Frauen in Führungspositionen. Theorien, Forschungsbefunde und Perspektiven


Bachelorarbeit, 2006

45 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung

2 Zum Thema „Führung“
2.1 Führungsdefinitionen – ein vielfältiger Gegenstandsbereich
2.1.1 Zusammenfassende Führungsdefinition
2.2 Bedeutung von Führung
2.3 Führungskriterien
2.3.1 Führungseigenschaften
2.3.2 Führungsstil
2.3.3 Führungsverhalten (Ohio-Studie)
2.3.4 Führungserfolg
2.4 Entwicklungstendenzen im Bereich der Führung

3 Frauen und Führung
3.1 Der Eintritt von Frauen in die Führungsetage
3.1.1 Repräsentanz von Frauen in Führungspositionen
3.1.2 Berufliche Motivation
3.2 Führungseigenschaften von Frauen
3.2.1 Führungsstil - Gibt es einen weiblichen Führungsstil?
3.2.2 Führungserfolg
3.3 Verdienst
3.4 Barrieren
3.4.1 Mutterschaft
3.4.2 Doppelbelastung durch Familie und Beruf
3.4.3 Angst der Männer vor der weiblichen Konkurrenz
3.4.4 Stereotypisierung

4 Frauen im Management – eine empirische Studie
4.1 Methodische Vorgehensweise
4.2 Ausgewählte Hypothesen
4.2.1 Untersuchungsergebnisse
4.3 Schlussfolgerungen

5 Fazit

6 Anhang
6.1 Empirische Vorgehensweise
6.2 Fragebogen

7 Quellen- und Literaturverzeichnis

8 Abbildungsverzeichnis

1 Einführung

"Ich merke, dass Frauen so lange schwer vorankommen, wie sie nicht im gleichen Maße teilhaben am öffentlichen und gesellschaftlichen Leben (…). Solange sie nicht in den Führungspositionen der Medien, der politischen Parteien, der Interessenverbände, der Wirtschaft und der sozialen Bereiche vertreten sind, solange sie nicht zu den Modeschöpfern und Spitzenköchen gehören, so lange werden Leitlinien eben von Männern festgelegt. Wir Frauen müssen weitergehen auf dem Marsch durch die Institutionen und teilhaben an der öffentlichen und wirtschaftlichen Macht!"

(Angela Merkel. In: EMMA Mai/Juni 1993 Nr. 3)

Dieses Zitat stammt aus einem in der Frauenzeitschrift „EMMA“ veröffentlichten Aufsatz der damaligen Frauenministerin Angela Merkel und soll einen Einblick in das behandelte Thema „Frauen in Führungspositionen“ vermitteln. Allein schon die Tatsache, dass sich viele Autoren dazu entschieden haben, über „Frauen und Führung“ zu schreiben, statt über die Thematik „Mann und Führung“, zeigt, dass in unserer Kultur die Thematik „Mann und Führung“ unproblematisch und selbstverständlich ist, während „Frau und Führung“ als etwas Unerwartetes und Abweichendes eine besondere Beachtung und Begründung verdient. Dieses Faktum hat schließlich auch mich dazu bewogen, mich näher mit diesem Thema auseinanderzusetzen.

In diesem Zusammenhang beginnt die Arbeit mit einer eingehenden Deskription wichtiger Fakten zum allgemeinen Thema der „Führung“, in deren Verlauf wichtige Gesichtspunkte wie der Führungsbegriff, Führungsstile und Führungserfolg durchleuchtet bzw. definiert werden. Der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt jedoch auf der Herausarbeitung und Skizzierung der Situation von Frauen in Führungspositionen, anhand von markanten Befunden und theoretischen Aspekten, die durch die Hinzunahme der von Wunderer, R & Dick, P (1997) durchgeführten empirischen Studie „Frauen im Management - Besonderheiten und personalpolitische Folgerungen“ (Kapitel 4, ab Seite 25) untersucht, bestätigt oder eventuell auch widerlegt werden sollen.

