Lösungsorientierte und systemische Beratung


Seminararbeit, 2007

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretischer Hintergrund
2.1 Kybernetik zweiter Ordnung
2.2 Zirkularität
2.3 Konstruktivismus

3 Zentrale Grundannahmen
3.1 „Menschen verändern sich durch Sprache“
3.2 Skizzierung der Hauptmerkmale lösungsorientierter Beratung
3.3 Unabhängigkeit von Problem und Lösung
3.4 Ratsuchende sind Experten und Berater nehmen eine Haltung des Nichtswissens ein
3.5 „Repariere nicht was nicht kaputt ist und wenn etwas funktioniert,
mache mehr davon“

4 Lösungsorientierte Techniken
4.1 Reframing
4.2 Wunderfrage
4.3 Komplimentieren
4.4 Offene und geschlossene Fragen
4.5 Skalierungsfragen
4.6 Zirkuläre Fragen
4.7 Vermeidung negativer oder vergleichender Zielformulierung
4.8 Ausnahmen
4.9 Coping-Fragen

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Die folgende Arbeit setzt sich mit den Seminarinhalten des theoretischen Hintergrunds der Lösungsorientierten und Systemischen Beratung, den zentralen Grundannahmen, den unterschiedlichen lösungsorientierten Techniken, unter dem Thema „Psychosoziale Beratung: Lösungsorientierte und Systemische Beratung“ auseinander. Die zu bearbeitenden Fragen, aus denen letztlich der Inhalt dieser Seminararbeit resultiert, wurden den oben genannten Teilthemen zugeordnet, so dass dem Aufbau der Arbeit eine gewisse Strukturierung gewährleistet werden kann.

Die Verwendung der ausschließlich männlichen Form im Sinne von Klient und Berater lässt jede wertende Haltung außen vor und wird lediglich der schriftlichten und leserlichen Einfachheit sowie Einheitlichkeit wegen verwendet.

2 Theoretischer Hintergrund

2.1 Kybernetik zweiter Ordnung

Abgeleitet von der Kybernetik erster Ordnung, die sich in ihren Anfängen zunächst auf technische Regelkreise bezog und erst später auch Anwendung auf soziale Systeme wie beispielsweise das der Familie fand, geht von einer Trennung von Objekt und Beobachter aus. Der Therapeut ist ein außenstehender Beobachter, der seine Analysen bezüglich der sozialen Systeme in objektiver Weise vollzieht, entsprechende Beeinflussungs- oder Veränderungsstrategien wählt und diese justierend zum Einsatz kommen lässt. Verschiedene Elemente eines komplexen Systems wirken hier in der Weise zusammen, dass Veränderungen aufgefangen und ausgeglichen werden.

Durch die Erweiterung und Veränderung dieses psychotherapeutischen Modells, das dann in den 80-er Jahren als Kybernetik zweiter Ordnung durch Heinz von Foerster seine Anfänge fand, wird der zuvor nur außenstehende Beobachter als Berater, als Teil des Systems, eben in dieses integriert und somit als interner Beobachter eingesetzt. Somit ist ein systemischer Zusammenhang von Klient und Berater gegeben und der objektive Blick von außen nicht mehr vorhanden. Vielmehr wird der Berater zum Interaktionspartner des Klienten, wodurch er bestimmte Interaktionsmuster, sowohl bewusst als eben auch unbewusst, mehr und weniger fördert (vgl. Bamberger 2005: 9). Auch auf Seiten des Klienten und seinem Verhalten im Beratungskontext trifft dies zu, wodurch sich ableiten lässt, dass der „Berater nie nur Beobachter und der Klient nie nur Beobachteter ist“ (Bamberger 2005: 10).

Für die Sozialarbeit und die Arbeit als Berater bedeutet dies, dass der Berater durch die Aufhebung der Objektivität zwar entlastet wird, indem er nicht einem permanenten Druck ausgeliefert ist immer das Richtige tun zu müssen und ihm wird zugleich ein größerer Kreativraum zur Anregung von inneren Suchprozessen und zur Ausschau von Alternativen zum gegenwärtigen Status gestellt. Jedoch muss er in der Interaktion eine Balance zwischen den inneren Suchprozessen und der Respektierung von Autonomie herstellen, da er allein durch die Tatsache des Beobachtens das System ja schon verändert. Die Konsequenz, die sich für die Praxis ergibt, ist also die, dass die Interaktion zwischen Berater und Klient einer ständigen Reflexion bedarf (vgl. Bamberger 2005: 10).

