Öffentlichkeit und öffentliche Meinung bei Habermas


Seminararbeit, 2006

12 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Habermas' Begriff der Öffentlichkeit
2.1. Öffentliche Meinung aus sozialpsychologischer Perspektive
2.2. Öffentliche Meinung aus soziologischer Perspektive

3. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die vorliegende Seminararbeit basiert auf einem Referat zum Öffentlichkeits-Begriff, wie Jürgen Habermas ihn in seiner Habilitationsschrift "Strukturwandel der Öffentlichkeit" entwickelt. Jedoch wird die Betrachtung nicht die gesamte Genese der Habermas'schen Begrifflichkeit und dessen Begründungen umfassen, sondern vielmehr die resümierenden Kapitel seines Werkes, in denen er sowohl eine "sozialpsychologische Auflösung des Begriffs"[1] unternimmt, als auch einen "soziologischen Versuch der Klärung"[2] wagt. Aufgrund der Übersichtlichkeit des zur Verfügung stehenden Platzes kann an dieser Stelle weder auf das Gesamtkonzept Habermas' eingegangen werden, noch können komplexe sachliche Verflechtungen und deren Argumentationen erschöpfend behandelt werden - neben einer knappen Beschreibung der von Habermas dargestellten Sachverhalte sollen daher ausschließlich einige ausgesuchte Details herausgenommen und tiefer hinterfragt werden.

Aus den genannten Gründen soll in diesem Rahmen insbesondere der Fragestellung nachgegangen werden, inwieweit die vorgestellte Problemlösung Habermas', die er auf den letzten Seiten der Schrift präsentiert, praktikabel ist und welche Möglichkeiten einer konkreten Ausgestaltung dieser Vorschlag haben könnte.

2. Habermas' Begriff der Öffentlichkeit

Öffentlichkeit ist nach Habermas "epochaltypische Kategorie"[3], die als "grundlegendes gesellschaftliches Ordnungsprinzip fungiert"[4]. Reese-Schäfer sieht darin einen "Begriff zur Beschreibung des kommunikativen Raumes zwischen bürgerlicher Privatsphäre und dem Staat"[5].

Die "institutionalisierte Fiktion"[6] einer öffentlichen Meinung ist für Habermas eine bedeutende demokratietheoretische Konstante, wenn nicht gar die Legitimationsgrundlage, und das heißt für die Legislative, dass sie "zur Materie von politisch relevanten Überlegungen, Entscheidungen und Maßnahmen gemacht wird"[7]. Gleichwohl gibt es auf die Frage, was öffentliche Meinung bedeutet, vielfältige Antworten, die Habermas zu beantworten sucht.

So nimmt dieser Begriff "eine andere Bedeutung an, je nachdem, ob sie als kritische Instanz im Verhältnis zur normativ gebotenen Publizität des Vollzugs politischer und sozialer Gewalt beansprucht oder als rezeptive Instanz im Verhältnis zur demonstrativ und manipulativ verbreiteten Publizität für Personen und Institutionen, Verbrauchsgüter und Programme in Dienst genommen wird"[8].

Aus soziologischer Perspektive ist für Habermas eine Begriffsklärung jedoch zwingend mit einer entwicklungs-geschichtlichen Betrachtungsweise verknüpft: "Ein historisch sinnvoller, normativ den Ansprüchen sozialstaatlicher Verfassung genügender, theoretisch klarer und empirisch einlösbarer Begriff der öffentlichen Meinung ist nur aus dem Strukturwandel der Öffentlichkeit selber, und aus der Dimension ihrer Entwicklung zu gewinnen"[9]. Anhand Hemings Zuspitzung, nach der öffentliche Meinung als das "Filtrat von Öffentlichkeit als sozialem Kommunikationsraum"[10] anzusehen ist, wird deutlich welch wichtige Rolle einer präzisen Klärung des Begriffes der Öffentlichkeit zuteil wird, will man, wie oben von Habermas ausgeführt, ein Theorem der öffentlichen Meinung vorlegen.

Unmittelbar dazu gehört die historische Betrachtung der Entstehung von Öffentlichkeit und ihres Begriffs.

Habermas zufolge gliedert sich die Entstehung in drei Phasen, nämlich in die Phase der "repräsentativen Öffentlichkeit", der "bürgerlich-liberalen Öffentlichkeit" sowie des "Zerfalls der bürgerlich-liberalen Öffentlichkeit".

Unklar bleibt, warum Habermas eine vierte Phase namentlich nicht explizit macht, nämlich den gegenwärtigen Zustand der Öffentlichkeit, der sich von dem Zustand des Zerfalls bürgerlich-liberaler Öffentlichkeit offenbar deutlich unterscheidet.