Auf der Grundlage einer Zusammenfassung der Befunde zur Situation von weiblichen Führungskräften in deutschen Unternehmen sowie der Darlegung einiger Frauenfördermaßnahmen, die in zahlreichen Unternehmen zur Verbesserung der Verhältnisse beitragen sollen, wird abschließend versucht, die Perspektiven von Frauen in Führungspositionen zu beschreiben.

2 Zum Thema „Führung“

Zur erfolgreichen Durchleuchtung der Forschungsbefunde sowie der verschiedenen Aspekte zum Thema „Frauen in Führungspositionen“ ist eine Definition des Führungsbegriffs notwendig. Dazu wird zunächst einmal aufgezeigt, wie vielfältig und komplex der Gegenstandsbereich der Führungsdefinitionen eigentlich ist und in welchen Kontexten der Begriff „Führung“ verwendet werden kann. Ferner werden verschiedene Führungskriterien in theoretischer Weise erläutert, zumal im weiteren Verlauf der Arbeit speziell auf Führungskriterien bzw. Führungsqualitäten von Frauen eingegangen wird (vgl. hierzu Kapitel 3 ab Seite 17). In diesem Zusammenhang werden anschließend empirische Befunde der Ohio-Studie und der Führungsstilforschung von Lewin, Lippitt und White in die Thematik eingebunden. Zur allgemeinen Orientierung werden abschließend Entwicklungstendenzen im Bereich der „Führung“ skizziert, die sich aus einer traditionellen Denkweise entwickelt haben.

2.1 Führungsdefinitionen – ein vielfältiger Gegenstandsbereich

Jeder, der Mitarbeiter führt, weiß, was Führung ist. Allerdings ist das Selbstverständnis häufig wenig reflektiert, weil Selbstverständnis laut Schiermann (1999, S. 102) meist etwas wenig Bedachtes ist. Es scheint daher lohnend und nützlich, den Begriff der „Führung“ zu klären und knapp zu durchleuchten.

Der Versuch, den Sachverhalt „Führung“ zu erfassen, zu beschreiben und einer Abgrenzung näher zu bringen, erweist sich nach Kieser (1995, S. 524) als einigermaßen schwierig. Dies resultiert einerseits daraus, dass Führung aus den Analyse- und Gestaltungsperspektiven der Wirtschaftswissenschaftler, aber auch einer ganzen Reihe weiterer Sozialwissenschaften betrachtet werden kann. Andererseits daraus, dass die ungeheure Vielzahl von Ansätzen (vgl. hierzu Tabelle 1, S. 3) eine systematische Aufarbeitung kaum noch zulässt.

Im Sinne einer Arbeitsabgrenzung kann Führung laut Rosenstiel (2006, S. 354) ebenfalls mit den Sachverhalten des „In-Gang-Setzens“ und der Initiierung, sowie des „Richtung-Weisens“ und der Lenkung entsprechend einer großen Schnittmenge von Autorenmeinungen umschrieben werden. Aus diesem Grund sind in Tabelle 1 abschließend einige Ansätze zum Thema „Führung“ zusammengefasst, die verdeutlichen sollen, wie schwierig es ist, Führung aus einer einzigen Perspektive zu betrachten und eine klare Definition dafür zu finden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Unterschiedliche Ansätze zum Thema Führung

2.1.1 Zusammenfassende Führungsdefinition

Trotz der oben genannten Schwierigkeiten, kann durch die Verknüpfung wichtiger Gesichtspunkte eine zusammenfassende Führungsdefinition formuliert werden, die zu dem Thema „Frauen und Führungspositionen“ passend erscheint. In nahezu allen Definitionen von Führung wird diese als Machtausübung oder Einfluss innerhalb sozialer Aggregate verstanden. In einem weit verstandenen Sinne lässt sich Führung überall dort festmachen und thematisieren, wo es um sozial organisiertes Leben geht (vgl. Rosenstiel, 2006. S. 354).