2.2 Zirkularität

Gemeint ist, dass in einem sozialen System die Verhaltensweisen des Einzelnen immer durch die Verhaltensweisen des anderen (mit-)bedingt sind und diese gleichzeitig bedingen. Demnach ist Verhalten sowohl unter dem Aspekt der Ursache als auch unter dem der Auswirkung zu betrachten. Da es sich folglich um einen zirkulären Prozess handelt, lässt sich schließen, dass die Auswirkungen wiederum zu den Ursachen für neues Verhalten werden und ein Problem immer das Ergebnis des Zusammenwirkens vieler Beteiligter und Zusammentreffens verschiedenster Umstände ist. Aus dieser Annahme ergibt sich dann, dass Kommunikation zirkulär, also kreisförmig und nicht linear verläuft. Als zentrale Prämisse der systemischen Sichtweise, die zur Grundlage der Systemischen Beratung wurde, gilt hier, dass alles Erleben und Verhalten seine Bedeutung aus der jeweiligen Lebenswelt und somit den dort ablaufenden Interaktionsprozessen gewinnt.

Im beratenden Prozess ist es für den Berater wichtig, konzentriert unter dem Aspekt der Zirkularität, den Klienten zu verstehen, ihn in der problemrelevanten Dynamik zu erkennen und ebenso die Beiträge der beteiligten Personen, wie sie sich aus unterschiedlichen Wahrnehmungs-, Vorstellungs- Überzeugungs- und Werthaltungs-konstruktionen sowie aus ihren unterschiedlichen Handlungsplänen und den Realisationen ergeben, zu identifizieren und in ihrer systemischen Gesamtwirkung für alle sichtbar und verstehbar zu machen. Somit geht es darum, auf eine Metaebene zu gelangen und den Blick über das große Ganze zu gewinnen (vgl. Bamberger 2005: 11).

2.3 Konstruktivismus

Die Frage, ob es eine wirkliche Wirklichkeit gibt, ist für einen Systemischen Berater irrelevant, denn nach Auffassung der Systemik sind dem Menschen grundsätzlich nur subjektive Realitäten zugänglich. Jeder Input wird demnach in ein biografisch geprägtes Ordnungs- und Bedeutungsraster, quasi eine innere Landkarte, einsortiert und so bestimmt das jeweilige Raster eines Menschen den Blick auf die Wirklichkeit. In aktuellen Lebenskontexten können zudem Stimmungen, Hoffnungen, Ängste usw. eine Rolle spielen, die der Welt eine individuelle Färbung geben. Realität wird also vom Menschen immer auf seine eigene Weise erschlossen bzw. konstruiert. Die Welt erschließt sich also nicht in Form von Fakten, sondern entsteht aus individuellen Interpretationen, Bedeutungsgebungen, gesellschaftlichen Vereinbarungen und Traditionen (vgl. Bamberger 2005: 12). Etwas Konstruiertes kann in autonomen Veränderungsprozessen folglich immer wieder auch umkonstruiert werden. Zum Beispiel: „Was wäre, wenn...? “

All das bedeutet aber auch, dass es zwischen Berater und Klient keinen Experten geben kann, der weiß, welche Konstruktionen von Wirklichkeit wirklich, richtig oder wahr sind. Im beratenden Umgang mit dem Klienten ist es deshalb wichtig, dass der Berater eine neugierige, unvoreingenommene, nicht wertende Haltung einnimmt. Dies erleichtert auch die Entwicklung einer tragfähigen therapeutischen Beziehung. Der Berater sollte die eigenen Denkkonstrukte immer wieder in Frage stellen. Wichtig ist es, dass der Berater darauf vertraut, dass der Klient als Experte für seine Welt am besten beurteilen kann, welche Konstruktionen für sein Leben nützlich und welche nicht nützlich sind.

3 Zentrale Grundannahmen

3.1 „Menschen verändern sich durch Sprache“

Aus dieser konstruktivistischen Perspektive wird die Möglichkeit dargeboten, bestimmte Dinge „herbeizureden“ und andere „totzuschweigen“. Dies gibt einen Hinweis auf die natürliche Funktion der Sprache, die im Zusammenhang mit der lösungsorientierten Beratung wie folgt erläutert werden kann: Die Sprache findet vor allem dann eine wichtige Bedeutung, wenn es darum geht eine Brücke zu bauen, die ein Ufer erreichen möchte, an dem unterschiedliche Möglichkeiten zur Lösungserreichung aufgezeigt werden. Die Bauelemente sind dabei Wörter, so dass die Brücke eine sprachliche Konstruktion darstellt (vgl. Bamberger 2005: 69). Es geht darum, zu einer Zielformulierung zu gelangen und eine Lösungsvision zu betrachten, was dadurch geschieht, dass verschiedene Lösungstechnologien, wie sie unter anderem in 4 erläutert werden, zum Einsatz gelangen. Mit der Herstellung einer Lösungsvision sind demnach gleichzeitig auch Lösungsintentionen verbunden. Da das lösungsorientierte Fragen lösungsorientiertes Denken begünstigt, dieses wiederum Einfluss hat auf lösungsorientiertes Handeln wird die Lösung begünstigt. Indem Klient und Berater als Interaktionspartner das Medium Sprache zum Austausch verwenden, führen die sprachlich initiierten ausgearbeiteten Erwartungen automatisch zu Rückkopplungsprozessen (vgl. Bamberger 2005: 71 f.). Dies bedeutet nichts anderes, als dass das Sprechen über die Lösung, welche in der Beratung konstruiert wird, zu nichts anderem führt, als dass beide beginnen dieses Lösungskonstrukt als real zu betrachten. Somit ist die Voraussetzung gegeben, dass Sprache den Menschen in seinen Denk- und Handlungsweisen verändern kann.

