Soziale Gruppenarbeit

Ihre geschichtliche Entwicklung unter Berücksichtung ihrer Bedeutung als eine Methode der Sozialen Arbeit


Studienarbeit, 2007

25 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsübersicht

1 Einführung

2 Begriff der sozialen Gruppenarbeit
2.1 Einführung
2.2 Begrifflichkeit und Abgrenzung
2.2.1 Gruppenarbeit
2.2.2 Gruppenpädagogik
2.2.3 soziale Gruppenarbeit
2.2.4 soziale Gruppenarbeit, eine „Methode“ der Sozialen Arbeit
2.3 Zusammenfassung vorläufiger Ergebnis

3 Geschichtliche Entwicklung der sozialen Gruppenarbeit
3.1 Einführung
3.2 Die Wurzeln
3.2.1 Die Jugendbewegung
3.2.2 Die Reformpädagogik
3.2.3 Die Gruppendynamik
3.2.4 Nachbarschaftsheime / Settlements
3.3 Etablierung im deutschen Ausbildungssystem
3.3.1 Die Frauenbewegung
3.3.2 Die Zeit des Nationalsozialismus
3.3.3 „Re-education“ und „social groupwork“
3.4 Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland nach 1945
3.4.1 „Vorprofessionelle“ Gruppenarbeit
3.4.2 Die Etablierung
3.4.3 Die kritische Infragestellung
3.4.3.1 Kritik im fachlichen Kontext
3.4.3.2 Kritik im gesellschaftlichen Kontext
3.4.4 Die Therapeutisierung
3.4.5 Die Verwissenschaftlichung
3.5 Zusammenfassung vorläufiger Ergebnisse

4 Diskussion
4.1 Hinführung zur Diskussion
4.2 Diskussion des zentralen Themas
4.3 Kritische Betrachtung und Ausblick

5 Anhang

6 Abbildungsverzeichnis

7 Literaturverzeichnis

1 Einführung

„Menschen in einer Gruppe und durch eine Gruppe zu helfen, ist besonders schwierig und stellt besondere Anforderungen. Gruppen sind die Grunderscheinungen menschlicher Beziehungen; in ihnen liegt die größte Macht des Menschen. Der Versuch, mit ihnen auf eine disziplinierte Weise zu arbeiten, gleicht dem Versuch, die Macht der Elemente nutzbar zu machen und beinhaltet die gleiche Art wissenschaftlichen Denkens wie auch eine ernste Erwägung der Ethik. Gleich der atomaren Kraft können Gruppen zerstörerisch und hilfreich sein. Mit solchen Kräften zu arbeiten, ist eine schwierige Aufgabe, die bescheiden macht.“[1]

Dieses Zitat von KONOPKA (1969) macht ansatzweise deutlich, wie die soziale Gruppenarbeit zu begreifen ist. Sie zeigt uns hier auf, dass es normal, ja alltäglich ist, uns in Gruppen zu bewegen. So nennt sie diese sogar die „(…) Grunderscheinungen menschlicher Beziehungen; (…).“[2]

Dieses Zitat geht aber noch einen Schritt weiter. KONOPKA (1969) beschreibt die Arbeit mit Gruppen als etwas besonders schwieriges, mit entsprechend besonderen Anforderungen. Sie versucht herauszuarbeiten, welche Verantwortung sich hinter dieser Arbeit verbirgt. Die Folge ist eine Forderung nach wissenschaftlichem, aber auch ethischem Denken. Man muss sich stets der Macht bewusst sein, etwas Zerstörerisches oder Hilfreiches mit dieser Arbeit bewirken zu können. D.h. KONOPKA (1969) verlangt ein gewisses Maß an berechtigtem Respekt gegenüber der Materie.[3]

Beides, zum Einen die Natürlichkeit mit der wir Gruppen gegenübertreten und so keine Hemmnisse zu überwinden sind, sowie zum Anderen die enorme Schaffenskraft und Möglichkeit in der Arbeit mit Gruppen, wird schließlich deutlich und macht die soziale Gruppenarbeit heute zu einem wichtigen Standbein der Sozialen Arbeit.