Zusammenfassend ist Führung somit als eine zielorientierte Einflussnahme auf Menschen zu verstehen. Die Geführten sollen dazu bewegt werden, bestimmte Ziele, die sich meist aus den Zielen des Unternehmens ableiten, zu erreichen. Konkret kann ein derartiges Ziel beispielsweise in der Erhöhung des Umsatzes, in der Verbesserung des Betriebsklimas oder in der Unterstreichung bestimmter Qualitätsstandards bestehen. Die Wege der Einflussnahme sind jedoch höchst unterschiedlich. Der Führende entscheidet je nach Situation allein oder zusammen mit anderen darüber, welche Ziele angestrebt werden sollen. Ebenso muss er darauf bedacht sein, dass die Geführten die gewünschten Leistungen auch erbringen und die Einzelaktivitäten so koordiniert werden, dass das gesteckte Ziel erreicht wird (vgl. Rosemann, 1977, S. 71).

Das Verhalten des Vorgesetzten, seine Art, die gesteckten Ziele zu verdeutlichen, Aufgaben zu koordinieren, Mitarbeiter durch Gespräche zu motivieren, Ergebnisse zu kontrollieren usw., wird nach Rosenstiel (1999, S. 5) zum zentralen Bestandteil des Führens.

2.2 Bedeutung von Führung

Betrachtet man die Organisation als ein ihrer Umwelt gegenüber offenes System, das zeitlich überdauernd existiert, spezifische Ziele verfolgt, sich aus Individuen bzw. Gruppen zusammensetzt, also ein soziales Gebilde ist, welches eine bestimmte Struktur aufweist, die meist durch Arbeitsteilung und eine Hierarchie von Verantwortung gekennzeichnet ist, so stellt sich die Frage nach der Koordination der arbeitsteiligen Aktivitäten sowie nach dem Grad der Bedeutung von Führung für ein Unternehmen. Kieser (1995, S. 524) zufolge ist es in der heutigen Zeit enorm wichtig, eine geeignete Führungspersönlichkeit zu finden, die die in Organisationen tätigen Personen oder sozialen Einheiten auf das Zielsystem der Gesamtorganisation hin ausrichtet. Auch nach Rosenstiel (1999, S. 60) hat die Bedeutung guter Führung angesichts einer arbeitsteiligen Gesellschaft, sich ständig verändernder Unternehmen und gestiegener Komplexität von Anforderungen und Aufgaben deutlich zugenommen. Dies gilt umso mehr für Führungskräfte. Der Vorgesetzte als Person hat im Rahmen der durch die Organisation vorgegebenen strukturalen Begrenzungen und verwaltungsmäßigen Vorschriften die wichtige Aufgabe, das Verhalten anderer, meist hierarchisch unterstellter Personen zielbewusst zu lenken.

Denn obwohl erfolgreiche Veränderung Rodler (2002, S. 21) zufolge immer auch ein Gemeinschaftswerk ist, bei dem unzählige Mitwirkende jeweils an ihrem Platz Probleme lösen, Ideen entwickeln, Entscheidungen treffen und umsetzen, hängt es in aller Regel von einer Person oder ganz wenigen Personen ab, dass überhaupt ein Veränderungsprozess gestartet wird, der in die richtige Richtung geht. Zudem hängt es von guter Führung ab, ob dieser Prozess über alle Hindernisse und Klippen hinweg zu einem guten Ergebnis kommt.

2.3 Führungskriterien

Ein wesentliches Ziel der Führungsforschung besteht darin, Kriterien für den Führungserfolg beziehungsweise die Effektivität von Führung ausfindig zu machen. Führungserfolg kann an vielfältigen Kriterien festgemacht werden. Ein verbreitetes Messkriterium ist der Grad, zu dem die Organisationseinheit, die einer Führungskraft unterstellt ist, ihre Aufgaben erfolgreich erfüllt und gesetzte Ziele erreicht (vgl. Rodler, 2002, S. 21).