3.2 Skizzierung der Hauptmerkmale lösungsorientierter Beratung

- Humanistisches Menschenbild: Dieses Menschenbild, in dem der Mensch ein aktiver Gestalter seiner eigenen Existenz ist, gilt grundlegend.
- Ausrichtung auf das Positive: Eine Ausrichtung auf die Lösung oder ein Ziel erleichtert die Veränderung in eine bestimmte Richtung (vgl. Walter/Pellert 2004:27 ff.).
- Blick auf alternative Möglichkeiten richten: Das Problem stellt zwar eine Möglichkeit des Verhaltens des Klienten dar, aber es lässt sich immer unter verschiedenen Perspektiven betrachten, so dass die Alternativen nur noch entdeckt werden müssen (vgl. Bamberger 2005: 35) und der Sinn zur Möglichkeitsentwicklung automatisch gefördert wird.
- Ressourcen aktivieren: Der Klient hat alles was er braucht, um sein Problem zu lösen.
- Für den ersten Schritt ermutigen: Da jede Veränderung eine weitere Veränderung nach sich zieht, kann bereits eine kleine Veränderung beim Klienten
wesentliche Impulse zur Neuorganisation des Systems hervorrufen.
- Autonomie bewundern: Der Klient wird dazu angeregt, mit sich selbst wieder besser in Kontakt zu gelangen und seinem ganzen kreativen Potential und seiner Umgebung auf die Spur zu kommen.
- Kooperation realisieren: Es findet eine Kundenorientierung statt, in welcher der Ratsuchende der Experte ist und nicht der Berater, der nämlich als „Supervisor für die Interaktion mit der Außenwelt fungiert“ (Schmidt 1992 in Bamberger 2005: 38).
- Die Normalität fördern: Probleme werden nicht als unnormal angesehen, sondern als etwas, was in jedem menschlichen Lebenslauf auszumachen ist.
- Selbstwirksamkeit unterstützen: Letztlich soll ein Prozess des Lernens er-möglicht werden, in dem der Klient sich seiner Möglichkeiten der Selbststeuer-ung und Beeinflussung der Umwelt bewusst wird (vgl. Bamberger 2005: 40).

3.3 Unabhängigkeit von Problem und Lösung

Diese Aussage, dass ein Problem und seine Lösung unabhängig voneinander sind, will darauf hinaus, dass Lösungen und Probleme nicht zwingend etwas miteinander zu tun haben und somit kein Kausalzusammenhang zwischen ihnen besteht. Somit müssen Ursache, Entwicklung und Art des Problems nicht erst analysiert werden, um eine Lösung erreichen zu können, sondern können Probleme auch ohne vorherige Analyse gelöst werden. Und auch wenn der Berater die Ursache kennen sollte, heißt dies wiederum nicht verbindend, dass sich daraus die Lösung ergibt. Ziele zu setzen, Lösungen und neue Wege zu suchen und schließlich konkrete Schritte zu unternehmen benötigen demnach den Blick in die Zukunft und damit nach vorne und nicht in die Vergangenheit, womit vorherige Problemanalysen von Grund auf und in allen Details nicht benötigt werden.

Kurz und knapp gefasst: Eine Lösung passt zu vielen Problemen: Ein Problem kann mit verschiedenen Lösungen gefasst werden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Lösungsorientierte und systemische Beratung
Hochschule
Universität Lüneburg  (Bereich Soziale Arbeit)
Veranstaltung
Psychosoziale Beratung: Lösungsorientierte und systemische Beratung
Note
1,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
18
Katalognummer
V84032
ISBN (eBook)
9783638004534
ISBN (Buch)
9783638912303
Dateigröße
470 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lösungsorientierte, Beratung, Psychosoziale, Beratung, Lösungsorientierte, Beratung
Arbeit zitieren
Simone Böckem (Autor:in), 2007, Lösungsorientierte und systemische Beratung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/84032

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