„Soziale Gruppenarbeit erfährt derzeit eine gesellschaftliche Renaissance. Diese wiederentdeckte Akzeptanz der Arbeit mit Gruppen hat ihre Grundlage in den vielfältigen Möglichkeiten, mittels Gruppenarbeit Prozesse zu initiieren, die bildend, sozialisierend und damit auch resozialisierend auf Individuen wirken können. Gruppenarbeit kann soziales Lernen ermöglichen und soziale Kompetenzen vermitteln, welche zur Alltagsbewältigung unabdingbar sind.“[4] SCHMIDT-GRUNERT (1997) unterstreicht hier nochmals die aktuelle Bedeutung dieser Methode und ihre Wichtigkeit, indem sie helfende Prozesse für das Individuum bereitstellen kann.

Die soziale Gruppenarbeit scheint also in aktuellen Werken einen hohen Stellenwert zu genießen. „Um Studierenden ein eigenständiges Urteil über „Sinn und Unsinn“ sozialarbeiterischer Methoden zu ermöglichen, scheint ein Überblick über die Methodenentwicklung geradezu geboten.“[5]

So wird sich diese Arbeit, ganz im Sinne von SCHMIDT-GRUNERT (1997), damit beschäftigen, die geschichtliche Entwicklung der sozialen Gruppenarbeit detailliert darzustellen, um schließlich einen Überblick über verschiedene Entwicklungsstadien zu gewinnen und die Bedeutung der sozialen Gruppenarbeit als eine Methode der Sozialen Arbeit über diese Stadien hinweg zu beleuchten.

Zunächst wird in einem ersten Teil der Begriff der sozialen Gruppenarbeit genauer erläutert, um schließlich in einem zweiten Teil ausführlich auf die geschichtliche Entwicklung einzugehen. Dies geschieht mit dem Ziel, Erkenntnisse über die Bedeutung der sozialen Gruppenarbeit als Methode der Sozialen Arbeit zu gewinnen und diese letztendlich in einer abschließenden Diskussion in geschichtlicher Abfolge in Zusammenhang zu bringen.

2 Begriff der sozialen Gruppenarbeit

2.1 Einführung

In diesem Teil der Arbeit wird anhand der Darstellung verschiedener Begrifflichkeiten versucht, sich dem Begriff der sozialen Gruppenarbeit anzunähern. Hier geht es auch um eine begriffliche Abgrenzung zu oft ähnlich und synonym verwendeten Begriffen, für die oft unterschiedlichen Formen der Arbeit mit Gruppen. So meint auch SCHMIDT-GRUNERT (1997): „Um das eigene Selbstverständnis einer professionellen Gruppenarbeit zu klären, ist die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Arten von Gruppenarbeit und den darin enthaltenen Akzentuierungen unverzichtbar.“[6]

In dieser Arbeit möchte ich dieselbe Systematik, wie sie auch SCHMIDT-GRUNERT (1997) verwendet, vorstellen. Um Begrifflichkeiten wie bspw. Gruppenarbeit, Gruppenpädagogik und soziale Gruppenarbeit in ihren besonderen Anspruchsprofilen darzustellen, geht sie vom „Allgemeinen zum Besonderen“ vor.[7]

2.2 Begrifflichkeit und Abgrenzung

2.2.1 Gruppenarbeit

Diese Form der Zusammenarbeit von Menschen ist in den unterschiedlichsten Bereichen des alltäglichen Lebens anzutreffen. In betrieblichen Organisationen, sowie in vielen anderen Institutionen wie bspw. Kindergärten, Schulen, Hochschulen, Einrichtungen der Fort- und Weiterbildung oder dem Freizeitbereich. Schlicht überall dort, wo man mittels einer Zusammenarbeit die gesetzten Ziele erreichen will.

So unterscheidet nun SCHMIDT-GRUNERT (1997) eine weitere Differenzierung des Inhalts und der Gestaltung, die je nach Ziel und Zwecksetzung der jeweiligen Gruppe unterschiedlich ausfallen kann. Dies wäre Gruppenarbeit im Bildungs- und Ausbildungsbereich (als methodisches Mittel der Unterrichtsgestaltung), im betrieblichen Bereich (um Arbeitsabläufe zu optimieren) und schließlich in der Sozialen Arbeit (bspw. in Form offener Gruppenarbeit in Freizeitheimen, oder Selbsthilfegruppen).[8]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

(Abbildung 1)

Die in Abbildung 1 zusammengefasste Definition hebt nochmals die Wichtigkeit der gemeinsamen Zielsetzung hervor. Sie wird als „die Gemeinsamkeit“ verstanden, welche Voraussetzung für eine solche Gruppenarbeit ist, weshalb man auch von „Ziel orientierter Gruppenarbeit“ spricht.

