Deutsche Außenpolitik während der Irakkrise

Außenpolitischer Wandel im Kontext gesellschaftlicher Interessen?


Seminararbeit, 2007

20 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Fragestellung und theoretischer Ansatz
1.2. Methodik und Analysezeitraum
1.3. Durchführung der Arbeit

2. Korrelation zwischen Regierungspolitik und öffentlicher Meinung (UV)
2.1. Der Deutschlandtrend
2.1.1. Deutschlandtrend vom 09.08.2002
2.1.2. Deutschlandtrend vom 13.09.2002
2.2. Die „Sonntagsfrage
2.2.1. Umfrageergebnisse von August/ September
2.2.2. Die deutsche Position zu militärischen Aktionen gegen den Irak (Auszug)
2.3. Ergebnis

3. Wandel oder Kontinuität deutscher Außenpolitik? (AV)
3.1. Truppenstärke, Finanzierung der Bundeswehr
3.2. Zivilmacht
3.3. Ergebnis

4. Schlussbetrachtungen
4.1. Ergebnisse der Arbeit
4.2. Erklärungsansatz

5. Literatur

1. Einleitung

Deutsche Außenbeziehungen waren nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges von der Abkehr von militaristisch-imperialistischer Machtpolitik gekennzeichnet. Vor dem Hintergrund der Zäsur von 1945 und dem damit einhergehenden „Zivilisierungsprozesses“[1], zielte die Bundesrepublik Deutschland innenpolitisch auf die Transformation zur Demokratie und außenpolitisch auf die Kooperation mit den westlichen Mächten. Deutsche Außenpolitik - durch Nationalsozialismus und chauvinistischen außenpolitischen Alleingang geprägt – änderte sich in den darauffolgenden Dekaden grundlegend, hin zu internationaler Kooperation, mit dem Ziel internationale Strukturen, welche außenpolitisches Handeln regulieren und kontrollieren, zu schaffen, zu unterstützen und sich in diese zu integrieren.[2] Das Primat bundesrepublikanischer Außenpolitik manifestiert sich auch bis heute in der Präambel des Grundgesetzes, wonach Deutschland bestrebt ist, „als gleichberechtigtes Mitglied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen“[3]. Allerdings wurden in der Wissenschaft die Perspektiven und Ziele deutscher Außenpolitik im Zuge der Irakkrise kontrovers diskutiert. Während einige in der Absage einer deutschen Beteiligung an einem militärischen Vorgehen der Vereinigten Staaten gegen den Irak, „Deutschlands Rückkehr auf die Weltbühne“ (Schöllgen)[4] sahen, so diagnostizierten andere der deutschen Außenpolitik eine „Erosion der Gestaltungsmacht“ (Maull)[5]. Maull behauptete, dass sich jedoch alle in einem Punkt einig seien, nämlich, dass sich die deutsche Außenpolitik deutlich verändert und angefangen hätte sich „aus ihren alten Bindungen zu lösen“[6]. Dem widersprach Risse, welcher der Ansicht ist, dass in dem außenpolitischen Handeln Deutschlands im Spätsommer 2002 (und auch danach) kein „radikaler Bruch bundesrepublikanischer Außenpolitik mit ihren eigenen Traditionen“[7] erkennbar sei. Seine These ist, dass es zwar bei der Mittelwahl in der deutschen Außenpolitik Veränderungen gab, bei den außenpolitischen Zielen jedoch dominierte die Kontinuität.[8] Ob nun die bundesdeutsche Außenpolitik während der Irakkrise einen selten zuvor „so abrupten, unvorbereiteten Kurswechsel“[9] erfahren hat oder ob es sich um Kontinuität deutscher Außenpolitik gehandelt hat, soll Thema dieser Hausarbeit sein.

1.1 Fragestellung und theoretischer Ansatz

Ziel dieser Hausarbeit wird es sein, einen Zusammenhang zwischen gesellschaftlicher Partizipation an und Einflussnahme auf außenpolitische Fragen und den Wandel respektive die Kontinuität außenpolitischen Handelns anhand einer Einzelfallstudie zur Bundesrepublik Deutschland zu analysieren.

