Staatszerfallskriege im Zeitalter der wirtschaftlichen Globalisierung


Hausarbeit, 2003

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Bürgerkriege der letzten Jahre
1.1 Fallbeispiel Liberia
1.2 Fallbeispiel Angola
1.3 Schlussfolgerung

2. Struktur der „neuen Kriege“
2.1 Wer hat ein Interesse an Bürgerkriegen?
2.2 Vorbedingungen für das Entstehen von Warlords und Kriegsökonomien
2.3 Was ist ein Warlord?
2.4 Soziale Struktur von Rebellengruppen
2.5 Kindersoldaten
2.6 Neue Kriegsführung

3. Gesellschaftliche Folgen

4. Wirtschaftliche Globalisierung und die Finanzierung von Bürgerkriegen

Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Einleitung

In den letzten Jahren gab es eine Vielzahl von Konflikten innerhalb von zerfallenden Entwicklungsländern. Der Konflikt in Liberia ist hier nur eines von vielen Beispielen. In dieser Arbeit soll untersucht werden, welche Struktur diese Staatszerfallskriege haben und welchen Einfluss die neoliberale Globalisierung auf die Entstehung und den Verlauf von Bürgerkriegen und Genoziden hat.

1 Bürgerkriege der letzten Jahre

1.1 Fallbeispiel Liberia

Charles Taylor, Warlord, Händler von Edelhölzern und Edelsteinen, wurde Präsident Liberias nachdem sein Amtsvorgänger Doe 1990 vor laufenden Kameras gefoltert und ermordete worden war. Seitdem ist Liberia nicht mehr zur Ruhe gekommen. Etwa 200.000 Menschen sollen allein in den neunziger Jahren in Kämpfen getötet worden sein[1]. Heute ist Liberia „...so verkommen, dass es nicht einmal auf dem Entwicklungsindex der UNO auftaucht.“[2]. Zudem wurde die Region destabilisiert. „Un panel de investigación concluyó en diciembre de 2000 que el Gobierno de Taylor estaba contribuyendo a la prolongación de la guerra civil sierraleonesa…“[3]. Trotzdem wurde erst 2003 verstärkt Druck auf Taylor ausgeübt, sein Amt preiszugeben.

Besonders auf die Unterstützung der USA wird in Liberia gehofft. Diese haben ein besonderes Verhältnis zu Liberia, wurde dieses doch als Staat ehemaliger Sklaven 1847 gegründet. „Liberia war mehr als ein Jahrhundert lang ein inoffizielles Bundesland der USA. Flagge, Sprache, Namen, Benehmen – alles wurde vom großen Bruder jenseits des Atlantiks kopiert. Und was manchen Afrikaner, der von der Renaissance und Eigenständigkeit des Kontinents träumt, wurmt: Eineinhalb Jahrhunderte später wünschen sich die Liberianer wohl nichts sehnlicher als die Rückkehr zu jenen Zeiten, als Washington sie beschützte und das Land als „Firestone - Country“ galt.“[4]. Zudem würde eine erfolgreiche Einflussnahme der USA in Liberia das Verhältnis zu den Vereinten Nationen, das wegen des Irakkrieges angespannt ist, beruhigen.

Am 14.08. landeten die ersten 120 amerikanischen Marines und übernahmen den Schutz des Flughafen außerhalb von Monrovia. Auffällig ist, dass die amerikanischen Soldaten nicht selbst für Frieden sorgen sollen, sondern mit einem Kontingent von 200 Mann die westafrikanische Eingreiftruppe ECOMIL unterstützen sollen. Der sonst oft beobachtete Führungsanspruch der Vereinigten Staaten auch und gerade in militärischen Angelegenheiten ist hier bisher nicht zu beobachten.

Das Problem ist die Regelung der Nachfolge Taylors. Mehrere Kandidaten erhoben bisher Ansprüche auf die Präsidentschaft.

So zum Beispiel Yormie Johnson, der den vorherigen Präsidenten Doe ermordete, sich dann jedoch mit Taylor überwarf und ins Exil nach Nigeria ging, wo er evangelischer Prediger wurde.

Oder Roosevelt Johnson, ein Kriegsherr, der sich 1996 in Monrovia mit Taylors Truppen Gefechte lieferte, bei denen mehrere tausend Zivilisten zu Tode kamen, will jetzt „die Demokratie nach Liberia bringen.“[5].

Hinzu kommen weitere Rebellenführer, wie Alhaji Kromah, Exilant in den USA, der für die LURD (Liberians United for Reconciliation and Democracy), die einen Großteil des Landes kontrolliert, bereits an Friedensgesprächen teilnahm.