Tatsächlich lassen sich in Wissenschaft und Praxis weit über 1000 verwendete Kriterien aufzeigen. Während von Praktikern hauptsächlich Kriterien verwendet werden, die an der Person des Führenden festgemacht und direkt oder indirekt aus der Fremdbeurteilung abgeleitet werden, wie z. B. Ergebnisse der Personalbeurteilung, erreichte hierarchische Positionen in der Zeit oder Gehaltshöhe, verwenden Forscher, die die Wirkung spezifischen Führungsverhalten untersuchen, meist Kriterien, die sich auf die geführte Gruppe beziehen.

Im weiteren Verlauf werden Führungskriterien wie z. B. der Führungsstil und das Führungsverhalten von Führungspersonen in theoretischer Weise genauer beschrieben, da diese eine wichtige Grundlage für die spätere Schilderung der Lage bzw. des Verhaltens von Frauen in Führungspositionen bilden.

Nach Rosenstiel (1999, S. 6) ist es letztlich eine unternehmenspolitische Entscheidung, an welchen Kriterien Führungskräfte gemessen und beurteilt werden. Derartige unternehmenspolitische Entscheidungen fallen dagegen in der Praxis selten. Zwar werden die Kriterien berücksichtigt, allerdings erfolgt die Beurteilung laut Rodler (2002, S. 21), wo es um Gehalts- oder Karrierechancen geht, meist anhand anderer Maßstäbe.

2.3.1 Führungseigenschaften

Lange Zeit wurde über die Frage diskutiert, ob erfolgreiche Führungspersonen bestimmte Eigenschaften bzw. Fähigkeiten besitzen, die zu ihrem Erfolg beitragen. Dies ist der Grundgedanke der so genannten „Eigenschaftstheorie der Führung“, die eben von der Überlegung ausgeht, dass es Eigenschaften oder Konstellationen von Eigenschaften gibt, die einen Führer vom Nichtführer unterscheidet. Rosemann (1977, S. 74) zitierte in diesem Zusammenhang Bass (1960), der diese Theorie auch als Theorie der großen Männer bezeichnete.

Auch heute noch sind sich die Gelehrten uneinig darüber, ob Führungspersonen, die in der Lage sind, andere Menschen erfolgreich zu führen, sich durch eine Reihe besonderer Persönlichkeitsmerkmale auszeichnen müssen. Auch Bierhoff (2006, S. 469) erwähnt in ihren Untersuchungen von 2003 den Soziologen Stogdill, der auf der Grundlage von Studien, die zwischen 1948 und 1974 durchgeführt worden waren, feststellte, dass Führungspersönlichkeiten durch eine Reihe von Persönlichkeitseigenschaften gekennzeichnet sind. Dazu zählen unter anderem:

1. Ehrgeiz und Leistungsorientierung
2. Durchsetzungsfähigkeit
3. Verlässlichkeit und Kooperationsbereitschaft
4. Kreativität und Intelligenz
5. Flüssige Redeweise
6. Gut organisierte und administrative Arbeitsweise

Ebenfalls Rosenstiel (2006, S. 366) ist der Meinung, dass die Situation, die Persönlichkeitsmerkmale der Geführten, die Größe der geführten Gruppe, die Art der zu erledigenden Aufgaben, die Struktur und Kultur der jeweiligen Organisation usw. zwar entscheidend wichtiger sind, die Bedeutung der Persönlichkeitsmerkmale für den späteren Führungserfolg jedoch nicht ganz von der Hand zu weisen sei.

Zwar sind gewisse Merkmale nach einigen Untersuchungen eher bei Führenden anzutreffen als bei Nichtführern, wie z. B. größere Originalität, mehr Ehrgeiz, größere Kontaktfreudigkeit, allerdings ist trotz der auf den ersten Blick einleuchtenden Argumentation, dass ein Führer aufgrund besonderer Eigenschaften für seine Rolle prädestiniert sei, diese Theorie anhand von durchgeführten Untersuchungen bis heute nicht zu bestätigen (vgl. Rosemann, 1977, S. 74).