2.2.2 Gruppenpädagogik

Gegenüber der Gruppenarbeit sind hier nun schon erste Abgrenzungen vorzunehmen. So meint auch MÜLLER (19881): „Einige Autoren machen dabei einen Unterschied zwischen G. (sich selbst überlassenen Interaktionen in Gruppen) und s. G. oder Gruppenpädagogik (pädagogisch abgeleiteter und verantworteter Arbeit mit Gruppen).“[9] D.h., wenn man sich im Kontext der Gruppenpädagogik bewegt, spricht man von einer bildenden und erzieherischen Ausrichtung der Gruppenarbeit. Wobei deren Elemente grundsätzlich erhalten bleiben und sie durch eine pädagogische Fokussierung erweitert wird.[10]

Hier nimmt vor allem der „enabler“, also der „Befähiger“ (gemeint ist die Gruppenleitung), eine sehr wichtige Rolle ein. „Enabler“ deshalb, weil dieser vor allem in den Anfängen eine Führungsrolle einnehmen muss, um Einzelne in der Gruppe zu befähigen ihre Kräfte zum Wohle aller Gruppenmitglieder einzusetzen.[11]

SCHILLER (1966) meint dazu: „Der Gruppenpädagoge versucht, ein Maximum an innerer und äußerer Beteiligung seiner Mitglieder an der Gruppenaktivität zu erreichen und Verantwortung eher zu verteilen, als sie auf sich oder einen anderen zu fördern und die Gruppenbindung im Hinblick auf ein gemeinsames, möglichst alle befriedigendes Ziel zu stärken.“[12]

D.h. in Abgrenzung zur Gruppenarbeit, ist bei der Gruppenpädagogik die Rolle des Gruppenleiters von elementarer Bedeutung, vor allem hinsichtlich ihrer pädagogischen Ausrichtung, verbunden mit dem Ziel, individuelle Ressourcen zu entfalten.

Daraus leiten sich schließlich die hohen Anforderungen an die fachlichen Kompetenzen des Gruppenleiters ab. Dies wäre bspw. die Kenntnis der Dynamik von Beziehungen, ein Ziel gerichtetes Interagieren, sich zurücknehmen können, sowie die Fähigkeit zur Selbstreflexion.[13] Hierzu meint SCHILLER (1966): „Eines der wichtigsten Kriterien für den Gruppenpädagogen im Unterschied zum laienmäßigen Gruppenführer, ist also die selbstkritische Einstellung (selfwareness), die zu einem pädagogisch kontrollierten Verhalten führt.“[14] Die Gruppenleitung hat durch Ziel gerichtetes Interagieren jedes einzelne Gruppenmitglied dazu zu bewegen, die Gruppe als einen Bereich des Lernens von sozialen Erfahrungen anzusehen, und sich daran aktiv zu beteiligen und nicht lediglich „mitzumachen“. Gelingt dies, wird die Gruppe zu einem Ort der Verhaltensmodifikationen, wo die Beiträge aller von Bedeutung sind und somit demokratische Bewusstseinsbildung stattfindet, bzw. eingeübt wird.[15]

Daraus geht auch hervor, dass die Beziehungen zwischen einzelnen Individuen, sowie die Dynamik die aus dem Gruppenprozess resultiert, weitere zentrale Merkmale der Gruppenpädagogik darstellen. Bei dieser Betrachtung wird deutlich, was für ein thematischer und vor allem inhaltlicher Schritt zwischen Gruppenarbeit und Gruppenpädagogik liegt.

Gruppenpädagogik ist in erster Linie im Bildungs- und Erziehungsbereich angesiedelt. Hier vornehmlich in der Fort- und Weiterbildung, sowie der vorschulischen- und schulischen Erziehung.[16]

2.2.3 soziale Gruppenarbeit

Die soziale Gruppenarbeit nimmt den vorgestellten erzieherischen Aspekt der Gruppenpädagogik auf und beinhaltet gleichermaßen alle Elemente der Gruppenarbeit. Worin sich nun aber die soziale Gruppenarbeit von Gruppenarbeit und Gruppenpädagogik unterscheidet, ist ihr Problem zentrierter Fokus.

„Soziale Gruppenarbeit zielt auf eine Gruppe von Menschen, die mit individuellen und sozial bedingten Beschädigungen leben müssen.“[17] D.h., nach SCHMIDT-GRUNERT (1997), widmet sich die soziale Gruppenarbeit einem ganz bestimmten Personenkreis. Gruppenarbeit und Gruppenpädagogik setzen hingegen, wie bereits dargelegt wurde, keine persönliche Beeinträchtigung voraus.