Oder Senator Charles W. Brumskine, ein anfänglicher Unterstützer und späterer Kritiker des Taylor – Regimes, der ins Exil gehen musste.

Bei den Verhandlungen über Liberias Zukunft im ghanaischen Accra wurde nun Moses Blah ausgewählt, zwei Monate lang interimistisch das Land zu führen. Der bisherige Vizepräsident macht den Eindruck eines professionellen und seriösen Politikers[6], jedoch war er nicht nur durch sein Amt an den blutigen Konflikten in Liberia und Sierra Leone beteiligt. Er diente hier als Sonderbeauftragter des Präsidenten und Generalinspekteur der NPFL – Truppen.

1.2 Fallbeispiel Angola

Länger als 10 Jahre dauerte der Unabhängigkeitskampf gegen die portugiesischen Herren. Als Portugal 1974 unabhängig wurde, ging der Kampf allerdings weiter. Die UNITA (Nationalunion für die volle Unabhängigkeit Angolas) kämpfte gegen die MPLA – Regierung (Volksbewegung für die Befreiung Angolas). Angola erlebte einen „klassischen“ Stellvertreterkrieg; die MPLA wurde von der Sowjetunion und Kuba, die UNITA von den Vereinigten Staaten und Südafrika unterstützt. Im September wurden während eines Waffenstillstandes die ersten freien Wahlen abgehalten, die von der UNITA allerdings wegen ihres schlechten Abschneidens nicht anerkannt wurden. Im November 1994 wurde ein Waffenstillstand ausgehandelt, der die Auflösung der Rebellentruppen und Beteiligung der UNITA an der Regierung beinhaltete. 1998 wurde der Waffenstillstand seitens der UNITA aufgekündigt, woraufhin es innerhalb der Gruppe zu Kritik an der Führung Savimbis kam. „Since September 1999, the Angolan government has made a series of military victories and taken control of 92% of the country at present.“[7]. Der größte Erfolg der Regierungstruppen bestand jedoch darin, dass es gelang Savimbi 2002 in einem Hinterhalt zu töten und die Kommandostruktur der UNITA dadurch zu stören. Der Friede im Land ist allerdings sehr zerbrechlich; die UNITA will sich nach eigenen Angaben als Oppositionspartei etablieren, hat aber erhebliche Startschwierigkeiten. Auch die etwa 110.000 ehemaligen Kämpfer der UNITA[8] stellen ein erhebliches Gefahrenpotential dar.

Der Bürgerkrieg hat etwa 1 Million Tote gefordert, 11 Millionen sind auf der Flucht. Heute leben 65% der Bevölkerung in Armut[9]. „Gleichzeitig ist Angola wegen seiner Bodenschätze das viertreichste Land der Welt.“[10]. Gerade diese Bodenschätze ermöglichten es, die Kämpfe über Dekaden fortzusetzen. Ein Beispiel: „Zwischen 1992 und 1998 erzielte die UNITA Gewinne von mindestens 3,7 Milliarden US - $ aus Diamantenverkäufen. Die Verkäufe auf Märkten in Europa bilden das Rückgrat der Kriegsfinanzierung der UNITA.“[11].

1.3 Schlussfolgerung

Beide Fallbeispiele zeigen einige Auffälligkeiten der neuen Kriege auf.

Die Kriege überdauern zum Teil über Jahrzehnte; während das Land ausblutet, scheint das Kriegskapital durch die Ausbeutung von lokalen Ressourcen dauerhaft zur Verfügung zu stehen.

Die Bürgerkriege werden nicht durch Verhandlungen innerhalb des Landes, zwischen den Kriegsparteien, beendet, sondern durch die Zerstörung der gegnerischen Kommandostruktur (wie im Fall Angolas durch den Tod Savimbis) oder durch Intervention von außen.

Zurück bleibt eine militarisierte und fraktionierte Gesellschaft, was den Aufbau einer stabilen politischen Ordnung erschwert.

Nach dem Ende der Kämpfe müssen viele Güter importiert werden, um das Überleben der Zivilbevölkerung zu gewährleisten (Lebensmittel, Medikamente, etc.).

Auch die staatliche Ordnung muss oft importiert werden, dies führt faktisch zur Abhängigkeit von anderen Staaten und damit gegebenenfalls zu neokolonialen Strukturen.