2.3.2 Führungsstil

Überdauernde Persönlichkeitsmerkmale lassen sich als Dispositionen interpretieren, die in bestimmten Anregungssituationen zu einem für die Führungsperson typischen Führungsverhalten münden. Dies hat in der Forschung dazu geführt, Vorgesetzte danach zu differenzieren, wie sich ihr Führungsverhalten voneinander unterscheidet und ob sie z. B. zu einem bestimmten Führungsstil neigen (vgl. Rosenstiel, 2006, S. 367).

Wenn heutzutage von Führungsstilen die Rede ist, dann assoziiert man fast zwangsläufig Begriffe wie demokratisch und autoritär.[1]

In der Tat haben die Untersuchungen zu den Problemen des Führungsverhaltens ihren Ausgangspunkt in den Arbeiten des deutschen Psychologen Kurt Lewin (Rosemann, 1977, S. 80). Lewin, Lippitt und White (1939) untersuchten an der Universität Iowa anhand von amerikanischen Kindern das Gruppenverhalten unter dem künstlich hergestelltem demokratischen, autoritärem und dem Laissez-faire-Führungsstil. In diesen Untersuchungen fand man bei Jugendlichen der späten 30er Jahre heraus, dass

- die Mehrzahl der Schüler mit dem demokratischen Führungsstil zufriedener war,
- sich in den autoritär geführten Gruppen ein aggressives Klima entwickelte,
- bei Anwesenheit des Führenden die Leistung in den autoritär geführten Gruppen hoch war, dagegen in demokratisch geführten Gruppen bei Abwesenheit des Führers bessere Leistungen erzielt wurden (vgl. Rosenstiel, 1999, S. 10).

Das Ergebnis des Experiments, dass der demokratische Führungsstil zu höherer Zufriedenheit und positiveren Einstellungen als der autoritäre führt, während die Auswirkungen auf die Leistungen jedoch nicht so eindeutig zu sein scheinen, wurde vielfach rezipiert. (Rosenstiel, 2006, S. 367). Trotz der Kritik an der Methode der Experimente und der Tatsache, dass die Befunde nicht ohne weiteres auf andere Bereiche übertragbar sind, beeinflussten die Befunde maßgeblich die Führungsforschung.

Auch heute haben die drei Stile laut Rodler (2002, S. 29) einen fixen Platz im Führungswissen vieler Praktiker, was ihre Erwähnung im Zusammenhang mit dem Thema „Führung“ so bedeutend macht. Sie werden häufig in Zusammenhang mit dem Führungsverhalten von Führungskräften verwendet und es ist allgemein bekannt, welche Verhaltensweisen mit den drei unterschiedlichen Führungsstilen verbunden sind:

1. Demokratische Führungskräfte versuchen Aufgaben in der Gruppe zu diskutieren, Mitentscheidungen zu ermöglichen und Transparenz in Führungsentscheidungen anzustreben.
2. Autokratische Führungskräfte bestimmen und steuern die Aufgaben und Ziele der Individuen und der Gruppe. Sie verteilen die Tätigkeiten nach eigenen Vorstellungen, wobei Beurteilungskriterien für die Mitarbeiter nicht klar sein müssen.
3. Laissez-faire-Führungskräfte geben Gruppenmitgliedern die volle Freiheit bei der Ausübung der Tätigkeiten, vermeiden Beurteilungen und bringen von sich aus keine Vorschläge ein (vgl. Rodler, 2002, S. 29).

2.3.3 Führungsverhalten (Ohio-Studie)

Den realen Gegebenheiten in Organisationen näher als die Führungsstilforschung steht laut Rosenstiel (1999, S. 12) der Versuch, beobachtbares Führungsverhalten von Vorgesetzten zu beschreiben, zu messen und in seiner Wirkung in Bezug auf bestimmte Kriterien des Erfolges zu analysieren.