Diesem Personenkreis soll durch die Anwendung der sozialen Gruppenarbeit geholfen werden Probleme zu beseitigen, bzw. ihnen entgegenzuwirken. Hierzu hat KONOPKA (1969) eine sehr treffende Definition gefunden: „(…) Soziale Gruppenarbeit eine Methode der Sozialarbeit, die den Einzelnen durch sinnvolle Gruppenerlebnisse hilft, ihre soziale Funktionsfähigkeit zu steigern und ihren persönlichen, Gruppen- oder gesellschaftlichen Problemen besser gewachsen zu sein.[18]

Es geht also primär darum, den Einzelnen durch das Medium Gruppe zu fördern, um Defizite zu überwinden. So sieht GALUSKE (2005) die Gruppe in sozialer Gruppenarbeit als ein Instrument pädagogischer Einflussnahme auf das Individuum (vgl. Anhang [1], Seite 22), wobei ein geschulter Gruppenpädagoge, sowie eine Zielsetzung die sich an (re-) integrativen Bestrebungen orientiert, Voraussetzung sind.[19] Diese Voraussetzungen werden essentiell sein, wenn man von sozialer Gruppenarbeit als einer Methode der Sozialen Arbeit sprechen will.

Sie beschränkt sich also bspw. nicht lediglich auf die Wahrnehmung von Sozialisationsaufgaben (wie es bei der Gruppenpädagogik der Fall wäre), sondern versucht in besonderem Maße, vorhandene Sozialisationsdefizite anzugehen.[20]

[...]


[1] KONOPKA, G. 1969, 13f

[2] KONOPKA, G. 1969, 14

[3] vgl. KONOPKA, G. 1969, 14

[4] SCHMIDT-GRUNERT, M. 1997, 14

[5] SCHMIDT-GRUNERT, M. 1997, 14

[6] SCHMIDT-GRUNERT, M. 1997, 56

[7] vgl. SCHMIDT-GRUNERT, M. 1997, 56

[8] vgl. SCHMIDT-GRUNERT, M. 1997, 57

[9] MÜLLER, C.W. 19881, 257

[10] vgl. SCHMIDT-GRUNERT, M. 1997, 58

[11] vgl. SCHILLER, H. 1966, 115

[12] SCHILLER, H. 1966, 115

[13] vgl. SCHMIDT-GRUNERT, M. 1997, 59

[14] SCHILLER, H. 1966, 116

[15] vgl. SCHMIDT-GRUNERT, M. 1997, 59

[16] vgl. SCHMIDT-GRUNERT, M. 1997, 61

[17] SCHMIDT-GRUNERT, M. 1997, 62

[18] KONOPKA, G. 1969, 42

[19] vgl. GALUSKE, M. 2005, 92

[20] vgl. SCHMIDT-GRUNERT, M. 1997, 62

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Soziale Gruppenarbeit
Untertitel
Ihre geschichtliche Entwicklung unter Berücksichtung ihrer Bedeutung als eine Methode der Sozialen Arbeit
Hochschule
Duale Hochschule Baden-Württemberg, Villingen-Schwenningen, früher: Berufsakademie Villingen-Schwenningen
Veranstaltung
Sozialpädagogik / Sozialarbeit
Note
2,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
25
Katalognummer
V83634
ISBN (eBook)
9783638000567
ISBN (Buch)
9783638910569
Dateigröße
1738 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Studienarbeit klärt zu Beginn den Begriff der Sozialen Gruppenarbeit, um in einem zweiten Schritt auf deren geschichtliche Entwicklung einzugehen. Es werden alle wichtigen Stationen der Entwicklung vorgestellt, von den Wurzeln in den USA über die Zeit des Nationalsozialismus, bis hin zur Etablierung als eine Methode der Sozialen Arbeit und deren Verwissenschaftlichung. Darüber hinaus wird ständig der Bezug hergestellt zu ihrer Bedeutung als eine Methode der Sozialen Arbeit! Im Schlussteil schließlich werden alle Punkte nochmals aufgegriffen und eingehend diskutiert.
Schlagworte
Soziale, Gruppenarbeit, Sozialpädagogik, Sozialarbeit
Arbeit zitieren
Timo Vollmer (Autor:in), 2007, Soziale Gruppenarbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/83634

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