Die liberale Schule der Internationalen Beziehungen hält an einer Korrelation zwischen liberaldemokratischem Regierungssystem und internationalem Frieden fest und sieht in der weltweiten Verbreitung des liberaldemokratischen Verfassungsstaates die beste Garantie für Friedenssicherung.[10] In der Definition von Moravcsik baut der Liberalismus auf den Grundannahmen auf, dass Individuen und sozietale Gruppen die zentralen Akteure der Internationalen Politik sind[11], und dass „die Politik von Regierungen die Interessen der Gesellschaft bzw. der durchsetzungsfähigen gesellschaftlichen Gruppen repräsentiert“[12]. Hierbei unterscheidet er (Moravcsik) zwischen dem ideational, dem commercial und dem republican liberalism, wobei er beim republikanischen Liberalismus das Staatsverhalten abhängig von der politischen Repräsentanz respektive den Zugangschancen zu politischen Entscheidungen macht.[13] I.e., dass die innere Struktur der Staaten ihr Außenverhalten bestimmt. Demnach ist der Handlungsspielraum des Staatsapparates in liberaldemokratischen Industrie-ländern in hohem Maße von den gesellschaftlichen Akteuren geprägt, welche versuchen ihre jeweiligen Ziele zu erreichen und dabei keine Staatsräson verfolgen.[14]

Vor dem Hintergrund der dargelegten wissenschaftlichen Debatte um die Performance bundesdeutscher Außenpolitik während der Irakkrise (und auch danach) und der knapp skizzierten theoretischen Annahmen, generieren sich für die vorliegende Arbeit drei Fragen: Lässt sich aus der Verweigerung der Regierung Schröder/ Fischer während der Irakkrise die USA diplomatisch und militärisch bei ihrem (geplanten) Irakkrieg zu unterstützen, auf Wandel oder auf Kontinuität deutscher Außenpolitik schließen? Wie ist die Entscheidung der Bundesregierung aus Sicht des Liberalismus` nach Moravcsik zu beurteilen? Warum verweigerte die Bundesregierung den USA ihre Unterstützung?

1.2. Methodik und Analysezeitraum

Die Hypothese auf die sich diese Arbeit gründet, ist folgende: Wenn die Politik von Regierungen die Interessen der Gesellschaft repräsentiert, dann muss, vor dem Hintergrund, dass der deutschen Außenpolitik attestiert wurde sie habe sich „ins Abseits“[15] bewegt, ein Wandel der deutschen Außenpolitik erkennbar sein.

Als unabhängige Variable (UV) wird hierbei die Gestaltung der Regierungspolitik in Bezug auf außenpolitische Präferenzen der Gesellschaft[16] definiert werden. Ein Indikator dafür ist die Macht der Gesellschaft, während eines Wahlkampfes innenpolitischen Druck auszuüben und dadurch Einfluss auf politische Entscheidungsprozesse zu nehmen. Die Operationalisierung wird anhand der vom Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap erhobenen Daten zur gesellschaftlichen Zustimmung/ Ablehnung des Irakkriegs (Deutschlandtrend) und der „Sonntagsfrage“ erfolgen.

Die abhängige Variable (AV) in dieser Arbeit ist der Wandel der deutschen Außenpolitik. Ein Indikator für Wandel ist die Militarisierung respektive Demilitarisierung der deutschen Außenpolitik. Ein anderer Indikator ist die Abkehr vom/ das Beibehalten des Prinzips der Zivilmacht als Primat deutscher Außenpolitik. Die abhängige Variable wird zum einen anhand der Zu- bzw. Abnahme der Truppenstärke und der Anzahl der Auslandseinsätze der Bundeswehr (für den ersten Indikator) und zum anderen anhand der Finanzierung der EU und den finanziellen Zuwendungen für Entwicklungsländer seitens Deutschlands (zweiter Indikator) operationalisiert werden.