Von einer Forschergruppe an der Ohio State University um Fleishmann gingen Ende der 1940er Jahre wichtige Impulse für den verhaltenstheoretischen Ansatz in der Führungsforschung aus. Ausgegangen wurde von der Überlegung, dass Geführte das Verhalten der Führenden unmittelbar erleben und damit gültiger beschreiben können als Vorgesetzte, Kollegen oder Experten. Dementsprechend wurden mit erheblichem empirischem Aufwand verschiedene Fragebögen entwickelt, mit deren Hilfe Geführte das Führungsverhalten ihrer Vorgesetzten anonym beschreiben sollten (vgl. Kieser, 1995, S. 879 f.). Beginnend mit über 1000 verschiedenen Fragen-Items, die mit dem Ziel entwickelt worden waren, die unterschiedlichen Aspekte und Komponenten des Führerverhaltens zu messen, wurde diese Vielzahl an Fragen zuerst auf einen Satz von 150 Fragen reduziert und nachfolgend auf 40 Fragen beschränkt. Dies machte abschließend den ursprünglichen Leader Behavior Description Questionnaire (LBDQ) aus, der die Wahrnehmung des Führungsverhaltens aus Sicht der Mitarbeiter messen sollte. Ebenso wurden die Einschätzungen des Führungsstils aus Sicht der Führungskräfte erfasst.

Ziel der Studien war es, unabhängige Faktoren von Führungsverhalten zu identifizieren. Faktorenanalysen in diesen und ähnlichen Untersuchungen erbrachten eine Vielzahl voneinander abhebbarer Führungsverhaltensdimensionen. Nahezu alle Untersuchungen bestätigten allerdings die beiden voneinander unabhängigen Verhaltensdimensionen mit den höchsten Ladungen:

1. Consideration beschreibt den Grad an Mitarbeiterorientierung, also das Ausmaß, in dem die Führungskraft Wert auf die Entwicklung guter Beziehungen zu Mitarbeitern legt und gegenseitiges Vertrauen sowie Sensibilität für die Gefühle der Gruppenmitglieder und die Offenheit gegenüber deren Vorschlägen für wichtig hält.
2. Initiating structure bezeichnet den Grad der Aufgabenorientierung, also das Ausmaß, in dem eine Führungskraft die verschiedenen Aufgaben definiert und strukturiert, um angestrebte Ziele zu erreichen (Rodler, 2002, S. 30).

Die Untersuchungen konnten zeigen (vgl. dazu Abb. 1), dass eine hohe Ausprägung in den beiden Dimensionen zu höherer Leistung und Zufriedenheit der Mitarbeiter führte. Eine hohe Ausprägung im Bereich der Aufgabenorientierung war aber auch häufiger mit Beschwerden seitens der Mitarbeiter, mehr Absentismus und gesteigerter Fluktuation verbunden, wenn hauptsächlich Routinetätigkeiten auszuführen hatten.

[...]


[1] Da die Begriffe „autoritär“ und „demokratisch“ stark politisch-weltanschaulich belastet sind und die Verständigung darüber, was mit „autoritärem“ Handeln gemeint ist, aus heutiger Sicht schwierig erscheint, wird in mehreren Quellen von der Verwendung dieser Schlagwörter im Zusammenhang mit Führungsverhalten in Organisationen abgeraten.

Ende der Leseprobe aus 45 Seiten

Details

Titel
Frauen in Führungspositionen. Theorien, Forschungsbefunde und Perspektiven
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum  (Institut für Pädagogik)
Veranstaltung
Führung in Organisationen
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
45
Katalognummer
V83806
ISBN (eBook)
9783638875844
ISBN (Buch)
9783638875943
Dateigröße
644 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Frauen, Führungspositionen, Theorien, Forschungsbefunde, Perspektiven, Führung, Organisationen
Arbeit zitieren
Hanna Cieslak (Autor:in), 2006, Frauen in Führungspositionen. Theorien, Forschungsbefunde und Perspektiven, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83806

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