Jedoch kann es zu einem Krieg (im Allgemeinen) durch verschiedene Ziele kommen: Niederwerfung des Gegners, um ihn politisch zu vernichten oder ihm beliebige Bedingungen aufzuzwingen. Oder die Eroberung von Gebieten, um das Eroberte zu behalten oder das besetzte Gebiet bei den Friedensverhandlungen als Druck- oder Tauschmittel einzubringen.

[...]


[1] Für die Liberalisierung legten die Reformen – nämlich durch Abschaffung der legalen Privilegien des Adels, Schaffung neuer Betätigungsmöglichkeiten für den Mittelstand und dazu notwendige Stärkung der Kompetenzen der Verwaltung – den Grundstein. vgl. Paret S. 174

[2] Scharnhorst war als Vorsitzender der Kommission für die Modernisierung der Armee und später als Generalstabschef das Haupt der Heeresreform.

[3] etwa Hahlweg, Clausewitz, 1957 S. 60

[4] Clausewitz, S. 23, aus der Vorrede des Verfassers

[5] ebd. S. 27

[6] Dies wurde in der Vergangenheit von vielen Militärwissenschaftler in der Art mißverstanden, als daß Clausewitz darauf bestünde und der absolute Krieg seine Theorie vertrete. In diesem Zusammenhang wurde Clausewitz als Theoretiker und Vorläufer der Konzeption des totalen Krieges angesehen. Vgl. Herberg-Rothe S.50

[7] vgl. Clausewitz, 1. Buch 7. Kapitel

[8] Clausewitz´ Aufsatz Über das Fortschreiten und den Stillstand läßt erkennen, daß er sich um 1817 schon nicht damit begnügte, die Modifikationen allein der Friktion zuzuschreiben. Paret S. 458ff.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Clausewitz und Lenin - Kriegstheorien
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin
Note
2
Autor
Jahr
2004
Seiten
18
Katalognummer
V84564
ISBN (eBook)
9783638009591
Dateigröße
380 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Clausewitz, Lenin, Kriegstheorien
Arbeit zitieren
Chise Onuki (Autor:in), 2004, Clausewitz und Lenin - Kriegstheorien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84564

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