2. Struktur der „neuen Kriege“

2.1 Wer hat ein Interesse an Bürgerkriegen?

In den meisten Bürgerkriegen geht es den Kriegsführenden Parteien in ihren offiziellen Verlautbarungen um politische Ziele (beispielsweise die Beseitigung eines politischen Regimes), wenn nicht politisch, so wird der Kampf als religiös oder ethnisch begründet dargestellt. Diese Gründe sind jedoch vorgeschoben und dienen allenfalls dazu, eine größere emotionale Mobilisierung von Bevölkerungsgruppen zu erreichen und damit die Rekrutierung von Kämpfern zu vereinfachen. Das oberste Ziel der Warlords ist es jedoch, Zugang zu Ressourcen und damit wirtschaftliche Macht zu erlangen. „Die maßlose Gewalt in Afrika zielt auf Öl, Diamanten, Gold, Coltan, Edelhölzer. Die Gewaltzone reicht von Sudan (Öl) über lukrative Regionen Westafrikas wie Sierra Leone (Diamanten), die Demokratische Republik Kongo (Diamanten, Gold, Coltan, Uran) bis in den Süden.“[12]. Zudem besteht immer die Gefahr, dass die Existenz von Unruhen in einem Staat die innere Sicherheit der Anrainerstaaten gefährdet. Da „schwarze Löcher der Rechtlosigkeit“[13] die Tendenz haben sich auszubreiten sind auch Friedenshoffnungen (wie etwa nach dem Tod von Unita-Führer Savimbi) oft nicht von langer Dauer, denn: „Rechtlosigkeit, Terror und Chaos bieten ideale „Produktionsbedingungen“ für das, was Experten eine „neue Kriegsökonomie“ nennen.“[14].

[...]


[1] Vgl: Christina Otten/Dominik Baur: Bürgerkrieg in Liberia. Selbst Mörder setzen auf Bush, 28.07.2003, www.spiegel.de.

[2] Thomas Knemeyer: Ihr habt unsere Mütter getötet, wir eure Väter. Liberias neuer Präsident ruft Rebellen zur Versöhnung auf – Kampfhandlungen beendet – Helfer versuchen, ihre Arbeit aufzunehmen, 13.08.2003, www.welt.de.

[3] Fundació Cidob: Biografías de Líderes Políticos CIDOB: Charles Taylor (Liberia), 10.07.2001, www.cidob.org.

[4] Thomas Knemeyer: Ihr habt unsere Mütter getötet, wir eure Väter. Liberias neuer Präsident ruft Rebellen zur Versöhnung auf – Kampfhandlungen beendet – Helfer versuchen, ihre Arbeit aufzunehmen, 13.08.2003, www.welt.de.

[5] Christina Otten/Dominik Baur: Bürgerkrieg in Liberia. Selbst Mörder setzen auf Bush, 28.07.2003, www.spiegel.de.

[6] Zurückhaltend, professionell – und undurchsichtig, 13.08.2003, www.welt.de: „Auf den ersten Blick macht Blah, der Ende der sechziger Jahre zeitweilig in Hamburg studierte und noch immer passabel Deutsch spricht, sogar einen überraschend guten Eindruck. Er ist zurückhaltend geblieben, sitzt gern selbst am Steuer seines Allradwagens und meidet generell den großen Auftritt. Bevor er im Juni 2000 zum Vizepräsidenten ernannt wurde, war er liberianischer Botschafter in Tripoli und Tunis.“.

[7] Ministry of Foreign Affairs of the PRC: Angola Question, www.fmprc.gov.cn.

[8] Vgl: Zoe Eisenstein: Angola´s UNITA focuses on future, 23.02.2003, www.reliefweb.int.

[9] Vgl: Anne Jung: Diamanten und Öl. Hintergründe des Bürgerkriegs in Angola, www.uni-kassel.de.

[10] Anne Jung: Diamanten und Öl. Hintergründe des Bürgerkriegs in Angola, www.uni-kassel.de.

[11] Anne Jung: Diamanten und Öl. Hintergründe des Bürgerkriegs in Angola, www.uni-kassel.de.

[12] Kols, Brigitte: Die Kriege der Warlords. Lokale Truppenführer ersetzen in Afrika häufig den kollabierten Staat – das Zeichen einer Ökonomie, die vom Konflikt lebt, Frankfurter Rundschau, 21.10.2002; in: www.madagasikara.de/2octdeu/02102frwarlords.htm

[13] Ebd.

[14] Ebd.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Staatszerfallskriege im Zeitalter der wirtschaftlichen Globalisierung
Hochschule
Universität Osnabrück
Note
1,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
18
Katalognummer
V84372
ISBN (eBook)
9783638002714
ISBN (Buch)
9783638912020
Dateigröße
450 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Staatszerfallskriege, Globalisierung, failed states
Arbeit zitieren
Magister Artium Andre Budke (Autor:in), 2003, Staatszerfallskriege im Zeitalter der wirtschaftlichen Globalisierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84372

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