Der Analysezeitraum umfasst im groben Anfang August bis Ende September 2002. I.e., von der heißen Phase des Bundestagswahlkampfes bis kurz danach.

1.3. Durchführung der Arbeit

Die Arbeit ist so aufgebaut, dass zunächst die öffentliche Meinung der bundesdeutschen Bürger zu einem möglichen Irakkrieg dargestellt wird und danach die „Sonntagsfrage“ diskutiert wird. Anschließend werden beide Ergebnisse in Relation gesetzt und darauf anschließend wird das Ergebnis aus Sicht der Theorie beurteilt werden (UV, Teil 2).

In Teil 3 wird ein möglicher Wandel der deutschen Außenpolitik (AV) zunächst anhand von empirischen Daten überprüft werden. Daraufhin wird ein knapper Überblick von „Zivilmacht“ skizziert werden, um dann zu klären ob eine Abkehr von diesem Prinzip deutscher Außenpolitik stattgefunden hat.

Auf Teil 2 und 3 aufbauend wird in Teil 4 der in der Hypothese aufgeworfene Kausalnexus untersucht werden, um schlussendlich einen Erklärungsansatz für das politische Handeln der Bundesregierung im Spätsommer 2002 zu geben.

2. Korrelation zwischen Regierungspolitik und öffentlicher Meinung (UV)

2.1. Der Deutschlandtrend

Mit dem Deutschlandtrend ermittelt Infratest dimap im Auftrag der ARD- Tagesthemen und mehrerer Tageszeitungen regelmäßig das aktuelle politische Meinungsbild in der Bundesrepublik. Der (ARD-)Deutschlandtrend basiert auf einer repräsentativen Telefonbefragung (CATI) von rund 1.000 Wahlberechtigten in Deutschland (700 West, 300 Ost). Die Befragung umfasst insgesamt rund 14 Fragen, davon etwa die Hälfte zu aktuellen Themen und Ereignissen. Der (ARD-) Deutschlandtrend wird monatlich erhoben. Im unmittelbaren Vorfeld von Bundestagswahlen und als Reaktion auf wichtige politische Ereignisse erscheint er außerhalb dieses Rhythmus als Deutschlandtrend extra.[17]

[...]


[1] Wolfrum (2006), 11

[2] Vgl. dazu ausführlich: Loth (1989), 27-31; Schöllgen (2004), 18-86

[3] Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland 1996, Präambel

[4] Zit.n. Risse (2004), 24

[5] ebd.

[6] Maull (2004), 17

[7] Schöllgen (2004), 237

[8] Vgl. Risse (2004), 24

[9] Schwarz (2005), 25

[10] Vgl. Gu (2002), 63ff

[11] Vgl. Harnisch (2003)

[12] Rittberger/ Schimmelfennig (1997), 8

[13] Vgl. Moravcsik (1997)

[14] Gesellschaftliche Gruppen zielen nicht darauf ab, die Macht des Staates im internationalen System zu steigern. Vgl. Rittberger/ Schimmelfennig (1997), 8

[15] Maull (2004), 17

[16] Gesellschaft wird hier im Allgemeinen, als eine durch unterschiedliche Merkmale zusammengefasste und abgegrenzte Anzahl von Personen, die als soziale Akteure miteinander verknüpft leben und direkt oder indirekt interagieren, definiert behandelt werden.

[17] Vgl. Infratest dimap. ARD-Deutschlandtrend.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Deutsche Außenpolitik während der Irakkrise
Untertitel
Außenpolitischer Wandel im Kontext gesellschaftlicher Interessen?
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Osteuropainstitut/ FB Politik)
Veranstaltung
Deutsche Außenbeziehungen
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
20
Katalognummer
V84476
ISBN (eBook)
9783638008242
Dateigröße
598 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Mit 5 Abbildungen.
Schlagworte
Deutsche, Außenpolitik, Irakkrise, Deutsche, Außenbeziehungen
Arbeit zitieren
Ljubomir Milev (Autor:in), 2007, Deutsche Außenpolitik während der Irakkrise, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84476

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