Hauptmerkmale der Phase der "repräsentativen Öffentlichkeit", die Habermas vor Ende des 18. Jahrhunderts verortet, sind eine strikte Trennung zwischen Privatsphäre und öffentlicher Sphäre, ein geringes Potenzial sowohl des Bürgers als auch des Volkes kritisch gegenüber der Herrschaft zu agieren - mangels ausreichender Publizität. Des Weiteren sind die Entscheidungsstrukturen nicht demokratisch, also auch nicht partizipatorisch. Die Entscheidungen werden dem Volk lediglich verkündet, es findet also eine "Herrschaft vor dem Volk, statt durch das Volk"[11] statt. Daraus entwickelt sich nach Habermas zunehmend eine bürgerlich-liberale Öffentlichkeit. Bedingt durch den Zerfall feudaler Strukturen und einer wachsenden Trennung zwischen privater und öffentlicher Sphäre. Dabei sieht Heming die Öffentlichkeit als zwischen beiden Polen vermittelndes Prinzip; Öffentlichkeit sei politisch in ihrer Funktion, jedoch aus privaten Elementen bestehend: "als Zusammenkunft deliberierender Privatleute bleibt Öffentlichkeit konstitutiv selbst Bestandteil des privaten Bereichs"[12]. Die politische Funktion der Öffentlichkeit besteht vor allen Dingen darin, dem Staat die Bedürfnisse der Gesellschaft durch das Medium der öffentlichen Meinung zu vermitteln, Öffentlichkeit versteht sich so unter anderem selbst als Gegenpol zu den staatlichen Autoritäten[13]. Idealerweise stellt Habermas sich Öffentlichkeit als Raum vor, in dem Herrschaft aufgelöst und in Vernünftigkeit überführt werden soll, durch deliberierenden, Konsens erzeugenden Diskurs[14].

Nun, gegen Ende des 19. Jahrhunderts, sieht Habermas den Zerfall der bürgerlich-liberalen Öffentlichkeit aufkommen. Bedingt durch den strukturellen Wandel des privaten und öffentlichen Bereichs - Auslöser sind unter anderem Entwicklungen im wirtschaftlichen, technologischen und soziokulturellen Bereich verschwindet das Publikum räsonierender Privatleute. Habermas liest aus den zahlreichen, von ihm verwendeten historischen Dokumenten eine "Verstaatlichung der Gesellschaft und [eine] Vergesellschaftung des Staates"[15] heraus. Das einstmals kulturräsonnierende Publikum gerät inmitten dieses Zerfallsprozesses immer mehr zum kulturkonsumierenden Publikum, was seiner Ansicht nach eine Verschiebung der Macht zwischen beiden Spielarten der Publizität zur Folge hat - die kritische Publizität wird ersetzt durch eine manipulative. In Anlehnung an die Verhältnisse in der Zeit der repräsentativen Öffentlichkeit spricht Habermas hier von "refeudalisierten Strukturen". Heming bemerkt dazu: "Das Publikum der 'plebiszitär' erweiterten Öffentlichkeit verliert seine soziale Exklusivität, die bislang, durch die dem Bürgertum vorbehaltenen Attribute von Besitz und Bildung, strukturiert und gewährleistet schien"[16]. Die bis dato "von spezifisch bürgerlichen Interessen getragene, [..] homogene Öffentlichkeit"[17] wird zum "Zielhorizont unterschiedlicher Interessen-Vertretungen"[18] und zeitigt entsprechende "politische Fraktionierungen"[19].

[...]


[1] Habermas, SDÖ S. 343

[2] Habermas, SDÖ S. 352

[3] Habermas, S. 13

[4] Heming, S. 25

[5] Reese-Schäfer, S. 34

[6] Habermas, S. 344

[7] Habermas, S. 353

[8] Habermas, S. 343

[9] Habermas, S. 353

[10] Heming, S. 172

[11] Heming, S. 54

[12] Heming, S. 49

[13] vgl. Heming, S. 55f.

[14] vgl. Habermas, S. 16

[15] Heming, S. 17

[16] Heming, S. 53

[17] ebenda

[18] ebenda

[19] ebenda

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Öffentlichkeit und öffentliche Meinung bei Habermas
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Philosophisches Institut)
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
12
Katalognummer
V84414
ISBN (eBook)
9783638005555
ISBN (Buch)
9783640751693
Dateigröße
428 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Meinung, Habermas
Arbeit zitieren
Leonard Ameln (Autor:in), 2006, Öffentlichkeit und öffentliche Meinung bei Habermas, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84414

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